Man brüstet sich damit, dass man etwas gegen den Hunger unternimmt. Das ist eine Alibigeschichte, mit der man die Gentechnik vorantreiben will. Ich glaube, es ist sinnvoller, wenn man sich mit Gemüse und Obst ausgewogen ernähren kann. Dann kann man sehr gut auf den Golden Rice der Gentechnikindustrie verzichten.
Ich will Ihnen noch ein Beispiel dafür nennen, welche Probleme die Gentechnik mit sich bringt. Aus dem Weltagrarbericht: In Argentinien wächst heute auf 20 Millionen ha Land Gentechnik-Soja. Dieses Soja wird vor allen Dingen für den Export nach China und nach Europa benötigt. 335 Millionen Liter Pestizide kamen 2011 auf den argentinischen Äckern zum Einsatz. Das ist fast neunmal so viel wie im Jahr 1990. Von wegen man braucht weniger Pestizide bei der Gentechnik – ihr Einsatz ist deutlich gestiegen.
In den Anfangsjahren des Anbaus von Gentechnik-Soja blieb der Pestizideinsatz konstant; aber seit 2002 ist er enorm in die Höhe geschnellt. Am häufigsten wird das Roundup versprüht, das wahrscheinlich auch Ihnen bekannte Mittel der Firma Monsanto. Dieses Mittel setzte man 1996 noch mit 3 l/ha ein, heute sind wir in Argentinien bei 12 l/ha.
Man sieht, wie enorm dort mit Gift gearbeitet werden muss, weil immer mehr Unkräuter mit den herkömmlichen Mitteln nicht mehr bekämpft werden können und immer mehr Resistenzen entstehen. Also auch da hat die Gentechnik versagt.
Es ist so, dass die großen Agrarkonzerne – das sind nur einige – mit der Gentechnik wirklich gut verdienen: in Kombination mit den Pestiziden, die dann gleich in Kombination verkauft werden. Ich meine, wir haben ja nichts dagegen, dass die Unternehmen Geld verdienen, aber die Wirtschaft sollte zum Wohle des Menschen und der Umwelt wirtschaften. Nicht im Gegenteil, wie es hier der Fall ist.
Hier wird nämlich der gegenteilige Effekt erzielt. Es ist ganz im Gegenteil nicht zum Wohle der Menschen, und es ist nicht zum Wohle der Umwelt. Deswegen lehnen wir das auch ab.
Vor zehn Jahren trat die EU-Kennzeichnungsverordnung für gentechnisch veränderte Lebensmittel in Kraft; 2014 haben wir quasi ein Jubiläum. Ich erinnere mich an Ministerin Künast, die das, glaube ich, vorangetrieben hat. Seitdem gibt es überhaupt die Möglichkeit, Lebensmittel mit Zutaten aus gentechnisch veränderten Organismen zu identifizieren. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben seit zehn Jahren überhaupt die Transparenz, zu sehen: Wo sind GVOs – ich kürze das jetzt einmal ab – drin und wo nicht? Wir haben festgestellt, in den Lebensmittelregalen der Supermärkte sind gentechnisch veränderte Lebensmittel verschwunden, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher das nicht haben wollen.
Wo wir jetzt noch nachziehen müssen, ist eine Kennzeichnung von verarbeiteten Lebensmitteln. Denn auf dem Ei, dem Fleisch und der Milch steht nicht drauf, wenn die Tiere, die dieses Produkt hergestellt haben, mit Genfutter gefüttert worden sind. Es ist dringend geboten, dass auch für diese Lebensmittel eine Kennzeichnung erfolgt. Ich glaube, dann haben wir dieses Problem nämlich auch bald gelöst. Daher appelliere ich auch an die Bundesregierung, an die Große Koalition, in deren Koalitionsvertrag diese Kennzeichnung in Aussicht gestellt ist, sie möge sich bitte europaweit dafür starkmachen, dass wir diese Kennzeichnung auch endlich bekommen; denn es kann nicht sein, dass Gentechnik versteckt über die Futtermittel auf den Tellern der Verbraucherinnen und Verbraucher landet.
Jetzt komme ich wieder auf unser Bundesland zurück. Hessen wird, wie gesagt, dem Europäischen Netzwerk gentechnikfreier Regionen beitreten. Das bedeutet, dass wir auf den staatseigenen Flächen keine Gentechnik anbauen werden. Das ist eine Selbstverpflichtung. Das bedeutet auch, dass wir die Landwirtinnen und Landwirte dabei unterstützen werden, selbst Futter anzubauen, damit sie von Gensoja aus Übersee unabhängig werden, damit sie eben dieses genveränderte Futter nicht brauchen. Dazu werden wir in Hessen eine Unterstützung leisten; denn auch an dieser Stelle sage ich: Wir wollen, dass die Landwirtschaft in den Händen der Bauern bleibt und nicht in die Hände der Agrochemie wandert.
Was wir aber nicht können – das sage ich an dieser Stelle deutlich, da haben Sie recht, Kolleginnen und Kollegen von der FDP –, ist: Wir können nicht verhindern, dass auf einem privaten Grundstück Gentechnik angebaut wird.
Ich komme zum Schluss. – Wir können das nur für die staatseigenen Flächen machen, wir können die Vorreiterrolle übernehmen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass in Deutschland und in der Europäischen Union die Rahmenbedingungen so geändert werden, dass auch auf dem Privatgelände endlich keine Gentechnik mehr zum Einsatz kommt. Deshalb an dieser Stelle noch einmal ein klares Nein zu Gentechnik auf Hessens Äckern und Hessens Tellern. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hessen soll ein Land bleiben, in dem wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage für politische Entscheidungen bleiben. Das gilt vor allem auch für die Diskussion um gentechnisch veränderte Lebensmittel. Aber auch Rohstoffe für Bekleidungen sind hier zu berücksichtigen. Es darf kein Spiel mit den Ängsten der Menschen geben. Es wird leider oft suggeriert, dass grüne Gentechnik gesundheitsgefährdend sei. Das ist allerdings bisher durch keine Studie wirklich belegt.
Meine Damen und Herren, zu gentechnisch veränderten Pflanzen. 1.800 wissenschaftliche Veröffentlichungen aus zehn Jahren wurden hierzu von den Schweizern ausgewertet, und die Schweizer sind, was die Lebensmittelqualität anbelangt, wirklich sehr kritisch und schauen dreimal hin. Diese wissenschaftliche Studie aus der Schweiz hat nun einmal gezeigt: Es gibt keinerlei Belege für die ernst zu nehmenden Risiken. Diese Risiken lassen sich einfach nicht finden – so weit die Autoren. Solche wissenschaftlichen Erkenntnisse dienten auch schon früher der politischen Willensbildung in Hessen. Das geht hier ein bisschen verloren. Es wird mehr mit den Ängsten Politik gemacht denn mit tatsächlichen Fakten. Die FDP-Fraktion tritt dafür ein, dass wir eher die Chancen einer neuen Technik betonen und weniger die Risiken in den Vordergrund stellen, um damit auf Stimmenfang zu gehen.
Ich darf auch sagen, Frau Kollegin: Allein die Aussage, die Land- und Forstwirtschaft in Hessen sei gentechnikfrei, ist für die Verbraucherinnen und Verbraucher keine wirkliche Hilfe. Wer konventionelles Schweine- oder Hühnerfleisch im Supermarkt oder im Discounter kauft, muss heute davon ausgehen, dass die Tiere zuvor mit gentechnisch verändertem Soja gefüttert wurden. Frau Kollegin, Ihre These, dass die gentechnisch veränderten Produkte aus den Regalen verschwunden seien, ist mit Sicherheit bei genauem Hinschauen nicht zu halten.
Der Verbraucher erwartet, dass er heute jedes Lebensmittel, ob es Lachs, Tomaten oder Erdbeeren sind, zu jeder Jahreszeit günstig bekommt. Das geht eben nur mit einer modernen Technik in der Lebensmittelindustrie. Wer das
verweigert, muss den Menschen auch sagen: Du kannst nicht mehr zu jedem Zeitpunkt deinen gekochten Schinken essen, und nicht jedem ist es möglich, in den ganzen Discountern und auf anderen Vertriebskanälen seinen Lachs zu kaufen. – Gentechnik landet mit Fleisch, Eiern oder Käse auf unseren Tellern, ohne dass wir es wissen.
Zur Kennzeichnung von Futtermitteln. Bei den Futtermitteln sieht es ganz anders aus. Zwar sind auch diese entsprechend gekennzeichnet, doch bekommt diese Kennzeichnung nur der Nutztierhalter, der diese Futtermittel gekauft hat, nicht aber der Verbraucher. Diese Information bleibt dem Verbraucher vorenthalten. Nicht kennzeichnungspflichtig sind auch alle Produkte aus der sogenannten weißen Gentechnik. Hierbei handelt es sich um Lebensmittel oder Futtermittelzusatzstoffe wie Vitamine oder Enzyme, die in geschlossenen Systemen wie in Fermentationstanks mithilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen gezielt hergestellt werden. Viele von den Käseprodukten, die Sie heute auf dem Tisch haben, würde es ansonsten überhaupt nicht geben.
Futterpflanzen und Futtermittelzusätze haben ganz viel mit Gentechnik zu tun. Kühe, Schweine und Hühner erhalten in der Regel Futter, das zumindest teilweise aus gentechnisch veränderten Pflanzen wie Soja oder Mais gewonnen wird. Auf diese Weise kommen tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milch und Eier indirekt mit der Gentechnik in Kontakt.
Kommen wir zu den Bioprodukten. Ist in Bioprodukten wirklich nie Gentechnik enthalten? Meine Damen und Herren, Verunreinigungen bis zu einem Anteil von 0,9 %, also 9 g/kg, sind von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen, wenn der Hersteller nachweisen kann, dass es sich um zufällig oder technisch unmittelbar veränderte Einträge handelt.
Bei Untersuchungen in großen Biomarktketten hat sich nach Angaben des ZDF-Verbrauchermagazins „WISO“ knapp die Hälfte der Stichproben bei Biogemüse als gentechnisch verändert herausgestellt.
Betroffen waren vor allen Dingen Brokkoli, Chicorée und Blumenkohl. Da die Tester von „WISO“ in den Proben artfremde Erbsubstanzen nachweisen konnten, stuften sie die jeweiligen Produkte als gentechnisch verändert ein.
Der Verbraucher kann nur seine Marktmacht einsetzen, so wie das eben geschildert worden ist, wenn er auch wirklich selbst entscheiden kann, was er kauft und was er im Regal stehen lässt.
Deswegen treten wir für eine absolute Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel ein.
Allein, dass Hessen jetzt eine gentechnikfreie Zone wird, die Zielformulierung, dass Hessens Land- und Forstwirtschaft gentechnikfrei bleiben soll, ist lediglich ein Lippenbekenntnis. Bereits heute geht es vollkommen an der Lebenswirklichkeit vorbei. Bei Bekleidung und anderen Angeboten in den Geschäften weiß der Verbraucher meist nicht, was er dort kauft. Das Urteilsvermögen des Verbrauchers kann so nicht richtig funktionieren. Wir treten dafür
ein, dass es eine ausdrückliche Kennzeichnung nicht nur für gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt, sondern auch für Bekleidung. Dann können die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden, ob sie solche gentechnisch veränderten Nahrungsmittel auf dem Teller haben möchten, ob sie Kleidung aus solchen Produktionen nutzen möchten oder nicht.
Die Kennzeichnung darf nicht auf Basis von variablen Vorgaben und Grenzwerten beruhen, sondern muss den tatsächlichen Werten entsprechen. Diese pauschale Aussage „gentechnikfrei“ soll lediglich eine scheinbare Gentechnikfreiheit suggerieren und ist faktisch eine Mogelpackung.
Meine Damen und Herren von CDU und den GRÜNEN, wahrscheinlich wollen Sie diese generelle Kennzeichnungspflicht aus dem einfachen Grund nicht, weil man feststellen müsste, dass rund 80 % der Produkte, die sich heute im Supermarktregal befinden oder auf den Konfektionsständern der Textilindustrie wiederfinden, gentechnisch veränderte Materialien und Rohstoffe enthalten. Das führt Ihre Diskussion ein Stück weit ad absurdum. Man kann heute nicht mehr so fein mit den Ängsten der Menschen Politik machen.
Frau Kollegin, weil Sie sich eben noch auf unseren Antrag bezogen haben: Es geht nicht nur um die Eiweiße. Man darf nicht die Chancen betonen und die Augen vor dem Hunger in der Welt verschließen. Es geht um Pflanzen, die weniger Pestizide brauchen, die die Böden am Ende belasten. Es geht aber auch um Pflanzen und Rohstoffe für die Lebensmittelindustrie, die dann in bis jetzt sehr schwierigen Wachstumsumgebungen besser bestehen können.
Wir dürfen die Augen vor dem Hunger in der Welt nicht verschließen. Lassen Sie uns besser die Risiken in ihre Schranken weisen und die Chancen betonen. Das wäre eine vernünftige Politik, die auf wissenschaftlich fundierten Grundlagen existiert und nicht so sehr emotionsgetrieben ist. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will nur ganz kurz auf zwei Stichpunkte von Herrn Kollegen Lenders eingehen. Er hat darauf abgezielt, dass mit keiner Studie belegt sei, dass Gentechnik gesundheitsschädlich ist und, wenn man jetzt sage, man wolle keine Gentechnik, man mit den Ängsten der Menschen spiele.
Ich gehe davon aus, dass Sie wollen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher so lange Gentechnik zu sich nehmen, bis sich irgendwann einmal herausstellt, dass es doch gesundheitsschädlich ist. Ich sage Ihnen: Unsere Äcker sind nicht die Labore der Agrochemie. Ich möchte auch nicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher die Testpersonen für die Agrochemie sind.