viele Menschen. Davor habe ich wirklich Angst. Diese Übergangsphase muss gut und sauber gestaltet werden. Ob am Ende das herauskommt, was man sich wünscht, nämlich eine Anhebung der Wertigkeit des Altenpflegeberufs, wage ich noch zu bezweifeln.
Das Geld, das eine Gleichstellung schafft, kommt nicht von selbst. Wenn das Geld, das die Gleichstellung schafft – nämlich dass man Altenpfleger wirklich wie Krankenpfleger bezahlt –, so leicht herbeizubringen wäre, dann könnte man das auch ohne diese Reform herbeibringen. Niemand kann mir aber zeigen, wie das gehen soll. Deswegen glaube ich noch nicht an das Wunder: Wir schaffen eine Reform, und dann kommt automatisch das Geld hinterher. – Da habe ich die allergrößten Bedenken. Ich hoffe für alle Beteiligten, dass es so ausgeht, wie es sich die, die das Gesetz gemacht haben, wünschen. Ich sehe das aber noch nicht, und von selbst wird es nicht kommen. Ich sehe auch noch nicht, dass es hier die entsprechenden Debatten gibt, wie man diesen Übergang sauber hinbekommt. Die Ängste der Schulen werden an uns alle herangetragen. Wir sollten sie ernst nehmen, und wir müssen sie ernst nehmen. Ich kann Sie nur noch einmal dringlich bitten, das auch zu tun und sich darum zu kümmern.
Wir überweisen den Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend mehr Personal für mehr Qualität in der Altenpflege, Drucks. 19/5413, mit Tagesordnungspunkt 77, dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Herausforderungen der Pflege gestalten – Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und Pflegekräfte unterstützen, an den Sozialund Integrationspolitischen Ausschuss.
Große Anfrage der Abg. Hofmann, Grumbach, Kummer, Waschke, Weiß, Özgüven (SPD) und Fraktion betreffend Opferschutz in Hessen – Drucks. 19/4969 zu Drucks. 19/4417 –
Als erste Wortmeldung liegt mir die Meldung von Frau Kollegin Hofmann der SPD vor. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort. Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! C., 24 Jahre alt, wurde letztes Jahr von ihrem Ex-Freund zuerst sexuell belästigt, dann wurde ihr von ihrem Ex-Freund monatelang nachgestellt. Sie wurde, wie man heute so neumodisch oder auf Englisch sagt, gestalkt. P. wollte einfach mit Freunden einen trinken gehen. Als er mit seinen Freunden das Lokal verlässt, werden er und seine Kumpels von anderen Jugendlichen zunächst in ein Gespräch verwickelt, dann kommt es zu verbalen Auseinandersetzungen und zu
einer Schlägerei, in die P. nicht verwickelt ist. Aber P. hat am Ende dieses eigentlich so schön begonnenen Abends einen Nasenbeinbruch erlitten. Frau M., 87 Jahre alt, wurde beim Einkaufen von einem unbekannten Täter die Handtasche entrissen. Neben den psychischen Problemen, die sie nach diesem Vorfall hat, beträgt der Sachschaden 1.000 €.
Warum schildere ich Ihnen diese Einzelfälle, die sich auch tatsächlich zugetragen haben könnten? Weil jeder von uns Opfer einer Straftat werden kann, meine Damen und Herren.
Das ist der Grund, warum wir den Opferschutz zum Thema dieser Großen Anfrage gemacht haben. Meine Damen und Herren, wir sagen deutlich, dass Opferschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, der wir uns mit aller Kraft und allem Engagement stellen müssen.
Ich möchte mich an dieser Stelle recht herzlich für die umfängliche Beantwortung dieser Großen Anfrage bedanken. Leider ist es oft so, dass in der medialen Berichterstattung, aber auch in der öffentlichen Aufmerksamkeit, die Opfer gar nicht so im Mittelpunkt der Betrachtung stehen wie die Straftat an sich oder der oder die Täter, die diese Straftat begangen haben. Opfer einer Straftat leiden oft still. Sie leiden oft jahrelang oder lebenslang an den Folgen der an ihnen begangenen Straftat.
Es ist gut so und auch richtig, dass der Opferschutz bundesweit, aber auch hier in Hessen in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten verbessert wurde. Da ist zum einen, wenn man die Bundesebene betrachtet, das Opferentschädigungsgesetz des Bundes zu nennen, das unter bestimmten Voraussetzungen Opfern einer Straftat eine Entschädigung gewährt.
Mit verschiedenen Novellen und Ergänzungen des Opferrechtsreformgesetzes – das ist ein etwas sperriger Name – wurde die Stellung des Opfers im Strafverfahren erheblich verbessert, etwa wenn das Opfer als Nebenkläger auftritt oder wenn es um die Informationsrechte der Opfer geht. Das war zunächst eine Revolution; denn das Strafverfahren sah die eigenständige Rolle des Opfers ursprünglich gar nicht vor. Vielmehr stehen im Mittelpunkt des Strafverfahrens der Straftäter als Beschuldigter und die Frage, inwieweit er die Straftat tatsächlich begangen hat oder nicht.
Ein weiterer wichtiger Schritt zur Verbesserung des Opferschutzes ist die sogenannte psychosoziale Prozessbegleitung, die 2015 durch das Bundesgesetz eingeführt worden ist. Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass dieses Parlament einvernehmlich und einmütig die hessische Umsetzung gewährleistet hat.
Meine Damen und Herren, es ist aber auch der Blick auf das sogenannte materielle Recht zu richten. In den vergangenen Jahren sind wichtige Strafbarkeitslücken geschlossen worden. Ich möchte an ein Thema erinnern, das für uns als SPD sehr wichtig ist, nicht nur für die Rechtspolitikerinnen, sondern auch für die Frauenpolitikerinnen unter uns. Das ist die Lücke im Sexualstrafrecht, die geschlossen worden ist unter dem griffigen Motto: Ein Nein muss auch ein Nein sein.
Das Sexualstrafrecht hat in den vergangenen Jahren immer mal wieder an der einen oder anderen Stelle Novellierungen bzw. Anpassungen erfahren. Der entscheidende Schritt bei der letzten Reform war, dass der Bundesgesetzgeber
endlich gesagt hat: Wenn sich der Täter über den erkennbaren Willen des Opfers hinwegsetzt, wenn das Opfer Nein sagt, dieser erkennbare Wille dennoch übergangen wird und eine Tat bzw. Handlung geschieht, dann muss das auch entsprechend sanktioniert werden.
Meine Damen und Herren, das war ein Begehren, das viele Opferschutzverbände, Vereine, Organisationen, aber auch Frauenrechtlerinnen über viele Jahre hinweg geäußert haben. Ein Nein ist ein Nein. Das ist eine entscheidende Stärkung der Position der Opfer.
Meine Damen und Herren, ein recht herzlicher Dank gilt natürlich all denjenigen, die im Opferschutz tätig sind, den vielen Ehrenamtlichen, die in den Opferschutzverbänden, in den Vereinen und in den Initiativen den Opfern tagtäglich mit Rat und Tat zur Seite stehen oder die – einfach gesprochen, obwohl das oft gar nicht so einfach ist – den Opfern ihr Ohr und ihre Zeit schenken. Vielen herzlichen Dank dafür.
In der Antwort auf unsere Große Anfrage wird sehr ausführlich dargestellt, an welchen Stellen des Opferschutzes – der Opferschutz ist eine Querschnittsaufgabe – verschiedene Maßnahmen erfolgen. Beratungsstellen werden unterstützt. Ich will einen Punkt konkret ansprechen, der nach wie vor eine Schwachstelle ist. Aufgrund der Mehrfachbelastung bleibt für den Bereich der Prävention bei der Polizei oftmals viel zu wenig Zeit.
Fakt ist und bleibt, dass der Opferschutz in Hessen weiter ausgebaut werden muss. Es gibt noch vieles zu tun. Wir haben noch in vielen Bereichen dringenden Handlungsbedarf.
Nehmen Sie das Beispiel der freien Träger, die im Bereich des Opferschutzes tätig sind. Es ergibt sich aus vielen Einzelgesprächen, aber auch aus der Beantwortung, dass die Landesmittel, die die vielen freien Träger bekommen, nicht auskömmlich sind, damit diese ihrer Tätigkeit im Opferschutz so nachgehen können, dass sie nicht andauernd Geldauflagen oder Spenden hinterherrennen müssen. An anderer Stelle bleibt für die originäre Arbeit mit den Opfern nicht mehr genügend Zeit.
Ich sage Ihnen: Das ist falsch. Wir müssen diese freien Träger und diese Vereine weiter unterstützen. Sie brauchen Landesmittel in auskömmlicher Höhe, damit genügend Zeit für die Opfer bleibt.
Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass Sie es waren, die die Förderung von Frauenhäusern, Frauennotrufen und Frauenberatungsstellen und Interventionsstellen kommunalisiert und damit die Steuerung aus der Hand gegeben haben. Damit haben Sie viele Frauenhäuser in finanzielle Notlagen gebracht. – Da brauchen Sie gar nicht den Kopf zu schütteln, weil das die Wahrheit ist. Daran muss an diesem Tag auch erinnert werden, meine Damen und Herren.
Ja, es war die konservative, schwarz geführte Landesregierung, und das ist unvergessen. Viele Frauenhäuser leiden heute noch unter dieser schlimmen Maßnahme.
Es ist gut, dass es in einzelnen Gerichten sogenannte Zeugenzimmer gibt. Das sind Zimmer, in die sich Zeugen, die oftmals Opfer geworden sind, zurückziehen können. Das kann aber nur der erste Schritt sein. Aus unserer Sicht brauchen wir bei allen Amts- und Landgerichten entsprechende Zeugenzimmer. Es reicht nicht aus, sich als Zeuge bzw. als Opfer in ein Zeugenzimmer zurückziehen zu können. Vielmehr brauchen wir auch die entsprechenden Betreuungsstrukturen, damit sich traumatisierte Opfer – zumeist in einem Strafverfahren – mit der Tat auseinandersetzen können. Diese begegnen dem Täter wieder und werden in dieser Situation womöglich erneut traumatisiert. Diese müssen auch professionell begleitet werden.
Deshalb fordern wir als SPD nicht nur den Ausbau von solchen Zeugenzimmern, sondern auch eine professionelle Betreuung durch geschulte Begleiter, die die psychosoziale Begleitung, die es schon gibt, in entsprechender Art und Weise ergänzt, meine Damen und Herren.
Ich will noch einen letzten Aspekt ansprechen, der uns sehr wichtig ist, den wir bereits mehrfach beantragt haben und den wir Ihnen heute erneut zur Entscheidung vorlegen. Wir brauchen auch hier in Hessen endlich einen Opferfonds, der in den Fällen greift, in denen das Opfer nicht auf eine andere Art und Weise schnell und unbürokratisch Hilfe erlangen kann.
Letzter Satz: Es gibt bereits sehr gute Erfahrungen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Das ist echter Opferschutz. Bitte unterstützen Sie unsere Initiative. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Als nächster Redner hat sich Kollege Heinz von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann Frau Kollegin Hofmann bei sehr vielem recht geben, was sie vorhin zur Bewertung der Betroffenheit von Opfern von Straftaten ausgeführt hat. Für viele Bürger ist
es ein einschneidendes und schlimmes Erlebnis, wenn sie Opfer einer Straftat werden: Gewalt, Gewalt im Alltag, Wohnungseinbruch, Diebstahl. Ganz besonders schlimm ist es, wenn Kinder betroffen sind oder wenn Gewalt in der Familie vorliegt. Bei häuslicher Gewalt gibt es hohe Dunkelziffern. Nur wenige Delikte kommen zur Anzeige.
Umso wichtiger ist es – da bin ich vollkommen einer Meinung mit meiner Vorrednerin –, die Opfer von Straftaten hinreichend zu unterstützen und zu ermutigen, gegen den Täter auszusagen, damit dieser nicht erneut die Möglichkeit hat, straffällig zu werden, und damit dieser einer gerechten Strafe zugeführt werden kann.
Die Vermeidung von Straftaten ist natürlich die allerbeste Prävention und somit auch der beste Opferschutz. Dazu haben Sie viel Richtiges ausgeführt. Kommt es dann aber zum Strafprozess – diese Ansicht teile ich auch 1 : 1 –, so stehen zu häufig die Täter im Mittelpunkt. Das ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten natürlich auch geboten; denn in einem fairen Verfahren sollen die Täter überführt werden. Und sie sollen dann, wenn das Gericht von einer Schuld und von der Strafbarkeit überzeugt ist, abgeurteilt werden. Sonst werden sie freigesprochen, wenn Zweifel daran bestehen.
Die Opfer sind im Strafprozess Randfiguren – das ist richtig –, zuallerst einmal aus der Strafprozessordnung heraus. Sie sind häufig Zeugen. In einigen Deliktfeldern – die häusliche Gewalt wurde ja mehrfach erwähnt; aber auch bei sexueller Gewalt – sind die Opfer häufig die einzigen Zeugen, die dem Gericht zur Verfügung stehen. Also kommt ihnen dann doch wieder eine zentrale Rolle zu. Sie werden aber in Strafverfahren häufig gezwungen, das Erlebte in der Regel dann auch öffentlich noch einmal zu durchleben, zu beschreiben und häufig auch zu durchleiden. Wir wissen von Fällen, dass die Opfer von Straftaten dann sogar ein Schamgefühl haben, was aber völlig falsch ist. Wenn sich jemand schämen sollte, soll sich ein Täter einer Straftat schämen, nicht das Opfer. Ein Opfer verdient unser aller Schutz.
Daher gibt es zu Recht auch in Hessen eine gute Tradition – seit vielen Jahrzehnten –, die Möglichkeiten für Opfer von Straftaten und damit häufig auch von Zeugen im Strafprozess auszubauen und immer weiter fortzuentwickeln. Dazu gibt es einmal – darin stimme ich auch mit Ihnen überein, Frau Hofmann – die prozessualen Rechte von Opfern, die mit hessischer Begleitung auf Bundesebene in verschiedensten Regierungskonstellationen immer wieder ausgebaut worden sind. Es gab verschiedenste Novellen zum Opferschutz. Inzwischen können die Opfer von Straftaten als Nebenkläger auftreten, sie werden im Strafprozess unterstützt, sie bekommen bei Vorliegen der Voraussetzungen auch einen Nebenklagevertreter gestellt, den das Land dann finanziert.