Protokoll der Sitzung vom 15.12.2017

Bei der Gemeinde Eiterfeld ist das ähnlich. Im Übrigen sind in Ihrem Änderungsantrag zu Art. 1 Nr. 5 bis 7 weitere Fehler drin. Dort wird einmal vom Wahlkreis 11, Rotenburg, geredet. Aus Ihrer Sicht bin ich jetzt wieder ein bisschen arg kleinlich, aber ich will Sie darauf nur hinweisen, weil es durchaus eine Rolle spielt, ob es der Wahlkreis 10 oder 11 ist. Also auch dort sind Fehler drin. Aber das kann man an dieser Stelle vernachlässigen. Jetzt wollen Sie nachliefern und begründen, was Sie politisch entschieden haben. Dieser Vorwurf des Gerrymandering, den seriöse Juristen getätigt haben, ist damit nicht aus der Welt. Das gilt sowohl für die Gemeinde Eiterfeld als auch für die Gemeinde Nieste; und deswegen ist das eine falsche Datenbasis.

Herr Dr. Arnold, ich habe es Ihnen in dieser Woche angekündigt. Herr Dr. Arnold hat am 22. November in der „Fuldaer Zeitung“ gesagt:

… befürworte ich die Aufteilung meines Wahlkreises nicht.

Umgangssprachlich heißt das: Er stimmt keiner Änderung zu. – Einen Tag später, am 23. November, sagt der gleiche Dr. Arnold: Natürlich stimme ich dem Gesetzentwurf zu. – Jetzt könnte ich sagen: Das ist widersprüchlich. Ich könnte

aber auch sagen: Na ja, das ist eine Täuschung der Wählerinnen und Wähler.

(Klaus Peter Möller (CDU): Darin hat die SPD ja Erfahrung!)

Damit auch die Wählerinnen und Wähler in Fulda wissen, wie Herr Dr. Arnold abstimmt, beantragen wir, über diesen Gesetzentwurf namentlich abzustimmen. Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen. Dieser ist rechtlich fragwürdig. Wir lassen uns die Zeit, dies rechtlich zu würdigen. Wir werden auch die Rolle des Innenministers würdigen; denn das war ein Paradebeispiel für schlechtes parlamentarisches Arbeiten dieser Landesregierung, dieses Innenministers und dieser Koalitionsfraktionen. Was schlecht ist, wird von uns abgelehnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Rudolph. Sie hatten auch 33 Sekunden zusätzlich. Das haben wir Ihnen großzügigerweise zugestanden. – Nächster Redner ist Kollege Wolfgang Greilich. Bitte, du hast das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war der ehemalige Vizekanzler und Genosse Franz Müntefering, der gesagt hat: „Opposition ist Mist“. Es gibt viele Momente, in denen man ihm beipflichten möchte. Das kann ich ohne Weiteres sagen, nachdem ich beides ausprobiert habe.

(Heiterkeit)

Doch am Landtagswahlgesetz kann man sehen, dass Opposition – Kollege Bellino hat das ja eingeräumt – auch das Bohren dicker Bretter ist und zum Erfolg führen kann.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Wir haben den Anfang gesetzt, indem wir dem Innenminister bei seiner falschen Rechtsauffassung widersprochen haben, man könne mit der Reform des Landtagswahlgesetzes noch bis zur nächsten Wahlperiode warten und einfach einmal auf einer verfassungswidrigen Grundlage wählen lassen. Unstreitig verstößt das Landtagswahlgesetz gegen die Toleranzgrenze von 25 % und damit gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben. Der mit heißer Nadel gestrickte Gesetzentwurf wies dann so viele gravierende Mängel auf, dass zu befürchten war, dass Sie den einen verfassungswidrigen Zustand durch einen anderen verfassungswidrigen Zustand ersetzen würden. Das wurde in der Anhörung in der Tat von allen Sachverständigen sehr deutlich ausgeführt.

Wir haben Ihnen in den Ausschusssitzungen mehrfach erläutert, dass Sie mit dem zunächst vorgelegten Entwurf diverse Wahlanfechtungsgründe schaffen würden. So wurde die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Wahlkreise nicht im Gesetz verankert, die abstrakten Kriterien für die Neuzuschnitte wurden nicht aufgeführt, die konkreten Neuzuteilungen haben Sie im Einzelfall nicht begründet, und Sie sahen auch kein Bedürfnis für die Einsetzung einer Wahlkreiskommission. Jetzt haben wir diesen Gesetzentwurf aus dem Innenministerium, der von den Koalitionsfraktionen eingebracht wurde, zweimal nachgebessert

bekommen, sodass genau die eben aufgeführten Punkte erledigt sind.

Nebenbei haben wir in der Tat auch noch aufgenommen: Es ist nicht die Sache des Landtagspräsidenten, auch wenn er von uns allen noch so sehr geschätzt wird, sich die Mitglieder einer solchen Wahlkreiskommission auszusuchen, sondern diese sollten von den Fraktionen benannt werden. Auch das haben Sie aufgenommen; das begrüßen wir ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP)

Es verbleiben noch immer – Herr Kollege Rudolph hat darauf hingewiesen – ein paar Mängel, insbesondere die Datenbasis, die Sie aus meiner Sicht grob fahrlässig gewählt haben, die veraltet ist und wo es ohne Weiteres möglich gewesen wäre, mit wenig Aufwand eine konkretere Datenbasis zu schaffen. Das haben Sie nicht getan. Insgesamt zeigt dieser Vorgang wieder einmal einen Umgang mit der Opposition, wie er für einen demokratischen Rechtsstaat bei solch einem elementaren Thema schlicht unwürdig ist.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen: Wahlrecht ist kein Mittel zum Machterhalt, sondern es hat demokratischen und rechtstaatlichen Grundsätzen zu genügen.

Insgesamt ist das Vorgehen, das wir hier erlebt haben, typisch für diese Koalition, für diese Landesregierung und auch typisch für das, was uns der Innenminister an Gesetzesvorlagen liefert und wie er mit solchen Themen umgeht.

Ich mache nebenbei auch noch Bildungspolitik in diesem Haus. Aus diesem Grund denke ich oft an Schulen und an Situationen in Schulen. Gestern hatte ich gerade wieder ein Gespräch mit einem Lehrervertreter, der mir schilderte, welche Probleme man konkret in den Schulen hat, insbesondere mit Schülern, die immer wieder verschlafen und es nicht lernen, dass man pünktlich aufstehen und rechtzeitig anfangen muss.

Dabei fühle ich mich an das Innenministerium erinnert: Erst muss geweckt werden. Das Wecken übernimmt die Opposition in diesem Haus. Dann, mühsam aus dem Bett gequält, macht man einen ersten Anlauf. Dieser erste Anlauf wurde in der Anhörung zerrissen. Die Note in der Schule wäre ein „Ungenügend“ gewesen. Dann nimmt man einen zweiten Anlauf, vielleicht klappt es ja beim zweiten Anlauf. Sie haben selbst in den Ausschussberatungen gemerkt, das hat nicht gereicht, das war, wie man in der Schule sagt, „mangelhaft“. Jetzt haben Sie einen dritten Anlauf genommen. Das finde ich erfreulich. Sie haben es jetzt immerhin so weit geschafft – als Lehrer soll man loben –, dass es gerade noch „ausreichend“ war. Das reicht gerade noch, um über den nächsten Wahltermin zu kommen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, solchen Murks müssen Sie alleine verantworten. Wir werden uns bei der Abstimmung über die Gesetzesvorlage enthalten.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Greilich. – Das Wort hat Herr Abg. Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diesen Themenkomplex in diesem Haus schon rauf und runter diskutiert. Wir sind jetzt in der dritten Lesung. Herr Kollege Greilich, ich will doch noch einmal in Erinnerung rufen: Ich finde es nicht in Ordnung, in welcher Art und Weise Sie die Mitarbeiter des Ministeriums kritisieren.

(Widerspruch bei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Vielleicht sollten Sie Ursache und Wirkung nicht vergessen.

(Zurufe von der SPD: Jedes Mal! – Er schiebt immer die Verantwortung weiter!)

Herr Bellino hat es auch schon vorgetragen, das Innenministerium und der Innenminister haben gesagt, dass zwar alles eng sei, aber man komme in der nächsten Landtagswahl damit noch rum. Der Innenminister hatte vorgeschlagen, es so zu belassen und in der nächsten Wahlperiode eine überparteiliche Wahlkreiskommission einzurichten, die sich mit diesem Themenkomplex beschäftigen und Vorschläge für eine Neugestaltung der Wahlkreise vorlegen soll.

(Unruhe bei der SPD)

Sie haben daraufhin den Innenminister angeschrieben und darauf hingewiesen, dass Sie der Auffassung sind, dass alles rechtswidrig und verfassungsrechtlich hoch bedenklich sei. Sie haben weiterhin gesagt, Sie würden darauf drängen, dass sich daran etwas ändert. – Herr Kollege Bellino hat Ihnen den Brief und den entsprechenden Absatz daraus vorgelesen.

Herr Kollege Greilich, ich finde, es ist kein richtig gutes Vorgehen, erst den Busch anzuzünden und dann zu sagen: Da brennt ein Busch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Zweiter Punkt. Natürlich kann ich die Kritik am Verfahren verstehen – es ist auch das eine oder andere gesagt worden –, dass jetzt noch ein zweiter Änderungsantrag gekommen ist. Natürlich gibt es schlüssigere Gesetzgebungsverfahren.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Wir haben es aber mit einer sehr komplexen Materie zu tun. Ich kann auch verstehen, dass die Kolleginnen und Kollegen, die von der Änderung der Wahlkreise betroffen sind, ganz besonders auf die Änderungen schauen. Für sie macht das eine persönliche Betroffenheit aus, wenn sich der Zuschnitt ihres Wahlkreises ändert. Das gilt insbesondere für Hersfeld, für Nieste und für den Werra-MeißnerKreis. Ich habe Verständnis dafür, aber am Ende müssen wir eine Lösung finden. Wir haben es in der Anhörung gehört, wenn wir noch zehn andere Kommunen eingeladen hätten, hätten sie auch jeweils erklärt, warum es gerade bei

ihnen nicht geht, hätten aber auch keinen Alternativvorschlag eingebracht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Deswegen hätte man das zeitlich früher machen müssen!)

Da sind wir im Übrigen beim Thema Vorschläge. Es war das Angebot der Koalitionsfraktionen in diesem Haus: Wir unterbreiten einen Vorschlag. Wenn andere Vorschläge, die das gleiche Ergebnis hinsichtlich der 25-%-Abweichung bringen, eingebracht werden, dann sind wir dafür offen, diskutieren die Vorschläge und werden Änderungen herbeiführen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, von Ihnen liegt in der Sache kein einziger Änderungsvorschlag vor. Das muss man auch noch einmal erwähnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das stimmt nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Natürlich kann man darüber streiten, ob es die Gemeinde Nieste oder die Gemeinde Helsa sein soll. Vielleicht machen wir mit dem Kollegen Bellino noch einmal einen Nordhessen-Abend, erklären ihm Aussprachevarianten und können auch Ahle Wurscht und sonstige leckere Varianten mitbringen.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Der Kollege Warnecke klatscht dazu. – Wenn die Kollegen der Opposition meinen, dass es Helsa hätte sein müssen, dann hätten sie den Vorschlag einbringen können. In dieser Sache ist von Ihrer Seite nichts vorgelegt worden.

Zum Schluss noch eine Bemerkung. Wir haben immer noch keine Antwort bekommen. Der Bürgermeister der Gemeinde Nieste hat in der Anhörung vorgeschlagen, im Werra-Meißner-Kreis einen Wahlkreis aufzulösen. Dieser Vorschlag wurde unterbreitet. Der Kollege Gremmels hat diesen Vorschlag auch öffentlich kommentiert. Ist es wirklich der Vorschlag der Sozialdemokraten, dass wir einen Wahlkreis im Landkreis Werra-Meißner auflösen? Sollen wir einen Wahlkreis im Landkreis Werra-Meißner auflösen? – Das müssten Sie schon einmal beantworten, bevor Sie immer nur in Richtung anderer argumentieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Frömmrich, Sie müssten zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Wir haben jetzt eine Lösung gefunden, was die Besetzung der Kommission angeht. Es ist klar, dass die Fraktionen diejenigen benennen sollen, die an der Neugestaltung der Wahlkreise teilnehmen. Es war ein bisschen holprig, es gibt schönere Gesetzgebungsverfahren. Wir werden damit nicht den Schönheitspreis gewinnen.