Protokoll der Sitzung vom 28.09.2017

Frau Wiesmann, Sie haben vorhin gesagt, es gebe viel gute Qualität an den Kitas in Hessen. Ja, das stimmt zu einem großen Teil – Gott sei Dank. Aber das stimmt deshalb, weil wir unglaublich engagierte Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Das stimmt, weil wir Kommunen haben, die sich bis zum Geht-nicht-mehr mit den Kitagebühren belasten, damit wir eine vernünftige Unterbringung haben. Und das geht, weil Eltern ganz enorme Beiträge bezahlen. Wir haben diese Qualität nicht wegen dieser Landesregierung, sondern trotz dieser Landesregierung. Das ist die traurige Wahrheit in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Schauen wir uns einmal an, was Erzieherinnen und Erzieher sagen, und zwar deutlich mehr als in anderen Berufen: Die Belastung in ihrem Beruf ist so hoch, dass sie sie eigentlich nicht mehr aushalten können. Da gibt es eine Untersuchung, dass wir in den letzten 15 Jahren Erzieherinnen und Erzieher verloren haben, weil sie in Teilzeit gehen. Wir haben eine Teilzeitquote, die sich um 45 % erhöht hat. Wenn wir sagen, wir brauchen mehr Personal in den Kitas und wir wissen nicht, wo wir es hernehmen sollen, dann

sollten wir einmal aufhören, die Menschen, die dort arbeiten, so zu verschleißen, dass sie nicht mehr arbeiten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann sollten wir dafür Sorge tragen, dass sie Arbeitsbedingungen haben, unter denen sie bis zum Eintritt in das Rentenalter auch durchhalten können.

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Vielen Dank für den Hinweis, denn ich hätte zu dem Thema noch viel länger reden können.

(René Rock (FDP): Das stimmt!)

Frau Wiesmann, auch von mir: Was wir hier verlieren, ist ernsthaft eine Streiterin im Interesse der Kinder und der Familien. Denn das kann Ihnen niemand absprechen, dass es Ihnen immer um die Sache ging und dass Ihre Art, zu debattieren, eine sachliche und eine fundierte war. Ich habe die Auseinandersetzung mit Ihnen geschätzt, weil sie auf einer Ebene stattgefunden hat, bei der es um Inhalte ging, und weil sie nie unter der Gürtellinie war. – Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Herr Staatsminister Grüttner. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie groß muss die Frustration bei der Oppositionsfraktion sein, eine solche Aktuelle Stunde hier heute abhalten zu müssen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist durchaus verständlich, wenn man monatelang oder gar jahrelang mit einem Thema durch das Land reist und auf einmal merkt, dass es kein Thema mehr ist.

Das, was wir machen, ist schlicht und einfach gut für unser Land:

Erstens. Kommunen bekommen mehr Geld.

Zweitens. Wir investieren in mehr Qualität für unsere Kindertagesstätten.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Drittens. Wir bauen die Kindertagesstätten aus. Die Betreuungsplätze werden ausgeweitet. Es wird mehr Kindertagesstättenplätze geben.

Viertens. Wir machen dies, ohne dass wir Neuverschuldung in diesem Haushalt erzeugen.

(Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Fünftens. Wir entlasten Eltern von den Beiträgen.

(Beifall bei der CDU)

Ab nächstem Jahr müssen Eltern für alle drei Kindergartenjahre keine Beiträge mehr bezahlen. Was bleibt bei der Opposition übrig? – Ein Lamentieren in Form einer Aktuellen Stunde. Mir hat das eigentlich leidgetan. Normalerweise ist Herr Merz derjenige, der immer sagt, ein solch wichtiges Thema dürfe man nicht in einer Aktuellen Stunde aufarbeiten.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Nein, das weiß ich ja, dass Sie damit noch nicht fertig sind.

Aber wenn man Ihre Aktuelle Stunde liest und Ihren Redebeitrag dazu hört, dann war das zum einen – vollkommen berechtigt – eine Hommage an Frau Wiesmann. Das werde ich auch noch sagen. Das Zweite ist, dass Sie uns mitgeteilt haben, dass die SPD auch Gespräche führt. Das ist ja auch gut und richtig. Sie haben uns mitgeteilt, dass Sie uns Ratschläge geben, was wir zu tun hätten. – Vielen Dank, wir haben sie gehört. Ob wir sie befolgen, werde ich noch sehen.

(Lachen des Abg. René Rock (FDP))

Sie haben aber nichts zu dem Titel gesagt, der mit Ihrer Aktuellen Stunde verbunden ist, nämlich dass die Qualität in den Kindertagesstätten gefährdet sei. Das macht mich fast sprachlos, weil es schlicht und einfach falsch ist, was an dieser Stelle immer wieder behauptet wird. Weil Sie selbst wissen, dass es falsch ist, muss man schon fragen, was Ihre Motivation an dieser Stelle ist. Dann kann Ihre Motivation eigentlich nur sein, Unruhe zu stiften,

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ist es!)

nicht eine Sache zum Gegenstand einer ernsthaften Auseinandersetzung zu machen, sondern zu verunsichern und letztendlich an der Sache vorbei zu versuchen, mit einem Thema Fahrt aufzunehmen, das Sie längst verloren haben. Dieses Thema haben Sie verloren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen ist es bei Ihnen auch so schlimm.

Ich brauche nicht noch einmal zu wiederholen, dass die Kommunen auf der Grundlage der jetzt geplanten Beitragsfreistellung einen Zuschuss aus Landesmitteln bekommen, der vorher nicht da gewesen ist, und dass durch das Aufwachsen des Kommunalen Finanzausgleichs nachher mehr Mittel bei den Kommunen vorhanden sind.

Ich finde es auf der anderen Seite aber sehr bedenklich, dass Sie als Maßnahme Ihrer Gespräche mit der kommunalen Seite mitgenommen haben: Wenn eine solche Beitragsentlastung kommt, sparen die Kommunen automatisch an Qualität ein.

Das kann nicht der Fall sein. Alles, was wir bisher erlebt haben – U-3-Ausbau, beim Thema Qualität, die wir gesteigert haben, beim Thema inhaltliche Arbeit –, hat gezeigt, dass die Kommunen ihre ureigene Aufgabe, nämlich eine vernünftige Kinderbetreuung sicherzustellen, und zwar auch im Sinne einer frühkindlichen Bildung in Form einer hohen Qualität, sehr bewusst und sehr verantwortungsvoll wahrgenommen haben.

Dass Sie jetzt als Menetekel an die Wand malen, dass die Kommunen an dieser Stelle Qualität einschränken würden, weil es eine Entlastung von Beiträgen für die Eltern gibt, ist an den Haaren herbeigezogen; das wissen Sie so gut wie ich auch.

(Zurufe der Abg. Gerhard Merz und Norbert Schmitt (SPD))

Deswegen will ich schon sehr deutlich sagen: Was Sie an dieser Stelle als Maßgabe haben, ist eine vollkommene Beitragsfreistellung von Krippe und Kindertagesstätte, gleichzeitig die überwiegende Übernahme der Betriebskosten durch das Land. Und das ist es, wovon ich sage, dass es unredlich ist: Auf der einen Seite machen Sie Versprechungen, von denen Sie wissen, dass Sie sie nicht einhalten können, und auf der anderen Seite betreiben Sie ausschließlich eine Politik der Verunsicherung. Das ist schade, aber es wird nicht fruchten; denn die Eltern werden merken, was diese Politik bedeutet. Mit dem Kindergartenjahr 2018 beginnend, werden sie es merken, indem sie von den Beiträgen entlastet werden. Das ist für die Familien eine deutliche Entlastung, und wir sind stolz darauf, es umgesetzt zu haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, ich darf Sie auf die Fraktionsredezeit hinweisen.

Ich möchte noch auf einen Aspekt eingehen, damit auch das gesagt ist. Ich hatte in der letzten Ausschusssitzung zugesagt, Ihnen eine Grundlage für die Berechnung der Beiträge zu geben. In der Zwischenzeit haben Sie einen parlamentarischen Weg gewählt, um dies zu erfragen – dann werde ich Ihnen entsprechend parlamentarisch darauf antworten. Das ist der eine Punkt.

Der nächste Punkt: Liebe Bettina Wiesmann, du wirst uns fehlen – du hast es heute mehrfach gehört. Vielen Dank für deine immer guten Ratschläge und die Auseinandersetzungen. Auch wir haben manchmal inhaltlich gestritten, haben aber immer einen guten Weg gefunden. Alles Gute im Deutschen Bundestag und vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP sowie des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Vielen Dank. – Damit ist auch diese Aktuelle Stunde abgehalten.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 9:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE für ein Hessisches Gesetz zum Wahlrecht für voll betreute Menschen – Drucks. 19/5271 –

Mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 55: