Wie machen wir das? – Mit den denkbar einfachsten Mitteln, entlehnt – auch das hatte ich gesagt – aus einem baden-württembergischen Beispiel für die Finanzierung von U 3. Dort wurde das ursprünglich von einer grün-roten
Landesregierung in Gang gesetzt. Wir sagen: Das Land übernimmt zwei Drittel der Betriebskosten für die Veranstaltung frühkindliche Bildung. Damit es einfacher wird, haben wir die zwei Drittel Betriebskosten umgerechnet in den entsprechenden Anteil an den Personalkosten. Das sind 82,5 %. Das ist einfach auszurechnen auf Basis der Personalschlüssel, die wir, auf die Gruppe bezogen, neu anwenden. Ich habe das immer an einem Beispiel dargestellt: Für einen viergruppigen Kindergarten Ü 3 würde man statt auf sieben Stellen auf 10,3 Stellen kommen, wenn man die tarifliche Bezahlung, tarifliche Eingruppierung und die tarifliche Einstufung zugrundegelegt. Dann legt man die Jahrespersonalkostentabelle daneben und addiert auf, was in dieser Kita, in dieser entsprechenden Einrichtung tatsächlich an Personalkosten anfällt, und multipliziert das mit 82,5 %. Dann hat man den vom Land zu tragenden Beitrag, dynamisiert und garantiert für die Laufzeit dieses Gesetzes.
Was kostet das Ganze? – Normalerweise wird uns immer von Ihrer Seite vorgeworfen, wir würden hier mit Milliardenbeträgen um uns schmeißen.
Ja, ja, Herr Minister, ganz langsam. – Zumindest habe ich festgestellt, dass Sie in den Behauptungen darüber, was unser Entwurf kosten würde, mit Milliardenbeträgen nur so um sich schmeißen. Also, Herr Boddenberg schreibt – – Jedenfalls steht Ihre Unterschrift darunter, deswegen haben Sie es bestimmt auch selbst geschrieben.
Herr Kollege Boddenberg, da Sie ja nicht vom Fach sind, erkläre ich es Ihnen jetzt. Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass die vollständige Beitragsfreistellung 1 Milliarde € kosten würde, wie Sie zu schreiben belieben.
Herr Minister, Sie haben in der letzten Fragestunde erklärt, dass Ihr Modell, wie es auch im Haushalt steht, in der Endausbaustufe, also im Jahr 2020, 310 Millionen € kostet.
Ich empfehle, den Dialog einzustellen. Herr Kollege Merz, erstens haben wir vereinbart, dass es keine Zwischenrufe von der Regierungsbank gibt. Zum Zweiten ist Ihre Redezeit um, sodass ich Sie bitten muss, zum Ende zu kommen.
Er schreibt, aus der Gebührenfreistellung ergebe sich unzweideutig ein Betrag von über 1 Milliarde €. Kollege Dr. Bartelt hat auch von 1 Milliarde € gesprochen, und der Staatssekretär hat davon gesprochen, dass es in die Milliar
den gehe. Nichts davon ist der Fall. Wenn Sie es genauer wissen wollen: Bleiben Sie hier, ich komme vielleicht noch einmal.
Vielen Dank, Herr Kollege Merz. Ich spare mir jetzt die Rückfrage, ob das eine Ankündigung oder eine Drohung war.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der wesentliche Forderungen dahin gehend erhebt, dass alle Kinderbetreuungsformen kostenlos werden, dass man als Land zwei Drittel der Kosten übernehmen solle, unter anderem in Form von 82,5 % der Personalkosten. Sie will darüber hinaus höhere Standards; z. B. hat sie beschrieben – wie eben von Herrn Kollegen Merz ausgeführt –, wie mit Leitungsausfall, mittelbaren pädagogischen Vorbereitungszeiten, Umstellungen auf die Gruppenzahlungen umgegangen werden soll. Sie hat damit ein umfangreiches Paket geschnürt, das die Diskussion aufgreift, die es seit mindestens vier oder fünf Jahren zu der Frage gibt: Wie kann man die Qualität in der Kinderbetreuung verbessern?
Dieser Gesetzentwurf ist von den Inhalten her in vielen Punkten mehr als diskussionswürdig. Viele Erzieherinnen tragen vor, dass sie sich kleinere Gruppen wünschen, dass sie sich mehr Fachkräfte wünschen und dass sie noch mehr Mittel als Kompensation für den Ausfall der Leitung oder anderes mehr bekommen möchten. Darüber lässt sich auch in der Qualitätsdebatte diskutieren. Viele dieser Punkte sind diskussionswürdig. Sie sind auf jeden Fall ernst zu nehmen, und sie sind bei der Frage, wie man Kindereinrichtungen in Zukunft zu Bildungseinrichtungen weiterentwickelt, sicherlich auch wieder aufzugreifen. Sicherlich geht es nicht, das alles zu einem Paket zu verschnüren.
Herr Merz, da kamen Sie gerade nicht weiter. Ich hatte mich gemütlich eingerichtet, als Sie Ihre Mehrkosten ausgerechnet bzw. fast Forderungen nach Kostenfreiheit gestellt haben. Sie wollen kostenlose Kindergärten, aber Sie wollen auch, dass sich das kostenneutral im Landeshaushalt widerspiegelt. Leider geht diese Rechnung nicht auf. Denn wenn Sie nur – wir reden über zusätzliche Kosten – –
Geben Sie mir wenigstens recht, dass es mehr kosten wird, wenn wir die Kindergärten ganztägig kostenlos stellen.
Ich sehe ein Nicken. – Wenn Sie gleichzeitig die Betreuung für die unter dreijährigen Kinder auch kostenlos anbieten, wird das mehr kosten. Dann wollen Sie auch noch zwei Drittel der Kosten von den 2,4 Milliarden € in Hessen, die das laut dem Statistischen Landesamt bisher gekostet hat, übernehmen. Das ist mehr als bisher. Richtig? –
Ich höre kein Ja mehr, aber ich kann Ihnen sagen: Die Umsetzung dieser Forderung von Ihnen wird auch mehr Geld kosten.
Sie werden, wenn Sie über die Leitungsfreistellung, die Entschädigung für Ausfallzeiten oder die mittelbare pädagogische Arbeit diskutieren, mehr zusätzliche Kosten einplanen müssen. Ich würde mir wünschen, dass ein Ja aus der Ecke der SPD kommt.
Jetzt können wir uns daranmachen, zu überlegen: Wie viel mehr werden diese Kosten ausmachen? Bei der Bewertung schwanken wir. Aber konservativ und netto berechnet – Sie wollen das aus dem KFA wegnehmen –, gehen wir davon aus, dass die Beitragsfreistellung für alle mindestens 600 Millionen € mehr kosten wird und dass die verbesserte personelle Ausstattung, die ich eben geschildert habe, mindestens 400 Millionen € mehr ausmacht. Die Gebührenfreiheit für die Betreuung unter Dreijähriger schlägt noch einmal mit etwa 300 Millionen € zu Buche. Damit sind wir bei Mehrkosten von über 1 Milliarde €.
Ich bin gespannt darauf, ob Sie das anders berechnen. Wir streiten uns darüber: Sie selbst sprechen von 700 Millionen €; ich gehe von mindestens 1 Milliarde € aus.
Aber dann haben wir noch nicht darüber nachgedacht, was die Umstellung auf die Gruppenfinanzierung bedeuten würde. Konservative Schätzungen gehen dabei von 1 Milliarde € aus. Andere Finanzpolitiker reden mit Blick darauf von über 1,3 Milliarden € und vielem mehr.
Wir reden jetzt über eine finanzpolitische Schwerpunktsetzung. Wir haben in diesem Jahr mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 die freiwilligen Leistungen – ich nenne das jetzt einmal so – des Landes von 460 Millionen € auf weit über 800 Millionen € angehoben. Aus meiner Sicht haben wir eine fantastische und großartige Schwerpunktsetzung vorgenommen, die den Dreiklang betont: 50 Millionen € mehr in Qualität, 86 Millionen € mehr in den Ausbau, und in der Endausbaustufe werden die Beitragsfreistellungen etwa 310 Millionen € jährlich kosten. Diese Beinaheverdopplung der finanziellen Anstrengungen des Landes Hessen war nicht einfach zu finanzieren, jedoch ist sie jetzt seriös finanziert. Eine Verdopplung der Leistungen ist ein großartiges Signal. Niemand kann das negieren.
Auch in den Anhörungen hat die weit überwiegende Mehrheit der Sachverständigen gesagt – apropos selektive Wahrnehmung –, dass das der richtige erste Schritt und dass es ein guter Schritt zur Entlastung der Eltern sei. Das sollte man auf allen Seiten dieses Hauses zur Kenntnis nehmen.
Wir stellen fest: Die Qualität wird besser – mit 50 Millionen €. Es wird weiter ausgebaut, und es wird eine deutliche Entlastung der Eltern geben. Sie kennen das Rechenbeispiel: Bis 5.000 €, über drei Jahre gerechnet, stellen einen guten Schritt dar.
Bei der Frage, ob das das Ende der Fahnenstange sei, haben alle Beteiligten aller Parteien in diesem Hause gesagt, dass es sich um eine deutliche Kraftanstrengung gehandelt habe. Mit Blick auf die Verdopplung dieser Leistung auf über 800 Millionen € kann man nicht so tun, als habe die Landesregierung nichts getan oder als hätten CDU und GRÜNE nicht auf die geänderte Lage reagiert. Das ist eine sehr gute finanzpolitische Schwerpunktsetzung für frühkindliche Bildung.
Trotzdem wird das nicht das Ende der Diskussion sein. Welche Wege müssen mit dem nächsten Haushalt eingeschlagen werden? Wie kann die Qualität vor Ort noch stärker verbessert werden? Vielleicht gibt es eine Debatte, ob wir noch weiter über Beitragsfreiheit diskutieren müssen. Vielleicht werden wir ganz neu über die Umsetzung des Beschlusses der Großen Koalition zur garantierten Kinderbetreuung in der Grundschule sprechen. Auch da sehe ich eine große finanzielle Herausforderung auf uns zukommen. Das alles werden wir zu gegebener Zeit diskutieren.
Aber der Gesetzentwurf beschreibt, was in diesem Doppelhaushalt möglich ist. Ich erspare mir – – Nein, ich sage es doch: Ich glaube, dass das Versprechen der SPD, dass es, aufsetzend auf diesem bereits verdoppelten Haushaltsansatz von CDU und GRÜNEN in Höhe von 800 Millionen €, eine Mehrbelastung in Höhe von über 1 Milliarde € für den Landeshaushalt geben wird, nicht seriös ist.
Der Kollege Merz hat selbst schon seine Ausführungen relativiert: Wer allen alles verspricht, wird manches halten müssen. – Damit zeigen Sie selbst Ihr wahres Gesicht. Sie wollen zwar allen alles versprechen, aber am Ende machen Sie nur das, was wir schon machen, nämlich eine seriöse Politik.