Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Genau!)

Meine Damen und Herren, da sind Sie zu kurz gesprungen. Denn was nützt es, wenn ich zwar mehr Richterinnen und Richter habe, aber die Urteile dann nicht richtig ausgefertigt werden können, der Aktenabtrag nicht rechtzeitig erfolgen kann und die Folgeleistungen, die in der Justiz zu erbringen sind, nicht zeitnah bewältigt werden können? Insofern ist klar, dass Sie hier nur halbe Sachen machen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE))

Ein Weiteres. Der Hessische Ministerpräsident hat es gestern angeführt und sich dafür fast loben und feiern lassen wollen. Ja, wir wissen, dass es im Bereich der Asylverfahren immer noch zu Anstiegen bei der Verfahrensanzahl kommt. Im Haushalt sind 12 R-1-Stellen und 16 A-7-Stellen für die Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeplant – so weit, so gut. Wenn man aber genauer hinschaut, was wir tun, merkt man, dass diese Stellen mit dem sogenannten kw-Vermerk versehen werden, es also von der Zustimmung des hessischen Finanzministeriums abhängt, ob sie überhaupt kommen. Wir haben schon Rückfragen aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit erhalten. Auch da erzeugen Sie Unsicherheiten und Ungewissheit. Meine Damen und Herren, das ist gerade bei einem so sensiblen Thema unverantwortlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir fordern in vielen Bereichen Nachjustierungen und besetzen Themen. Bei einem Punkt fragt man sich – ich will das Stichwort „Pingpong“ bewusst aufnehmen –, ob die eine Hand nicht weiß, was die andere tut, ob Sie – ich spreche die CDU- und die GRÜNEN-Fraktion an – gar die Justizministerin brüskieren wollen.

Ich nenne als Beispiel den Arbeitsgerichtstag in Bad Hersfeld. Wir haben seit Langem kritisiert, dass die Justiz aus der Fläche zurückgezogen worden ist, und haben gefordert, dass etwa bei der Arbeitsgerichtsbarkeit an einigen sensiblen Punkten durch die Einführung von Arbeitsgerichtstagen wie in Rheinland-Pfalz nachgebessert wird. Auf die Kleine Anfrage der Kollegen Warnecke und Franz haben Sie erst Ende August geantwortet, dass das in Bad Hersfeld gar nicht geht, weil die Räumlichkeiten nicht da sind. – Jetzt kommt ein Antrag von GRÜNEN und CDU und fordert genau das. Da scheint die eine Hand nicht zu wissen, was die andere tut.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Scheinheilig!)

Drei letzte Themen. Eine der größten Herausforderungen für die Justiz ist die Einführung der digitalen elektronischen Akte.

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Sie haben sich vor Jahren – dieser Prozess läuft schon seit Anfang der Zweitausenderjahre – dafür gerühmt und gefeiert, dass Sie die Spitze der Bewegung seien. Wo steht Hessen jetzt bei der Einführung der elektronischen Akte? Bayern macht uns gerade vor – es hat schon die elektronische

Akte an einzelnen pilotierten Gerichten –, wie man den elektronischen Rechtsverkehr abwickelt.

Meine Damen und Herren, wir alle, zumindest die Fachpolitiker, wissen, dass das der größte Umbruch, mit die größte Herausforderung der Justiz in Zeiten der Digitalisierung ist. Bayern macht es uns vor. Und was macht Hessen? – Es guckt in die Röhre und läuft den ganzen Entwicklungen hinterher. Das ist sehr schlecht.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Zwei letzte Themen. Der Opferschutz ist für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine der größten Herausforderungen. Wir fordern Sie mit einem eigenen Antrag erneut auf, den Opferfonds, wie er schon erfolgreich in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg praktiziert wird, einzuführen.

(Zuruf von der CDU: Wo ist denn Ihr Antrag? – Ge- genruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Es gibt Haushaltsberatungen, Herr Oberschlauer!)

Sie wissen ganz genau, dass es eine Schutzlücke gibt und es wichtig für Opfer ist, schnell und unbürokratisch Hilfe zu bekommen. Ich verstehe nicht, warum Sie eine so wichtige Einrichtung im Sinne der Opfer bis zum heutigen Tag ablehnen. Das ist im Sinne der Opfer absolut unverständlich. Geben Sie sich deshalb einen Ruck.

(Beifall bei der SPD)

Ein letzter Punkt. Auch der Justizvollzug wird von Ihnen vernachlässigt. Im allgemeinen Vollzugsdienst fehlen über 100 Stellen, und da haben wir es doch mit der Sicherheit zu tun. Es ist eine Frage der Sicherheit der Bevölkerung. Ich kann Ihnen sagen: Auch der Sanierungsstau in den hessischen Justizvollzugsanstalten ist unerträglich. Etwa in der JVA Wiesbaden regnet es in die Sporthalle. Man musste schon Eimer aufstellen. Das ist unerträglich und auch ein Sicherheitsfaktor. Auch da muss man nachbessern.

Nein, wir brauchen eine andere Justizpolitik für Hessen, die einen effektiven Rechtsstaat gewährleistet, besseren Opferschutz und vor allem einen Strafvollzug, der Sicherheit und Resozialisierung sicherstellt. Meine Damen und Herren, in diesem Fall brauchen wir eine Wende in der Justizpolitik.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hofmann. – Das Wort hat Herr Abg. Hartmut Honka, CDU-Fraktion.

Hochverehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das bezieht sich nicht auf seine Fanzugehörigkeit zu einem bayerischen Verein.

Das ist schon in Ordnung so, Herr Kollege Honka. Sprechen Sie weiter.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Ihr Offenbächer!)

Bitte keine Diskriminierung, Herr Kollege. – Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund der Sicherheitsherausforderungen in Deutschland und Europa brauchen wir eine starke Justiz; denn innere Sicherheit hört nicht an der Polizeistelle auf. Deswegen hat sich diese Landesregierung mit dem kommenden Doppelhaushalt vorgenommen, die Justiz im Bereich der Staatsanwaltschaften und damit der Gerichte und im Bereich der Justizvollzugsanstalten entsprechend stark aufzustellen.

Im vergangenen Jahr hatten wir einen Zehn-Punkte-Maßnahmenplan, der gut funktioniert hat, und wir haben für das kommende Jahr – da kann ich einen kleinen Brückenschlag zu dem machen, was wir vorhin gehört haben – einen deutlichen Aufwuchs in fast allen Stellenbereichen dieses Einzelplans. Es sind 224 einzelne Stellen – 168 für das kommende Jahr und 56 für 2019.

Ein kleiner Schlenker in Richtung der größten Oppositionsfraktion sei mir gestattet. Zu jedem Einzelplan wird von den Anträgen geredet, die kein anderer kennt außer Ihnen selbst. Es wäre insofern für die Debatte, die wir hier führen, ganz klug, wenn auch Ihre Anträge bereits zur zweiten Lesung vorlägen, damit wir überhaupt miteinander diskutieren können, was Sie wollen und was wir wollen.

(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Das müssen Sie schon uns überlassen! – Weitere Zurufe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Kollege Rudolph, wir überlassen Ihnen gerne alles, was Sie möchten. Aber für eine ehrliche Debatte wäre es redlich, wenn Ihre Anträge auf dem Tisch und nicht nur bei Ihnen in der Schublade lägen. Dann könnten wir darüber miteinander diskutieren.

(Holger Bellino (CDU): Das sind virtuelle Anträge wie der Hessenplan!)

„Virtueller Antrag“ ist ein schöner Begriff. Aber ich glaube, reales Geld ist wichtiger.

Ich möchte auf ein paar Details zu sprechen kommen. Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben reale Fakten vorzustellen und in der Hand.

Ich will zu den Stellenverbesserungen kommen, die ich eben angesprochen habe. Im Bereich der Staatsanwaltschaften reden wir davon, dass wir für das Jahr 2018 zehn neue R-1-Stellen schaffen wollen. Weitere acht Stellen kommen natürlich im Folgebereich dazu. Dann kommt die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität. Die ZIT in Gießen bekommt fünf R-1-Stellen, also fünf Richter- bzw. Staatsanwaltsstellen, weil das ein besonderer Schwerpunkt ist. Drei weitere Stellen im Folgebereich kommen hinzu.

Wir werden für die Staatsanwaltschaften fünf Stellen für Häuser des Jugendrechts schaffen, eine weitere Stelle für Staatsschutzdelikte und vier Stellenhebungen im mittleren Dienst. Häuser des Jugendrechts sind ein Thema, das uns immer beschäftigt. 2019 wird es dort mit fünf zusätzlichen Stellen weitergehen. Das ist ein wichtiges Thema. Es schlägt die Brücke zu den ordentlichen Gerichten. Auch dort werden wir entsprechend Richterstellen aufbauen; denn Häuser des Jugendrechts funktionieren durch die gute Zusammenarbeit zwischen der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Jugendgerichtshilfe vor Ort. Aber es muss auch beim Amtsgericht funktionieren. Deshalb kommt im

Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit 2018 und 2019 jeweils eine Stelle dezidiert hinzu.

Dass uns die innere Sicherheit besonders beschäftigt und sich ein roter Faden aus dem Innenhaushalt bis in den Justizhaushalt zieht, sieht man z. B. daran, dass sich das BKA-Gesetz und das Fluggastdatengesetz – zwei Bundesgesetze – fröhlich auf unseren Haushalt auswirken. Wir werden insgesamt sechs Richterstellen zur Verfügung stellen, um diese Gesetze ordentlich abzuwickeln. Ich würde mich sehr freuen, wenn der Deutsche Bundestag nicht nur solche Gesetze beschlösse, sondern auch den Ländern die dafür benötigten Mittel zur Verfügung stellen würde. Die Umsetzung dieser Gesetze wird das Land Hessen ganz allein für die gesamte Bundesrepublik Deutschland stemmen. Es wäre schön, wenn man das in Berlin anerkennen würde.

(Beifall des Abg. Holger Bellino (CDU))

Um zu widerlegen, was wir vorhin alles gehört haben, sage ich: Wir werden weitere acht Stellen bei den Gerichtsvollziehern schaffen. Wir gehen im nordhessischen Raum in einen digitalen Servicepoint. Das ist etwas Neues in der Justiz. Er ist eine zentrale Anlaufstelle für alle Rechtsuchenden, um dort Auskunft zu erlangen, damit es später, wenn es vor Gericht geht oder wohin auch immer, zügiger laufen kann. Wir reden in diesem Bereich von sechs neuen Stellen.

2019 wollen wir 45 weitere Stellen im Bereich der Gerichte schaffen. Darunter sind zwei R-2-Stellen und 13 R-1Stellen. Hinzu kommt das Folgepersonal.

Wir werden uns natürlich auch mit den Folgen des Brexit beschäftigen. Es sind bereits drei R-1-Stellen für die Einrichtung einer Kammer für internationale Finanz- und Handelsverfahren vorgesehen. Der Standort Hessen ist ein guter Rechtsstandort. Ihn wollen wir stärken.

Das Thema Vollzugsanstalten gehört bei uns mit dazu. Damit es die Kolleginnen und Kollegen einmal gehört haben: 2018 werden 25 neue Stellen geschaffen. Hinzu kommen sechs Stellen für neue Hundeführer und vier Stellen für Strukturbeobachter. Zu wissen, was gerade in den extremen Bereichen der Gewalt passiert, wenn Menschen inhaftiert sind, müssen wir im Auge behalten. Dafür haben wir Strukturbeobachter geschaffen. Der Bereich wird ausgebaut. Das ist eine gute Zusammenarbeit mit dem Innenbereich, um zu kontrollieren, was in den Vollzugsanstalten passiert.

Wir haben 2018 zwei zusätzliche Stellen im Haushaltsplan für die Behandlung psychisch kranker Gefangener. Neun Stellenumwandlungen werden erfolgen. Auch mindestens sechs Stellenhebungen sind enthalten.

2019 geht es so weiter. Wir haben dann 29 Stellenumwandlungen, vier Stellenhebungen und zwei zusätzliche Stellen für die Behandlung psychisch kranker Gefangener. In dem Bereich brauchen wir uns also nicht zu verstecken.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde schon angesprochen. Sie steht im Moment vor einer besonderen Herausforderung. Auch dort haben wir bereits reagiert. Wir fangen nicht – wie andere Bundesländer – erst jetzt an, auf das Thema Asyl zu reagieren. Wir haben dafür bereits neue Stellen geschaffen. Wir werden für das Jahr 2018 zwei weitere R-2-Stellen und zwölf R-1-Stellen schaffen. Insgesamt wird es 30 neue Stellen geben. Die Differenz bildet wieder den Folgebereich ab.

Im Jahr 2019 soll der Deutsche Verwaltungsgerichtstag in Hessen stattfinden. Ihn wollen wir mit 100.000 € unterstützen.

In der Sozialgerichtsbarkeit wird es auch mindestens vier neue Stellen sowie Stellenhebungen und -umwandlungen geben. Die IT-Stelle wurde bereits angesprochen, weil die Einführung der elektronischen Akte und die entsprechende Umsetzung nicht nur viel Geld für die technische Infrastruktur kosten. Es wird vier neue Stellen geben, damit es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die das machen können.

Wir vergessen den Bereich der schwerbehinderten Bediensteten nicht. Auch dort wird es im kommenden Jahr sechs neue Stellen geben, und zwar drei bei den Staatsanwaltschaften, zwei in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und eine in der Sozialgerichtsbarkeit. Das Justizministerium, die Gerichte und die Vollzugsanstalten sind ein fairer, guter und verlässlicher Arbeitgeber in diesem Bereich.

Das Thema „Opferschutz und Präventionsarbeit“ fällt bei uns auch nicht hinten herunter. Dort wird aufgesattelt. Es wurde vorhin bereits als mögliches Thema eines Oppositionsantrags genannt. Dort werden wir 200.000 € aufsatteln.