Protokoll der Sitzung vom 31.01.2018

Von 800 Millionen €, Entschuldigung. – Seitdem sind die Kassenkredite auf über 5 bzw. 6 Milliarden € angestiegen.

(Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Unter einem CDU-geführten Finanz- und Innenministerium haben sich die Kassenkredite seitdem also vervielfacht. Jetzt geben Sie den Kassenkreditbestand in dem Gesetzentwurf mit rund 6,25 Milliarden € an. Sie schreiben, dass sich der Kassenkreditbestand von 3,2 Milliarden € im Jahr 2008 auf ganze 7,5 Milliarden € im Jahr 2012 erhöht habe. Daher frage ich Sie auch: Wer hat denn in dieser Zeit in Hessen regiert, und wer war für die Finanzierung der Kommunen durch das Land in diesen Jahren verantwortlich? – Ja, richtig, es war die hessische CDU.

(Alexander Bauer (CDU): Hat das vielleicht auch etwas mit der Konjunktur zu tun?)

Wenn Sie sich also heute für die Ablösung der Kassenkredite selbst feiern wollen, dann geht es wieder nur darum, dass Sie teilweise den Schaden beseitigen, den Sie selbst zu verantworten haben.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

In den Jahren von 1999 bis 2016, in denen immer die CDU die zuständigen Finanz- und Innenminister gestellt hat, sind die Kassenkredite der Kommunen in 13 von 17 Jahren gestiegen.

(Norbert Schmitt (SPD): Da hat er recht!)

Wie Sie es auch drehen und wenden wollen: Sie tragen eine gehörige Mitverantwortung für die Kassenkredite in den Kommunen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Kredite sind vor allem in Phasen gestiegen, in denen die Konjunktur nicht so gut gelaufen ist wie heute. In diesen schwierigen Zeiten haben Sie nicht etwa die Kommunen unterstützt, sondern haben den Kürzungsdruck an die Kommunen weitergegeben. Sie haben die Kommunen zum Kürzen gezwungen und die kommunale Daseinsvorsorge schwer beschädigt. Trotz eines gigantischen Sozialabbauprogramms wie der „Operation düstere Zukunft“, trotz massiver Einschränkungen der kommunalen Leistungen für die hessischen Bürgerinnen und Bürger, trotz kräftiger Steuer- und Gebührenerhöhungen und des erzwungenen Griffs in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger und trotz geschlossener Schwimmbäder und Stadtteilbibliotheken sind die Einnahmen der Kommunen in diesen Zeiten so niedrig gewesen, dass sie Kassenkredite auftürmen mussten.

(Alexander Bauer (CDU): Wir haben ein Konjunkturprogramm gemacht!)

Es war die Landesregierung, die die Einnahmen der Kommunen schlicht gekürzt hat. Wenn Sie sich jetzt über ausgeglichene Haushalte und über die Höhe der Mittel im KFA freuen, dann zeigt sich der Umgang der Landesregierung mit den Kommunen nicht nur in guten Zeiten, wenn die Konjunktur brummt, sondern er zeigt sich vor allem in schlechten Zeiten, und damals haben Sie verdammt noch mal versagt, meine Damen und Herren von CDU und GRÜNEN.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum gibt es dann Kommunen, die keine Kassenkredite haben?)

Herr Schalauske, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein. – Die Ablösung der Kassenkredite ist nichts anderes als die Übernahme von Schulden, die die CDU-geführte Regierung selbst zu verantworten hat.

(Zuruf von der CDU: So ein Quatsch!)

Jetzt wollen Sie die Regelungen zur Haushaltsgenehmigung mit der Hessenkasse erweitern, wie Sie das nennen. Sie wollen also nichts anderes, als die Daumenschrauben weiter anzuziehen. Sie wollen, dass Investitionskredite künftig nicht mehr mit Kassenkrediten finanziert werden. Das bedeutet, eine weitere Einschränkung der Investitionstätigkeit, die in Hessen ohnehin schon niedrig ist, ist zu befürchten. Sie wollen auch die Kommunalaufsicht weiter verschärfen. Sie wollen über die Regierungspräsidien die Kommunen stärker ans Gängelband nehmen und den Durchgriff der Landesregierung auf die Kommunen weiter durchsetzen und damit die kommunale Selbstverwaltung noch weiter einschränken. Auch das ist schwarz-grüne Kommunalpolitik.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie einen anderen Vorschlag? Haben Sie einen Vorschlag, wie Sie das Problem lösen wollen, Herr Schalauske?)

Wenn es noch eines Eingeständnisses bedurft hätte – ich sage noch einmal etwas zu dem flankierenden Investitionsprogramm –, dass die kommunale Familie in Hessen unterfinanziert ist, dann findet sich dieser Hinweis doch in Ihrem Gesetzentwurf, weil es Kommunen gibt, die zwar auf Kassenkredite verzichtet haben – das war hier schon Thema –, es aber unterlassen haben, und jetzt zitiere ich indirekt aus Ihrem Gesetzentwurf, Investitionen oder notwendige Instandhaltungen zu tätigen. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass Ihre Politik die Investitionstätigkeit der Kommunen drangsaliert hat, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und GRÜNEN.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was ist denn Ihr Vorschlag? Was ist denn der Vorschlag der LINKEN?)

Um es anders zu formulieren: Weil die Landesregierung die Kommunen nicht bedarfsgerecht ausstattet, mussten diese vielfach Kassenkredite aufnehmen, um nicht nur die laufende Verwaltungstätigkeit zu finanzieren, sondern um

überhaupt noch in die öffentliche Infrastruktur investieren zu können. Das ist keine gewollte Politik der Kommunen, was Sie hier suggerieren, sondern es ist eine bewusst herbeigeführte Politik der schwarz-grünen Landesregierung.

Jetzt kommen wir zu den Zahlen. Diese sind hier schon genannt worden. Die Hessenkasse soll pro Jahr etwa 300 Millionen € kosten. Die Kommunen sollen davon jedes Jahr etwa 100 Millionen € zahlen. Den Rest finanziert angeblich das Land. Allerdings sind von den 200 Millionen € Landesmitteln letztlich nur 21 Millionen € zusätzliche Mittel, die der Finanzminister aufwenden muss.

Der Rest ist entweder Geld, das bisher anders verwendet werden musste und jetzt frei wird, oder es ist das Geld, das den Kommunen sowieso zustehen würde, z. B. die fünfte Milliarde aus dem Bundesteilhabegesetz, der Kommunalanteil am Fonds Deutsche Einheit und die Mittel aus dem Landesausgleichsstock. Wenn man das alles zusammenrechnet, kommt man auf einen Anteil der Kommunen von über 200 Millionen €.

Folgerichtig sind die Kommunalen Spitzenverbände über die Finanzierung der Hessenkasse auch nur eingeschränkt begeistert. So kritisiert der Hessische Landkreistag, dass der hessische Anteil an der vom Bund bereitgestellten Ländermilliarde, die ausdrücklich zur kommunalen Entlastung für die massiv steigenden Kosten aus der Neuregelung des Bundesteilhabegesetzes gedacht war, vom Land nun für die Hessenkasse verwendet wird. Diese Mittel, so fürchtet der Hessische Landkreistag, werden an anderer Stelle fehlen.

Die Kommunalen Spitzenverbände beziffern den Anteil des Landes zur Abfinanzierung der Kassenkredite letztlich auf nur 20 %. Meine Damen und Herren, das ist Geld der Kommunen, das Sie nach eigenem Gusto verwenden. Auch das ist kein fairer und partnerschaftlicher Umgang mit den Kommunen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Nach diesen Zahlentricksereien müssen also die Kommunen noch zu zwei Dritteln selbst für die Schulden bezahlen, für die zu 100 % die CDU-Landesregierung verantwortlich gewesen ist. Das ist CDU-Politik im Hessischen Landtag.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Abschließend, weil es nur kurz angesprochen wurde, noch eine Bemerkung zum Verfahren. Der Gesetzentwurf sollte ursprünglich im Schweinsgalopp durch den Landtag gebracht werden. Auch die Kommunen werden unter Druck gesetzt. Antragsschluss ist laut Gesetzentwurf schon Ende April. Beschlüsse der Kommunen werden bis Ende Mai erwartet.

Sie begeben sich seit Monaten in Jubelmeldungen und Verkündungsarien und beglücken uns in jeder Plenarsitzung mit Ihrer schrägen Sichtweise auf die Lage unserer Kommunen.

(Alexander Bauer (CDU): Sie doch auch!)

Ja, aus Notwehr. – Der Finanzminister tingelt zugleich durch die Kommunen und macht noch und nöcher Werbeveranstaltungen für die Hessenkasse, während der Hessische Landtag, immerhin das Gesetzgebungsorgan, die Pläne und Ankündigungen des Ministers in den, zugegebener

maßen lesenswerten, Regionalzeitungen des Landes verfolgen darf und muss.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Atmen nicht vergessen!)

Jetzt wollen Sie dieses Gesetzgebungsverfahren samt Anhörung in ein paar Wochen im Hauruckverfahren durchziehen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Entspannen Sie sich doch, es kommt doch anders!)

Für diesen Umgang mit dem Parlament, aber auch mit den Kommunen sollten sich die Regierungsfraktionen und die Landesregierung schämen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU: Ui!)

Ja, da können Sie einmal gut zuhören.

Herr Schalauske, Sie denken an die Zeit?

Ich komme zum Ende. – Letztlich reiht sich die Hessenkasse in eine Politik der Landesregierung ein, welche die Kommunen erst nicht bedarfsgerecht ausstattet, sie dann mit Haushaltskürzungsprogrammen, die sie fälschlicherweise als Schutzschirm deklariert, drangsaliert und schließlich mit viel zu kleinen und überwiegend vom Bund finanzierten Sonderinvestitionsprogrammen und einem Entschuldungsprogramm,

(Alexander Bauer (CDU): 5 Milliarden € KFA!)

für das man sich originärer Kommunalmittel bedient, die Löcher stopft, die sie zuvor gerissen hat. Die „FAZ“ hat diese Politik einmal recht treffend als „Zuckerbrot und Peitsche“ beschrieben, allerdings vergessen, hinzuzufügen, dass das verdammt wenig Zuckerbrot und verdammt viel Peitsche war. Meine Damen und Herren, dennoch ist dieses Bild zutreffend.

Die Vertreter der kommunalen Familie werden Ihnen das in der Anhörung zum wiederholten Mal erklären. Ich befürchte nur, es wird an Ihrer Politik nicht viel ändern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Alexan- der Bauer (CDU))

Danke, Herr Schalauske. – Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich Herr Kaufmann gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein allseits bekannter und richtiger Spruch lautet: Gute Politik beginnt mit der Wahrnehmung der Wirklichkeit. – Der Kollege Schalauske hat gerade bewiesen, dass DIE LINKE zu guter Politik nicht in der Lage ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das, was Sie uns gerade erzählt haben, hat mit der Wirklichkeit überhaupt nichts zu tun. Schauen wir doch einmal, wie die Abläufe tatsächlich waren.