Protokoll der Sitzung vom 01.03.2018

Ich weiß, Sie wollen keine wissenschaftliche Studie.

Meine Damen und Herren, das Wort hat der Kollege Hermann Schaus. Ich bitte Sie alle, sich an die Regeln zu halten. Hermann Schaus hat das Wort.

Herr Präsident, ich komme gleich zum Ende.

(Zuruf von der CDU: Gott sei Dank!)

Ja, ich weiß. Sie wollen keine wissenschaftlichen Untersuchungen dazu hören.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Psychologische Einflussnahme schätzten Rettungskräfte weit effektiver ein. Sie sei zudem mit ihrem Berufsverständnis eher vereinbar als die Androhung von Strafen, die Anwendung von Gewalt, Nutzung von Pfefferspray o. Ä.

Letzter Satz. Diese wissenschaftlichen Untersuchungen sollten sich diejenigen, die den Strafverschärfungen immer wieder das Wort reden und diese fälschlicherweise als „Schutzparagrafen“ bezeichnen, endlich einmal genauer ansehen. Aber, ich glaube, das wollen sie gar nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, wer spricht von der Landesregierung? – Der Innenminister. Ich habe keine weitere Wortmeldung, deshalb Herr Innenminister, bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst sehr herzlich bei denjenigen bedanken, die am vergangenen Samstag für ihresgleichen, für die Helfer, auf die Straße gegangen sind und gegen die Gewalt gegen Einsatzkräfte demonstriert haben. Das ist ein sehr schönes Zeichen gewesen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass die beiden Ideengeber, Herr Matthias Pöschko und Herr Marcus Koch, oben auf der Tribüne sitzen. Ich möchte Ihnen sehr herzlich danken; gemeinsam mit ver.di haben Sie diese Demonstration organisiert. Deswegen ein herzliches Dankeschön dafür, dass Sie dieses äußere Zeichen gesetzt haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Rudolph, so viel zu „Handlungen und Gesten“. Zu den Handlungen und Gesten gehört auch, Herr Kollege Rudolph, dass die Hessische Landesregierung seit 2015 eine Kampagne gestartet hat, um deutlich zu machen, dass sie hinter unseren Einsatzkräften steht. Sie hat eine

Schutzschleife aufgelegt, und es ist, wie ich finde, eine schöne Handlung, eine schöne Geste, dass auch etliche Kolleginnen und Kollegen im Hessischen Landtag heute diese Schutzschleife tragen. Sie zeigt nämlich unsere Solidarität mit unseren Einsatzkräften von der Polizei, von den Feuerwehren, vom Zivilschutz und vom Rettungsdienst. Insofern haben wir hier an keiner Stelle Nachholbedarf zu beklagen.

(Günter Rudolph (SPD): Sie machen alles richtig, jawohl!)

Ach, Herr Kollege Rudolph, ich lasse mich von Ihnen nicht provozieren.

(Günter Rudolph (SPD): Auch schön!)

Wir haben in unserem Land sehr tüchtige Einsatzkräfte, die dafür Sorge tragen, dass den Menschen ein Hilfeleistungssystem zur Verfügung steht, das seinesgleichen sucht in Europa. Ich möchte fast sagen, es sucht seinesgleichen in der Welt. Wir haben 70.000 Feuerwehrleute; wir haben darüber hinaus 20.000 Menschen, die im Katastrophenschutz unterwegs sind. Wir haben viele Tausend, die den Rettungsdienst ausmachen. Wenn in unserem Lande jemand verunfallt, dann ist innerhalb von zehn Minuten Hilfe da; das ist im Vergleich mit anderen Bundesländern, sogar in ganz Deutschland, etwas Herausragendes. Wir sind sehr dankbar, dass wir dieses Hilfeleistungssystem haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben qualitativ hochwertige Hilfeleistungen. Es kommt nicht irgendwer, sondern es kommen professionelle Kräfte, ob von der Feuerwehr, ob vom Rettungsdienst oder von der Polizei. Sie werden sich vielleicht daran erinnern, dass in den letzten Monaten beispielsweise in den USA Waldbrände stattgefunden haben, dass sich die Nachrichten bei uns überschlagen haben und dass Tage danach berichtet wurde, jetzt seien 1.000 Feuerwehrleute zur Verfügung, um den Waldbrand zu bekämpfen. In Hessen werden wir jedoch an jedem Platz nicht innerhalb von Tagen, sondern innerhalb von wenigen Stunden Einsatzkräfte, Hilfskräfte, Feuerwehrleute zur Verfügung haben, um genau eine solche Katastrophe zu bekämpfen. Dafür sind wir sehr dankbar. Aber ich sage Ihnen auch: Dafür tun wir auch sehr viel in unserem Land.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben – es ist schon genannt worden – bei den Angriffen auf unsere Feuerwehrleute seit Jahren einen Anstieg zu beklagen. Deswegen will ich für die Landesregierung nur noch einmal deutlich machen: Wer in unserem Land Einsatzkräfte angreift, der greift unseren Rechtsstaat an, und wer diese tätlichen Angriffe durchführt, der muss dafür hart bestraft werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, deswegen hat die Hessische Landesregierung im Jahr 2015 eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht; und in der Tat gab es politische Reflexe, wie wir sie eben von Herrn Schaus gehört haben.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ich habe wissenschaftliche Untersuchungen zitiert, nicht mehr!)

Die Debatte hat damals damit begonnen, dass gesagt wurde: Ja, wir müssen mehr ausbilden, usw. – Das ist alles richtig; das tun wir alles.

(Michael Boddenberg (CDU): So ist es!)

Ein besonders perfides Argument, das Sie eben wieder gebracht haben, ist: Wir sollen unsere Einsatzkräfte besser ausstatten. – Welcher Gedanke steht denn dahinter? – Dass sie die Schläge am Ende besser abfangen können. Meine Damen und Herren, das kann niemals die Politik eines Rechtsstaates sein. Das werden wir nicht akzeptieren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das habe ich nicht gesagt! Ich habe nur zitiert! Meine ganze Rede war ein einziges Zitat!)

Meine Damen und Herren, wir waren mit unserer Initiative erfolgreich. Wir haben es geschafft, dass wir in den §§ 113 und 114 eine Veränderung herbeigeführt haben, und zwar in einem wichtigen Punkt. Wir haben eine Mindeststrafe eingeführt; das ist das eine. Wir haben es aber auch geschafft, dass wir eine Entkoppelung von der Vollstreckungshandlung haben. Bisher waren diejenigen besonders geschützt, die den staatlichen Willen durchgesetzt haben. Uns war es aber wichtig, und das haben wir erreicht, dass diejenigen, die in einer Uniform sind, besonders geschützt sind – ob sie nun in der Polizei- oder Feuerwehruniform stecken oder als Rettungskräfte antreten. Das ist der wahre Erfolg der Änderung im Strafgesetzbuch.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Schluss. Ich werde beharrlich weitermachen in Bezug auf die Frage: Was ist eine angemessene Mindeststrafe? Ich glaube, dass der Unwert solcher Taten nur dadurch ordentlich sanktioniert wird, wenn es eine Mindeststrafe von sechs Monaten gibt und wenn an der Richterbank damit der Rückweg zur Geldstrafe verschlossen bleibt. Das ist meine Auffassung. Diese werde ich weiterhin vertreten. Ich habe die Hoffnung, dass wir in der neuen Bundesregierung dafür Partner finden werden, um das zu erreichen. Ich glaube, es war ein wichtiges Signal dafür, trotz der Rede von Herrn Schaus, dass wir uns heute für die Einsatzkräfte eingesetzt haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Das Wort hat Herr Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heute schon mehrfach erwähnten aktuellen Zahlen sind in der Tat sehr besorgniserregend. Wenn drei von vier befragten Beamten angeben, dass sie während der Dienstzeit verbal oder körperlich angegriffen worden sind, finden wir eine Entwicklung vor, der wir alle entschieden entgegentreten müssen. Ich bin froh, dass dies heute wenigstens die meisten so deutlich gesagt haben.

(Beifall bei der FDP)

Allein in Hessen gab es im Jahr 2017 rund 3.500 Übergriffe gegen Polizisten. Aber auch unsere Feuerwehrleute und

Sanitäter sehen sich immer mehr Übergriffen ausgesetzt. Den Helfern, die am vergangenen Samstag in Frankfurt demonstriert haben, ganz besonders auch denjenigen, die das Ganze organisiert haben, gelten unser Dank und unsere uneingeschränkte Solidarität.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der SPD)

Auch außerhalb der Politik – es wurde schon gesagt – muss ein entschiedener Ruck durch unsere Gesellschaft gehen. Solche Angriffe sind in keiner Art und Weise zu tolerieren.

(Beifall bei der FDP)

Alle Einsatzkräfte sind bei Wind und Wetter zum Wohle unserer hessischen Bürgerinnen und Bürger im Einsatz. Personen, die gegenüber unseren Einsatzkräften handgreiflich werden, müssen mit der ganzen Schärfe unserer bestehenden Gesetze strafrechtlich verfolgt werden. Der Rechtsstaat muss gegen solche Straftäter Stärke und Entschlossenheit demonstrieren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Aber die Antwort unseres hessischen Innenministers – deshalb habe ich gewartet, ob es wieder kommt – ist die Forderung nach erneuten Strafverschärfungen für Angriffe auf Einsatzkräfte.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Dazu sage ich in aller Deutlichkeit: Sie üben sich in Populismus, statt Ihre Hausaufgaben zu machen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der LINKEN – Alexander Bauer (CDU): Was ist mit dem Linksextremismus?)

Herr Kollege Bauer, ich will gar nicht über die nicht stattfindende Bekämpfung des Linksextremismus in Hessen und der davon ausgehenden Bedrohung reden. Das haben wir vorgestern erledigt.

Aber ich weise darauf hin, dass die Angreifer gemäß § 114 des Strafgesetzbuchs schon heute hart bestraft werden können. Es ist ein Armutszeugnis, dass dem Innenminister nichts Besseres einfällt als die gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung nach einer Mindeststrafe von sechs Monaten, und zwar auch für kleinere Delikte, die hierunter fallen. Nehmen wir beispielsweise das einfache Anrempeln, das absichtlich oder weniger absichtlich geschehen kann, was aber sicherlich keine Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtfertigt, oder den Eierwurf, der unappetitlich, nicht hinnehmbar ist und bestraft werden muss, aber nicht mit einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe. Meine Damen und Herren, es ist schlicht völlig unverhältnismäßig und daher verfassungsrechtlich kaum tragbar.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Bauer, für ein Anrempeln ist möglicherweise auch eine Geldstrafe ausreichend. Wissen Sie, das ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit und einer vernünftigen, angemessenen Strafzumessung. Das heißt, bei einer Kleinigkeit reicht eine Geldstrafe, und bei schweren Straftaten muss – neben den Spezialtatbeständen – eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren auch tatsächlich verhängt werden. Herr Kollege Bauer, darum geht es.