Leider haben die Angriffe auf Rettungskräfte zugenommen. Herr Rudolph hat das schon erwähnt. Es gibt eine Studie der Ruhr-Universität in Bochum, die das dokumentiert hat. In den letzten Jahren haben die Angriffe auf Rettungskräfte um 64 % zugenommen.
Ich habe auch noch einmal nachgeschaut. Es gibt eine Kleine Anfrage im Hessischen Landtag. Hier wurde dokumentiert, dass es auch in Hessen eine Zunahme der Angriffe auf Rettungskräfte gibt. Das ist sehr bedauerlich. Das ist in der Tat ein Zeichen für eine Verrohung in unserer Gesellschaft, für mangelnden Respekt und teilweise auch für immer mehr Voyeurismus.
Man muss sich überlegen, dass die Menschen mit ihren Handys filmen, wenn irgendwo ein Unfall passiert ist, statt einzugreifen und selbst zu helfen. Da stehen dann zehn Leute herum und filmen das ganze Unfallgeschehen mit einer Kamera, anstatt selbst auf die Idee zu kommen, Rettungskräfte zu rufen oder zu helfen. Ich finde, das ist wirklich eine Schande, wenn man sich so etwas anschauen muss. Das ist sehr bedauerlich.
Genau, es gibt diese Kampagne für die Rettungsgasse zusammen mit Radio FFH und mit REWE. Man kann sich Aufkleber besorgen und auf das Auto kleben und darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, diese Rettungsgasse zu bilden, nicht die Rettungskräfte zu blockieren oder gar dann, wenn die Rettungsgasse frei ist, diese Spur zu nutzen, um dann richtig schön durchzustarten, um durch den Stau zu kommen.
Es ist wichtig, dass es diese Kampagne gibt. Es ist wichtig, dass sensibilisiert wird – für die Rettungskräfte und für dieses wichtige Engagement der Menschen. Es ist wichtig, dass da etwas passiert. Natürlich ist es auch wichtig, Herr Rudolph, wenn etwas passiert und sie angegriffen werden, dass sie schnelle Unterstützung bekommen – psychische Unterstützung – und dass es Deeskalationstrainings gibt, dass aber natürlich auch hart durchgegriffen wird.
Es ist gut, dass wir hier einen Konsens im Hessischen Landtag haben, dass wir Stopp sagen zur Gewalt gegen Rettungskräfte. Es ist aber auch wichtig, dass es eine gesellschaftliche Ächtung der Angriffe auf Rettungskräfte gibt und dass ein gesellschaftlicher Konsens wiederhergestellt wird, dass diese Menschen, die allen helfen wollen, selbst Hilfe bekommen und dass sie nicht behindert werden.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen: Wir bedanken uns bei allen Rettungskräften in Hessen für ihren unermüdlichen Einsatz Tag und Nacht für alle Menschen hier. Und wir wünsche denen, die bei der Arbeit verletzt worden sind, alles Gute und gute Genesung. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Vielen Dank, Frau Kollegin Feldmayer. – Das Wort hat der Abg. Hermann Schaus für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Woche fand mittwochs ein interessantes Symposium des dbb Hessen zum Thema statt. Am Samstag sind dann mehrere Hundert Beschäftigte von Feuerwehr und Rettungsdiensten für mehr Respekt bei einer Demonstration von ver.di Hessen in Frankfurt auf die Straße gegangen. An beiden Veranstaltungen habe ich teilgenommen – auch, um unsere Solidarität zu bekunden.
Ich sage es klar: Angriffe gegen Rettungskräfte gehen gar nicht und sind auf das Entschiedenste zu verurteilen.
Schon seit Langem frage ich mich aber, ob dieses Ausmaß an Gewalt tatsächlich neu ist und worin die Ursachen liegen.
Dazu habe ich einen interessanten Artikel im „Spiegel“ vom 20. April 2012 über eine Studie der Soziologin Julia Schmidt von der Ruhr-Universität Bochum gefunden, aus dem ich auszugsweise zitieren möchte. Überschrift: „Gewalt gegen Rettungskräfte – Angepöbelt, angespuckt, attackiert“.
Sie sind gekommen, um zu helfen. Und brauchen mitunter selbst Hilfe. Wie häufig Rettungskräfte Tritte oder Schläge kassieren, zeigt eine Studie: Jeder Vierte wurde schon Opfer von Gewalt. Die Täter sind meist betrunkene Männer – beileibe nicht nur in sozialen Brennpunkten....
Könnte der Gesetzgeber die Rettungskräfte besser schützen? 2011 wurden die Paragrafen 113 und 114 im Strafgesetzbuch verschärft; dabei geht es um „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gegen Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen“. Auch Rettungskräfte sind nun in den Schutzbereich einbezogen. Ihre Sicherheit hat das der Bochumer Untersuchung zufolge aber nicht verbessert.
Ganz neu, nämlich am 7. Januar 2018, wurde in der Zeitschrift „Die Mediation“ eine neue Studie zu Gewalt gegen Rettungskräfte vorstellt, aus der ich ebenfalls zitieren möchte. Die Überschrift lautet: „Tendenz zur Verrohung und Verlust an Empathie“.
Prof. Dr. Thomas Feltes, Kriminologe an der RuhrUniversität in Bochum, hat zum zweiten Mal Attacken auf Sanitäter, Polizisten oder Feuerwehrleute erforscht und sie jetzt miteinander verglichen.
2017 befragte er in Nordrhein-Westfalen in ausgewählten Städten mehr als 4.500 Brandschützer, Sanitäter und Notärzte nach erlittener Gewalt. … Seine erste Feststellung: die Zahl der Angriffe hat sich nicht vermehrt, allerdings fallen sie gewalttätiger aus als in 2011. Prof. Feltes sieht die Ursachen in einem allgemeinen Verlust an Respekt und Empathie gegenüber Mitmenschen und in einer Tendenz zur Verrohung in der Gesellschaft. Dies werde von einer zunehmend aggressiven Debatte in der Öffentlichkeit gefördert.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liest er jetzt die ganze Studie vor? – Zuruf des Abg. Alexander Bauer (CDU))
Wenn etwas wissenschaftlich untersucht wird, was Ihnen nicht in den Kram passt, tut Ihnen das weh. Das glaube ich.
(Beifall bei der LINKEN – Anhaltende Zurufe des Abg. Alexander Bauer (CDU) – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Zurufe von der CDU – Glockenzeichen des Präsidenten)
Höhere Strafen nutzten hier wenig, weil die Täter in solchen Situationen irrational handelten, Gewaltsituationen entwickelten eine eigene Dynamik.
wie praxisorientierte Rollenspiele, körperschonende Abwehrtechnik, Deeskalationstrainings und verbale Selbstverteidigung. Hier tut sich ein interessantes Einsatzfeld für Mediatoren auf.