Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

Ich komme zum Schluss. Das ist mein letzter Satz: Das Zusammenspiel von Ökologie und Ökonomie ist der von uns gemeinsam getragene Geist dieses Haushalts. Auch im Einzelplan 07 kommt er so zum Ausdruck, dass er auch in

Zukunft eine hervorragende Infrastruktur ermöglicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kasseckert. – Das Wort hat der Abg. Jürgen Lenders von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man kann die Unterschiede in dieser Landesregierung kaum jemals so wahrnehmen wie in den beiden Reden von Frau Müller und Herrn Kasseckert. Ich muss einfach sagen, unterschiedlicher kann ein Blick auf Wirtschaftspolitik kaum sein.

Frau Müller hat gesagt, der Haushalt sei in Zahlen gegossene Politik. Das stimmt. Deswegen sollten wir uns intensiv mit dem Einzelplan 07 auseinandersetzen und ihn genauer betrachten. Er entspricht sozusagen dem zweiten Teil der Landesregierung. Er ist nicht nur der Einzelplan des Wirtschafts- und Verkehrsministers, sondern auch des stellvertretenden Ministerpräsidenten. An dieser Stelle entscheidet sich die Wettbewerbsfähigkeit Hessens. Es entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.

(Beifall bei der FDP)

Herr Staatsminister Al-Wazir, die Kollegen haben Ihnen das auch schon in ihren Reden mitgegeben. Ein Leitbild der hessischen Wirtschaftspolitik ist nicht zu erkennen. Man kann erkennen, dass Sie Schwerpunkte setzen. Das betrifft vor allem die Energiepolitik. Sie setzen einen Schwerpunkt bei – ich würde es so sagen – Verkehrsumerziehung. Sie würden wahrscheinlich Verkehrswende sagen. Vor allen Dingen setzen Sie einen Schwerpunkt auf die Vermarktung Ihrer Politik.

(Beifall bei der FDP)

Sie werden nicht müde, die Verantwortung nach Berlin oder auf Ihre Vorgänger wegzudrücken. Eines kann man Ihnen aber wirklich nicht nachsagen, nämlich dass Ihre Eigenvermarktung nicht hervorragend laufen würde. Das Einzige, was bei Ihnen so richtig gut läuft, sind Ihre PRKampagnen. Man muss sagen, dass Ihnen das kaum einer so gut nachmachen kann.

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Thomas Schäfer!)

Ich schaue mir das einmal genauer an. Für die Landesenergieagentur werden Sie im nächsten Jahr, im Wahljahr, ein Budget von 7,6 Millionen € schaffen. Dabei geht es vor allem darum, die Energiepolitik der Landesregierung zu vermarkten. Sie haben einen Zuwachs von 13 Stellen geplant.

An der Spitze der Energieagentur wird nicht etwa ein Physiker oder ein Naturwissenschaftler stehen. Nein, es wird ein abgewählter grüner Kreisbeigeordneter aus Marburg sein. Auf seiner Webseite bewirbt sich der Herr als Experte für politische Kommunikation und als Fachmann für die Umsetzung politischer Programme.

Meine Damen und Herren, bei Ihnen im Wirtschaftsministerium stand in den letzten Jahren vor allem die Personalpolitik im Vordergrund. Man muss kein Held sein. Man muss als Chef des Hauses nicht derjenige sein, der allseits

beliebt ist. Vielleicht reicht es auch, dass man nur respektiert wird. Aber Ihr Staatssekretär hat im Wirtschaftsministerium beim Personal wie die Axt im Walde agiert. Damit wird die Personalpolitik wirklich sehr problematisch. Sie betreiben eine Personalpolitik, die heißt: Wir reißen uns dieses Land unter den Nagel. Sonst gilt nichts.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Meine Damen und Herren, Sie brauchen sich nur einmal mit den Mitarbeitern im Ministerium zu unterhalten. Das ist nicht nur im Wirtschaftsministerium so. Das ist in anderen Bereichen auch so. Schauen Sie es sich ruhig an.

Herr Al-Wazir hat das neue Konzept „Sanierung vor Neubau“ hervorgebracht. Zwischenzeitlich haben wir 120.000 km Stau auf den hessischen Autobahnen. Das ist sozusagen Stoßstange an Stoßstange. Wir finden Geschwindigkeitsbegrenzungen vor, die anscheinend politisch motiviert sind, die man kaum noch nachvollziehen kann. Die Koalition aus Schwarz und Grün redet über Dieselfahrverbote und führt Feinstaubplaketten für Gebiete ein.

Von intelligentem Baustellenmanagement, intelligenter Straßenführung und digitaler Straßenführung sind wir meilenweit entfernt. Ihr Projekt „Sanierung vor Neubau“ endet im Stau. Das haben wir Ihnen immer wieder sehr deutlich gemacht. Ganz neu schreibt Ihnen das jetzt auch der ADAC. Er liest Ihnen die Leviten.

(Beifall bei der FDP)

Es wurde gesagt: Hessen geht es gut. – Vielleicht geht es aber Hessen nicht immer so gut. Allerdings überlagern Sie damit vor allen Dingen die Situation beim Handwerk. Dort gibt es eine Vergabeordnung, die Sie zu verantworten haben. Das mag jetzt alles überschattet sein. Aber das Vergabegesetz führt vor allen Dingen dazu, dass sich mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe nicht mehr in der Lage sehen, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen.

Was kann man da jetzt machen? Das kann man so gewollt haben. Hinsichtlich des Handwerks müssten Sie aber zumindest einmal in Erwägung ziehen, wie Sie mit der Fachkräftesicherung umgehen. Eine der größten Herausforderungen dieser Landesregierung und dieses Wirtschaftsministers ist die Frage des Umgangs mit der Energie. Aber das betrifft auch die Fachkräfte. Da tun Sie nichts. Wie wäre es, z. B. wieder in eine Verbundausbildung einzusteigen oder den Vergabeerlass so zu machen, dass die Spielräume tatsächlich genutzt werden können, die wir den Kommunen gemeinsam einmal gegeben haben, damit aus diesem Vergabegesetz wieder ein mittelstandsfreundliches Gesetz wird?

(Beifall bei der FDP)

Beim ÖPNV gilt auch etwas. Ich will das alles gar nicht kritisieren. Man kann so einen Politikansatz fahren. Wenn Sie immer mehr Menschen dazu bringen, den ÖPNV zu nutzen, müssen Sie als Erstes die Infrastruktur ausbauen. Ich bin da eigentlich überrascht. Ich kann da Frau Wissler recht geben. Hier gilt es vor allen Dingen, erst einmal mit Qualität und nicht mit kostenlosen Beförderungen zu arbeiten. Es geht vor allen Dingen darum, mit Qualität zu arbeiten, damit die Bahn pünktlich kommt und man mehr Kapazitäten hat. Man sollte die Bahn vernünftig ausbauen. Das wäre zuerst zu machen. Man sollte nicht als Erstes die Nachfrage vergrößern.

Frau Müller, hinsichtlich der Radwege habe ich Ihnen genau zugehört. Ich weiß aber nicht, wo Sie Steigerungen haben. Sie stellen genau dieselben Mittel für den Radwegebau ein. Das hat meine Kleine Anfrage bei der Landesregierung ergeben. Es sind genau die gleichen Mittel wie in den Jahren zuvor. Ich weiß nicht, was Sie meinen. Vielleicht haben Sie die Kampagne „Zu Fuß gehen“ damit gemeint. Dass die GRÜNEN jetzt die große Radwegepartei werden, kann man nun wirklich nicht sagen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Al-Wazir, beim Bundesstraßenbau haben Sie 30 Millionen € zurückgegeben. Sie wollen uns immer wieder die Legende erzählen, dass Sie der bessere Straßenbauminister seien. Ich könnte mit der Botschaft leben, dass Sie der bessere Straßenbauminister sind. Ich weiß nicht, ob Ihre Wähler gewollt haben, dass Sie der bessere Straßenbauminister sind. Daran habe ich meine Zweifel.

Meine Damen und Herren, de facto tun Sie etwas ganz anderes. Der Bund will bis zum Jahr 2030 über 8,2 Milliarden € in die Autobahnen und in die Bundesstraßen investieren. Herr Al-Wazir legt 50 % der Projekte für Hessen einfach auf Eis. Er verhindert damit auch Anschlussinvestitionen in Höhe von 2 Milliarden €. Ein Konjunkturprogramm sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP)

Herr Al-Wazir, wenn Sie in Hessen vordringlich Straßen bauen wollen, dann müssten Sie auch vordringlich Straßen planen. Weil wir das wollen, würden wir in den nächsten zwei Jahren mit unserem Haushaltsänderungsantrag, den wir eingebracht haben, den Ansatz um 67 Millionen € erhöhen. Damit könnten wir unter anderem auf private Planungskapazität zurückgreifen.

Ich erlebe die Diskussion um Hessen Mobil. Der Staatssekretär hat dazu informiert. Herr Kasseckert, ich muss Ihnen sagen, Ihre Analyse hinsichtlich Hessen Mobil ist leider falsch. Wenn Sie sich den Stellenplan genauer anschauen, müssen Sie leider feststellen, dass die Landesregierung in den nächsten Jahren bei Hessen Mobil 40 weitere Stellen abbauen will. Ein Paradigmenwechsel ist das nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten etwas dazu gesagt, wie die Zukunft von Hessen Mobil aussehen soll. Wie wollen Sie Hessen Mobil in Zukunft sicher aufstellen? Wie wollen Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine Perspektive geben? Gibt es z. B. in den nachgelagerten Landesbehörden Bereiche, die auf Hessen Mobil übertragen werden können? Da wären wirklich einmal Ansätze zu suchen. Dazu hätte der Wirtschafts- und Verkehrsminister wirklich einmal etwas sagen können. Es sind viele Menschen, die da auf eine Antwort warten.

Wir müssen leider lesen, dass 45 % der hessischen Landesstraßen in einem schlechten oder sehr schlechten Zustand sind.

(Torsten Warnecke (SPD): Und dass das weiter so bleiben wird!)

Trotzdem will diese Landesregierung nicht einmal mehr so viele Mittel für den Landesstraßenbau einstellen, dass zumindest dieser Werteverzehr ausgeglichen wird. Es wird noch nicht einmal ein Ausgleich für die Abschreibungen eingestellt.

Kollege Lenders, bitte denken Sie an die Redezeit.

Ich denke an die Redezeit, vor allem an meine Kollegen.

Meine Damen und Herren, in der kursorischen Lesung hatte Herr Kaufmann das angesprochen. Er ist im Moment nicht da; ich war an dieser Stelle überraschenderweise mit Herrn Kollegen Kaufmann einig. Wenn es so wäre, dass Herr Kaufmann dem auch Taten folgen lassen würde, würde er sich dafür einsetzen, dass dem Antrag, 140 Millionen € für den Landesstraßenbau einzustellen, auch die Koalitionsfraktionen zustimmen. Allein, mir fehlt der Glaube.

(Beifall bei der FDP)

Zur Industriepolitik ist schon vieles gesagt worden. Ich würde mir wünschen, dass der Wirtschaftsminister einmal ein klares Bekenntnis zur Industriepolitik abgeben würde. Übrigens hatten das die Oppositionsfraktionen nicht miteinander abgestimmt – also unisono scheint der Wirtschaftsminister, gerade was die Industriepolitik angeht, ein großes Defizit zu haben. Es fehlt ein klares Bekenntnis, dass Chemie und Pharma die Schlüsselindustrien sind. Frau Dorn, es fehlt ein klares Bekenntnis dazu, dass Opel einer der wichtigsten Arbeitgeber und eines der wichtigsten Unternehmen ist.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Dorn, ich erwarte von einem Wirtschaftsminister, dass er nach Brüssel reist, wenn Vorgaben von der EU kommen. Sonst gefährdet er den Standort. Meine Damen und Herren, das würde ich von einem Wirtschaftsminister erwarten.

(Beifall bei der FDP)

Aber das, was die EU macht, deckt sich leider Gottes viel zu sehr mit den politischen Ideen, die Ihr Wirtschaftminister verfolgt. Darum gefährden Sie Arbeitsplätze in Hessen und in der Industrie.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, ich muss an die Redezeit denken. Es wäre noch vieles zu sagen. Aber vor allen Dingen möchte ich dem Wirtschaftsminister, weil er auch der stellvertretende Ministerpräsident ist, noch mitgeben: Es geht um Wirtschaftspolitik. Wenn ich alleine darüber nachdenke, welches Bild von Unternehmern bei uns in den Schulbüchern gezeichnet wird, wenn ich darüber nachdenke, dass Sie als CDU und GRÜNE ein Zweckentfremdungsgesetz auf den Weg bringen, um Airbnb die rote Karte zu zeigen, wenn ich mir anschaue, wie dieser Wirtschaftsminister mit den Spielhallen in Hessen umgeht: Es ist eben auch eine Querschnittsaufgabe. Vom stellvertretenden Ministerpräsidenten erwarte ich, dass er auch den anderen Ressorts die Leviten liest, wenn es der Wirtschaftspolitik an den Kragen geht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Jürgen Lenders. – Das Wort hat der Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was wir von den Kollegen Eckert, Wissler und Lenders gehört haben, war die oppositionelle Pflichtübung. Ich stelle fest, sie haben weder über die reale Lage in Hessen noch über den Haushalt gesprochen, den wir hier gerade debattieren. Deswegen will ich über die reale Lage in Hessen und über den Haushalt des Jahres 2018/19 sprechen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)