Protokoll der Sitzung vom 01.03.2018

Wir haben mit dem E-Ticket die Grundlage für so etwas wie eine zentrale Mobilitätskarte in Hessen geschaffen. Es soll den Zugang nicht nur zum öffentlichen Personennahverkehr, sondern auch zum Car- und Bikesharing ermöglichen, ebenso wie den Zugang zu Fahrradparkhäusern. Es gibt im Rahmen von Modellprojekten Mobilitätsstationen. Sie können sich das beispielsweise in Offenbach am S-Bahnausgang „Marktplatz“ anschauen, an dem man mit derselben – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): In Offenbach?)

Ja, lieber Kollege Schäfer-Gümbel, weil in Offenbach die Leitstelle Elektromobilität für die Rhein-Main-Region war, und zwar schon bevor ich ins Amt kam. Aber es stimmt, die Offenbacher wissen, dass man nicht klagen und nicht auf andere warten, sondern einfach etwas tun soll. Daran können sich andere ein Beispiel nehmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf)

Wenn man wenig hat, muss man dafür schnell und kreativ sein. – Das ist genau die Intermodalität, die ich meine.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist ja das Prinzip der Landesregierung!)

Wir haben in der Infrastruktur aber auch Chancen durch die Digitalisierung. Beispiele sind Busvorrangschaltungen, die Signaltechnik und die Stellwerktechnik. Ich will ein bisschen Zukunftsmusik machen, aber das ETCS, das die Bahn gerade einführt – sie hat es zuerst auf der Strecke München – Berlin eingeführt –, sorgt dafür, dass man, ohne etwas an der Infrastruktur zu verändern, 20 % mehr Züge fahren lassen kann. Wenn wir es schaffen würden, dass die Bahn den Knoten Frankfurt, den sie jahrzehntelang vernachlässigt hat, als Modellprojekt für eine Einführung der elektronischen Signaltechnik nimmt, wäre es endlich möglich, auf derselben Strecke mehr Züge fahren zu lassen, ohne etwas an der Infrastruktur zu ändern. Das hilft so lange, bis die neuen Gleise, die wir auch brauchen, fertig sind.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sind jetzt so weit, dass Busse und Bahnen ihre Positionen automatisch und in Echtzeit bei den Betriebszentralen melden und diese dann bei Störungen reagieren können. Von der Kundeninformation bis zur Umleitung oder der Organisation von Ersatzverkehren: Der RMV und seine Tochter rms sind dabei federführend in Deutschland.

Wir haben es noch nicht zu 100 % geschafft, aber inzwischen können für den größten Teil der Busse und Bahnen in Hessen Echtzeitinformationen über die aktuelle Fahrt für die Kundinnen und Kunden bereitgestellt werden. Wir arbeiten daran, dass die Qualität dieser Informationen weiter verbessert und zuverlässiger wird.

Es gibt natürlich neue Möglichkeiten zur Unterstützung des ländlichen Raums. Herr Kollege Eckert, ich habe mich ein bisschen über Ihre Darstellung von „Garantiert mobil!“ im Odenwaldkreis gewundert. Wenn Sie – jetzt machen wir einmal Digitalisierung in Echtzeit – auf www.odenwaldmobil.de gehen, dann auf „Über uns“ und „Garantiert mobil!“ klicken und dann auf die Projektbeschreibung – das sind drei Klicks –, finden Sie zehn Seiten über „Garantiert mobil!“ im Odenwald.

Der elfte und letzte Punkt auf der zehnten und letzten Seite heißt „Dank“:

Wir danken an dieser Stelle allen unseren Projektpartnern, die in unermüdlicher Kleinarbeit und großer Geduld zur Umsetzung von „Garantiert mobil!“ und hoffentlich auch zu dessen Erfolg beigetragen haben. Wir danken dem Land Hessen für die finanzielle Unterstützung, ohne die wir das Buchungsportal nicht hätten realisieren können.

Vielen Dank, Herr Eckert, vielleicht sollten Sie noch einmal mit ihnen reden und überlegen, wer das Ganze eigentlich gemeinsam mit wem vorangebracht hat.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Boddenberg, wollen Sie einmal vorbeikommen? Dann lernen Sie auch noch etwas! – Gegenruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Wir können dann auch gemeinsam das Fachzentrum Mobilität im ländlichen Raum besuchen, das wir gegründet haben und das im HOLM angesiedelt ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt etwas zum WLAN im öffentlichen Personennahverkehr: Ich unterstütze die Aktivitäten von Verkehrsverbünden in Hessen zur Einführung von WLAN-Angeboten ausdrücklich. Im RMV wird mit den neuen Fahrkartenautomaten, die momentan überall aufgestellt werden, bis Ende 2018 auf allen Bahnstationen WLAN angeboten, weil die Fahrkartenautomaten in Zukunft nicht nur Fahrkarten ausgeben – von RMV und Deutscher Bahn; d. h. es sind nicht mehr zwei verschiedene Automaten, sondern nur einer –, sondern auch WLAN-Sendestationen für offenes WLAN sind.

Im NVV wird die Einführung von WLAN in einem Modellversuch in Regionalbussen auf den Linien 100 und 500 erprobt. Im RMV wird das in der Schnellbuslinie X 17 erprobt, darüber hinaus auf Bahnlinien in Südhessen. Der Main-Neckar-Ried-Express hat seit Dezember 2017 neue Fahrzeuge auf der Main-Neckar-Bahn und auf der Riedbahn. Aber an diesen Fahrzeugen kann man sehen, was die Priorität sein muss.

Es gibt Kinderkrankheiten, weil die Züge nicht ordentlich fahren. Mit Verlaub: Die haben zwar jetzt alle WLAN, aber wenn sie stehen, ist auch niemandem geholfen. Zuerst müssen sie fahren, danach müssen wir für den zusätzlichen „Komfort“ sorgen und dafür, dass das WLAN kommt. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Ja, es wäre schön, wenn es in mehr Bussen und Bahnen WLAN gäbe. Trotzdem ist es gut, dass die Verkehrsverbünde so differenziert vorgehen, weil die Bereitstellung von WLAN natürlich eine Menge Geld kostet.

Allein für den RMV ist bei einer Vollausstattung der regionalen Busse und Bahnen mit Investitionskosten von 25 Millionen € und jährlichen Betriebskosten von 12 Millionen € zu rechnen. Wenn man die Technik realistisch abschreibt – das haben sie selbst gesagt, das geht ja relativ schnell –, sind wir bei Kosten von 20 Millionen € pro Jahr. Das sind umgerechnet 6 Millionen Buskilometer. Dazu kommen die Kosten für die lokalen Verkehre, für Busse, Straßen und U-Bahnen in den Städten, die noch nicht ermittelt sind, jedoch vermutlich auf einem ähnlichen Niveau liegen würden.

Herr Minister, ich weise auf die Redezeit hin.

Ich komme zum Schluss. – Deswegen ist die Prioritätensetzung richtig: erstens Nutzung der Digitalisierung für die Verbesserung der Pünktlichkeit, der Beschleunigung des ÖPNV und der Ausweitung des Angebots; zweitens Verbesserung der Information für die Kundinnen und Kunden, insbesondere zum Betrieb und bei Störungen; drittens Verbesserung der verkehrsmittelübergreifenden Angebote, Vereinfachung des Zugangs zum ÖPNV; viertens WLANAngebote, wo diese kostengünstig umzusetzen sind, beispielsweise an den Fahrkartenautomaten bzw. den Stationen, und dann der weitere Ausbau. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Minister Al-Wazir. – Wir sind am Ende der Debatte angelangt.

Nach meinen Informationen sollen beide Anträge zur weiteren Beratung an den Ausschuss überwiesen werden. – Dann machen wir das so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Große Anfrage der Abg. Gnadl, Alex, Barth, Decker, Faeser, Geis, Habermann, Hartmann, Hofmann, Hofmeyer, Löber, Müller (Schwalmstadt), Özgüven, Dr. Sommer, Waschke, Ypsilanti (SPD) und Fraktion betreffend Situation der nicht wissenschaftlichen Beschäftigten an hessischen Hochschulen – Drucks. 19/5244 zu Drucks. 19/4978 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten. Als Erste hat sich Frau Dr. Sommer für die SPD-Fraktion gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank für die Beantwortung. Die gute Nachricht ist: Die Große Anfrage ist in der Frist beantwortet worden.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der SPD: Hört, hört! – Geht doch!)

Die schlechte Nachricht aber ist: Erneut sind viele Fragen nicht beantwortet worden.

Aber zur Sache. Die etwas mehr als 12.000 nicht wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – darunter das Verwaltungspersonal, das Bibliothekspersonal, das technische Personal und die Auszubildenden, die insbesondere, klassisch, im Sekretariat für die Terminkoordinierung und für die Raum- oder Schreibarbeit verantwortlich sind – sehen sich vermehrt spezialisierten Aufgaben gegenüber.

Leider konnte die Landesregierung aber noch nicht einmal die Frage beantworten, wie viele Personen in welchen Bereichen tätig sind. Das erstaunt uns doch sehr.

(Beifall bei der SPD)

Auch in anderen öffentlichen Bereichen weiß man sehr wohl, wer vom Personal wo arbeitet. Kontinuierlich steigen die Aufgabenkomplexität und die Anforderungen an das Personal, z. B. in der Drittmittel- und Personalsachbearbeitung. Da die Landesregierung auf viele spezifische Fragen erneut keine Antwort geben konnte, habe ich mich auf die Beantwortung der Fragen konzentriert.

Da empfehle ich die Studie der Hans-Böckler-Stiftung rund um Andrä Wolter und Ulf Banscherus. Da finden Sie alle Infos zur Beantwortung der Fragen, die Sie entweder nicht beantworten konnten oder wollten.

(Beifall bei der SPD)

Diese repräsentative Studie für ganz Deutschland bestätigt die Aufgabenentwicklung in Richtung eines komplexen Hochschulmanagements. Das umfasst die Verwaltungsmodernisierung, verbunden mit den neuen Steuerungsmethoden und einem neuen Rechnungswesen, veränderten Finanzierungsmechanismen, beispielsweise aber auch die verstärkte Drittmittelakquise, die Modularisierung des Studiums durch Bachelor- und Masterstudiengänge, die Akkreditierung und das Qualitätsmanagement, um nur einige Stichworte zu nennen.

Es geht also um eine Vielzahl von Reformprogrammen. Laut der Studie führten vor allem die Verwaltung der Studierenden und ihrer Prüfungsleistungen sowie die der wissenschaftlich Mitarbeitenden mit befristeten Arbeitsverträgen zu einer Arbeitsverdichtung. Auch hätten sich Dokumentations- und Berichtspflichten verstärkt. Die wissenschaftsunterstützenden Beschäftigten haben also ein Mehr an Controlling und mehr Managementaufgaben zu bewältigen.

Das Problem dabei ist nur, dass die Zahl der nicht wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht im gleichen Maße wie die Zahl der anderen Statusgruppen an Hochschulen mit angestiegen ist. Sie hält so der gestiegenen Anforderung der Hochschulexpansion nicht statt.

Ich möchte das einmal an den Zahlen erläutern. Ich habe eben gesagt, wir haben 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im administrativen Bereich. Aber die Studierendenzahl ist beispielsweise auf 260.000 Studierende angewachsen, die auch administrativ bewältigt werden müssen. Insbesondere stehen deswegen die Sekretariate vor der Herausforderung, als Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Funktionsbereichen von Wissenschaft und Verwaltung zu fungieren.

Die Landesregierung gibt zwar im Rahmen der Beantwortung an, dass zunehmend höhere Eingruppierungen vorgenommen werden, aber auch das fand nicht im gleichen Maße wie die gestiegene Verantwortung und Belastung statt.

Deswegen gibt es auch deutliche Unterschiede zwischen Stellenprofilen und Qualifikationen. Die Arbeitsplatzbeschreibungen bilden reale Aufgaben in keinster Weise mehr ab.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt auch eine Reihe von Maßnahmen, wie sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterqualifizieren können. Das Problem ist nur: Trotz dieser substanziellen Erweiterung von Arbeitsanforderungen, Arbeitsaufgaben und Komplexität und auch der neuen Kompetenzprofile und Qualifikationen wird das Gehalt nicht angepasst. Die Gehälter müssen angepasst und die Aufstiegschancen aktiv gefördert werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, wen das eigentlich betrifft. Dieser Bereich ist weiblich dominiert. Verstärkt sind die Frauen in Teilzeit beschäftigt, oft auch in Kombination mehrerer Beschäftigungsverhältnisse und oftmals in Befristung. In den wissenschaftsunterstützenden Bereichen gibt es einen Anteil von 62 % an Frauen, die dort arbeiten. Also sind zu 38 % Männer mit diesen administrativen Tätigkeiten befasst. Davon arbeiten 69 % der Männer Vollzeit, während die Frauen zu 83 % in Teilzeit arbeiten.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Viele wollen eben mehr als nur in Teilzeit arbeiten. Da kann man sich schon die Frage stellen: Wie sieht es denn mit der Vereinbarkeit aus?

Natürlich gibt es Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber wenn wir uns jetzt einmal die Kindertagesstätten anschauen oder die Kitabetreuung, dann sieht es so aus, dass diese vorrangig für die Studierenden vorgesehen sind, nicht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch wenn man sich die Zahl der Homeoffice-Möglichkeiten anschaut, sieht man, dass sie doch sehr gering sind.