Protokoll der Sitzung vom 12.12.2017

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ja, es gehört heute zu einer lebenswerten Heimat, dass die Menschen praktisch mit der ganzen Welt vernetzt sind. Es mag auch manchen geben, der nur noch in der virtuellen Welt zu Hause ist. Er kauft dort ein, er arbeitet dort, trifft seine Freunde nur noch virtuell und teilt Freud und Leid virtuell. Auch seinen Ehepartner kann man im Netz finden.

Deshalb ist es richtig, Megabytes braucht derjenige, der die Megatrends nicht verpassen will. Deshalb tun wir dort eine ganze Menge. Aber machen wir uns doch nichts vor. Trotz der großen Bedeutung der Digitalisierung, die niemand unterschätzen sollte, gilt eines: Die reale Welt besteht nicht nur aus Bits und Bytes. Es gilt auch in der digitalen Welt immer noch der Grundsatz, dass wir keine Gesellschaft für die Digitalisierung wollen, sondern eine Digitalisierung mit menschlichem Antlitz. Wenn Sie so wollen, geht es um die Humanisierung der Digitalisierung. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten. Da geht es um die reale Begegnung von Menschen. Da geht es darum, dass sich die Menschen auf Straßen und Plätzen noch treffen und die Familien und

Vereine beieinander sind. Das alles ist das, was ich vorhin meinte. Das hält die Gesellschaft zusammen. Das ist mehr als nur die Addition der Zahlen.

Wenn Sie sich das anschauen, sind Sie bei den Themen, von denen wir glauben, dass sie politisch sehr beachtet werden sollten. Dabei geht es darum, wann sich Menschen heute eigentlich zu Hause fühlen. Sie sollen nicht nur irgendwo sein, sondern ein Zuhause haben. Sie sollen sich mit ihrer Region identifizieren.

Sie haben den „Hessenmonitor“ angesprochen. Er befindet sich im Netz. Es lohnt sich, ihn zu lesen. Da hätten Sie ein paar schöne Informationen bekommen. Da können Sie feststellen, dass 94 % der Menschen gerne in Hessen leben und sich mit ihrer Heimat identifizieren.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich auch! Das hat aber nichts mit der Landesregierung zu tun!)

Lieber Herr Schäfer-Gümbel, ich versuche es noch einmal. Ich versuche gerade, etwas jenseits des Klein-Kleins Landesregierung/Opposition deutlich zu machen. Mit Verlaub, das ist auch schön. Hier geht es um etwas anderes.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eben! Darauf wollte ich hinweisen!)

Es geht um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes gehören das Breitbandkabel und Megabitraten. Aber es gehört auch dazu – darüber spreche ich gerade –, wie wir es schaffen, dass Menschen eine Heimat haben, dass sie sich zu Hause fühlen und dass soziale Bindungen noch vorhanden sind und auch in Zukunft bestehen bleiben werden. Auch darauf muss man politische Antworten geben. Das ist nicht nur Sache der Landesregierung.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): So ist es!)

Stellen Sie sich einmal vor, wir wären nicht bereit, uns auf diese Aufgabenstellung einzulassen. Dann würden Sie doch hier stehen und sagen: Ihr verschlaft die Megatrends. Ihr redet wie immer über die Dinge der letzten 20 Jahre, die keiner mehr hören kann. – Deshalb reden wir über die Zukunft. Deshalb sind die Zukunft, die Heimat und die Menschen, die in ihrer Heimat ein Zuhause haben wollen, wichtige Belange, die genau hierher gehören.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Irgendeiner hat gesagt, die Zeitschrift „Landlust“ habe jetzt eine unglaubliche Auflagensteigerung. Das kann sein. Heimat ist eben nicht Volkstümelei und rückwärtsgewandt. Vielmehr ist es der Ausdruck dafür, dass die Menschen in der globalisierten Welt Orientierung suchen. Das erfahren sie natürlich in ganz besonderer Weise in der Gemeinde oder in der Stadt, in der sie leben. Deshalb müssen die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen darauf Antworten geben. Die geben wir. Ich sage z. B., dass wir ganz bewusst die Kommunen stärken.

Auch das soll einmal deutlich werden: Niemals haben die Kommunen so viel Geld vom Land bekommen, wie es im nächsten und übernächsten Jahr der Fall sein wird. Es werden knapp 5 Milliarden € im Jahr 2018 sein, und im Jahr 2019 werden es über 5 Milliarden € sein. Das hat den Vorzug, dass niemand dieses Faktum bestreiten kann. Das werden die höchsten Geldzahlungen des Landes an die Kommunen sein, die es jemals gegeben hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Erinnerung möchte ich Folgendes sagen: Der Kommunale Schutzschirm, der von Ihnen ohne Ende bekämpft wurde, ist doch unbestreitbar ein großer Erfolg. Das bestreitet heute eigentlich niemand mehr.

Dazu kommt die Hessenkasse. Was ist denn die Hessenkasse? – Die Hessenkasse ist ein hochintelligentes System, bei dem wir gemeinsam mit den Kommunen diesen die Chance geben, 6 Milliarden € ihrer Schulden abzutragen. Das ist bundeweit einmalig. Das gibt es sonst nirgends. Das erlaubt diesen Kommunen einen finanziellen Neustart. Das ist eine wichtige Maßnahme. Ich bin davon überzeugt, dass es am Ende die gleiche Erfolgsgeschichte wie beim Kommunalen Schutzschirm sein wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir lassen es dabei nicht bewenden. Wir werden denjenigen, die auch in einer schwierigen Finanzlage sind, aber keine Kassenkredite aufgenommen haben, 500 Millionen € als Investitionsprogramm zur Verfügung stellen, damit sie ebenfalls die Chance haben, an dieser Verbesserung teilzunehmen.

Ganz nebenbei möchte ich Folgendes sagen. Ich wende mich da an Herrn Kollegen Schmitt. Er ist in der Haushaltspolitik sehr engagiert. Herr Kollege Schmitt, ich sage das für Sie. Es geht dabei wieder um die Frage, ob wir genug für die Kommunen tun. Schreiben Sie es sich auf. Noch nie hatten die Kommunen einen so hohen Anteil an den Steuern, die im Land verbleiben. Es geht da um den historischen Höchstsatz von 49 %. Das hat den Vorteil: Das kann auch keiner bestreiten.

Herr Ministerpräsident, ich darf Sie auf die vereinbarte Redezeit hinweisen.

Das ist in Ordnung. – Ich erwähne dies aus folgendem Grund: Wir reden über die Frage, wie wir den Kommunen in besonderer Weise helfen können. Diese Koalition hat beispielhaft dafür gesorgt, dass die Kommunen vom Land nicht nur ernst genommen werden. Vielmehr unterstützen wir sie und beteiligen uns mit allen Kräften an deren Aufgabenerfüllung. Da brauchen wir keine Klein-Klein- oder Schwarz-Weiß-Diskussionen. Am Schluss bleibt übrig: Noch nie haben Hessens Kommunen so eine Unterstützung wie unter der Koalition von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erfahren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident, ich werde darauf achten. Deshalb fasse ich das jetzt zusammen.

Sie haben über den ländlichen Raum gesprochen. Ja, wir arbeiten für den ländlichen Raum schon lange. Das Besondere ist, dass wir gemeinsam eine Anstrengung unternehmen. Da sollten Sie nicht mit kleinkariertem Zählen reagieren, dass es eine Stabsstelle geben wird. Es weiß doch jeder, dass das irgendwo koordiniert werden muss. Entscheidend ist, was wir tun.

Ich will Sie auf eines hinweisen: Wo sind denn Ihre Ideen? Sie reden vom Hessenplan. Ich sage Ihnen einmal, was wir machen. Das finden Sie alles in diesem Haushaltsentwurf. Ich nenne nur einmal die regionalen Gesundheitsnetze, den Erhalt kleiner Grundschulen und die Verlegung der Arbeitsplätze zurück in die Fläche. Wann ist das jemals zuvor passiert?

Das, was wir mit der Offensive unter der Überschrift „Land hat Zukunft – Heimat Hessen“ meinen, ist genau das. Wir werden die Arbeitsplätze zurückbringen. Nehmen Sie als Beispiel das Finanzamt Alsfeld-Lauterbach. Nehmen Sie als Beispiel das Finanzamt Bensheim. Nehmen Sie als Beispiel die Verlagerung der landwirtschaftlichen Betriebsprüfungsstellen auf das Land.

(Nancy Faeser (SPD): Mir fallen ein paar Behörden ein, die Sie geschlossen haben!)

Das ist noch lange nicht alles. Wir haben uns vorgenommen, sogenannte Co-Working-Spaces einzurichten. Man kann das auch auf Deutsch sagen. Das ist eine Einrichtung, in der Beschäftigte unterschiedlicher Bereiche gemeinsam arbeiten. Sie sparen sich damit die Fahrerei. Sie bleiben in ihrer Heimat und können trotzdem hervorragende Arbeit leisten. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns dabei unterstützen würden. Wir sind auch offen für neue Ideen.

Ich mag aber nicht, dass mir einer erzählt: Ländlicher Raum, was ist denn das? – Ich warte auf Vorschläge. Wir machen konkrete Vorschläge. So stellen wir uns die Zukunft da vor.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Justiz wird ihre gesamten Service Points in den ländlichen Raum verlegen.

Unter dem schönen Stichwort Dorflinde haben wir uns etwas vorgenommen. Es geht dabei um die digitale Dorflinde. Sie haben das eben so spöttisch gesagt. Ja, wir glauben, dass wir jedes Jahr 1.000 WLAN-Hotspots in den Dörfern errichten können. Das wird eine konkrete Verbesserung der Situation sein.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich habe nichts dagegen!)

Das ist gut. Dann sind wir uns einig. – Wenn wir über Sicherheit und Zukunft reden, bleiben wir dabei: Wir wollen das Programm „Schutzmann vor Ort“ mit 30 weiteren Stellen bewusst auch und gerade im ländlichen Raum ausbauen.

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Auch das Freizeitangebot muss im ländlichen Raum attraktiv bleiben. Deshalb nenne ich Ihnen unser Sonderprogramm zur Modernisierung der Hallen- und Freibäder, das Pilotprojekt zur Aktivierung von Flächen in Innenlagen, damit Leerstände vermieden werden, die Unterstützung der Heimatvereine sowie die Unterstützung der Kunst und Kultur. Das alles gehört dazu.

Ich möchte ein Thema besonders hervorheben. Das haben auch Sie erwähnt. Das ist die medizinische Versorgung gerade im ländlichen Raum. Sie ist uns besonders wichtig. Dazu haben wir schon eine ganze Menge gemacht. Dabei geht es z. B. um die Anschubfinanzierung medizinischer Versorgungszentren, wenn für eine Landarztpraxis kein Nachfolger gefunden wird. Da werden wir einsteigen. Es

geht auch um die Neubesetzung der frei werdenden Landarztstellen.

Herzlichen Dank, dass Sie das gemeinsam mit uns machen wollen. Das betrifft das Programm „Gemeindeschwester 2.0“. Man könnte es auch anders nennen. Wir werden mit 50 beginnen. Ich bin da sehr offen und hoffe, dass wir gemeinsam etwas hinbekommen. Vielleicht geschieht das mit Partnern. Es ist doch vernünftig, dass wir mit diesen Gemeindeschwestern vor Ort eine ganz praktische Unterstützung der Ärztinnen und Ärzte haben werden. Mit dieser wertvollen Unterstützung werden die Menschen erfahrbare Verbesserungen bei der gesundheitlichen Versorgung bekommen. Wenn wir über die Zukunft reden, reden wir natürlich über die Zentren und Metropolen. Aber wir reden auch über den ländlichen Raum.

Zum Schluss noch zwei Bemerkungen. Sie haben sich sehr ausführlich mit der Mobilität beschäftigt. Natürlich kommt der Mobilität eine Schlüsselrolle zu. Das sehen wir ganz genauso. Deshalb steigern wir in diesem Haushalt die Investitionen in das hessische Verkehrsnetz auf Rekordniveau. Meine Damen und Herren, wir wissen um die große Bedeutung Hessens als zentraler Verkehrsstandort in Deutschland und Europa.

Deshalb sind die Mittel für den Straßenbau so hoch wie nie, sowohl im nächsten als auch im übernächsten Jahr. Das ist notwendig, und deshalb tun wir das. Daher sind die Investitionen in Autobahnen und Bundesstraßen so hoch wie nie: 750 Millionen € im Jahr 2016.

Wenn Sie sich einmal die berühmte Diskussion in Deutschland ansehen, dass alle Brücken zusammenbrechen – geschenkt. Es gibt ein Brückenbau-Sonderprogramm des Bundes: Allein 40 % des Programmes werden nur in Hessen verbaut. Das sind noch einmal 750 Millionen €. Das heißt, wir machen dort schon eine ganze Menge. Wir ziehen bis 2022 540 Sanierungsmaßnahmen durch. Meine Damen und Herren, das sind noch einmal 400 Millionen €.

Damit das auch einmal gesagt wird: Im Stau stehen ist blöd – das wissen wir auch.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Vorne gehts!)

Deshalb bauen wir wie nie, damit es bald wieder läuft. Wir schauen der Sache nicht zu, sondern wir investieren in Bauen und in Straßen wie noch nie.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Beispiel dafür, wie man Ökonomie und Ökologie zusammenführt – das muss man einfach einmal sagen –, ist unser Jobticket. 90.000 Beamtinnen und Beamte, 45.000 Tarifbeschäftige und 10.000 Auszubildende werden von diesem Programm profitieren. Das ist bundesweit einmalig. Das gibt es sonst nirgends. Das ist ein Beitrag für den Klimaschutz. Das ist aber auch ein Beitrag für attraktive Arbeitsplätze, gerade bei dem immer schwieriger werdenden Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Damit das nicht so theoretisch bleibt: Wenn z. B. einer, der von Frankfurt nach Wiesbaden fährt, eine Jahreskarte hat oder wenn einer von Rotenburg an der Fulda nach Kassel fährt, dann macht das für einen Beamten in der Stufe A 8 5 % seines Jahreseinkommens aus. Meine Damen und Herren, das sind 1.800 € in bar.

Noch eines muss gesagt werden – das haben Sie heute ausgelassen. Der Umstand, dass wir nicht in der Tarifgemeinschaft der Länder sind, wird ja oft gegeißelt. Aber nur der Umstand, dass wir eine eigene Politik machen können, lässt es für uns zu, solche innovativen Entscheidungen zu treffen, wie sie der Innenminister in der letzten Tarifrunde getroffen hat. Das dient der Tarifgestaltung. Das dient aber auch den Menschen, weil sie diese Verbesserungen ganz konkret erfahren, meine Damen und Herren.