Daher ist das kein Argument, wenn Sie etwas noch nicht mitbekommen haben, das etwas unter Ihrer Wahrnehmungsschwelle liegt.
Größter Kritikpunkt der Kollegin Dr. Sommer – nachdem sie etwa fünf Minuten herausgestellt hat, dass die Politik von CDU und GRÜNEN in diesem Bereich wenig kritikwürdig sei –
war, dass es zu wenig Werbung für das duale Studium gegeben habe. Darüber können wir gerne nachdenken. Aber wenn wir uns darüber austauschen – vor allem in unserem Heimatwahlkreis, sehr geehrte Kollegin Dr. Sommer –, welches Standing dort duales Studium hat, insbesondere das StudiumPlus, dann sehe ich nicht, dass dort etwas zu wenig wahrgenommen würde, sondern dann sehe ich, dass das duale Studium eine herausragende Wahrnehmung erfährt. Wenn das also Ihr einziger Kritikpunkt ist, sind wir an dieser Stelle gut aufgestellt.
Zudem ist es so, dass die Studiengänge des dualen Studiums gerade für den ländlichen Raum ein immenser zusätzlicher Gewinn sind. Ich sehe das bei Gesprächen in meinem Wahlkreis immer wieder. Vor Kurzem hatte ich beispielsweise ein Gespräch mit der Firma Horizont, deren Produkte Sie alle sehr häufig sehen. Die haben mir erzählt, das sei ein hervorragendes Angebot – sie machen das übrigens mit der Universität Kassel –, dass sie jungen Menschen die Möglichkeit bieten können, parallel zu ihrer Berufstätigkeit ein duales Studium zu absolvieren und eben nicht den ländlichen Raum verlassen zu müssen.
Nun hat der Kollege Hofmeister gesagt, ich solle die Stadt Bad Wildungen in Waldeck-Frankenberg nicht „Hochschulstadt“ nennen. Aber faktisch ist es so, dass es für diejenigen, die vor der Entscheidung stehen, ein Studium anzutreten, ein zusätzliches Argument ist, eben nicht in eine Hochschulstadt bisherigen Typs ziehen zu müssen, sondern in einer Hochschulstadt neuen Typs bleiben zu können, weil sie eben die Hochschulmodule des dualen Studiums in Bad Wildungen in Waldeck-Frankenberg, also in kleineren Städten, wahrnehmen können. Das ist doch gewinnbringend für diese Sitzkommunen, weil sie eben für junge Menschen attraktiv sind und für die dort ansässigen Betriebe, die ein duales Studium anbieten können, ein zusätzliches Argument vorweisen zu können.
Daher ist es hervorragend, dass wir als Koalition von CDU und GRÜNEN das duale Studium so ausgebaut haben, wie es der Fall ist. Wir haben im Doppelhaushalt 2018/19 noch eine zusätzliche Förderung für das duale Studium geschaffen, die 2019 dann mit 3 Millionen € zusätzlich zu dem, was wir bisher machen, dotiert sein wird. Wir machen das, weil für uns GRÜNE klar ist, dass das duale Studium eine sehr sinnvolle Ergänzung in unserem Bildungssystem ist. Es hat eine ganz wichtige Funktion als Bindeglied zwischen akademischer und beruflicher Bildung. Es ist Triebfeder zwischen diesen beiden Welten, für den Wissenstransfer und stärkt den ländlichen Raum.
Aus diesen Gründen sind zehn Jahre duales Studium in Hessen ein Grund zur Freude. Ich danke allen Vorrednern, die sich mit uns gefreut haben, und hoffe, dass Sie mit uns dabei sind, dieses Modell weiter zu stärken. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Zu der vom Kollegen May gewünschten Kurzintervention hat der Kollege Lenders das Wort. Bitte.
So schnell kann es gehen. – Herr May, das gibt mir Gelegenheit, festzustellen, dass auch vonseiten der Fraktion der GRÜNEN überhaupt nichts dazu gesagt worden ist, wie Sie sich denn vorstellen, wie im Jahr 2019 der Bereich des dualen Studiums durch das Land weitergeführt werden soll. Nichts Neues bei Ihnen, nicht bei der CDU. Von daher scheint die Fantasie, wie Sie weiterregieren wollen, jetzt schon aufgebraucht zu sein.
Meine Damen und Herren, Herr May, ich habe überhaupt nicht den Eindruck erwecken wollen, dass es eine neue Idee ist. Vielleicht können Sie, wo Sie das doch so sachkundig vorgetragen haben, erklären, in welcher Zeit und unter welchem Wirtschaftsminister das bei Hessen Mobil eingerichtet worden ist. Herr May, vielleicht beantworten Sie auch die Frage, wie viele Absolventen bei Hessen Mobil in den letzten ein oder zwei Jahren das duale Studium haben belegen können. Dann können Sie uns vielleicht auch die Frage beantworten, wenn Sie so genau wissen, was Sie in dem Bereich machen, warum das bei HessenForst nicht umgesetzt wird.
Das waren die Fragen, die ich Ihnen gerne stellen wollte. Sie haben gleich zwei Minuten Zeit. Ich will es nicht strapazieren; die Mittagspause ich sowieso schon fast perdu, aber vielleicht können Sie noch die paar Fragen beantworten. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Kollege Lenders, ich glaube, wenn wir uns über zehn Jahre duales Studium unterhalten, dann ist es legitim, auch darauf hinzuweisen, was wir in diesem Bereich erreicht haben, und das ist eine ganze Menge. Wir haben auch gerade in der letzten Wahlperiode insbesondere durch die Öffnung des Hochschulzugangs für beruflich Qualifizierte,
durch die Stärkung der Hochschulen für angewandte Wissenschaften, durch das duale Studium in der Fläche eine Menge neu auf den Weg gebracht. Das sind Ideen, die nicht aus den Reihen der FDP-Fraktion gekommen sind und die vor allem dafür da sind, dass wir den ländlichen Raum stärken, dass wir die Verknüpfung zwischen akademischer und beruflicher Bildung stärken.
Von daher ist es schon wichtig, dass man das an dieser Stelle einmal darstellt und auch sagt, dass das Entwicklungen sind, die man befürwortet. Denn wenn man auf etwas zurückschaut, gehört es zur Bewertung hinzu, dass man feststellt, was richtig gelaufen ist, was falsch gelaufen ist, und dann der Regierung Hinweise gibt, das dann auch weiterzumachen.
Zum Thema neue Ideen. Ich möchte Sie auf Folgendes hinweisen. Die Fraktion der GRÜNEN hat in der letzten Wahlperiode Konzeptpapiere auf den Weg gebracht, in denen wir deutlich gemacht haben, was wir in Regierungsverantwortung gerne ändern würden. Ganz viel von dem haben wir evaluiert und in dieser Wahlperiode auf den Weg gebracht. Wir haben als Fraktion außerdem Folgendes gemacht, auch für den Bereich der Hochschulbildung: Wir haben gesagt, was wir uns für Hessen für 2025 vorstellen. Sie können sich gerne zehn eng beschriebene Seiten zur Hochschulpolitik anschauen.
Ich gebe Ihnen sehr gerne ein Konzept mit auf Weg. Vielleicht ist es auch eine Anregung für die FDP, sich zu überlegen, wofür sie in Zukunft einstehen möchte. Mir ist jedenfalls aus Ihrer Fraktion nichts dazu bekannt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich glaube, das Wort „Erfolgsgeschichte“ ist das Wort, das man in der Überschrift schwarz-grüner Anträge am häufigsten lesen kann, diesmal zehn Jahre duales Studium in Hessen als Erfolgsgeschichte.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn es doch so ist! – Zuruf des Abg. Armin Schwarz (CDU) – Glockenzeichen des Präsidenten)
Als ich den Titel „zehn Jahre ‚Duales Studium Hessen‘ ist eine Erfolgsgeschichte“ gelesen habe, habe ich mich dun
kel daran erinnert, dass ich schon einmal zu einem ähnlichen Antrag geredet habe, also vor ungefähr 500 Reden.
Ich habe nachgeschaut, und in der Tat: Vor sieben Jahren, im Februar 2011, haben die damaligen Koalitionsfraktionen CDU und FDP einen Antrag eingebracht, in dem sie sich über drei Jahre duales Studium in Hessen gefreut haben, damals unter der Überschrift: „‚Duales Studium Hessen‘ ist eine Qualitätsmarke“. – Aber gut, so kann man sich öfter freuen, auch in verschiedenen Regierungskonstellationen. Inhaltlich sind die Anträge nicht so weit auseinander.
Von daher diskutieren wir heute wieder einmal über das duale Studium. Die Hessische Landesregierung hat im Jahr 2013 zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft hessischer IHKs eine Absichtserklärung unterzeichnet, wonach die Anzahl der Studierenden bis 2020 auf mindestens 8.000 verdoppelt werden sollte. In den vergangenen zehn Jahren haben insgesamt etwa 10.000 Menschen einen dualen Studiengang absolviert.
Jetzt einmal zur Größenordnung und zur Einordnung: 10.000 Absolventinnen und Absolventen in zehn Jahren sind durchschnittlich 1.000 pro Jahr. Im Wintersemester hatten wir an den Hochschulen in Hessen etwa 266.000 Studierende. Etwa 34.000 machen jährlich einen Abschluss an einer hessischen Hochschule – nur um die Dimensionen deutlich zu machen. Wir reden hier über ungefähr 4 % der Studierenden, wobei die Tendenz steigend ist.
Es sind viele Vorteile genannt worden, und die liegen in der Tat auf der Hand. Ein Studium zu absolvieren, bei dem man direkt Praxiserfahrung sammeln kann, bei dem man Geld verdienen kann, das ist erst einmal attraktiv. Es ist darauf hingewiesen worden, dass es auch für den ländlichen Raum die Möglichkeit schafft, dass Menschen vor Ort bleiben können und erst gar nicht wegziehen müssen. Von daher gibt es eine ganze Reihe von Vorteilen des dualen Studiums.
Wir müssen aber auch aufpassen – das will ich schon anmerken –, dass wirtschaftliche Interessen, die die Unternehmen zweifelsohne haben, in diesen Studiengängen nicht komplett die Wissenschaftsvermittlung bestimmen. Das gehört auch in diese Debatte hinein. Ich sage das auch deshalb, weil Herr Boddenberg vorhin von dem marktkonformen Studium gesprochen hat, was mich etwas hat zusammenzucken lassen. Ich finde, auch hier muss klar sein, dass die Wissenschaft nicht allein von wirtschaftlichen Interessen beeinflusst werden darf.
Auch der Wissenschaftsrat hat seine Befürchtungen zum Ausdruck gebracht, derart verdichtete Studieninhalte könnten zu einem Verlust an wissenschaftlicher Fundierung führen. Deshalb halte ich es für notwendig, ein paar Baustellen beim Thema duales Studium anzusprechen. Wir reden zum einen über die Berufsakademien. Wir reden aber auch über die Hochschulen für angewandte Wissenschaften, die sagen, dass ein duales Studium eine intensive Betreuung benötigt, um qualitative Standards zu garantieren, um eine gute Praxisbetreuung zu garantieren. Wenn man sich anschaut, wie sich die Betreuungsrelation an den HAWs entwickelt hat, stellt man fest – gestern war parlamentarischer Abend der Hochschulen für angewandte Wis
senschaften –, dass sich Hessen auf dem drittletzten Platz befindet. Frau Kollegin Sommer hat es angesprochen.
Das heißt, wir haben hier eine angespannte Lage, was die Zahl der Professoren im Verhältnis zu den steigenden Studierendenzahlen anbelangt. Die Betreuungsrelationen sind schlecht. Deswegen muss man sagen, zusätzliche Aufgaben für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften müssen bedeuten, dass das Land in der Verantwortung ist, die Hochschulen vernünftig auszustatten.
Einen anderen Punkt hat Kollegin Sommer auch schon angesprochen. Der Studienabbruch ist eine Frage, die für Menschen im dualen Studium ein Problem sein kann. Was passiert, wenn man, aus welchen Gründen auch immer, ein Studium abbrechen möchte, ein Studium abbrechen muss? Aber auch die Frage der Regelstudienzeit gehört mit hinein, ebenso die Frage der Mobilität. Man muss schauen, inwieweit man Dinge standardisieren und vereinheitlichen kann. Denn für Studierende, die ein duales Studium machen, besteht die Frage, ob sie die Möglichkeit haben, das Bundesland zu wechseln, wenn es notwendig ist, oder ob sie die Möglichkeit haben, ins Ausland zu gehen, und ob sie die Möglichkeit haben, sich an der Hochschule gesellschaftlich einzubringen, ob sie dafür den Raum haben.
Das sind Fragen, die ich aufwerfen will. Ich kann meinen Vorrednern aus der Opposition zustimmen, dass das Land Hessen mehr im Bereich Ausbildung machen muss, dass das Land im Bereich duale Ausbildung – selten war ich mir mit Herrn Lenders und der FDP so einig – eine Verantwortung hat.
Ja, in der Tat trage ich heute Gelb, Kollege Frömmrich. Ich habe mir gedacht, jetzt, wo die FDP Magenta ist, könnte ich die Farbe Gelb wieder positiv besetzen – politisch.