Im Landtagswahlgesetz selbst hat diese Regierungskoalition festgeschrieben: Abweichungen von über 25 % der durchschnittlichen Wahlkreisgröße müssen korrigiert werden. – Das war nicht die SPD, nicht die FDP und es waren nicht die LINKEN, sondern das war diese Koalition.
Wir haben damals schon gesagt, wir haben aktuellere Zahlen. Wir haben das stichprobenartig versucht. Sie bekommen ohne Hexenwerk Zahlen der Wahlberechtigten für einen fiktiven Wahltermin im Jahre 2018. Gehen Sie zur Stadt Wiesbaden oder zu anderen Kommunen. Der Innenminister ist mit seiner Verwaltung nicht in der Lage, diese Zahlen zu liefern. Das ist ziemlich abenteuerlich, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Also Pannen und Pleiten. So geht es weiter. Jetzt stellen wir fest, das statistische Amt in Frankfurt hat offensichtlich ohnehin Schwierigkeiten, Zahlen richtig zu ermitteln.
Die Verantwortung dafür trägt ein Dezernent der CDU. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, was geschähe, wenn das ein SPD-Stadtrat in Frankfurt zu verantworten hätte. Was wäre das für ein Gebell von Ihrer Seite – um das deutlich zu sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich mache die Zahlen am Beispiel Frankfurts deutlich: Es sind sechs Landtagswahlkreise. Wahlberechtigt sind etwa 430.000 Einwohner. Die durchschnittliche Größe liegt also bei 71.600. Die Stadt Wiesbaden hat zwei Landtagswahlkreise und rund 188.500 Wahlberechtigte. Selbst wenn ich Frankfurt einen Landtagswahlkreis wegnehme, liegt die durchschnittliche Größe der Frankfurter Landtagswahlkreise bei 86.000. Wiesbaden liegt deutlich höher.
Wir haben Abweichungen von über 25 % im Main-KinzigKreis. Wir kommen in der Bergstraße nahe an eine Abweichung von 25 %. Immer dann, wenn ich aktuelle Zahlen zur Grundlage nehme, wie es sinnvoll ist, haben wir im Ballungsraum eine Bevölkerungszunahme.
Ich kann doch keine veraltete Datenbasis mit drei Jahre alten Daten zur Grundlage der Zuordnung im Jahr 2018 machen. Ein völlig absurdes Verfahren.
Wir als Sozialdemokraten wollen, dass diese Landtagswahl rechtssicher stattfindet. Der Gesetzgeber muss das organisieren. Wie soll ich das denn den Wählerinnen und Wählern im Wahlkreis Rotenburg des Kollegen Franz erklären? Die Abweichung dort oben beträgt über 25 %. Da muss gehandelt werden. Da gibt es auch gar keine Ausrede, da muss jetzt zwingend etwas geschehen. In der Stadt Frankfurt ist dagegen eine Abweichung von über 25 % akzeptabel, vielleicht weil dort wichtige CDU-Leute oder Leute der GRÜNEN wählen. Das ist doch Humbug. Es gibt keine unterschiedliche rechtliche Auslegung dazu.
Dann wurde festgestellt, die Zahlen stimmen nicht. Der Innenminister informierte uns sechs Wochen lang nicht darüber, nämlich vom 22. Januar bis zum 8. März um 7:58 Uhr.
Nun gibt es angeblich ein Gutachten. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Staatskanzlei macht eine rechtliche Bewertung und sagt jetzt auf einmal: Ach, man kann ja doch von den 25 % abweichen, das ist vielleicht doch nicht so schlimm.
Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, diesen Zustand akzeptieren wir nicht. Wir brauchen eine umfassende Wahlkreisreform in der neuen Wahlperiode. Das war immer der Ansatz der SPD, weil das deutlich komplexer wird.
Das war ein Vorschlag des Innenministers. Deswegen sage ich: Die Wahlen müssen rechtssicher stattfinden. Wenn Sie nicht zu Änderungen bereit sind, dann muss eben das hessische Verfassungsgericht, der hessische Staatsgerichtshof, hierüber entscheiden. Für all das, was dann kommt, sind nämlich Sie verantwortlich, schwarz-grüne Überheblichkeit. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu Beginn meiner Ausführungen vier klare Aussagen.
Erstens. Die Reform des Wahlgesetzes war notwendig. Das wissen alle, die sich ernsthaft mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben.
Sie war notwendig, da es teilweise erhebliche Abweichungen gab und da die FDP in einem Schreiben an den Innenminister auf diese Unterschiede hingewiesen hat und bei Nichtreaktion mit Klage drohte. Den bereits oft zitierten Brief kritisieren wir ausdrücklich nicht. Aber erst ein Vorziehen der Reform zu verlangen und sich dann vom Acker zu machen, wie es im Dezember praktiziert wurde, passt vielleicht zu geplatzten Jamaikaverhandlungen, aber nicht zu einem vernünftigen Umgang mit der Wahlkreisreform.
(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wow! Gutes Englisch! – Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)
Zweitens. Es war immer klar: Eine umfangreiche Reform, wie sie in Hessen notwendig ist, macht eine breite Beteiligung erforderlich. Deshalb soll sie erst in der nächsten Legislaturperiode und dann unter Einbeziehung einer parteiübergreifend besetzten Kommission erfolgen. Herr Kollege Rudolph, das wissen Sie auch. Insofern hätten Sie sich das Gebell an dieser Stelle sparen können.
Ja, das war ein Zitat. Also ihr Leute: Bellen tun Hunde im Schnee, aber wir sind uns einig, dass wir das nicht so sagen.
Drittens. Im Nachhinein offenkundig gewordene Fehler, die die Landesregierung nicht zu verantworten hat, gefährden die Landtagswahl im Oktober nicht.
Viertens. Insofern ist der Titel dieser Aktuellen Stunde definitiv falsch. Die Landesregierung ist keinesfalls verantwortlich für – ich zitiere – „weitere Pannen bei der Wahlkreiseinteilung“.
Zur vorgezogenen Kleinreform haben wir das Änderungsgesetz am 15. Dezember 2017 hier im Hessischen Landtag beschlossen. Grundlage waren damals die aktuellsten Zahlen des Statistischen Landesamts vom Dezember 2015. Diese Zahlengrundlage, Herr Rudolph, war richtig. Das hat auch Prof. Dr. Günther in dem Ihnen allen bekannten Gutachten klargestellt.
Erstens. Zwei Monate nach der Verabschiedung, also Mitte Februar 2018, hat das Landesamt die Zahlen mit Stand Dezember 2016 veröffentlicht. Die dort festgestellten Veränderungen sind minimal und führen nur in einem Fall zu einer Überschreitung der 25-%-Grenze von einem Durchschnittswahlkreis, nämlich im Wahlkreis 41 Main-Kinzig. Da beträgt die Überschreitung genau 0,07 Prozentpunkte. Das entspricht einer Abweichung von 56 Wahlberechtigten. Das war – und darauf hat Prof. Günther ebenfalls hingewiesen – nicht vorhersehbar, ist aber unschädlich.
Herr Rudolph, so viel zu dem Schreckgespenst, das Sie hier heraufbeschworen haben. Sie haben damals wie auch heute wieder behauptet, die Veränderungen seien im Vergleich zu 2015 immens und unsere Änderungen vollkommen sinnlos. Das war und ist falsch. Wir sprechen hier über 56 Wahlberechtigte.
Zweitens. In der Zwischenzeit ist ein weiterer Fehler aufgefallen: In Frankfurt ist bei der Umrechnung der Bevölkerungszahlen ein Fehler passiert. Nach den jetzt vorliegenden Zahlen hat der Wahlkreis 34 demnach weniger Wahlberechtigte, als wir im Dezember zugrunde gelegt haben.