Protokoll der Sitzung vom 21.03.2018

sive bei den Rahmenbedingungen; denn in Hessen sind nicht alle dualen Möglichkeiten gleich gut ausgestattet. Wir wollen eine noch bessere Verzahnung von Theorie und Praxis, und wir wollen, dass Studien- und Arbeitsplatzanforderungen berücksichtigt und optimiert angepasst werden. Wir möchten auch, dass es eine höhere Durchlässigkeit gibt, dass man bei einem Abbruch des Studiums Hilfestellung bekommt und dass das Land die Bewerbung des dualen Studiums intensiviert.

Dann gibt es noch den Änderungsantrag der FDP. Demnach sollte das Land als Arbeitgeber darüber nachdenken, Möglichkeiten des dualen Studiums anzubieten; denn – das glaube ich ebenfalls – auch der öffentliche Dienst kann Win-win-Situationen zur Gewinnung von Personal ganz gut gebrauchen und nutzen.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Hört, hört!)

Das fordern wir in unserem Ausbildungspapier „Ausbildungsgarantie“ und werden dem FDP-Antrag, der dies ebenfalls aufgreift, zustimmen.

Last, but not least möchte ich noch einmal auf die Betreuungsrelationen zurückkommen. Die müssen sich wirklich wieder verbessern. Wir brauchen einfach eine verbesserte finanzielle und personelle Ausstattung, damit dies weiterhin ein wesentlicher Beitrag zum Studienerfolg und zum Erfolg des dualen Studiums insgesamt sein kann. Wir stehen zum dualen Studium. In diesem Sinne auf die weitere erfolgreiche Umsetzung des dualen Studiums in unserem Lande Hessen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Sommer. – Das Wort hat der Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kollegen! Ich finde es interessant, dass wir jetzt eine ruhige Debatte haben, im Gegensatz zu der Debatte zu dem Tagesordnungspunkt zuvor. Dabei knüpft beides direkt und unmittelbar aneinander an. Wenn man überlegt, wie erhitzt die Debatte eben war und wie ruhig sie jetzt ist und fast nicht wahrgenommen wird und kaum Aufmerksamkeit hat, dann ist das erstaunlich. Beides gehört unmittelbar zusammen. Beide Probleme sind schon angesprochen worden, in der Debatte davor und auch jetzt. Es geht vor allem um die Frage, wie wir zukünftig die Zahl der Fachkräfte sichern können, wo wir Fachkräfte weiterqualifizieren können und wo wir die Potenziale herholen, die wir für die Unternehmen brauchen.

Die Antragsteller von CDU und BÜNDNIS 90/GRÜNEN haben einen Entschließungsantrag auf den Weg gebracht, der alles richtig beschreibt. Die Zahlen kann keiner in Abrede stellen. Es geht um den Erfolg des dualen Studiums und um das StudiumPlus. Wenn ich mich richtig daran erinnere, war es die damalige Staatsministerin Ruth Wagner, die das gemeinsam mit Oberbürgermeister Wolfram Dette für Wetzlar auf den Weg gebracht hat. Das hat eine sehr lange Geschichte, daran waren viele beteiligt.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, was mich schon wundert – auch aus der Rede des Kollegen bin ich nicht schlauer geworden –: Es handelt sich um eine Beschreibung des Status quo. Es ist eine Beschreibung, das hatten wir in der Diskussion davor auch schon, nach dem Motto: Es ist eigentlich alles gut so, wie es ist, und wir wollen nichts daran ändern. – Für Fraktionen, die kurz vor einer Landtagswahl stehen und die die Regierung bilden, ist mir das deutlich zu wenig.

(Beifall bei der FDP)

Sie müssten doch eigentlich beschreiben, wohin Sie das Land in der neuen Legislaturperiode führen wollen. Meine Damen und Herren, da sind Ihre Ansätze ausgeblieben.

Frau Dr. Sommer hat auch schon die Frage angesprochen, wie wir die Ausbildungsplätze in die ländliche Region bringen können. Sie haben auf die Bedeutung hingewiesen. Es ist kaum etwas so deutlich geworden wie heute Morgen die Frage, welche Bedeutung zukünftig die Fachkräfte für die mittelständischen Unternehmen, bei den Wachstumspotenzialen, teilweise für die Existenz haben.

Wenn Sie das auf den ländlichen Raum herunterbrechen, dann potenziert sich das Problem. Das hat nichts damit zu tun, dass eine SPD-Fraktion irgendwo Staub aufwirbeln will – so, wie das heute Morgen schon einmal gesagt worden ist –, oder dass man Alarm schreien will. Meine Damen und Herren, das ist ein handfestes Problem und wahrscheinlich die wichtigste Herausforderung in der Wirtschaftspolitik, vor der wir in den nächsten zehn Jahren stehen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist übrigens interessant, dass sich der Wirtschaftsminister während der gesamten Debatte nicht geäußert hat. Man kann sich gerne darüber unterhalten, der eine mag es gut finden und der andere schlecht, dass wir immer stärker zu einer Akademisierung neigen. Meine Damen und Herren, es ist eben so, dass das duale Studium vor allem die Vorteile einer praktischen und einer theoretischen Ausbildung miteinander verbindet. Das sind die Absolventen, die die Unternehmen am ehesten brauchen können, weil sie sofort einsetzbar sind.

Was mir aber vor allen Dingen fehlt, ist eine Antwort auf die Frage: Welche Rolle spielt dabei eigentlich das Land? – Wir haben uns jetzt die ganze Zeit darüber unterhalten, welche Rolle die Unternehmen spielen müssen. Die Frage lautet aber jetzt: Welche Rolle nimmt eigentlich das Land ein?

Ich finde es schon spannend, wenn man sich mit dem einen oder anderen Präsidenten über das duale Studium unterhält und die Frage aufkommt, wie es mit dem aussieht, was das Land anbietet. Dann fragen wir: Gibt es das? – Das gibt es. Hessen Mobil macht das seit einigen Jahren und sogar einigermaßen erfolgreich. Das findet aber sozusagen unterhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze statt. Das finde ich sehr bedauerlich.

Das Land Hessen hätte an dieser Stelle eine Vorbildfunktion. Diese Vorbildfunktion hätte es nicht nur bei Hessen Mobil, Hessen-Forst könnte das genauso machen. Wenn Sie jetzt so einen Jubelantrag einreichen, dann frage ich Sie: Wo ist denn jetzt die Erfolgsgeschichte des Landes Hessen beim dualen Studium? – Meine Damen und Herren, da bleiben Sie jegliche Antwort schuldig.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Dr. h.c. Jörg- Uwe Hahn (FDP): Die wissen das nicht!)

Viele wissen nicht, dass es das überhaupt gibt. – Wo sind Sie denn eigentlich als Vorbild vorangegangen? – Meine Damen und Herren, das Land tritt an vielen Stellen als Wettbewerber der freien Wirtschaft, sozusagen als Konkurrenz, auf den Markt und zieht Unternehmen auch hoch qualifizierte Arbeitskräfte weg. Wie wäre es denn damit, dass das Land wieder selbst seiner Pflicht nachkommt und ausbildet?

Wenn es tatsächlich das Problem ist, dass Geld da ist und wir wissen, dass Straßen gebaut werden müssen, aber bei jeder Plenardebatte zu hören bekommen, dass wir keine Planer haben, dann frage ich mich: Warum bilden wir sie nicht aus?

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Das ist das, was jedes gute Unternehmen macht. Wir können uns als Land nicht mehr darauf verlassen, dass die Unternehmen, die freie Wirtschaft, die Fachkräfte ausbilden und zur Verfügung stellen und das Land diese Personen absaugt. Andersherum wird ein Schuh daraus. Wir müssten doch als Land mehr Potenziale ausschöpfen. Das Schöne dabei ist, dass die Studierenden, die wir vielleicht durch ein duales Studium selbst ausgebildet haben, den Apparat des öffentlichen Dienstes auch kennen- und schätzen gelernt haben. Damit können sie auch viel stärkere Bindungskräfte entwickeln. Sie können auch viel schneller eingesetzt werden. Dahin zielt unser Antrag.

Meine Damen und Herren, es kommt noch mehr hinzu. Wir reden immer über Digitalisierung. Wir reden immer darüber, dass wir für die Digitalisierung auch Strukturen brauchen. Wir reden über viele Bereiche, z. B. E-Government, in denen es gut bezahlte Fachkräfte auf dem Markt gibt. Wenn wir als Land die Herausforderung der Digitalisierung stemmen wollen, müssen wir selbst in diesen Bereich hineingehen. Da bietet es sich für das Land Hessen an, duale Studiengänge zur Verfügung zu stellen, um die eigenen Probleme zu lösen, die wir als Landesverwaltung, als Arbeitgeber in Hessen haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt deutlich mehr für das Land zu tun, wenn es um die Vorbildfunktion geht. Es ist heute Morgen schon angesprochen worden: Wie sieht es denn mit den Menschen aus, die ein Handicap haben, die eine Behinderung haben, oder bei denen, die einen Migrationshintergrund haben? Warum können wir als Land nicht voranschreiten und sagen, gerade bei denen setzen wir Schwerpunkte? In der freien Wirtschaft bekommen solche Bewerber nicht per se einen Platz für das duale Studium. Das Land Hessen könnte mit gutem Beispiel vorangehen. Gerade bei den Menschen, die nicht auf den ersten Blick die beste Kraft sind, bei denen man zwei-, drei- oder mehrfach hinschauen muss, könnte das Land eine echte Vorbildfunktion einnehmen und diesen Menschen eine Perspektive bieten. Das wäre eine Winwin-Situation für die Herausforderungen, die wir im Land haben, und für die jungen Menschen, die wir ausbilden können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Das Wort hat der Abg. Daniel May, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon so viel Lobendes über das duale Studium in Hessen gesagt worden, dass ich vorweg sagen kann: Ich schließe mich dem Lob an denjenigen, die das duale Studium in Hessen organisieren, an. Es ist hervorragend, was die Hochschulen zusammen mit der Wirtschaft und den Berufsakademien auf den Weg gebracht haben. Dafür möchte ich mich zuallererst ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Um es klar einzuordnen, muss man in einer Debatte um das duale Studium ganz klar sagen, dass es das Studienangebot ergänzt, aber kein Element ist, das andere grundständige bzw. Vollstudiengänge an Hochschulen und Universitäten ersetzen sollte – weil es eben in der Rede von Herrn Kollegen Lenders ein Stück weit so angeklungen ist.

Wenn Sie das z. B. für die Ausbildung derjenigen fordern, die bei Hessen-Forst arbeiten, wäre das in der Tat ein Systemwechsel. Da müssen Sie noch einmal darüber nachdenken, ob Sie von der universitären Ausbildung im Forst mit anschließendem Referendariat weg wollen, um es in ein duales Studium zu überführen. Das hat mich jetzt so erst einmal nicht überzeugt.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zu sagen, duales Studium ersetzt nicht grundständige Studiengänge, sondern es ist eine sinnvolle und wertvolle Ergänzung zu den klassischen Studiengängen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es ist eine Ergänzung, die den Betrieben die Möglichkeit gibt, ihre Beschäftigten während ihrer Tätigkeit im Unternehmen zu qualifizieren, indem sie einen akademischen Abschluss erreichen. Damit ist es in der Tat ein wichtiger Baustein, um den Wissenstransfer von der Hochschule in die Praxis – aber genauso wichtig: von der Praxis zurück an die Hochschule – zu beschleunigen und zu intensivieren. Das geschieht nämlich ganz praktisch dadurch, dass die dual Studierenden Probleme aus ihren Einrichtungen und Betrieben – es sind nicht nur Betriebe, sondern auch andere Einrichtungen, wenn Sie etwa in Richtung sozialer Arbeit denken – in Studienarbeiten, Bachelorarbeiten oder Masterarbeiten überführen und damit den Wissenstransfer zwischen Hochschule und Praxis intensivieren. Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, indem es unsere Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer breiter aufstellt und die anwendungsbezogene Forschung stärkt. Aus diesem Grund sind die über 130 dualen Studiengänge, die wir in Hessen haben, ein so großer Gewinn für unser Land.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ein Punkt, den man nicht zu selten betonen sollte: Duale Studiengänge sind hervorragend dazu geeignet, berufliche und akademische Bildung miteinander zu verzahnen. Wir stellen immer wieder fest, dass dort eine Veränderung stattfindet und dass wir andere Anteile bei denjenigen ha

ben, die sich in Richtung eines Studiums orientieren, als bei denen, die sich in Richtung einer beruflichen Ausbildung interessieren.

Es ist ein richtiger Ansatz, solche Entwicklungen nicht nur zu beklagen, sondern sie zu gestalten. An dieser Stelle gestalten wir den Wunsch von jungen Menschen, die sich für ein Studium interessieren, und gleichzeitig schaffen wir ein Angebot, das eben auch die berufliche Bildung stärkt. Daher ist es doch ein ideales Angebot, wenn es jetzt – gerade durch den Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte – die Möglichkeit gibt, dass jemand nach der mittleren Reife eine Ausbildung in einem Betrieb macht und dann mit der abgeschlossenen Ausbildung die Chance hat, eine Hochschule zu besuchen und an dieser Stelle in diesem Betrieb ein duales Studium durchzuführen. Das zeigt doch, wie erfolgreich es sein kann, wenn wir von dem Entweder-oder bei akademischer und beruflicher Bildung wegkommen und daraus ein Miteinander machen, indem wir berufliche und akademische Bildung besser miteinander verknüpfen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Das soll nicht heißen, dass der Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte nur für das duale Studium geeignet sein soll. Das ist nicht der Ansatz. Vielmehr geht es uns darum, am Ende der Mittelstufe zwei gleichwertige Wege zu haben und den Schülerinnen und Schülern sagen zu können: Ihr verbaut euch gar nichts, sondern haltet euch im Gegenteil alles offen, wenn ihr eine berufliche Qualifizierung anstrebt. Das geht so weit, dass ihr jeglichen gestuften Studiengang an einer hessischen Hochschule annehmen könnt, z. B. auch einen Bachelor in Religionswissenschaft an der Uni Frankfurt. – Aber diese besondere Verknüpfung zeigt sich eben gerade beim dualen Studium, weswegen es eine ganz wichtige Ergänzung für unseren Ausbildungsbereich darstellt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Nun hat die FDP mit ihrem Antrag heute Morgen gefordert, dass sich das Land an dieser Stelle mehr engagieren müsse. Ich stelle zunächst einmal fest, dass drei Viertel der Studierenden im Bereich des dualen Studiums – leider sind es nicht die aktuellsten Zahlen, aber diejenigen, die mir bei der Vorbereitung untergekommen sind – ihr Studium an staatlichen Hochschulen absolvieren.

(Jürgen Lenders (FDP): Das ist nicht das, was wir meinen!)

Das habe ich schon verstanden, aber ich denke, dass man es an dieser Stelle schon vor die Klammer ziehen muss, wenn über das Engagement des Landes Hessen gesprochen wird.

Dann haben Sie in Ihrem Antrag so getan, als ob das im Bereich der Straßenbauverwaltung eine neue Idee von Ihnen wäre.

(Jürgen Lenders (FDP): Das habe ich nicht gesagt!)

In Ihrer Rede haben Sie dann klargestellt, dass es an dieser Stelle schon längst Initiativen gibt. Wenn Sie es einmal googeln, dann sehen Sie, dass beispielsweise Hessen Mobil dort schon lange auf dem Weg ist.

(Beifall des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))