Protokoll der Sitzung vom 15.12.2017

Ich komme zum Schluss. – Wir haben jetzt eine Lösung gefunden, was die Besetzung der Kommission angeht. Es ist klar, dass die Fraktionen diejenigen benennen sollen, die an der Neugestaltung der Wahlkreise teilnehmen. Es war ein bisschen holprig, es gibt schönere Gesetzgebungsverfahren. Wir werden damit nicht den Schönheitspreis gewinnen.

Wir sollten uns in der nächsten Wahlperiode mit aller Kraft daranmachen, die Wahlkreise in Hessen neu zu gestalten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Das Wort hat Herr Abg. Hermann Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu den einzelnen Punkten haben meine Vorredner schon einiges ausgeführt, deswegen will ich jetzt grundsätzlich bleiben, weil es auch um eine Grundsatzfrage geht.

Innenminister Beuth und die Fraktionen von CDU und GRÜNEN verursachen mit diesem Gesetzentwurf nach wie vor das größtmögliche Chaos zur Landtagswahl 2018. Aber dies wollen Sie selbst nach der Anhörung der Experten und der Betroffenen im Innenausschuss nicht einsehen. Diese Anhörung hat Sie zu Änderungen gezwungen. Die letzte Änderung, zu der Sie gezwungen wurden, haben wir gestern auf den Tisch bekommen. Auf diese Änderung beziehen Sie sich auch. Das parlamentarische Verfahren möchte ich völlig außer Acht lassen, denn es ist auch von Ihnen völlig außer Acht gelassen worden.

Nicht einmal ein Jahr vor der Landtagswahl drücken Sie allen Warnungen und massiven Widerständen vor Ort zum Trotz ein sehr umstrittenes, wenn nicht gar verfassungswidriges Landtagswahlgesetz durch den Landtag. Ich will noch einmal deutlich machen, was eigentlich Konsens sein müsste: Man hätte zu Beginn dieser Wahlperiode über einen notwendigen Neuzuschnitt der Wahlkreise diskutieren müssen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Ich zitiere aus dem Schreiben des Innenministers vom 25. April 2017 an die Fraktionen des Hauses den Schlusssatz, in dem alles aufgelistet ist:

Ich rege vor diesem Hintergrund an, eine Neuabgrenzung der hessischen Landtagswahlkreise auf der Basis der dann aktuell vorliegenden Bevölkerungszahlen in der neuen Wahlperiode anzugehen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte man im Innenministerium dazu noch überhaupt kein Problembewusstsein.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Und dann musste man feststellen, dass man doch eiligst etwas machen muss.

Eigentlich müsste ein Wahlgesetz im größtmöglichen Konsens aller Fraktionen und mit den betroffenen Gemeinden und Bürgern vor Ort beraten und beschlossen werden. Dafür braucht man einfach Zeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Eigentlich müsste spätestens ein Jahr vor einer Wahl die Rechtsgrundlage klar sein; denn vor Ort sind die Diskussionen und Aufstellungen zur Wahl längst im Gange, parteiintern und teilweise auch darüber hinaus.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Ich frage: Wie sollen sich die betroffenen Gemeinden noch am politischen Prozess beteiligen, wenn sie nun per Gesetz von oben kurzfristig in einen neuen Wahlkreis verfrachtet

werden, zu dem sie wenig regionalen Bezug haben? Die Betroffenen und alle Fraktionen frühzeitig in einen geordneten Veränderungsprozess einzubeziehen, das haben Sie, Herr Minister Beuth, schlicht verpennt.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Anhörung wurde mehr als deutlich – es ist schon angesprochen worden –, wie groß der Ärger aller betroffenen Bürgermeister sowie auch der Bürgerinnen und Bürger ist. Namhafte Rechtsgutachter sagten Ihnen im Vorfeld – das habe ich noch sehr gut im Ohr, Herr Bellino –, dass das vorliegende Gesetz wohl verfassungswidrig sei.

(Alexander Bauer (CDU): Ja, warum denn?)

Auch weil es bis gestern keine Begründung gab, wie die Wahlkreisänderungen inhaltlich zu sehen sind, sondern es war eine rein statistische Begründung.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ich kann Ihnen nur sagen: herzlichen Glückwunsch, Herr Beuth. Nach der Beschlussfassung heute haben wir weder mit dem alten Gesetz – das tritt ja dann außer Kraft – noch mit dem neuen Gesetz eine rechtssichere Grundlage für die Landtagswahl 2018. Es ist ziemlich sicher, dass es deshalb sowohl vor als auch nach der Landtagswahl Klagen geben wird. Das liegt in Ihrer Verantwortung, und da bleibt es auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Eigentlich ist es fast überflüssig, zu erwähnen, dass Ihre bisherigen Änderungsanträge die Sache eher noch verschlimmbessern. Einer einzigen Gemeinde, nämlich der im Wahlkreis des innenpolitischen Sprechers der CDU, geben Sie nach und verschieben sie dorthin, wo sie es wünscht.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Bei den anderen tun Sie das interessanterweise nicht, Herr Bauer.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Sie lieferten gestern, wie schon erwähnt, auf den letzten Drücker endlich eine inhaltliche Begründung, warum bei der einen so und bei der anderen so entschieden wird. Denn der bloße statistische Hinweis auf die prozentualen Veränderungen der Wählerschaft, noch dazu auf der Basis der veralteten Zahlen von 2015, reicht da nicht aus.

(Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Alles bleibt weiterhin Stückwerk, Herr Bauer.

Kollege Schaus, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ja, Herr Präsident. Ich komme zum Schluss. – Ich muss wirklich sagen: Dieses Landtagswahlgesetz ist ein neuer Tiefpunkt in der politischen Unkultur Hessens, verursacht durch die schwarz-grüne Landesregierung. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Schaus. – Das Wort hat der Innenminister, Staatsminister Peter Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung unterstützt weiterhin den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Änderung des Landtagswahlgesetzes und den dazu eingebrachten Änderungsantrag in seiner aktuell Ihnen vorliegenden Form.

Gesetzentwurf und Antrag wurden während des parlamentarischen Verfahrens und heute Morgen erneut kritisiert – zu Unrecht, wie ich glaube. Ich will im Rahmen der abschließenden Lesung des Gesetzentwurfs versuchen, noch einmal auf die Kernpunkte der Kritik einzugehen.

Generell wurde während des gesamten Verfahrens der Vorwurf erhoben, die Koalitionsfraktionen würden ihre Mehrheit nutzen, um ihre Vorstellung einer Wahlkreiseinteilung ohne Rücksicht auf Kritik durchzusetzen. Das Gegenteil ist der Fall. Es wurde zu dem ursprünglichen Gesetzentwurf ein Änderungsantrag gestellt, in dem Sie sehen können, dass sachgerechte Vorschläge für Wahlkreisänderungen auch aufgegriffen werden.

Auf den Änderungsantrag will ich kurz eingehen: Die Gemeinde Groß-Rohrheim soll abweichend vom ursprünglichen Gesetzentwurf im Landkreis Bergstraße verbleiben und in den Wahlkreis 55, Bergstraße II, verlagert werden. Dieser Vorschlag ist vernünftig, da er das wesentliche Ziel der Novelle, die Einhaltung der 25-%-Schwelle in allen Wahlkreisen, berücksichtigt und Landkreisgrenzen eingehalten werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Warum war das denn bisher nicht so?)

Dies ist aus meiner Sicht ein gutes Beispiel dafür, dass aufgrund eines konstruktiven Vorschlags die Ziele des Gesetzentwurfs besser als bisher umgesetzt werden können.

Damit der Hessische Landtag bei der nächsten Wahlkreisreform seine Beratungen auf einer konstruktiven Basis beginnen kann, wollen wir eine Wahlkreiskommission einsetzen. Diese soll zukünftig dem Hessischen Landtag nach dem Vorbild des Bundes und anderer Bundesländer Vorschläge für eine Wahlkreisreform machen.

Auch dieser Vorschlag wurde von der Opposition sofort kritisiert. Es wurde befürchtet, dass durch die Auswahl der Abgeordneten durch den Präsidenten des Hessischen Landtags parteipolitisch Einfluss auf die Arbeit der Kommission ausgeübt werden könnte. Wir sollten bei dieser Diskussion nicht vergessen, dass der Präsident des Hessischen Landtags ein Verfassungsorgan ist. Er wird vom Landtag gewählt und übt seine Befugnisse innerhalb des verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Rahmens aus. Schon jetzt sind ihm im Landtagswahlrecht Aufgaben im Hinblick auf die Abgeordneten übertragen. Es ist aus meiner Sicht sachgerecht, dass er die Mitglieder der Kommission benennt. Eine Diskussion darüber, dass er dieses Amt missbrauchen würde, um eine Wahlkreiskommission unsachgemäß zu besetzen, beschädigt meiner Einschätzung nach nur dieses Amt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Das ist doch jetzt geändert worden!)

Ich bin sicher, dass jede Präsidentin und jeder Präsident dieses Hauses bei ihrer bzw. seiner Auswahl die Vorschläge der Fraktionen berücksichtigen und eine Entscheidung treffen wird, die eine sachliche und zweckgerichtete Arbeit der Kommission gewährleistet.

Meine Damen und Herren von den Oppositionsfraktionen, um Ihnen entgegenzukommen, also um Ihre Vorschläge, am Ende Ihre Kritik aufzugreifen, haben die Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU im heute vorgelegten Änderungsantrag vorgesehen, dass der Präsident die Abgeordneten als Mitglieder in der Wahlkreiskommission auf Vorschlag der Fraktionen beruft. Das soll jetzt ausdrücklich ins Gesetz aufgenommen werden.

Bei dieser Diskussion sollten wir auch nicht vergessen, dass die Kommission nur Vorschläge unterbreiten soll. Letztlich entscheiden kann nur der Hessische Landtag selbst.

Einen weiteren Gesichtspunkt möchte ich an dieser Stelle ebenfalls noch hervorheben. Durch die Einsetzung einer Wahlkreiskommission stellen wir sicher, dass in jeder Legislaturperiode der Landtag über die Bevölkerungsentwicklung informiert und ihm gleichzeitig Vorschläge für mögliche Änderungen der Wahlkreise unterbreitet werden.

Ich darf dann auf ein Thema eingehen, welches uns seit Beginn der parlamentarischen Debatte begleitet. Die Frage, auf welche Zahlen bei einer Neueinteilung abgestellt werden muss, beschäftigt uns seit der ersten Lesung. In der zweiten Lesung hat der Abg. Greilich publikumswirksam mit einem Zettel gewedelt, der die Zahlen der Auslandsdeutschen enthielt. Ja, der Bundeswahlleiter hat der FDPFraktion die Zahl der Auslandsdeutschen mitgeteilt, dies aber ausschließlich auf der Basis der Bundestagswahlkreise. Der Informationswert der Zahl der Auslandsdeutschen auf Basis der Bundestagswahlkreise ist für unsere Diskussion allerdings gleich null.