weil weiter viel zu tun bleibt. Das werden wir machen, und es wäre gut, wenn Sie uns dabei unterstützen würden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Caspar, Sie haben wieder einmal davon gesprochen, dass man auf einem guten Weg sei. Ich will schon einmal feststellen, dass Deutschland insgesamt – das muss man einfach einmal so sagen – bei der Digitalisierung wirklich ein Entwicklungsland ist. Viele Dinge, die in anderen Ländern völlig selbstverständlich sind – wie eben WLAN im Bus –, sind in Deutschland einfach nicht Standard.
Das gilt auch in anderen Bereichen wie dem Breitbandausbau gerade im ländlichen Raum oder für die Digitalisierung in den Schulen. Da haben wir doch einen ganz erheblichen Nachholbedarf, und das wird nicht dadurch besser, dass man die Probleme einfach wegredet. Man muss sie angehen, und dafür braucht es eben auch Investitionen, meine Damen und Herren.
Wir reden heute über die Frage der Digitalisierung im ÖPNV, und der Antrag der FDP nennt dazu verschiedene Punkte, als Erstes das kostenlose WLAN an Haltestellen und in Verkehrsmitteln. Das ist auch oft das Erste, was einem zu Digitalisierung und ÖPNV einfällt. Wie gesagt, in vielen Ländern schon lange eine Selbstverständlichkeit. Gerade auf mittellangen und langen Strecken und für Touristen ist das in der Tat ein relevantes Komfortmerkmal.
WLAN-Angebote sind nach dem heutigen Stand der Technik an U-Bahn-Stationen, an Haltestellen und Bahnhöfen oder in Bussen problemlos einsetzbar. Das gilt mit Abstrichen auch für Züge, für die es etwas komplexer ist.
Eigentlich sollte also ein freies WLAN-Angebot selbstverständlich sein und nicht erst im Jahr 2050, wie es die CSU gerade in ihren Bayernplan hineingeschrieben hat. Das ist wirklich „visionär“, WLAN bis 2050. Bis dahin hat sich vermutlich die Technik so weiterentwickelt, dass überhaupt niemand mehr weiß, was WLAN irgendwann einmal war. Dass die CSU der Zeit hinterherhinkt, ist ja allgemein bekannt. Aber dass man das dann als „visionär“ verkauft, ist wirklich ein schlechter Witz.
Dann will ich auch noch Folgendes anmerken. WLAN nutzt natürlich auch nichts, wenn nichts fährt. Im ländlichen Raum, so glaube ich, sind dann Teile dieser Debatte eben auch eher ein Luxusproblem.
Dennoch: Wer online ist, hat viel mehr Möglichkeiten zur intelligenten Nutzung von Mobilitätsangeboten, und das ist natürlich auch ein Beitrag zur Attraktivitätssteigerung.
Das kann ganz einfach sein durch verlässliche Echtzeitinformationen auf dem Handy und auf Displays an jeder Haltestelle zu Fahrplänen und Störungen. Denn noch viel zu oft kommt es vor, dass man irgendwo steht, kein Bus kommt, kein Zug; man weiß nicht, was los ist, man weiß nicht, wie man weiterkommt. Wenn man solch eine Erfahrung ein paarmal gemacht hat, fährt man beim nächsten Mal vielleicht doch wieder mit dem Auto. Von daher können gerade in diesem Bereich eine ganze Menge Dinge geschaffen werden, die wirklich eine Attraktivitätssteigerung für den ÖPNV sind.
Das eröffnet auch ganz neue Möglichkeiten der vernetzten Mobilität. Die planbare und verlässliche Erstellung von Reiseketten ist möglich. Man kann also morgens am Frühstückstisch sitzen und mit wenigen Fingerstrichen eine abschließbare Fahrradbox oder einen Park-and-Ride-Parkplatz am Bahnhof buchen, einen Sitzplatz in der Bahn reservieren und am Zielbahnhof ein bereitstehendes Leihfahrrad, mit dem man dann sein Ziel erreichen kann. Und wenn etwas dazwischenkommt, dann klingelt das Handy, und es gibt sofort eine Alternative.
Eine Reisekette als Gesamtservice, und das schneller und unkomplizierter als der heutige Fahrscheinautomat, wäre gerade für Pendler natürlich ein ganz erheblicher Gewinn. Deswegen sollte man in diesem Bereich auch positive Entwicklungen unterstützen, meine Damen und Herren.
Das wäre mit dem heutigen technischen Mitteln problemlos machbar. Im Idealfall hat die gesamte Reisekette dann einen attraktiven und nachvollziehbaren Preis, der unkompliziert abgerechnet wird. Am attraktivsten und unkompliziertesten – darüber haben wir heute Morgen geredet – wäre natürlich ein Nulltarif, wofür wir sehr wären. Die FDPFraktion hat in ihrem Antrag wieder ein Entweder-oder – Ausbau oder Kostenfreiheit – aufgemacht, das es zu entscheiden gebe. Wir sind hingegen der Meinung, dass man beides braucht.
Uns ist vollkommen klar, dass man einen Nulltarif nicht von heute auf Morgen umsetzen kann, aber ich finde, man sollte den Ausbau des Angebots und die Kostenfreiheit nicht gegeneinander diskutieren; denn beides kann dazu beitragen, den ÖPNV erheblich attraktiver zu machen. Selbstverständlich wäre ein Nulltarif an der Stelle etwas, was Busse und Bahnen ganz erheblich stärken und vielleicht eine Menge Menschen zum Umstieg bewegen würde, die das sonst nicht machen, weil sie, z. B. aus dem Vogelsberg, aus dem Umland nach Frankfurt pendeln, auf ein Auto angewiesen sind und nicht darauf verzichten können. In einem solchen Fall überlegt man natürlich, ob man sich für 90 € eine Monatskarte für Frankfurt kauft und sein Auto am Stadtrand stehen lässt. Aber wenn es attraktive Parkand-Ride-Angebote gäbe und man zum Nulltarif in die Stadt pendeln könnte, dann könnte man eine ganze Menge Autos aus den Städten fernhalten. – Ich höre ein Schnauben hinter mir. Entschuldigung, Herr Al-Wazir, dass ich wieder einmal versucht habe, über Visionen zu sprechen.
Ich habe das als ein Schnauben verstanden. – Das wäre also ein gerade für integrierte Mobilitätskonzepte ganz wichtiger Punkt.
Bis wir diesen fortschrittlichen Stand irgendwann einmal erreicht haben, eröffnet die Digitalisierung Möglichkeiten jenseits des Fahrkartenautomats. Handytickets sind schon heute rege in Nutzung. Mit RMVsmart experimentiert der RMV eher schlecht als recht, aber immerhin experimentiert er überhaupt mit neuen Abrechnungssystemen, die manche Ungerechtigkeit im bisherigen Tarifsystem glattbügeln.
Über das eher schwierige E-Ticket, also die Pflicht zur Nutzung aufladbarer Plastikkarten als Wochen- und Monatskarten, wollen wir an der Stelle lieber den Mantel des Schweigens breiten; denn das Entscheidende bei all diesen Angeboten ist der sich daraus ergebende Vorteil für die Menschen, die Frage, ob das Verfahren das Angebot attraktiver oder komplizierter macht. Das E-Ticket ist ein Beispiel, das von vielen als Verkomplizierung und als Ärgernis wahrgenommen wurde, nicht als Verbesserung.
Dabei ist das Potenzial wirklich groß. Die Smartphones mit GPS, von denen mittlerweile praktisch jeder eines hat, ermöglichen die Anwendung ganz neuer Konzepte, die den Komfort drastisch erhöhen können. Im Ballungsraum könnte z. B. die Auslastung einer Bahn oder eines einzelnen Wagens erfasst und mitgeteilt werden, um den Strom der Reisenden besser aufzuteilen und damit mehr Komfort zu ermöglichen.
Auf dem Land sind flexible Bedienkonzepte möglich, z. B. bequem, ohne Zusatzkosten und ohne Zeitverlust für die anderen Passagiere den Halt eines Busses in Wohnortnähe anfordern zu können, der anderenfalls möglicherweise am Dorf vorbeifahren würde. Solche Konzepte könnten ganz neue Möglichkeiten für einen attraktiven und zum Auto konkurrenzfähigen ÖPNV auf dem Lande eröffnen.
Auch die Open-Data-Ansätze sind bei der Mobilität der Zukunft wichtig. Wenn Fahrplan- und Echtzeitdaten sowie entsprechende Schnittstellen offen sind, können Entwicklerinnen und Entwickler, vor allem auch aus der Open-Source-Community, diese für attraktive Softwareanwendungen und spannende neue Verknüpfungen zwischen Angeboten
nutzen. Klar ist aber, dass das nicht für die Daten der Fahrgäste gelten darf, insbesondere wenn es um Ortungsdaten geht. Der Datenschutz muss – das ist mir in der bisherigen Debatte ein bisschen zu kurz gekommen – hier immer streng gewährleistet werden. Es darf keine Speicherung von Bewegungsdaten geben – und erst recht keine kommerzielle Nutzung dieser Daten.
Hier sind wir wieder bei einem Kernunterschied zwischen unserer Sichtweise und dem Geist des FDP-Antrags. Wir sind der Meinung, dass all dies primär in öffentlicher Hand geschehen muss. Sie möchten das gerne an Privatunternehmen, an Start-ups, geben und diese unterstützen. Wir finden, dass der ÖPNV ohne Wenn und Aber eine staatliche Kernaufgabe bleiben muss, um ein gleichwertiges Angebot an Mobilität für alle sicherzustellen, ob es sich nun an einem Ort rentiert oder nicht rentiert.
Wir wollen kein Uber oder andere Unternehmen in Hessen, die praktisch ohne eigene Leistung Geld abschöpfen wollen. Wir wollen die Mobilität der Menschen und deren Daten nicht in die Hand von Google und anderen geben. Deshalb wäre es wichtig, solche Systeme in öffentlicher Hand zu entwickeln und deutlich zu machen, dass der ÖPNV eine Aufgabe des Staates ist. Dann darf man aber einzelne Bereiche nicht ausgliedern.
Bei all diesen Möglichkeiten sollten wir aber die Prioritäten nicht vergessen und klar sagen: Das Wichtigste ist ein flächendeckendes attraktives Angebot, auch auf dem Land. Denn: Eine Haltestelle kann noch so „intelligent“ sein; wo nur dreimal am Tag ein Bus fährt, nutzt das alles nichts. Intelligente Angebote können einen attraktiven ÖPNV nur ergänzen, nicht ersetzen. Wenn ein intelligenter und attraktiver Rufbus einen Ort besser anbinden kann als bisher und er außerdem spontan nutzbar ist, dann ist das ein Gewinn.
All das muss ganz selbstverständlich Teil des Grundangebots sein. Es darf kein auf freiwilliger Basis organisiertes Almosen für Menschen ohne Auto sein. Die gestern in der Debatte hoch gelobten Bürgerbusse sind eher so etwas wie die „Tafel der Mobilität“. Es ist gut und sehr respektabel, wenn das jemand ehrenamtlich macht, aber es ist auch peinlich für das Land Hessen, dass es das überhaupt geben muss.
Dem Antrag von CDU und GRÜNEN, der im Wesentlichen sagt, alles sei gut, und das, was nicht gut ist, liege an den Verkehrsverbünden, können wir natürlich nicht zustimmen. Wir wollen einen starken öffentlichen Nahverkehr, der attraktiv ist, und dort, wo die Digitalisierung dabei helfen kann, sollte man sie sich schnell zunutze machen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Wissler, es war kein Schnauben, sondern ein Seufzen,
weil ich gemerkt habe, dass ganz offensichtlich vieles von dem, was wir schon machen, bisher nicht bekannt ist. Deshalb bin ich der FDP-Fraktion für diesen Setzpunkt ausdrücklich dankbar, weil er mir Gelegenheit gibt, ausführlich über die Digitalisierung im öffentlichen Personennahverkehr zu reden. Das scheint nötig zu sein.
Erstens. Ohne Moos nichts los. Es geht um die Frage, wie Hessen im öffentlichen Personennahverkehr aufgestellt ist. Wir geben den Verkehrsverbünden in Hessen so viel Geld wie noch nie: 800 Millionen € im Jahr, 24 % mehr als in der letzten Finanzierungsperiode.
Wir haben zweitens in den letzten Jahren in Hessen sehr viel in Gang gebracht, was vorher für undenkbar gehalten worden ist und sehr innovativ ist. Auch das ist ein Ergebnis der Ausgabe von Landesmitteln. Ich nenne als Beispiel das Schülerticket, aber auch das Landesticket – das übrigens nicht kostenlos ist, sondern das Ergebnis eines Tarifvertrags. Wenn Sie bedenken, dass die Landesbediensteten eine um etwa 0,15 % geringere Gehaltserhöhung bekommen haben als die TdL-Beschäftigten, dann wissen Sie, dass die Landesbediensteten ihren Teil zur Finanzierung des Tickets beigetragen haben.
Inzwischen fahren auf zahlreichen S-Bahn-Linien am Wochenende Nachtzüge. Das wäre ohne Landesmittel nicht möglich.
Zur Digitalisierung. Zu einem zukunftsfähigen und attraktiven öffentlichen Personennahverkehr gehört, dass man die neuen Möglichkeiten nutzt. Auch hier sind wir auf einem guten Weg. Ich nenne beispielhaft die Ticketpreisgestaltung. Das System RMVsmart ist angesprochen worden. Dass inzwischen 30.000 RMV-Nutzer über diese App in ihrem Handy abrechnen, dass es sogar eine Warteliste von Menschen gibt, die in dieses Testprojekt aufgenommen werden wollen, zeigt, dass RMVsmart sehr erfolgreich ist; denn hier wird ohne Preissprünge beim Überqueren von Stadt- oder Kreisgrenzen und entfernungsabhängig berechnet. Am Ende des Tages wird es, wenn das Projekt ausgewertet ist und der Verbund zu dem Ergebnis kommt, das Verfahren im Regelbetrieb für alle zu öffnen, unsere Aufgabe sein, das zu unterstützen. Ich denke, damit eröffnen wir in den nächsten Jahren eine große Chance.
Mit der Einführung des Schülertickets Hessen war ein großer Technologiesprung verbunden, den aber kaum jemand wahrgenommen hat. Wir haben damit im NVV-Gebiet nämlich das E-Ticketing eingeführt. Ich kann mich erinnern, dass gerade die SPD-Landtagsfraktion die in den Landeshaushalt eingestellten 1,5 Millionen € zur Einführung des Schülertickets als „Werbekampagne für den Minister“ tituliert hat.
Ich kann Ihnen sagen, was wir damit unter anderem gemacht haben: Wir haben dem NVV Gelder gegeben, damit das E-Ticketing auch im NVV-Gebiet eingeführt werden kann und die Fahrzeuge die entsprechenden Lesegeräte bekommen.
Das heißt, wir haben jetzt ein landesweites E-TicketingSystem, und zwar mit überall demselben Hintergrund. Das heißt, die Karte, die im RMV-Gebiet funktioniert, funktioniert auch im NVV-Gebiet. Es gibt kein anderes Flächenbundesland, das ein solches landesweit einheitliches E-Ticketing-System hat.
Wir haben mit dem E-Ticket die Grundlage für so etwas wie eine zentrale Mobilitätskarte in Hessen geschaffen. Es soll den Zugang nicht nur zum öffentlichen Personennahverkehr, sondern auch zum Car- und Bikesharing ermöglichen, ebenso wie den Zugang zu Fahrradparkhäusern. Es gibt im Rahmen von Modellprojekten Mobilitätsstationen. Sie können sich das beispielsweise in Offenbach am S-Bahnausgang „Marktplatz“ anschauen, an dem man mit derselben – –