Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Nunmehr werden mehr als 120 Polizeivollzugsbeamte in der neuen Einheit täglich für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger unterwegs sein. Es wird die personalstärkste operative Dienststelle sein, die es in Hessen gibt. Diese Maßnahme bedeutet eine große Kraftanstrengung der hessischen und auch der Frankfurter Polizei. Sie leistet bis heute 96 % der Einsatzstunden zur Kriminalitätsbekämpfung im Bahnhofsgebiet.

Der Erfolg im Bahnhofsgebiet hängt aber nicht allein von der Polizei ab. Die Stadt, die Bahn und die Bundespolizei müssen in verschiedenen Bereichen die Arbeit der Polizei unterstützen. Ich erwarte eine solche Kraftanstrengung, wie sie die Frankfurter und die hessische Polizei leisten, nunmehr auch von unseren Partnern im Bahnhofsviertel, um die Situation für die Menschen im Frankfurter Bahnhofsviertel dauerhaft verbessern zu können.

Damit können wir zur Debatte der Aktuellen Stunde kommen. Als ersten Redner habe ich den Kollegen Bauer für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meiner sehr verehrten Damen und Herren! Die Beantwortung der Frage hat schon deutlich gemacht: Wir machen Hessen sicherer, wir machen Frankfurt sicherer, und wir machen auch das Bahnhofsviertel sicherer.

Das Bahnhofsviertel in Frankfurt hat in den vergangenen Jahrzehnten eine wechselvolle Entwicklung mitgemacht. War es noch in den Achtziger- und Neunzigerjahren ein sozialer Brennpunkt der Mainmetropole mit kaum begrenztem Rotlichtmilieu, mit offener Drogenszene, hoher Kriminalität und fast 150 Drogentoten pro Jahr, so hat sich mit einer liberalen Drogenpolitik, dem Frankfurter Weg, doch einiges verändert und vieles verbessert. Druckräume entstanden, vieles wurde zum Guten gewendet. Die Zahl der Drogenabhängigen geht seit dem Jahr 2000 deutlich zurück. Sie sind aus dem Straßenbild weitestgehend verschwunden, und auch die Zahl der Drogentoten, wobei jeder Einzelne einer zu viel ist, ist auf weit weniger als 30 pro Jahr zurückgegangen.

Meine Damen und Herren, heute ist das Bahnhofsviertel keine Schmuddelecke mehr. Das Rotlichtviertel nimmt sowieso nur einen recht kleinen Raum ein. Es ist ein hippes Szeneviertel geworden. Über 100 Nationen leben dort. Es ist ein Multikultiquartier, könnte man sagen. Es gibt dort Lebensmittelläden, Gastronomie und Einzelhandel. – Das

ist das Gesicht des Bahnhofsviertels heute in Frankfurt. Es ist eine wunderbare Entwicklung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist nicht einfach so aus der Luft gegriffen. Die „New York Times“ hat 2014 Frankfurt als einzige deutsche Stadt in die Liste der 52 Städte aufgenommen, die man unbedingt gesehen haben muss, und zwar explizit wegen des Bahnhofsviertels.

Meine Damen und Herren, wie in anderen Großstädten gibt es auch in Frankfurt durchaus Problembereiche. Wir sollten sie nicht wegdiskutieren. Leider macht sich seit einiger Zeit die Dealerszene im Bahnhofsviertel wieder breit, und es gibt auch aggressives Verhalten gegenüber der Polizei. Das ist nicht hinnehmbar. Wir werden es nicht dulden, und wir haben es nicht geduldet, dass rechtsfreie Räume entstehen. Die Polizei wird entsprechend agieren und mit aller Härte den Kontrolldruck verstärken.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es wurde bereits deutlich, dass wir entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben. Anfang 2016 begann die Polizei mit verstärkten Kontrollen und Razzien. Die Kriminalität wurde deutlich zurückgedrängt, aber die Drogenszene blieb ein Problem. Im November 2016 gab es dann die Besondere Aufbauorganisation. Mit 100 zusätzlichen Beamten konnten die entsprechenden Delikte erfolgreich geahndet werden. Nach einem halben Jahr bereits konnte bilanziert werden, dass täglich durchschnittlich 210 Personen kontrolliert wurden, 24 – also jeder Neunte – wurden wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder aufenthaltsrechtlicher Delikte belangt. Meine Damen und Herren, das ist ein höherer Kontrolldruck, der sich auch spürbar im Straßenbild niederschlägt.

Insgesamt wurden bis heute über 3.700 Festnahmen durchgeführt und 42 kg Rauschgift sichergestellt. Das ist eine erfolgreiche Arbeit der Polizei vor Ort, für die wir an dieser Stelle auch einmal Danke schön sagen können.

(Beifall bei der CDU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der Einsatz dieser BAO war und ist ein echter Erfolg der Beamtinnen und Beamten. Wir haben dankbar zu sein, dass es hier vorangeht. Man kann das auch belegen. Delikte wie Diebstahl, Sexualdelikte, Körperverletzungen oder Widerstandshandlungen sind spürbar zurückgegangen. Diese Einheit wurde zwar aufgelöst, aber der Minister hat deutlich gemacht, dass eine neue, eigene Dienststelle für dauerhaft mehr Sicherheit im Bahnhofsviertel geschaffen wurde. Diese Allgemeine Aufbauorganisation mit über 120 Beamtinnen und Beamten wird künftig hart und konsequent gegen die zunehmende Drogen- und Straßenkriminalität vorgehen. Das sind ein starkes Signal des Innenministers und ein wichtiges Indiz dafür, dass wir den Kriminalitätsschwerpunkt in Frankfurt mit dieser landesweit größten operativen Dienststelle bekämpfen. Anlassbezogen werden sicher weitere Kräfte hinzukommen.

Meine Damen und Herren, wir sprechen immer gerne von vernetzter Sicherheit. An dieser Stelle kann man deutlich machen, dass nicht nur das Land allein die Sicherheit in diesem Bereich gewährleisten kann und muss, sondern dass wir auch auf Partner angewiesen sind, wie beispiels

weise die Bundespolizei und die Stadt Frankfurt. Hier sind alle Akteure gefragt.

Ich habe erfreut zur Kenntnis genommen, dass z. B. die Videosicherheitstechnik im Frankfurter Hauptbahnhof von der Bundespolizei durch die Deutsche Bahn bis Ende 2017 komplett erneuert wird. Dadurch wird die Bundespolizei künftig neuere und bessere Kameras haben. Das ist ein wichtiges Signal von diesem Sicherheitspartner im Bahnhofsbereich.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, auf der Homepage der Stadt Frankfurt selbst ist zu lesen – ich darf zitieren –:

Bei Frankfurt am Main denken viele zu Unrecht an Kriminalität, denn mit einer Sicherheitspartnerschaft zwischen Polizei und Stadtverwaltung, einer wegweisenden Drogenpolitik und der viel beachteten Aktion „Gewalt-Sehen-Helfen“ ist Frankfurt am Main inzwischen Vorreiter bei der Entwicklung neuer Strategien zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit.

Meine Damen und Herren, das ist gut so. Ich glaube auch sagen zu dürfen, dass wir als Hessische Landespolitiker mit unserer Schwerpunktsetzung deutlich machen, dass wir alles dafür tun, dass die Menschen in Hessen und in Frankfurt gut und gerne, aber auch sicher leben können. Wir können das belegen. Wir haben die höchste Aufklärungsquote sei 1971. Landesweit haben wir die Straßenkriminalität in den letzten 20 Jahren halbiert. Nie gab es in Hessen weniger Kriminalität auf Straßen, Wegen und Plätzen. Mehr Polizei in unserem Hessenland sorgt für Sicherheit.

Wir werden auch mit dem Doppelhaushalt unterstreichen – das ist mein letzter Satz –, dass wir Akzente zur Stärkung der Sicherheitsorgane setzen und sie besser ausstatten und ausrüsten werden. Wir schaffen mehr Sicherheit für ganz Hessen

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

und auch für die Metropole im Kleinformat, für unser Frankfurt am Main. Meine Damen und Herren, Hessen und Frankfurt sind sicher.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Greilich, FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist unstreitig: Bis zum November 2016 hat sich die Sicherheitslage im Bahnhofsviertel in Frankfurt ganz erheblich verschlechtert, sodass ein Einschreiten des Innenministeriums unerlässlich war. Insofern war die Einsetzung der BAO, die auch einen Kraftakt für die eingesetzten Polizeikräfte dargestellt hat, dringend notwendig. Ich freue mich, und ich glaube, wir freuen uns alle darüber, dass dies auch zu den gewünschten Erfolgen geführt hat. Laut den Zahlen, die wir gehört haben, waren es 200.000 Arbeitsstunden, 53.000 Personenkontrollen, 27.000 Durchsuchungen, 3.700 Festnahmen, und außerdem wurden

42 kg Rauschgift sichergestellt. Das ist neben dem Rückgang von Taschen- und Trickdiebstählen um ca. 40 % eine echte Erfolgsbilanz der Polizei in Frankfurt am Main.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deswegen ist das hier auch die richtige Stelle, den Beamten, die zur Bildung der BAO weitere Wege und ungünstigere Einsatzzeiten sowie Überstunden in Kauf nehmen mussten, ausdrücklich Lob und Dank auszusprechen.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weniger erfreulich war das Verhalten des Innenministers im Frühsommer 2017, das zu großen Verunsicherungen geführt hat, weil öffentlich erklärt wurde, die BAO sei – wie sie in der Tat richtigerweise ihrem Wesen nach ist – nur vorübergehend eingerichtet und werde im Herbst enden, obgleich die Notwendigkeit einer erhöhten Polizeipräsenz auch zu der Zeit unbestritten war. Es gab aber keine validen Äußerungen, wie es denn weitergehen soll. Teilweise gab es harte Auseinandersetzungen zwischen dem Innenminister und dem Frankfurter Oberbürgermeister. Vor allem gab es viel Unmut in den Reihen der Polizei, wie wir alle in der Presse nachlesen konnten.

Die jetzt endlich angekündigte dauerhafte Einrichtung einer eigenen Schwerpunkteinheit mit 120 Beamtinnen und Beamten ist demnach ein richtiger Schritt, um der Lage im Bahnhofsviertel dauerhaft Herr zu werden. Dann wird vielleicht auch irgendwann der Traum des Kollegen Bauer Wirklichkeit, es handele sich dort um ein hippes Szeneviertel. Ich hätte nichts dagegen, wenn sich das Viertel in dieser Richtung entwickelt, aber es ist natürlich noch ein langer Weg dorthin.

Mit der Einrichtung dieses neuen Polizeireviers verstetigt sich die im November 2016 eingeleitete Entwicklung. Wir hatten als FDP-Fraktion bereits im Mai einen entsprechenden Antrag eingebracht, der nun mit der Aktuellen Stunde aufgerufen worden ist. Ziel dieses Antrags ist es, das zu tun, wofür sich die CDU nun lobt, nämlich eine dauerhafte Verstärkung der Polizeikräfte vorzunehmen und konsequent gegen die dortige Dealer- und Kleinkriminellenszene vorzugehen. Vielen Dank, Herr Innenminister, dass Sie diesen Teil unseres Antrags nun umgesetzt haben.

(Beifall bei der FDP)

Grundsätzlich positiv stimmt uns in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch, dass zum Aufbau der Einheit das zuständige 4. Polizeirevier personell nicht geschwächt wird.

(Beifall der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Unklar ist allerdings – und das ist der Wermutstropfen dabei –, wo durch die Bildung der neuen Schwerpunkteinheiten Polizeikräfte an anderer Stelle fehlen. So werden bei der Bereitschaftspolizei schon einmal 15 weitere Stellen dauerhaft abgezogen, obwohl diese durch die große Zahl an Großlagen stark belastet ist und eigentlich nicht weiter geschwächt werden darf. Auch die übrigen Stellen, die gebraucht werden, müssen durch dauerhafte Versetzungen und Verlagerungen aus anderen Bereichen herausgeschwitzt werden.

Meine Damen und Herren, das zeigt sehr deutlich, dass unsere Forderung nach insgesamt 1.500 zusätzlichen Polizeibeamten in den nächsten fünf Jahren dringend umgesetzt werden muss.

Unser Antrag ist auch nach der Einrichtung der zusätzlichen Einheit nicht obsolet. Das entschiedene Vorgehen gegen Drogenkriminalität mit einer ausreichenden Zahl an Sicherheitskräften ist eben nur ein wichtiger Schritt, um die Situation im Bahnhofsviertel nachhaltig zu verbessern. Ein zweiter Schritt wäre das konsequente Durchsetzen ausländerrechtlicher Maßnahmen gegen die Täter. Das ist insbesondere Gegenstand von Punkt 2 unseres Antrags. Ich will sehr deutlich sagen, dass wir dem Frankfurter Polizeipräsidenten für seine klaren Worte dankbar sind; denn dieser hat jüngst wieder darauf hingewiesen, dass es sich bei den Drogendealern zum größten Teil um Marokkaner und Algerier handelt, die – ich gebe seine Worte wieder – ganz andere Personen seien als die, die als Kriegsflüchtlinge zu uns kommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, diese Einschätzung teilen wir nicht nur, sondern sie lässt sich auch durch die Polizeiliche Kriminalstatistik klar belegen.

Ich komme zum Ende. In den vom Innenminister vorgestellten Zahlen ist von 2.500 solchen Intensivstraftätern die Rede, von denen im gesamten Jahr 2016 allerdings gerade einmal 100 abgeschoben wurden. Herr Innenminister, da ist deutlich Luft nach oben.

Ich kann abschließend feststellen, es bleibt noch viel zu tun.

Nun zum Umgang mit den vorliegenden Anträgen. Frau Präsidentin, lassen Sie bitte über unseren Antrag abschnittweise abstimmen. Einen Antrag auf abschnittweise Abstimmung stelle ich auch bezogen auf den Antrag der Koalition. – So haben Sie Gelegenheit, den wichtigen Punkten zuzustimmen, die noch nicht erledigt sind.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist Kollege Yüksel, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Worte des Kollegen Bauers färben eine Situation in meinem Wahlkreis schön, die wahrlich keine Auszeichnung für Hessen ist. Die Lage im Frankfurter Bahnhofsviertel als Beispiel für eine konsequente Sicherheitspolitik in Hessen darzustellen, ist grundlegend falsch.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Der hessische Innenminister hat im Bahnhofsviertel lange gar nichts getan, bis er auf die Hilferufe der Frankfurter Stadtpolitik reagiert und die Besondere Aufbauorganisation im Bahnhofsgebiet eingerichtet hat. Von hessischer Eigeninitiative gab es zunächst keine Spur.