Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

wir sollten uns sehr genau überlegen, was wir in diesem Land ermöglichen können.

Ich bin sehr gespannt auf die Ausschussberatungen, die wir dazu haben werden. Ich bin relativ sicher, dass dieser Entwurf viel Zustimmung finden wird. Ich sage aber noch einen letzten Satz dazu, dass Sie das alles nicht gut finden wollen: Ich frage mich, ob Sie überhaupt wissen, was Sie wollen, wenn es um frühkindliche Betreuung geht, weil das, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, also einmal hü und einmal hott, überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen ist.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat Herr Abg. Bocklet, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landtagsfraktionen von CDU und GRÜNEN haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Erhöhung des Haushalts um 446 Millionen € bedeutet. In der Endausbaustufe wird es 310 Millionen € jährlich kosten, dass wir in Kindergärten für Kinder von drei bis sechs Jahren und für bis zu sechs Stunden die Beitragsfreiheit einführen werden. Am Ende des Tages werden wir darüber hinaus 50 Millionen € dafür zur Verfügung haben, dass die Qualität in den Kitas verbessert wird. Dort wird es eine Verdreifachung der Qualitätspauschale geben; und wir setzen weitere 86 Millionen € dafür ein, dass Eltern in Hessen überall dort, wo es geboten ist, tatsächlich einen Betreuungsplatz finden. Das ist gute Kinderbetreuungspolitik.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie ist vor allem angesichts der möglichen Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich möglich – 500 Millionen € wurden prognostiziert, plus/minus; man weiß es nicht genau –, zumal, wenn man weiß, dass der Ministerpräsident indessen unter anderem gesagt hat, das sei am Ende des Tages eine zu finanzierende Investition.

Wir wissen, dass die Elternbeiträge in über 50 % der Gemeinden gestiegen sind; das hat der Bericht zur Evaluation des KiföG ergeben.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Warum denn?)

Wir als GRÜNE haben immer gesagt, dass der Quantität Qualität und mittelfristig auch eine Beitragsentlastung folgen müssen. Wir haben gesagt, mittelfristig, nach ca. fünf Jahren, beginnen wir mit dem Einstieg in eine Beitragserstattung mit über 310 Millionen €. Dann ist das genau der richtige Dreiklang, den Hessen jetzt erfährt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Nun ist es nicht so, dass das, was die SPD fordert, alles Unfug ist. Wer wünscht sich nicht mehr Leitungsfreistellung, mehr unmittelbare pädagogische Arbeit, kleinere Gruppen, mehr Personal? Am Ende des Tages muss man sich die Frage stellen: Was kostet der ganze Spaß?

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Herr Kollege Merz, auf Sie habe ich gewartet, ich freue mich auch, dass Sie diesen Gesetzentwurf extra eingebracht haben. Die Frage in diesem Haus lautet: Wie viele Positionen hat die SPD? Hat sie überhaupt eine Position, und wenn ja, welche?

(Marjana Schott (DIE LINKE): Murks ist Murks und bleibt Murks!)

Sie hat jetzt mit diesem Gesetzentwurf eine Position vorgelegt. Wir wollen einmal sehen, wie lange die Halbwertszeit dieser Position ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich finde es toll, dass ich jetzt zehn Minuten Zeit habe, aus den letzten zwei Jahren der SPD zu zitieren. Es geht nur um die Drucksachen, die nachweisbar sind. Nicht, dass ich das denke oder Herr Merz irgendwann einmal irgendetwas erzählt hat, was er eine Woche später wieder umgekehrt hat. Es geht nur um die Drucksachen, es wird spannend.

2014 – drei Jahre, ich gebe zu, das ist eine lange Zeit –, da geht es um die Verbesserung der finanziellen Förderung der Kitas und der Inklusion,

(Gerhard Merz (SPD): Da hat sich mancher schon um 180 Grad gedreht, mancher hat keine drei Jahre gebraucht!)

das wollte die SPD – Drucks. 19/853 – mit 22,5 Millionen € hinterlegen.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Murks ist Murks und bleibt Murks!)

2015 wird es spannend. Einmal schlägt die SPD 23,5 Millionen € für die Qualitätsverbesserung vor. Keine vier Monate später soll der Betrag doch lieber die laufenden Betriebskosten der Kitaträger bezuschussen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aha!)

Anfang 2016 – vor einem Jahr, jetzt kommen wir schon an die Schlagseite – war zunächst von Qualität keine Rede mehr. Nun will die SPD die Beitragsfreiheit – Achtung – im zweiten Kindergartenjahr für – Achtung – fünf Stunden und mit einem Ausgleich an die Kommunen von 120 € pro Kind. Dafür sollen 62 Millionen € reichen. Hört, hört.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das kann doch nicht sein! – Gegenruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

So ein Rückfall in krude Zeiten, würden Sie wohl sagen. Das haben Sie im Jahr 2016 gefordert, Drucks. 19/3067.

Wir bewegen uns jetzt Anfang des Jahres 2016. Damals ging es um 62 Millionen €, das war vor einem Jahr. In der gleichen Zeit kursierte ein Flyer der SPD, der von 350 Millionen € und von der gesamten Beitragsfreiheit spricht. Vermutlich meinten Sie die Kita. Jetzt sieht man, dass Sie vermutlich U 3 wollten.

Im November werden schließlich 50 Millionen € – Achtung – für die Freistellung des Ganztagsplatzes im zweiten und dritten Kindergartenjahr gefordert, Drucks. 19/3959. Als Finanzierung soll der Länderfinanzausgleich dienen und ein noch nicht existierendes Kitagesetz des Bundes – das immer noch nicht beschlossen wurde, auf das wir immer noch warten. Das gibt es auch bis heute nicht.

(Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Dann kommen wir in den Sommer 2017. Plötzlich wird uns ein krudes Familienbild vorgeworfen, weil wir sechs Stunden am Tag freistellen, dabei hat die SPD ein Jahr zuvor noch die Freistellung von nur fünf Stunden gefordert. – So schnell geht es manchmal.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU)

Doch dann setzt die SPD zum Überholen an, scheitert aber an sich selbst. Es sollen stufenweise alle Kinder irgendwann einmal beitragsfrei betreut werden. Zusätzlich will die SPD mehr Fachkräfte aus den Kommunen entlasten, zwei Drittel der Gesamtkosten übernehmen. Ich frage mich: Warum eigentlich nur zwei Drittel, warum nicht vier Fünftel oder neun Zehntel? Wie kann man so unsozial sein?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das soll aus dem Länderfinanzausgleich finanziert werden. Ebenso soll das durch ein erhofftes Kitagesetz des Bundes finanziert werden, das die SPD-Familienministerin im Bund immer noch nicht durchgebracht hat. Bei der Frage der Kosten wird es dann spannend.

(Norbert Schmitt (SPD): Darüber freuen Sie sich, das ist interessant! – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Das SPD-Paket des Sommers 2017 soll dann nicht mehr 62 Millionen €, es soll auch nicht mehr 350 Millionen € kosten, es kostet jetzt schlappe 1,3 Milliarden €. Narhallamarsch und Tusch, jetzt sind wir bei der Position, über die wir heute reden. Jetzt kommt meine Antwort zu den 1,3 Millionen €.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Milliarden!)

Milliarden, Entschuldigung, ich gebe zu, ich komme durcheinander mit den Fantastilliarden – so sagt Kollege May immer. Wir geben uns nicht mehr mit Millionen zufrieden, wir irren jetzt im Dschungel der Milliarden umher.

(Zuruf des Abg. Ernst-Ewald Roth (SPD))

Ich glaube, dass die 1,3 Milliarden €, um sich einmal ganz kurz mit Ihrem Gesetzentwurf zu befassen, noch sehr konservativ geschätzt sind. Es steht in dem Gesetzentwurf, dass die Gruppengröße maximal bei 25 Kindern sein soll, aber 15 Kinder nicht unterschreiten soll. – Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen, bei 12,5 wäre es einfach auszurechnen, dann wäre das eine Verdoppelung aller Kindergartengruppen. Sie sollten einmal kurz nachrechnen, was das kosten würde. Mit 1,3 Milliarden € hätten wir, nebenbei bemerkt, damit noch ein Schnäppchen gemacht.

Was ist also die finanzpolitische Antwort auf die Frage: „Wie gehen wir mit dem Gesetzentwurf der SPD um?“? – Sie haben vielleicht einen Betriebsausflug ins Phantasialand gemacht. Das mag sein.

(Sabine Waschke (SPD): Es reicht jetzt! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir machen das hier gegenüber in der Kneipe und versuchen, dabei möglichst wenig Alkohol zu trinken. Ich sage Ihnen: Wir haben das mit 446 Millionen € tatsächlich deckungsfähig hinterlegt. Das wird in den nächsten Jahren kommen. Ich kann Ihnen sagen, was die finanzpolitischen

Forderungen der SDP sind – Herr Schmitt, Sie sind ja auch da –: 1 Milliarde € Erhöhung der KFA-Mittel,

Herr Kollege Bocklet, die Redezeit ist zu Ende.

500 Millionen € für den Wohnungsbau, 500 Millionen € für die Erhöhung der Besoldung, Ablehnung der Gewerbesteuer usw. usf., über 3 Milliarden € an Forderungen. Soll ich Ihnen sagen, was das Fazit ist? – Sie nehmen sich selbst nicht ernst und die Menschen draußen schon gar nicht.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Die Botschaft an die hessischen Wählerinnen und Wähler wird sein: Wer allen alles verspricht, verspielt jegliche Glaubwürdigkeit.

(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Rock für die FDP-Fraktion.