Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

bei der jeder, der die kommunale Gebührensituation ein bisschen kennt, sehen kann, dass sie an vielen Stellen mit der Realität der Betreuungsgebühren nicht in Einklang zu bringen ist. Sie haben jetzt ein bisschen darüber hinweggenuschelt, wenn ich es so sagen darf, indem Sie sagten, es wird Gewinner und Verlierer geben. Ja, eben. Aber bei unserer Regelung gibt es keine Gewinner und Verlierer. Bei unserer Regelung gibt es nur Gewinner. Das ist der entscheidende Unterschied.

(Beifall bei der SPD – Manfred Pentz (CDU): Aber man kann es nicht bezahlen! Das ist nicht bezahlbar!)

So ist das, lieber Kollege.

Jetzt zur Qualitätspauschale. Die Qualitätspauschale wird so, wie sie jetzt ist, im Wesentlichen benutzt, um die Basispersonalabdeckung zu finanzieren. So stand es auch im Evaluationsbericht zum KiföG, meine Damen und Herren. Das bestätigen die Gespräche mit den Trägern immer wieder. Dazu bedient man sich eines Weges, der gesetzlich nicht allzu schwierig ist. Man schickt Leute zu einer Fortbildung und sagt: Wir wenden den Bildungs- und Erziehungsplan an. – Dann bekommt man das und deckt damit seine laufenden Kosten ab. Es kann doch gar keine Rede davon sein, dass die Qualität damit nennenswert erhöht würde.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Herr Dr. Bartelt, ich habe es gestern schon einmal gesagt, ich weiß nicht, ob Sie es mitbekommen haben. Ich habe es gestern in einer meiner Erwiderungen auf den Minister gesagt:

(Manfred Pentz (CDU): Zitieren Sie sich doch einmal selbst!)

Lassen Sie dieses Gerede von der Verstaatlichung der Kindheit und von der Verstaatlichung der Kinderbetreuung. Nichts davon ist richtig.

(Beifall bei der SPD)

Nichts davon wird mit unserem Gesetzentwurf angestrebt oder erreicht. Lassen Sie es einfach.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Merz. – Das Wort hat der Sozialminister, Herr Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist Beitragsfreistellung, Qualitätserhöhung und Reduzierung von Verwaltungsaufwand. Das ist gut für die Eltern, das ist gut für die Kommunen, und das ist gut für die Einrichtungen in unserem Land.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auf ein paar Punkte eingehen, die Vorredner gesagt haben und von denen ich der festen Überzeugung bin, dass sie zum Teil dargestellt worden sind, obwohl man es besser wissen könnte. Ich versuche, das mit einem Punkt zu belegen, den sowohl Herr Kollege Rock als auch Herr Kollege Merz mit Eindringlichkeit genannt haben: Wenn ich mein Kind von 8 Uhr bis 14 Uhr betreuen lasse, dann hat es Hunger, bekommt aber nichts zu essen, während die Kinder in der anderen Gruppe essen gehen.

Wer so etwas sagt, versteht die Wahrheit und die Realität in unseren hessischen Kindertagesstätten nicht. Das Hessische Kinderförderungsgesetz ist übrigens ein Gesetz, das damals mit der Mehrheit von CDU und FDP auf den Weg gebracht wurde. Es hält eine Regelung vor, die besagt, eine Kindertagesstätte, die regelhaft mehr als sechs Stunden Betreuung anbietet, hat ein Mittagessen vorzuhalten.

(Zuruf der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

80 % der hessischen Kindertagesstätten bieten regelmäßig mehr als sechs Stunden Betreuung an. Sie bieten dementsprechend auch ein Mittagessen an.

Die Protestschreiben, die von den Kommunen gekommen sind, stammen von den wenigen, die beispielsweise vortragen, man habe unterschiedliche Module, aus denen hervorgehe, dass man kein Essen anbieten müsse. Den Kommunen wird gesagt: Ihr könnt diese Module beibehalten. Ihr müsst keine Sechs-Stunden-Module machen. Wenn ihr ein Fünf-Stunden-Modul macht und die Eltern es nachfragen, dann werden die fünf Stunden – und keine sechs – beitragsfrei gestellt. Damit erübrigt sich das dann.

Die Freiheit der Kommunen wird an jeder Stelle gewahrt. Das bedeutet nicht, dass ein Kind hungern muss, wie Sie es soeben drastisch dargestellt haben. Natürlich können die Eltern ein Mittagessen dazu buchen, wenn es angeboten wird. Das ist vollkommen klar.

Damit kommen wir zu der Fragestellung der Pauschalen. Ob es eine Vollerhebung war, wurde von Ihrer Seite in einer Großen Anfrage nachgefragt. Vollerhebung bedeutet auch die Erfassung der Kindertagesstätten in freier Trägerschaft. Außerdem geht es um die kommunalen Kindertagesstätten.

Wenn es um die Beitragsfreistellung geht, sind die vertraglichen Verpflichtungen, die eine Kommune mit ihren freien Trägern ausgemacht hat, in der Regel die Grundvoraussetzung. Deswegen sind für die Beitragserhebung die kommunalen Kindertagesstätten maßgeblich.

Von den 426 Kommunen, die wir in Hessen haben, haben wir von über 300 die Gebührensatzungen ausgewertet. Über 80 Kommunen haben überhaupt keine kommunale Kindertagesstätte. Ganze elf Kommunen haben keine Satzung im Internet veröffentlicht. Insofern ist dies natürlich, was die kommunale Seite anbelangt, eine Vollerhebung. Denn von über 300 Kindertagesstätten wurden die Gebührensatzungen erhoben. Dann wurde eine Durchschnittsbetrachtung vorgenommen.

Über die Stunden hochgerechnet, kommt man dann auf die 135,60 €. Es stimmt, was Dr. Bartelt gesagt hat. Die meisten liegen darunter. Sie haben eben die Erhebung bei den Sonderstatusstädten angesprochen. Schauen Sie sich einmal die Beitragserhebung der Stadt Rüsselsheim an. Sie ist eine Sonderstatusstadt. Sie verlangen für das Modul, für das sie in Zukunft vom Land 135,60 € vom Land erstattet

bekommen, 67 €. Sie werden mit den Regelungen, die wir haben, fast 70 € gutmachen.

Das gilt nicht nur hinsichtlich der betreuten Kinder. Das gilt auch hinsichtlich der Wohnsitzkinder. Wir zählen nämlich nicht die Köpfe in den Kindertagesstätten. Vielmehr gehen wir nach der Statistik vor, die Sie auch angeführt haben. Dabei geht es um die in der Gemeinde gemeldeten und lebenden Kinder. Wir wissen, dass es keine Betreuung zu 100 % gibt. Also werden die Kommunen noch etwas mehr gutmachen.

Sie werden auch dadurch etwas gutmachen, dass wir uns an den Kosten der Wirtschaftlichen Jugendhilfe beteiligen werden. Hinsichtlich derjenigen, die bisher schon aus sozial schwachen Familien kamen und für die der Beitrag übernommen wurde, werden die Kommunen zusätzlich entlastet werden. Das ist ein kommunalfreundliches Paket.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ein Paket, das den Kommunen mehr Gestaltungsspielräume geben wird. Das Paket, das auf den Weg gebracht wird, wird die Eltern in Hessen massiv entlasten. Es ist richtig, dass sie entlastet werden.

Sie sind auf die Betreuung der unter Dreijährigen zu sprechen gekommen. Auch das haben wir immer wieder gesagt: Wir stoppen die Entwicklung nicht. Vielmehr müssen wir sehen, wie wir das weiterentwickeln können. Das muss aber wie die anderen Gesetzentwürfe, die von den Regierungsfraktionen eingebracht worden sind, auf der Grundlage einer soliden Finanzierung geschehen. Trotz dieses Gesetzes wird es einen Haushalt ohne Neuverschuldung geben. Bei dem Haushalt werden sogar Schulden zurückgezahlt werden. Das, was Sie mit Ihrem Gesetzentwurf versprechen, ist nicht solide finanziert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es kommt dann immer das Thema Wahlversprechen. Ich finde das relativ gut. Herr Kollege Merz, in Ihrer Kurzintervention auf den Beitrag des Herrn Kollegen Bocklet haben Sie gesagt: Wir halten unsere Versprechen, wenn wir von den Wählerinnen und Wählern das Mandat dafür bekommen haben.

(Gerhard Merz (SPD): Oder vom Landtag, falls er unserem Gesetzentwurf zustimmt!)

Oder vom Landtag, wenn er entsprechend folgt. – Sie wissen schon, worauf ich hinaus will. Da wir alle sagen, dass Ihr Gesetzentwurf unsolide finanziert ist, erwarten Sie nicht, dass er eine Mehrheit erhält. Das wussten Sie schon, als Sie ihn geschrieben haben. Sie haben zu diesem Zeitpunkt die Beitragsentlastung ab dem 1. August 2018 hineingeschrieben, wohl wissend, dass die Wahlperiode dieses Landtags bis zum Januar 2019 geht. Wer bei diesem Gesetzentwurf von unredlichen Versprechen redet, sollte lieber einmal in seinen eigenen Gesetzentwurf hineinschauen, um zu sehen, was da tatsächlich möglich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe)

Ja, das tut halt weh. – Ich will noch auf zwei Aspekte eingehen, die Sie angesprochen haben. Dabei geht es um die Kinder unter drei Jahren und die Landessozialberichterstattung. Da können Sie gerne nachschauen, wie die Wirtschaftliche Jugendhilfe die Eltern entlastet, damit ihre Kin

der in die entsprechenden Einrichtungen kommen. Es gibt andere Gründe als die Höhe der Beiträge, weshalb Eltern aus einkommensschwachen Haushalten ihre Kinder unter drei Jahren nicht in die Betreuung geben. Diesen Gründen müssen wir nachgehen. Da bin ich sofort bei Ihnen und sage: Wir sollten versuchen, diese Quote zu heben. – Die Beitragsfreistellung ist nicht der richtige Ansatz. Denn das könnte bereits heute über die Wirtschaftliche Jugendhilfe wirken.

Als Letztes möchte ich etwas zu der Frage der Qualität sagen. Ja, wir haben eine Qualitätspauschale auf der Grundlage des Bildungs- und Erziehungsplans. Es ist nicht so, dass da einmal eine Fortbildung gemacht wird. Sie können sich die Ansprüche anschauen, die es in den nächsten drei Jahren geben wird. Wir werden die Anforderungen an die Einrichtungen sukzessive erhöhen, damit sie die Pauschale nach dem Bildungs- und Erziehungsplan überhaupt bekommen können.

Es wird da keine Alternativen mehr geben. Vielmehr wird es eine Quote geben, die besagt, welche Zahl an Erzieherinnen und Erziehern die Fortbildung machen müssen. Hinzu kommt eine kontinuierliche Begleitung durch eine entsprechende Fachberatung.

Wir werden das kontinuierlich begleiten. Trotzdem werden die Einrichtungen die Chance haben, in der Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 1. Januar 2020 die Pauschale nach dem Bildungs- und Erziehungsplan zu verdreifachen. Nach heutigem Stand wird es dann jedes Jahr 50 Millionen € geben. Damit werden sie einen riesigen Schritt in Richtung Qualitätssteigerung machen können. Das wird den Kindern zugutekommen. Deswegen ist der vorliegende Gesetzentwurf einer, der den Kindern, den Eltern, den Kommunen und allen weiterhelfen wird. Es ist ein guter Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, vielen Dank. – Das Wort erhält Herr Kollege Gerhard Merz für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich nicht zu Wort melden. Herr Minister, eine Bemerkung hat mich jetzt doch noch einmal hierhergebracht.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Erstens bin ich für den Ton dankbar, mit dem Sie reden. Sie reden auch teilweise über die Dinge selbst. Das macht es möglich, hier die Debatte zu führen.

Es gäbe viele Dinge, über die wir vertieft reden könnten, wenn mehr Zeit wäre. Das betrifft z. B. die Frage der Betreuung der Kinder unter drei Jahren. Ich bin froh, dass Sie das Problem sehen.

Herr Minister, ich kann Ihre Bemerkung zu unserem Gesetzentwurf gegen Ende Ihrer Rede nicht unkommentiert lassen. Wir wollen, dass zum 1. September nächsten Jahres die erste Stufe unseres Beitragsentlastungsprogramms in Kraft tritt. Das haben wir in den Gesetzentwurf geschrieben, der gestern in den Landtag eingebracht wurde. Für dessen Annahme werben wir. Deswegen habe ich die Be

merkung gesagt: wenn der Landtag uns dazu in die Lage versetzt.

Oder es tut der Wähler. Der Wähler wird natürlich hinsichtlich der weiteren Umsetzung dieses Programms entscheiden, wenn der Landtag unserem Begehren wider Erwarten nicht folgen sollte. Ich werbe aber nach wie vor nachdrücklich dafür. Insofern war das ein Ablenkungsmanöver. Es war durchsichtig. Sie wissen, dass Sie mich nicht so schnell hinter die Fichte führen können. Es war ein netter Versuch. Darüber reden wir ein anderes Mal.

(Beifall bei der SPD)