Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Ich komme zum Schluss. – Viele Ideen und Möglichkeiten habe ich aufgezeigt. Seien Sie sich sicher: Wir werden es im nächsten Jahr anpacken. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN – Holger Bellino (CDU): Alles Theorie! Kein Vorschlag! – Gegenruf von der SPD: Ganz viele konkrete Vorschläge!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Sommer. – Als nächster Redner spricht nun Kollege Bocklet von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich konnte nur in den ersten zwei Minuten mit Ihnen einig gehen, Frau Dr. Sommer, als Sie beschrieben haben, dass

die Gesundheit das Wichtigste ist, was uns alle hier umtreibt. In dieser Verantwortung stehen wir gegenüber allen Bürgerinnen und Bürgern hier. Den Rest der Rede kann ich zum Teil nicht wirklich verstehen, weil ich finde, im Bereich der Gesundheitspolitik habe ich keinerlei Person in diesem Raum gehört – weder Damen noch Herren oder Abgeordnete, oder wer auch immer mir dazu noch einfällt –, die irgendetwas an der Situation im medizinischen oder gesundheitlichen Bereich schönredet.

Wenn wir uns auf den Podiumsdiskussionen oft begegnen, dann haben wir alle Themenfelder aufgeklappt. Ich will sie Ihnen auch noch einmal nennen, weil sie als Hausaufgaben verabschiedet wurden. Daran haben sich mehrere Akteure beteiligt. Das nennt man den Hessischen Gesundheitspakt 2.0. Dort wurden die Probleme identifiziert. Es wurde aufgeteilt, wer was zu tun hat. Man hat umfangreiche Maßnahmenpakete mit auf den Weg bekommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen nur einmal Folgendes sagen: Wir haben erstens Initiativen zur Stärkung von sektorenübergreifenden Kooperationen, zweitens Initiativen zur Sicherung der ärztlichen und pharmazeutischen Versorgung, drittens Initiativen zur Entwicklung und zum Ausbau von E-Health und telemedizinischen Strukturen in Hessen, viertens die Frage, wie wir die Pflege zukunftsfähig gestalten können, fünftens Willkommens- und Anerkennungskultur gestalten – bessere gesundheitliche und pflegerische Versorgung von und durch Menschen mit Migrationshintergrund – und sechstens den Zugang zum Gesundheits- und Pflegesystem für Menschen mit Behinderungen.

Das Land Hessen hat den Gesundheitsbericht aufgelegt. Das ist, wie ich finde, ein starkes Werk, das nichts schönredet und die Probleme benennt, das aber im Gegensatz zu Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, mit Lösungsvorschlägen arbeitet. Ich finde, das ist der richtige Weg in der Gesundheitspolitik, dass man tatsächlich darüber redet.

Heute habe ich gar nicht den Vorwurf gehört, es gäbe keine Planung, es wäre konzeptionslos. Eine Krankenhausplanung lag vor. Noch vor dem Sommer 2018 wird es eine neue Krankenhausplanung geben. Das hat der Herr Minister gesagt. Es gibt unter dem Fokus Gesundheit regionalisierte Gesundheitsreporte der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen.

All dies zeigt: Es gibt Grundlagen des Handelns, und es gibt Themenfelder, auf denen gemäß diesen Grundlagen gehandelt wird. Das heißt, Ihr Vorwurf, es passiere nichts, trifft nicht zu. Dass Sie im nächsten Jahr in der Opposition natürlich alles besser machen, wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen. Aber wir von der Regierung glauben, dass schon heute viel getan wird.

(Zurufe von der LINKEN)

Ich nenne sieben Stichpunkte zum Thema Krankenhauslandschaft. Wir tragen mit der Förderung von Verbünden dazu bei, dass die Krankenhäuser tatsächlich zukunftsfest aufgestellt bleiben. Über den Pakt für Gesundheitsversorgung habe ich schon gesprochen. Ich habe dargestellt, wie bei der Pflegepersonalpolitik vorgegangen wird, wie wir in der Präventionspolitik vorgehen – unter anderem mit dem Gesundheitsbericht –, wie wir uns mit der Frage der Palliativmedizin und mit dem Hospizwesen auseinandersetzen,

wie wir Suchtpolitik betreiben und die Vorgaben des Gesetzes betreffend Hilfen für psychisch Kranke Schritt für Schritt abarbeiten. Ich glaube, CDU und GRÜNE müssen sich nicht dem Vorwurf aussetzen – die Landesregierung schon gar nicht –, sie würden nicht entschieden handeln. Wir versuchen, alles zu tun, was in landespolitischer Verantwortung möglich ist, alle Spielräume zu nutzen. Ich glaube, das lässt sich durchaus sehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben darüber gesprochen, dass wir Probleme bei der Versorgung mit Hebammen haben. Wir haben im ländlichen Raum Probleme mit der Besetzung von Arztsitzen. Wir haben Krankenhäuser, die in Schieflagen kommen. Was hat die Große Koalition zu den Fragen der Gesundheitspolitik in Deutschland beschlossen? Sie wissen, dass an der Stelle die Gesetzgebungskompetenz überwiegend beim Bund liegt. Lassen Sie mich nur zwei Beispiele nennen, weil Sie hier so vehement dargestellt haben, dass Sie sich auf der Bundesebene dafür einsetzen werden, dass die Hebammen in der Versicherungsfrage „gerettet“ werden. Hierzu gibt es in der Koalitionsvereinbarung einen einzigen Satz, und der lautet: Das Wichtigste ist, dass wir genug und flächendeckend Hebammen haben.

(Zurufe von der SPD)

Mehr steht in der Koalitionsvereinbarung nicht. Sie haben nichts getan, was auf der Bundesebene nötig gewesen wäre, um die Versorgung, die Ausstattung und die Absicherung von Hebammen tatsächlich zu verbessern. Dann aber laufen Sie mit Tränen in den Augen zum Land Hessen und sagen: Wir müssen mit einer Landesversicherung die Hebammen retten. – Ich finde das bigott, meine Damen und Herren von der Opposition.

(Zurufe von der SPD)

Ich finde, das, was Sie auf der Bundesebene machen, ist nicht ausreichend.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sie stellen bezüglich der Krankenhausplanung fest: Die Länder sind zuständig; die Länder finanzieren die Investitionen. – Herzlichen Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Die SPD ist an der Bundesregierung beteiligt. Aber hier im Land spielen Sie immer dasselbe Spiel. Sie haben sich auf der Bundesebene offensichtlich nicht hinreichend durchsetzen können. Das ist zwar ein verständliches Ärgernis, aber das Land ist nicht der „Beichtstuhl der Bundesregierung“, wie der Kollege Wagner immer sagt. Wir müssen darauf achten, dass wir als Land unsere Hausaufgaben machen, aber tun Sie das im Bund bitte auch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Im Koalitionsvertrag steht übrigens viel Löbliches, z. B. die Entlastung der DRGs um das Pflegepersonal. Das wird ein Riesenfortschritt werden, weil es den Krankenhäusern mehr Spielraum geben wird, nicht weiterhin in Defizite hineinzulaufen. Das finde ich sehr wichtig. Das will ich an dieser Stelle gesagt haben.

Ich glaube, dass wir bei der Versorgung des ländlichen Raumes eine Fülle von Initiativen eingeleitet haben. Wir versuchen, junge Medizinerinnen und Mediziner in den

ländlichen Raum zu bekommen. Ein Teil der Wahrheit ist aber, man kann niemanden mit vorgehaltener Pistole zwingen, in den ländlichen Raum zu gehen, wenn die Situation dort so ist, wie sie ist. Sie wissen, dass vor allem die Medizinerinnen – 70 % der Medizin Studierenden sind weiblich – Wert auf eine gute Infrastruktur legen. Sie wollen Kinderbetreuung, sie wollen Schulen.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Wer ist dafür zuständig?)

Aber dort, wo nur wenige Menschen wohnen, findet man keine komplette Infrastruktur vor. Die Landesregierung schafft mit dem Gesundheitspakt aber Anreize, sich trotzdem dort niederzulassen, und das ist auch richtig so.

Wir fördern Krankenhausverbünde. Der Verbund Frankfurt/Main-Taunus-Kreis ist hierfür ein gutes Beispiel. Ich denke, es gibt auch noch andere Möglichkeiten, Krankenhäuser aktiv zu unterstützen. Was aber nicht geht, liebe Kollegin Dr. Sommer: Die lokalen Vertreter der SPD, der GRÜNEN und auch der CDU haben im Jahr 2000 das Kreiskrankenhaus in Bad Schwalbach privatisiert. Das kann man 18 Jahre später für eine blöde Idee halten und sich darüber beschweren, dass es ein privater Konzern, in dem Fall Helios, nicht geschafft hat, das Haus kostendeckend zu führen, und über mehrere Jahre eine Auslastungsquote von nur 43 % hat. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Bad-Schwalbacher in andere Krankenhäuser gegangen sind. Offensichtlich hat Helios da etwas nicht richtig gemacht – warum auch immer.

Wenn das Krankenhaus nicht ausgelastet ist und sie einen Antrag auf Schließung der Klinik stellen, dann hat das Land das weder zu befürworten noch zu verhindern. Das ist vielmehr eine Entscheidung von Helios. Wenn der Kreis der Meinung ist, er wolle dieses Krankenhaus auf Biegen und Brechen erhalten, dann kann er den Weg gehen, die Klinik zurückzukaufen und sie mit kommunalen Zuschüssen defizitär weiter zu betreiben. Andere Kreise tun das. Machen Sie das doch. Das wäre eine Variante.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich kann die Menschen in Bad Schwalbach verstehen – das meine ich ernst –; denn Schließungen sind nichts, was Spaß macht. Niemand schließt gern ein Krankenhaus. Das unterstelle ich selbst Helios nicht. Wenn Sie von der SPD aber die Schließung beantragen, dann erzeugt das bei den Menschen Sorgen, Unsicherheiten und Ängste, ob die Versorgung gesichert ist. Wenn die Prüfung ergeben sollte, dass die Klinik nicht gefährdet ist, dann fände ich es seriös, das den Menschen auch zu sagen, statt vor Ort Ängste zu schüren, die sich nicht bewahrheiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Herr Weiß, Sie wissen das doch auch. Sie betreiben eine pseudopopulistische Politik, die Ihnen keiner mehr abnimmt. Vor Ort verabschieden Sie Resolutionen, wohl wissend, dass das gar nicht anders funktionieren kann. Das Land hat hier einen nur bescheidenen Spielraum.

(Zurufe von der SPD)

Wenn geprüft und festgestellt wird, dass die Versorgung gesichert ist, hat das Land rechtlich keinen Spielraum – außer, aus dem Versorgungsstrukturausgleich Mittel zu zahlen oder nicht zu zahlen. Das ist der schmale Korridor des

Handelns, der der Landesregierung zur Verfügung steht. Wir verhindern und wir befürworten keine Schließung. Wir haben in dieser Ablaufkette unseren Teil zu tun. Wenn Sie, die Kommunalos vor Ort, die das Ding privatisiert haben, versuchen, das Bild zu stellen, das Land schließe die Klinik, das Land sei schuld daran, dass die Helios-Kliniken schließen müssen, dann ist das falsch und fatal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen eine gute und ausreichende Versorgung mit Krankenhäusern sicherstellen. Wir wollen die Notfallversorgung gewährleisten. Wir werden alles dafür tun, dass die Notfallversorgung so gewährleistet ist, dass es für die Menschen vor Ort zu nichts Schlimmem kommt. Das ist das Bestreben der Landesregierung.

Im Hintergrund laufen ja Gespräche, wie dort weitergearbeitet werden kann. Das sind doch gute Zeichen. Es ist ein gutes Zeichen, dass dort einige Arbeitsplätze erhalten werden und die psychosomatische Klinik erhalten wird. Es ist ein gutes Zeichen, dass wenigstens einige Ärzte und Angehörige des Pflegepersonals ihre Arbeitsplätze behalten werden. Wir können als Landesregierung aber nicht wie ein Messias durchs Land gehen und jedes Haus retten, das durch das Verschulden der vor Ort Verantwortlichen in eine Krise geraten ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Kollegin Dr. Sommer zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Lieber Herr Bocklet, ich glaube, Sie haben da etwas missverstanden. Wir haben nicht gesagt, dass die Landesregierung für die Schließung der Klinik in Bad Schwalbach verantwortlich sei. Wir haben gesagt, wir wollen, dass Helios endlich öffentlich Verantwortung übernimmt. Wenn die Kreisgremien meinen, genau das machen zu müssen, was sie gesagt haben, dann sollen sie das tun – nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Wir haben nicht über eine Versicherung für Hebammen gesprochen. Wir haben davon gesprochen, dass wir darum kämpfen mussten, dass die Landesregierung endlich registriert, dass wir vor Ort einen Hebammenmangel haben – und zwar nicht erst seit gestern, sondern seit mehreren Jahren.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt Frauen in Frankfurt, die mussten 80 Hebammen anrufen, um überhaupt eine Unterstützung bei der Geburt zu bekommen. Darum geht es, um nichts anderes. Wir sind froh, dass die Landesregierung nach dem Druck, der aufgebaut worden ist, jetzt endlich eine Liste erstellt, um zu schauen, wo es an Hebammen fehlt und wo nachgesteuert werden muss, damit jede Frau die Hilfe bekommen kann, die sie benötigt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Sommer. – Herr Kollege Bocklet, Sie haben jetzt zwei Minuten lang die Möglichkeit zu einer Erwiderung.

Zwei Punkte: Erstens. Sie haben den Eindruck erweckt – der nicht stimmt –, Sie fordern, dass die Landesregierung für den Erhalt der Klinik in Bad Schwalbach sorgt.

(Dr. Daniela Sommer (SPD): Nein, Sie haben nicht richtig zugehört!)