Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Beides halte ich für möglich! – Zurufe von der CDU)

Wenn Sie noch einen Zwischenruf machen, gehe ich gerne auch noch einmal auf seine Behauptung hinsichtlich des formalen Fehlers ein. Aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts können Sie entnehmen, dass allein der formale Fehler entscheidend war. Die Frage, ob eine Weisung des Bundes oder Ähnliches vorlag, ist völlig belanglos. Dort heißt es:

Im Übrigen bleibt die Anhörung dem Land als Teil seiner Wahrnehmungskompetenz vorbehalten, auch wenn der Bund die Sachkompetenz an sich zieht. Dass der Verwaltungsgerichtshof unter diesen Umständen für die Anhörung offenlassen konnte, ob und inwieweit der Bund die Sachkompetenz an sich gezogen hat, liegt auf der Hand.

Ich übersetze das einmal für Nichtjuristen, schade, dass der Ministerpräsident nicht da ist: Die Begründung des Urteils hätte noch so super sein können, Herr Bouffier hätte sie sogar selbst schreiben können, allein der formale Fehler der Nichtanhörung hat dazu geführt, dass der Steuerzahler jetzt 2,06 Millionen € zahlen muss. Nicht zur Verantwortung gezogen wird Frau Puttrich, sie wird dafür noch belohnt, indem sie Ministerin für Europa- und Bundesangelegenheiten geworden ist.

(Beifall bei der SPD – Manfred Pentz (CDU): Das ist Quatsch, das wissen Sie auch!)

So ist das in Hessen. So geht diese Landesregierung mit finanzpolitischer Verantwortung um.

(Beifall bei der SPD)

Diese Frau gehört vom Platz geholt und nicht noch belohnt.

Angesichts all dieser Tatsachen kann man zu den Äußerungen des Finanzministers, Herrn Dr. Schäfer, in seiner Presseerklärung vom 14.05.2014, dass die schwarz-grüne Landesregierung mit dem Nachtrag ihre Handlungsfähigkeit in der Haushaltspolitik eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, nur feststellen: Wenn die Handlungsfähigkeit dieser schwarz-grünen Regierung darin besteht, Rücklagen aufzubrauchen, hoch dotierte Ministerialstellen anzuheben, Steuern zu erhöhen, bei der Nettoneuverschuldung zu tricksen, aber nicht zu gestalten, dann drohen schlechte Zeiten für Hessen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Manfred Pentz (CDU))

Die angekündigte Verschiebung des Zeitplans für die Einbringung, die Beratung und die Beschlussfassung des Lan

deshaushaltsplans 2015 zeigt zudem, dass es mit der Handlungsfähigkeit nicht so weit her sein kann. Herr Minister, wenn Sie so handlungsfähig sind, warum wird dann verschoben? Sie sind anscheinend nicht in der Lage, ein Verfahren ordnungsgemäß einzuhalten und einen ordnungsgemäßen Haushalt zum richtigen Zeitpunkt vorzulegen, mit der Folge, dass wir wieder Zeit verlieren. Das hat mit Gestaltung nichts zu tun. Das hat etwas damit zu tun, dass die Not doch viel größer ist, als Sie der Öffentlichkeit einreden wollen.

(Beifall bei der SPD)

Ich fasse zusammen: Der Nachtragshaushaltentwurf ist schlicht enttäuschend, weil er nicht politisch gestaltet. Damit wird in wichtigen Politikbereichen – ich habe sie eben dargestellt – schlicht ein Jahr und vielleicht sogar noch mehr verschenkt. Finanzpolitisch werden die Tricks und Täuschungen der schwarz-gelben Vorgängerregierung unter Schwarz-Grün fortgesetzt.

Das alles zeigt, dass eine wirkliche Änderung der Politik mit dieser Koalition wohl nicht erfolgt. Das ist nicht gut für unser Land. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Norbert Schmitt. – Das Wort hat Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gehöre nun schon ein paar Jährchen dem Landtag an, trotzdem ist die jetzige Rede für mich eine Premiere. Zum ersten Mal bin ich bei der Einbringung eines Haushalts ein Redner der Regierungsseite und nicht der Opposition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich sage das, weil wir mit bestimmten Unterstellungen, von denen wir schon gehört haben, rechnen müssen. Herr Kollege Schmitt, liebe Kolleginnen und Kollegen insgesamt, ich kann Ihnen versichern, an unserer Beurteilung der Ziele und Aufgaben richtiger Haushaltspolitik hat sich durch die Regierungsbeteiligung überhaupt nichts geändert. Das ist genauso, wie ich es in der Vergangenheit auch beschrieben habe.

(Peter Stephan (CDU): Das können wir bestätigen!)

Nachhaltigkeit als grünes Prinzip wurde von uns schon immer, auch gerade in der Finanzwirtschaft, eingefordert, weil sie auch eine Frage der Gerechtigkeit ist. Nicht zulasten anderer, sondern in freier Eigenverantwortung sind Entscheidungen zu treffen. Das bedeutet, dass die Folgen unserer Entscheidungen uns auch selbst treffen und nicht von anderen getragen werden müssen.

Sie wissen, wir GRÜNE haben uns immer für die Schuldenbremse engagiert und an ihrer gesetzlichen Ausgestaltung auch mitgewirkt, weil es ein Fehler wäre, auch weiterhin kommende Generationen für das eigene Wohlbefinden bezahlen zu lassen und somit die politische Zeche des eigenen Konsums zu prellen. Es ist notwendig, am Ende seiner Zuständigkeitszeit eine ausgeglichene Bilanz auch in dieser Richtung ziehen zu können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Was mich in der Debatte ein bisschen wundert – möglicherweise liegt es daran, dass Herr Kollege Schmitt die Vorlage so spät bekommen hat; dafür muss man sich entschuldigen –, ist, dass seine Rede mit dem vorgelegten Nachtragshaushaltentwurf überhaupt nichts zu tun hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Lachen des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Schmitt, das, was Sie uns vorgehalten haben, steht dort nicht drin. Und das, was drinsteht, haben Sie offensichtlich nicht gefunden.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Insoweit fällt es mir jetzt etwas schwer, sachgerecht darauf einzugehen. In der Sache haben Sie nichts vorgetragen, auf das man hätte eingehen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Deswegen sage ich: Wir, die GRÜNEN und jetzt gemeinsam mit der CDU, wollen die Umsetzung der Haushaltskonsolidierung.

Sie werden sich erinnern: Wir haben das schon vor vielen Jahren mit einem Dreiklang dreier E – oder Neudeutsch „Triple E“ – eingeleitet: Effizienzsteigerung, Einsparung und Einnahmeerhöhung. Diese drei E braucht es, weil wir davon überzeugt sind, dass ein ausgeglichenes Jahresbudget durch Aktivitäten in nur eine Richtung nicht erfolgreich gestaltet werden könnte.

Meine Damen und Herren, von einem solchen ausgeglichenen Jahresbudget sind wir derzeit noch ein ganzes Stück entfernt; der Finanzminister hat es vorgetragen. Deswegen ist die entscheidende Frage auch nicht, ob wir dieses Ziel mit dem vorliegenden Nachtragshaushalt erreichen, sondern ob wir mit dem vorgelegten Nachtragshaushalt den richtigen Kurs zu diesem Ziel eingeschlagen haben.

Manch flinker Kritiker – ob nun Funktionär der Unternehmer oder Steuerzahler – sollte seine eilige Kritik der letzten Wochen an dem angeblich fehlenden Sparwillen des Entwurfs lieber noch einmal darauf überprüfen, ob er die Sache nicht vielleicht etwas zu einseitig – ich erinnere an die drei E – und damit wenig substanziiert und letztendlich nicht hilfreich beurteilt. Schließlich sind wir – das sollte keiner vergessen, auch die liebevollen Kritiker nicht – mitten im laufenden Budgetjahr, in dem eine angepasste Steuerung dem abrupten Kurswechsel, also dem Hakenschlagen, allemal vorzuziehen ist. Mit Letzterem würde man wahrscheinlich sich selbst und auch viele Mittelempfänger ins Schleudern bringen, was wir wohl nicht wollen. Wenn wir es täten, wüsste ich, wer der Erste wäre, der das mit starken Worten geißeln würde.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zuruf von der CDU, an Norbert Schmitt (SPD) gewandt: Da sitzt er!)

Der Koalitionsvertrag zwischen CDU und GRÜNEN beschreibt die nachhaltige Finanzpolitik bereits im ersten Kapitel. Dies geschieht nicht ohne Grund; denn schließlich ist das Fundament erfolgreicher politischer Aktivitäten eine solide Finanzpolitik. Wir haben uns eine verantwortungsvolle Gestaltung der Einnahmen und Ausgaben als Grund

lage vorgenommen, womit wir nicht nur den Erfordernissen des Tages gerecht werden dürften, sondern dabei auch die Chancen und Risiken künftiger Entwicklungen in den Blick nehmen und im echten Sinne präventiv handeln.

Die einzelnen Maßnahmen für die Gestaltung des Haushalts, die dort beschrieben sind, will ich jetzt nicht alle aufzählen,

(Marius Weiß (SPD): Das ist klar!)

Sie können Sie nachlesen. Ich will nur anmerken, dass sich nicht alles, was dort steht, unmittelbar im Haushalt wiederfinden kann, sondern auch auf anderen Wegen geregelt wird. Als zwei Beispiele nenne ich nur die Themen Beschaffungswesen oder die Grundsätze guter Unternehmens- und Beteiligungsführung.

Aber nun direkt in den Haushalt und zu den Kriterien der drei E. Ich beginne mit dem Bereich Effizienzsteigerung. Der Nachtragshaushalt bildet die Neuaufstellung der Regierung in den einzelnen Ressorts ab, die von der schwarzgrünen Koalition gefundene Lösung weist neben den politischen Implikationen auch optimierte Effizienz aus. Dadurch dass die Ziele und Instrumente organisatorisch besser zusammengeführt werden – Stichwort: Integration mit Sozialem, Bund und Europa, Wohnen und Umwelt, Energie und Planung, um nur einiges zu nennen –, kann eine Aufgabenerfüllung optimiert werden.

(Marius Weiß (SPD): Mit neuen Stellen! – Gegenruf von der CDU)

Mit dem Nachtragshaushalt werden alle diesbezüglichen Änderungen auf den Plan gebracht, sodass für die folgenden Pläne auch eine klare Bezugsbasis geschaffen ist. Schauen Sie noch einmal in den Entwurf, Kollege Weiß: Wichtiger noch ist allerdings die Feststellung, dass diese Regierungsbildung ohne die Ausweisung neuer Stellen erfolgte. Es wurde dieses Mal ausschließlich auf vorhandene Stellen zurückgegriffen, die durch Verschiebung und Umbewertung teilweise den geänderten Anforderungen angepasst wurden. – Meine Damen und Herren, dies ist die richtige Aussage. Ihre Behauptung, es hätte neue Stellen gegeben, ist schlicht falsch. Lernen Sie zählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich hebe das auch genau deshalb hervor, weil es ein außergewöhnlicher Vorgang ist; denn in der Regel gingen Regierungswechsel stets mit einer Expansion der Stellenpläne einher. Vergleichen Sie aber bitte den aktuellen hessischen Regierungswechsel, wie er jetzt im Nachtragshaushalt abgebildet ist, mit Vorgängen der letzten Jahren, sei es in Berlin, in anderen Landeshauptstädten oder auch beim letzten Regierungswechsel in Hessen: Damals hatten wir einen zweistelligen Zuwachs an Stellen aufgrund des Regierungswechsels ganz nüchtern festgestellt.

Deshalb kann man schon erkennen, dass die Landesregierung von CDU und GRÜNEN der Effizienz in der Aufbauorganisation hohe Bedeutung zumisst. Genauso wichtig ist die effiziente Gestaltung der Abläufe. Insoweit bleibt es natürlich eine im Koalitionsvertrag beschriebene Aufgabe, der wir uns auch weiter widmen müssen. Effizienz in dem Verwaltungshandeln ist einer der drei wesentlichen Aspekte, um die Konsolidierung im beschriebenen Zielkorridor auch hinzubekommen.

Das zweite der drei E bezeichnet die Einsparungen. Über die will ich Ihnen jetzt versuchen einiges klarzumachen. Zugestandenermaßen ist dies gerade in einem Nachtragshaushalt ein schwieriges Kapitel, da wir es – ich hatte es bereits erwähnt – mit einem laufenden Jahresbudget zu tun haben und der Mittelabfluss in vielen Fällen keineswegs kontinuierlich erfolgt.

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Zeitpunkt der Budgetplanung des Doppelhaushalts 2013/2014 schon eine ganze Zeit zurückliegt, jenseits aller politischen Implikationen einfach mit Blick auf den Zeitablauf. Deswegen hat sich seitdem auch schon einiges in der Bewilligungspraxis und in der Bewirtschaftung insgesamt ergeben, was man nicht negieren kann. Daher ist es ein anderer Zustand als bei einer Neudefinition bzw. Neufestsetzung des Budgets, wie wir ihn z. B. für das kommende Jahr 2015 vor uns haben: Da sind Vorgaben insbesondere für Einsparungen sinnvoll, notwendig und umsetzbar.

Dennoch gibt es besonders im finanzwirtschaftlichen Bereich Einsparungen, sodass die bereinigten Gesamtausgaben durch den Nachtrag gegenüber dem ursprünglich verabschiedeten Plan der schwarz-gelben Mehrheit um fast 350 Millionen € sinken. Dies ist eine Tatsache, über die wir uns freuen – auch wenn es, das will ich gern einräumen, keine Heldentat der neuen Regierungsmehrheit ist: Die Abnahme der Gesamtausgaben liegt im Wesentlichen an verringerten Zahlungsverpflichtungen in Richtung Länderfinanzausgleich – die immer noch sehr hoch sind – und an dem geringeren Zinsaufwand wegen Fortbestehens des historisch niedrigen Zinsniveaus.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das bestreitet keiner, Kollege Schmitt. Dennoch ist es eine Reduzierung der Ausgaben. Deswegen sollten Sie nicht versuchen, ein falsches Bild zu stellen.