Protokoll der Sitzung vom 12.12.2017

Noch eines muss gesagt werden – das haben Sie heute ausgelassen. Der Umstand, dass wir nicht in der Tarifgemeinschaft der Länder sind, wird ja oft gegeißelt. Aber nur der Umstand, dass wir eine eigene Politik machen können, lässt es für uns zu, solche innovativen Entscheidungen zu treffen, wie sie der Innenminister in der letzten Tarifrunde getroffen hat. Das dient der Tarifgestaltung. Das dient aber auch den Menschen, weil sie diese Verbesserungen ganz konkret erfahren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Schauen Sie sich das Schülerticket an: 300.000 junge Menschen in Hessen machen davon Gebrauch. 1 € pro Tag gilt für ganz Hessen. Das gibt es so nirgends in Deutschland. Da sind wir spitze.

Meine Damen und Herren, wenn wir das alles zusammennehmen, haben wir allen Anlass, auf die Fragen der Menschen eine positive Antwort zu geben.

Das gilt auch für den Wohnungsbau. Herr Kollege SchäferGümbel, Sie sollten nicht völlig vergessen, dass wir in der Vergangenheit eine ganze Menge gemacht haben. Im Übrigen hat das auch keiner bestritten. Ich nenne jetzt nur einmal Dinge aus jüngerer Zeit. Wir haben allein 1.300 Wohnungen in der Belegungsbindung durch das Land gehalten, damit die Mieten dort niedriger und bezahlbar bleiben. Wir haben ein Programm zur Städtebauförderung. Die Mittel dafür in Höhe von 391 Millionen € sind in dieser Legislaturperiode schlicht verdoppelt worden. Das hatten Sie vergessen zu erwähnen.

Mit dem Masterplan Wohnen hatten wir eine Strategie aufgelegt, wie wir z. B. fehlende Baugrundstücke aktivieren. Die Bauland-Offensive, die die Ministerin vorgestellt hat, ist ja noch nicht allzu lange her. Sie geht genau um die Frage: Wie entwickeln wir bezahlbaren Wohnraum?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ist das für Frankfurt?)

Herr Kollege, die Wahrheit ist aber auch: Wir haben im Umland von Frankfurt eine ganze Menge ausgewiesener Flächen zur Wohnbebauung. Die Gemeinden sind aber bisher nicht bereit, sie zu bebauen. Deshalb ist es doch richtig, dass eine Allianz für Wohnen gegründet wurde, wo alle Akteure zusammenkommen, damit man die gegenseitigen Interessen, die nicht automatisch die gleichen sind, miteinander abgleicht, um entsprechend zu bauen.

Ganz zum Schluss: Wir haben das Eigenkapital der Nassauischen Heimstätte um 200 Millionen € aufgestockt. Wir werden bis 2021 damit etwa 4.900 Wohnungen bauen.

Und – Sie hatten vergessen, es zu erwähnen – wir setzen unser Engagement fort. Wir haben darauf hingewiesen, dass das auch unsere Verantwortung ist – aber nicht nur unsere, sondern auch die der Kommunen. Bis 2020 stehen 1,6 Milliarden € für den Wohnungsbau zur Verfügung. Auch das – da schließt sich der Kreis zum Rekordhaushalt – ist die größte Summe, die jemals in diesem Land für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt wurde.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Heimat wird es nur dort geben, wo Menschen sich sicher fühlen. Wir hatten oft genug Gelegenheit, über dieses Thema zu sprechen. Aber es gehört dazu. So werden wir noch einmal 600 neue Stellen bei der Polizei schaffen, wir wer

den die Ausrüstung verbessern. Wir haben besondere Anstrengungen gegen den Wohnungseinbruch unternommen mit einer in Deutschland einmaligen Software. Wir erhöhen die Mittel zur Extremismusbekämpfung, und wir steigern das Personal des Landesamts für Verfassungsschutz auf eine Rekordgröße von über 370 Stellen. Wir haben in der Justiz 90 Stellen für die Staatsanwaltschaften und die ordentliche Gerichtsbarkeit, 30 Stellen für die Verwaltungsgerichte – um unter anderem schnellere Asylverfahren zu bekommen – und zusätzliche weitere Stellen im Justizvollzug wie auch für die Häuser des Jugendrechts vorgesehen.

Meine Damen und Herren, Ausgangspunkt war die Frage: Zukunft Hessen? Haben wir Antworten auf die Fragen der Menschen? Werden wir eine gute Zukunft haben? Wenn Sie das alles zusammennehmen, dann geben wir in diesem Haushalt die Antwort. Wir sind sicher, dass die Zukunft gelingt. Wir geben diese Antwort dadurch, dass wir eine solide und nachhaltige Haushaltspolitik machen. Wir geben diese Antwort dadurch, dass wir die Kleinsten unterstützen und die Familien entlasten, indem wir Schule und Berufsausbildung fördern, indem wir Rekordinvestitionen in exzellente Forschung und Wissenschaft tätigen, indem wir Ökologie und Ökonomie verbinden und nicht als Gegensatz begreifen, indem wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, indem wir die Infrastruktur ausbauen und auch den Schutz des Klimas beachten. Dies alles zusammen ist unser zentrales Sicherheits- und Zukunftsversprechen für die Menschen in Hessen.

Wir haben viel geschafft. Wir sind überzeugt davon, dass wir auch in der Zukunft noch viel schaffen werden. Deshalb möchte ich damit schließen: Wir garantieren, dass gut bleibt, was gut ist. Wir gestalten Hessen, damit Hessen eine Zukunft hat. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. – Das waren knapp gerechnet 13,5 Minuten mehr als die vereinbarte Redezeit. Damit sind den Oppositionsfraktionen jeweils 4,5 Minuten Redezeit zugewachsen.

Ich begrüße auf der Tribüne den ehemaligen Kollegen Volker Hoff, auch wenn er schon wieder mit seiner Besuchergruppe hinausgegangen ist. Ich begrüße auch den Kollegen Döweling, der mit einer Schülergruppe heute hier ist. Herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, noch eingegangen und an Sie verteilt worden ist zu Tagesordnungspunkt 33, dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz zur Bildung eines Gemeinsamen Landegremiums nach § 90a Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, Drucks. 19/5618 zu Drucks. 19/5141, der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucks. 19/5765.

Außerdem ist eingegangen und an Sie verteilt worden zu Tagesordnungspunkt 37, dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Spielhallengesetzes, Drucks. 19/5696 zu Drucks. 19/5016, der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/5768.

Weiterhin eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Personenkreis der Berechtigten für das Landesticket erweitern, Drucks. 19/5766. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird das Tagesordnungspunkt 90 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Einzelplan 03 aufgerufen werden.

Dann ist noch eingegangen und ebenfalls an Ihren Plätzen verteilt – –

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Bitte sehr, Herr Kollege Rudolph.

Ich meine, Sie hätten eben „Drucks. 19/5766“ gesagt. Es müsste aber 19/5769 sein, wenn es um den Glücksspieländerungsstaatsvertrag geht.

(Zurufe der Abg. Holger Bellino (CDU) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Dann war ich falsch; sorry.

Hat sich erledigt, Herr Kollege Rudolph, wenn ich das richtig sehe?

(Günter Rudolph (SPD): Alles gut!)

Gut. Danke.

Ich war bei dem ebenfalls verteilten Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Ungerechtigkeiten beim Schülerticket beenden – kostenlose Schülerbeförderung für alle, Drucks. 19/5767. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Auch das ist der Fall. Dann wird das Tagesordnungspunkt 91 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Einzelplan 07 aufgerufen werden.

Außerdem eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist auch noch ein Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Scheitern des Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, Drucks. 19/5769. Wird hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist ebenfalls der Fall. Dann wird das Tagesordnungspunkt 92 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 31 aufgerufen werden. – So verfahren wir.

Jetzt fahren wir fort in der Haushaltsdebatte. Als Nächste hat für die Fraktion DIE LINKE Frau Abg. Wissler das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben die Lage in Hessen sehr rosig und beschönigend dargestellt und dabei Teile der Realität vollkommen ausgeblendet. Ja, die Wirtschaft wächst, und die Steuereinnahmen des Landes steigen. Das ist aber erstens nicht das Verdienst dieser Landesregierung, und zweitens kommt die gute Wirtschaftslage bei vielen Menschen überhaupt nicht an, weil die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht.

(Vizepräsident Dr. Ulrich Wilken übernimmt den Vorsitz.)

Vielleicht sollten Sie einmal einen Blick in den Landessozialbericht werfen, den Ihr Sozialminister letzte Woche vorgestellt hat. Dazu haben Sie leider kein Wort gesagt. Aus diesem Sozialbericht geht hervor, dass 900.000 Menschen in Hessen von Armut bedroht sind. Die Zahl ist in den letzten Jahren gestiegen – trotz guter Konjunktur und Haushaltslage. Das sind keine einzelnen gesellschaftlichen Gruppen, wie der Sozialminister beschwichtigte, sondern jeder Siebte in Hessen ist betroffen. Auch wenn die Armut oftmals nicht sichtbar ist, weil sie versteckt ist, weil sie mit Scham und mit Stigmatisierung verbunden ist, müssen wir die Zahlen doch ernst nehmen; denn sie beschreiben die Realität in Hessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Über 40 % der Alleinerziehenden sind von Armut betroffen und jedes fünfte Kind. Bei Kindern ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind es sogar mehr als 40 %. Kein Wort vom Ministerpräsidenten dazu. – Ja, Herr Ministerpräsident, Hessen hat die höchste Pro-Kopf-Wirtschaftskraft aller Bundesländer. Allerdings konzentriert sich der Reichtum auf wenige Köpfe. Etwa 1.400 Menschen in Hessen beziehen ein Einkommen von über 1 Million € jährlich, während laut Sozialbericht über 500.000 Menschen in Hessen zu Niedriglöhnen arbeiten. Das ist fast jeder Fünfte, ein Großteil von ihnen trotz Berufsabschlusses.

Es kann doch nicht sein, dass Sie zu alledem hier kein Wort verlieren, Herr Ministerpräsident, sondern einfach von einer Lage in Hessen reden, die für die einen vielleicht rosig sein mag; für viele gilt das aber nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich lese Ihnen gern aus Ihrem Bericht vor:

Der tief gespaltene Arbeitsmarkt führt auf der eine Seite zu wachsendem Vermögen, auf der anderen Seite müssen immer mehr Menschen darum kämpfen, ihre Miete bezahlen zu können, gerade in den Ballungsräumen. Obwohl sie arbeiten, können sich viele Arbeitnehmer(innen) nicht mehr leisten, was für sie früher selbstverständlich war.

Meine Damen und Herren, wenn Menschen den ganzen Tag arbeiten, aber kaum über die Runden kommen, wenn Eltern ihren Kindern erklären müssen, dass ein Eis, Kino oder ein Schulausflug nicht drin sind, wenn Rentnerinnen und Rentner gezwungen sind, Flaschen zu sammeln, weil ihre Renten nicht reichen, dann sind das doch Zustände, mit denen man sich nicht abfinden darf, schon gar nicht in einem so reichen Land wie Hessen.

(Beifall bei der LINKEN)

Allein in Hessen leben mehr als 170.000 armutsgefährdete Rentnerinnen und Rentner. Auch dazu kein Wort vom Ministerpräsidenten. Ich darf noch einmal aus dem Landessozialbericht zitieren:

Wie in anderen Bundesländern ist Altersarmut in Hessen ein immer deutlicher wahrnehmbares Problem. Wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden, kann daraus in naher Zukunft eine soziale Krise entstehen.

Die Altersarmut werde sich weiter verschärfen, unter anderem durch das Absenken des Rentenniveaus, auch durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre und Hartz IV. All das wird als Ursachen genannt. Das ist voll

kommen richtig; denn diese Reformen waren falsch und schädlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Caritas hat bemängelt, dass der Sozialbericht zwar mehr als 300 Seiten über Armut enthalte, aber nur drei Seiten über Reichtum, auch weil es kaum Daten dazu gibt. Ich finde, alleine das wäre schon ein guter Grund für die Wiedereinführung der Vermögensteuer.