Damit kann man sagen: Hessen hat eine Spitzenposition als Stiftungsland unter den Flächenländern. In keinem Flächenland ist die Stiftungsdichte so hoch wie bei uns. Auf 100.000 Einwohner kommen in diesem Land 33 Stiftungen, und diese Stiftungen haben ein hervorragendes Engagement für unser Gemeinwesen, leisten Großartiges, z. B. als Bürgerstiftungen. Kirchengemeinden haben Stiftungen gegründet, um ihre Gemeindearbeit nachhaltig sicherzustellen. Auch in vielen anderen Bereichen sind diese Stiftungen tätig, und allen, die dort tätig sind, gilt ein ganz besonderer Dank von dieser Seite.
Aber es sind nicht die 99 % der Stiftungen, die Sie in besonderem Maße interessieren. Sie sprechen vor allem über die gut 20 Stiftungen, die das Land entweder gegründet hat oder an denen es in erheblichem Maße beteiligt ist. Also halten wir fest: Es gibt 99 % der Stiftungen, die durch bürgerschaftliches Engagement entstanden sind, durch Unternehmen und andere.
Aber es ist richtig: Hessen ist auch selbst Stifter und an Stiftungen beteiligt. Dieses Engagement wurde von Frau Alex bereits angesprochen. Es begann schon vor der Gründung des modernen Hessen und wurde danach weiter intensiviert. Ich möchte nur einige herausgreifen. Sie werden sehen, das ist politisch unverdächtig, weil es sich über verschiedene Zeiten erstreckt: Die Hessische Kulturstiftung wurde im Jahr 1970 gegründet, die Stiftung Hessischer Naturschutz im Jahr 1978, die Stiftung Kloster Eberbach im Jahr 1997. Darüber können sich alle gemeinsam freuen. Das war noch in Ihrer Regierungszeit. Wir freuen uns trotzdem, dass wir sie haben. Sie erhielt 2015 sogar den Preis für gute Stiftungsarbeit des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen – auch ein großes Erfolgsmodell.
Dann gingen die Gründungen weiter. Ich nenne nur exemplarisch: 2001 die „Hessenstiftung – Familie hat Zukunft“ und 2004 die Stiftung Flughafen Frankfurt/Main, die sich in dieser Region in besonders betroffenen Kommunen stark engagiert, die Stiftung Johann Wolfgang Goethe-Universität – damals ein bundesweites Novum und auch ein Erfolgsmodell, wenn man sich den Weg der Johann Wolfgang Goethe-Universität in den letzten zehn Jahren anschaut, die von zum Teil mäßigen Werten bei Rankings in vielen Bereichen in den Spitzenbereich vorgedrungen ist. Aus dieser Wahlperiode greife ich noch exemplarisch die Stiftung Hessischer Tierschutz heraus, die 2015 gegründet wurde.
Was kann man daraus sehen? – In den unterschiedlichsten politischen Konstellationen wurden in diesem Land Stiftungen aus Mitteln des Landeshaushalts gegründet. Die Gründung von Stiftungen war auch zu allen Zeiten immer ein Ausdruck von politischem Gestaltungswillen, egal wer gerade regiert hat und die Mehrheit in diesem Hause hatte.
Ich glaube, man kann festhalten, das ist häufig im Zusammenhang mit gesamtgesellschaftlichen Fragestellungen und langfristigen Entwicklungen zu sehen. Man kann an dieser Historie schön erkennen, worauf besonderer politischer Fokus in dem jeweiligen Jahr oder in der jeweiligen Wahlperiode lag. Die damals jeweils Verantwortlichen haben sich dann entschlossen, durch Gründung einer Stiftung diesen politischen Gestaltungswillen nicht nur in dieser Wahlperiode, sondern darüber hinaus, soweit es möglich ist, fortzusetzen.
Ich möchte auf eine Stiftung aus der jüngeren Vergangenheit zu sprechen kommen, die eben schon behandelt wurde und deren Erfolge angesprochen wurden. Auf die Landesstiftung „Miteinander in Hessen“ können wir ganz besonders stolz sein. Sie geht auf eine Initiative des Ministerpräsidenten Volker Bouffier zurück. Es ist das Ziel dieser Stiftung – das verdient besondere Anerkennung –, den Gemeinsinn und das Miteinander in Hessen zu stärken, Bürgerinnen und Bürger und die Kommunen bei Projekten und Vorhaben zu unterstützen.
Diese Landesstiftung unterstützt nicht nur die Bürgerinnen und Bürger direkt, sondern gerade auch andere Stiftungen im privaten Bereich durch die Stiftungstage in ganz Hessen. Dort können sich auch künftige Stifterinnen und Stifter informieren und austauschen. Gestatten Sie mir vielleicht die persönliche Anmerkung: Ich war einige Jahre ehrenamtlich in einem Stiftungsbeirat in meiner Gemeinde tätig. Auch dort haben damals die Verantwortlichen an den Veranstaltungen hier teilgenommen. Ich glaube, es war eine große Bereicherung, ein Mehrwert. Es fand ein Austausch statt. Darauf können wir ganz besonders stolz sein.
Wenn wir gerade in die allerjüngste Historie schauen, dann hat sich die Stiftung „Miteinander in Hessen“ besonders verdient gemacht im Umfeld der sogenannten Migrationsoder Flüchtlingskrise. Es gab damals die Übernahme der erfolgreichen, ursprünglich vom Hessischen Rundfunk ins Leben gerufenen Onlineplattform „People Like Me“ zur Vermittlung von Hilfsangeboten. Man kann festhalten: Auch bei dieser großen gesellschaftlichen Fragestellung hat diese neue Stiftung, die durch Volker Bouffier initiiert wurde, Großes leisten können, in vielen Fällen schnell und unbürokratisch.
Die Anschubphase dieser Landesstiftung, die Sie etwas kritischer betrachtet haben als wir, ist mittlerweile beendet. Die Verwaltungskosten werden und wurden reduziert. Sie werden in der Zukunft noch weiter reduziert. Diese Landesstiftung ist ein Dienstleister im besten Sinne für die Menschen in Hessen und für alle, die an unserem friedlichen und erfolgreichen Zusammenleben teilhaben wollen.
Von daher kann ich, wenn man das alles zusammenbindet, nur festhalten: Landesstiftungen leisten genau wie die 99 % privaten Stiftungen in unserem Land einen sehr wichtigen Beitrag für unser Gemeinwesen. Diese Regierungskoalition wird sich auch künftig dafür einsetzen, dass die Stiftungen weiterhin vernünftige Rahmenbedingungen vorfinden. Dazu zählt unter anderem auch der Verzicht
darauf, den Realwert des Stiftungskapitals als Maßgabe im Stiftungsrecht zu verankern. Das wäre in dieser Niedrigzinsphase sicherlich schwierig.
Wir wollen aber, dass die Stiftungen gut durch das aktuelle Zinstief kommen. Wir wollen sie als Land und als Koalition weiter unterstützen und auch beraten, gerade durch die Stiftung „Miteinander in Hessen“. Frau Alex, wenn ich an Ihren Schluss anknüpfe: Wir gehen gerade nicht stiften, sondern wir wollen allen Stiftungen, den 99 % privaten und den 1 % Landesstiftungen, eine gute Zukunft ermöglichen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass diese Stiftungen alle gemeinsam, die über 2.000, die wir in Hessen haben, zum guten Miteinander und Zusammenleben in unserer Gesellschaft einen wertvollen Beitrag leisten.
Hessen soll ein Land der Stiftungen und der Stifter bleiben. Das ist bürgerschaftliches Engagement im besten Sinne. Wenn das Land Hessen in einem kleinen Bereich einen wichtigen Beitrag auf einigen Feldern leistet, dann unterstützen wir das mit Nachdruck. Hessen kann stolz darauf sein, ein Stiftungsland zu sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn es neben den „Leuchttürmen“ ein Lieblingsprojekt der hessischen CDU geben sollte, dann scheint es die Einrichtung von Stiftungen zu sein. Das Tragische an der Sache ist: In mindestens einem Fall sind die Themen „Leuchtturm“ und „Stiftung“ in fataler Weise miteinander verknüpft. Dazu werde ich in den nächsten Minuten noch etwas sagen.
Die Tätigkeit einzelner Stiftungen – das wird niemand bestreiten – ist oft, für sich betrachtet, erst einmal keine schlechte Sache. Stiftungen, die sich für die Förderung von jungen Menschen, von kulturellen Einrichtungen oder für die Unterstützung der Integration von Geflüchteten engagieren, sie alle leisten zweifelsohne eine inhaltlich, gesellschaftlich wichtige und förderungswürdige Arbeit und entsprechende Aufgaben.
Nichtsdestotrotz erlauben Sie mir noch ein paar grundsätzliche Bemerkungen zum Stiftungswesen. Nach Einschätzung von Expertinnen und Experten wächst der Einfluss von Stiftungen. 1999 gab es rund 8.000 Stiftungen, heute sind es über 20.000. Die Zahlen, die von der CDU referiert worden sind, zu den Stiftungen in Hessen gehen in eine ähnliche Richtung. Davon haben über 90 % den Status gemeinnützig. Im Jahr 2008 besaßen sie ein Gesamtvermögen von 70 Milliarden €, inzwischen sind es über 100 Milliarden €.
Jetzt könnten einige sagen, das ist aber erfreulich. Aber dieses Stiftungswesen und diese Zahlen bergen auch Gefahren. Denn die genannten Zahlen dokumentieren eine Verschiebung von Einfluss und Macht, weg von staatlichen und demokratischen Einflussprozessen hin zu den In
(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Unerhört! Früher hat das die SED gemacht!)
Wer stiftet, zahlt auch weniger Steuern. Aktuell bekommt jeder, der einer Stiftung Geld zuwendet, etwa die Hälfte vom Finanzamt zurück. Und damit nicht genug: Über die Stiftung ist es dem Stifter auch möglich, einen großen privaten Einfluss auf gesellschaftliche Fragen auf- oder auszubauen. Er kann dann angesichts seines eigenen Vermögens und der Tatsache, wie viel Geld er denn zu geben in der Lage ist, darüber entscheiden, in welchen kulturellen, sozialen oder auch bildungspolitischen Bereichen Mittel veranschlagt werden.
Das heißt, es liegt dann im Einfluss des Stifters, wohin das Geld fließt, und eben nicht mehr bei öffentlichen politischen Entscheidungsgremien. – Dass Sie als FDP sich darüber freuen,
weil Sie eine Klientelpolitik für die Vermögenden und Reichen in diesem Land betreiben, das kann ich mir gut vorstellen. Ich möchte aber nicht, dass Reiche und Vermögende mit ihrem Einfluss darüber entscheiden, welche gesellschaftlichen Aufgaben finanziert werden.
(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Früher hat das die SED gemacht! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Ach Gott! – Glockenzeichen des Präsidenten)
Deswegen sprechen kritische Beobachter auch von einer „Refeudalisierung der Gesellschaft“ oder von einem „steuersubventionierten Demokratieabbau“. Ich kann dieser Entwicklung nur sehr eingeschränkt etwas Positives abgewinnen. Ich glaube, dieser Trend müsste gesellschaftlich umgekehrt werden, meine Damen und Herren.
Dass sich Hessen in erheblichem Umfang an diesem System des Stiftungswesens beteiligt, das zeigt die Antwort auf die Große Anfrage der SPD doch recht deutlich. Ich finde es gut, dass die SPD ein wenig Licht ins hessische Stiftungsdunkel gebracht hat.
An insgesamt 25 Stiftungen in und außerhalb Hessens ist das Land mit Stiftungskapital beteiligt, Herr Hahn.
Sicherlich, das habe ich schon gesagt: Darunter sind einige, deren Ziele als gut und wichtig zu erachten sind.
Trotzdem stellt sich die Frage: Warum müssen denn dafür Stiftungen gegründet werden? Selbst der Hessische Rechnungshof hat festgestellt – das wissen Sie viel besser als ich, weil Sie länger dabei sind –, dass diese Stiftungen „nicht immer wirtschaftlich“ seien. Das müsste bei Ihnen doch die Alarmglocken schrillen lassen. Betriebswirt
Jetzt komme ich zu der fatalen Verbindung von Stiftungen und Leuchtturmprojekten: 2015 kritisierte der Rechnungshof, dass beispielsweise die Von-Behring-Röntgen-Stiftung, die nach der Privatisierung unseres Universitätsklinikums Gießen und Marburg gegründet worden ist, ihre eigenen Mehrkosten nicht erwirtschaftet, also betriebswirtschaftlicher Unsinn ist, dass das Stiftungsvermögen verlustreich angelegt worden ist und dass im Ergebnis nicht mehr, sondern weniger Mittel für die Förderung von Forschung und Lehre vorhanden sind.
In der uns nun vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage der SPD wird zudem noch vermerkt, dass das Stiftungskapital seit der Gründung real nicht erwirtschaftet werden konnte. Wenn es noch einen Beleg dafür gebraucht hätte, dass diese Stiftungsgründung Irrsinn ist, dann ist das am Beispiel der Von-Behring-Röntgen-Stiftung deutlich geworden.
An der Stelle will ich noch einmal sagen: Die beste Form der Förderung von Forschung und Lehre am Uniklinikum Gießen und Marburg wäre doch gewesen, dass man dieses Klinikum gar nicht erst verkauft. Und heute wäre die beste Form der Förderung von Forschung und Lehre, nach Wegen zu suchen, das Klinikum wieder in öffentliches Eigentum zu überführen.