Protokoll der Sitzung vom 24.04.2018

Den vierten Punkt finde ich einfach frech: die QSL-Mittel auf Ihre Fahnen zu schreiben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist wirklich ein Witz! Eine rot-rot-grüne Mehrheit war das!)

Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Denn sie waren zur Qualitätsverbesserung als Ersatz für Studiengebühren gedacht. Dass die Hochschulen heute gezwungen sind, das zur Aufrechterhaltung der Kapazität einzusetzen, das ist Ihr Versagen und nicht Ihr Verdienst.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Die CDU hat gegen die QSL-Mittel gestimmt!)

Mit Verlaub, halb so frech ist die Frage der dritten Förderlinie. Ich erinnere mich noch, dass sie am Anfang gar nicht dabei war. Ich erinnere mich noch, wer hier im Landtag

debattiert hat, dass dringend etwas für diese Förderlinie für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder Fachhochschulen, wie die meisten damals noch hießen, getan werden muss – aber interessant.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage trotzdem: Wenn ich mir das anschaue, rede ich von Problemen, für die ich, wenn ich Minister wäre, keine Lösung hätte – nicht alleine. Ein Betreuungsverhältnis von 1 : 92 wieder auf einen Stand zu bringen, der alleine qualitätsvolle Hochschullehre an den Hochschulen bringen würde, ist eine Kraftanstrengung, die wir nur gemeinsam mit allen Bildungspolitikern leisten können. Da geht es um Prioritäten in der Landes- und Bundespolitik, und da sind wir noch lange nicht am Ende.

Ich weiß, dass es schwierig ist, und dort hätte ich durchaus erstens gerne das Anmerken des Problems gehört, statt zu sagen, alles ist toll. – Nein, die Qualität an hessischen Hochschulen nimmt ab, obwohl die Professoren Überlast fahren und die wissenschaftlichen Mitarbeiter das ohne Ende tun. Zweitens müssen wir es gemeinsam regeln, und dazu wären wir grundsätzlich auch bereit.

Der letzte große Punkt sind die Probleme mit LOEWE selbst, mit der Nachhaltigkeit. Der Wissenschaftsrat hat LOEWE relativ früh, 2013, begutachtet. Zitat Nr. 1 kommt Ihnen in diesem Zusammenhang gerade bekannt vor: Voraussetzung programmgeförderter Forschung ist eine ausreichende Ausstattung der Hochschulen mit Grundmitteln. – Genau das: Wenn man obendrauf eine Fokussierung auf Spitzenforschung setzt, braucht man untendrunter eine Universitätswelt, in der die normale Forschung im normalen Universitätsbetrieb geht.

Der zweite Punkt ist der Übergang von Bundeseinrichtungen – das haben Sie relativ gut hinbekommen; kein Abstrich. Das haben Sie in Ihrer Erklärung beschrieben.

Der nächste Punkt ist, für erfolgreiche Zentren eine konkrete Form der institutionellen Verstetigung festzulegen. – Hier haben Sie noch immer ein Problem; denn es gibt eine ganze Reihe von Förderschwerpunkten und -zentren, die in der Luft hängen, weil sie nicht wissen, was passiert, wenn LOEWE zu Ende ist. Es hat dort Abfinanzierungsvarianten gegeben. Es gibt also für einen Teil eine Lösung. Aber, ehrlich gesagt, es gibt eine Reihe von guten Projekten, die nicht wissen, wie es weitergeht, wenn LOEWE zu Ende ist.

Mit Verlaub, solange die Hochschulen diese Überlast fahren, können Sie nicht erwarten, dass sie irgendwoher ein paar Millionen schaffen, um ein Forschungsgebiet völlig neu auszustatten. Ich glaube, dass wir an der Stelle sehr genau schauen müssen, wie die Hochschulwelt weitergeht.

Das Problem ist zum Teil in ein paar anderen Entscheidungen angelegt, und über die Entscheidungen hätte man reden müssen. Das Kooperationsverbot hat z. B. dazu geführt, dass der Bund, da er die Lehre nicht mehr finanzieren konnte, sein Geld, das er für Hochschulen zur Verfügung stellen konnte, in erster Linie in den Jahren vor dem Hochschulpakt 2020 für außeruniversitäre Forschung zur Verfügung stellte. Wenn Sie sehen, dass außeruniversitäre Forschung Zuwächse von 75, 80 und 90 % in den letzten fünf Jahren hatte und was die Hochschulen an Zuwächsen haben, werden Sie feststellen, dass sich dort ein Problem aufgebaut hat.

Denn an die außeruniversitären Forschungseinrichtungen kann nach der Selbstdefinition ihrer eigenen Exzellenz nicht einfach jeder Studierende gehen, sondern es betrifft eine sehr kleine Zahl von Studierenden. Die Frage ist, wie man das zurückführt, und zwar nicht in der Förderung, aber so, dass man außeruniversitäre Forschung und universitäre Forschung wieder in einem Konzept zusammenbringt, sodass normale Studierende, wie das früher der Fall war – ich selbst habe in der HSFK einen langen Teil meiner Lebenszeit verbracht –, dort als normale Studierende arbeiten können.

Die bundesweite Exzellenzinitiative und LOEWE haben exakt die gleichen Probleme, weil sie so zugeschnitten sind, dass sie auf bestimmte Spitzenergebnisse zulaufen. Das bedeutet zwangsläufig den Ausschluss eines Großteils der Studierenden.

Wir glauben nicht daran, dass es ganz wenige Menschen sind, die eine gute Universität ausmachen und die sich in diesen Zentren konzentrieren. Wir glauben vielmehr daran, dass es eine kluge Idee ist, das gesamte Potenzial der Studierenden auch in solchen Einrichtungen zu nutzen. Denn Sie werden feststellen, dass Sie selbst von denen, die Sie nicht von vornherein für die Spitze ihres Jahrgangs halten, kluge Anregungen bekommen. Sie wissen ja: Es gibt keine dummen Fragen, sondern es gibt nur dumme Antworten.

Wenn ich das zusammenfasse – damit merken Sie, ich brauche noch nicht einmal die Redezeit, die hier unsere Lebenszeitverschwendung bedeutet –,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ist es relativ einfach: Ja, die hessischen Unis sind gut, sie sind sogar sehr gut. Klammer auf: Die Frage, ob Sie es endlich schaffen, auch in den Geisteswissenschaften den Anteil zu erreichen, den wir an Forschung brauchen, ist noch immer unbeantwortet.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Satz: Im Vergleich zu den Universitäten und den anderen Bundesländern ist diese Landesregierung weiterhin mittelmäßig. Daran hat sich nichts geändert. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abg. May für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Exzellente Forschung findet in Hessen nicht nur an wenigen vermeintlichen Eliteuniversitäten statt, vielmehr sehen wir diese exzellente Forschung an vielen Hochschulinstituten unseres Landes verortet. Daher ist es auch richtig, dass die LOEWE-Förderung so aufgebaut ist, dass sie sich potenziell an alle möglichen Hochschulen in diesem Land richtet und nicht sagt, die und die Hochschule ist per se exzellent.

(Janine Wissler (DIE LINKE): So ist es aber!)

Nein, Frau Kollegin Wissler, da liegen Sie nicht richtig.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich lese Ihnen gleich alle Zahlen vor! – Gegenruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE): Das wird ihn nicht interessieren!)

Ja, Sie können mir gleich alle Zahlen vorlesen. Trotzdem ist es so, dass sich dieses Programm an alle Hochschulen und auch an alle Hochschultypen richtet. Entscheidend ist für uns die wissenschaftliche Qualität. Es mag sein – da haben Sie recht –, dass die Fördervolumina bei den Zentren größer sind als bei dem KMU-Verbund. Aber die Förderfrage wird dort ganz anders gestellt. Daher ist es logisch, dass sich die Volumina dort unterscheiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vor allem aber wollte ich darauf hinweisen, dass ich es für keinen besonders fachlichen Ansatz halte, wenn die Forschungsförderung anderenorts davon ausgeht, dass eine Hochschule per se als exzellent gilt und dafür auf alle Ewigkeit einen besonderen Förderbonus bekommen soll. Wir sind bei LOEWE anders aufgestellt. Wir gehen davon aus, dass es ein Wettbewerbsverfahren geben muss, dass sich die Forschung selbst dadurch reguliert, dass an wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt werden muss, was förderfähig ist, und dass wir eben keine Vorurteile haben, was förderfähig ist und was nicht.

Das LOEWE-Programm hat bereits viele Forschungsprojekte erfolgreich angestoßen. Ich habe die sitzungsfreien Zeiten im Landtag immer wieder dazu genutzt, mir einzelne Projekte und Zentren vorstellen zu lassen. Ich kann jedem Abgeordneten auch nur empfehlen, einmal zu schauen, was die Forscherinnen und Forscher so machen. Ich finde es immer wieder erstaunlich und in höchstem Maße beeindruckend, was dort auf den Weg gebracht wird.

Wenn ich zurückdenke: Das ist z. B. das Zentrum BiK-F, wo über Biodiversität und Klima geforscht wird, was jetzt verstetigt worden ist. Sie beschreiben ihre Aufgabe sehr deutlich damit:

Biodiversitätsverlust und Klimawandel gehören zu den großen Herausforderungen unserer Zeit. Sie beeinflussen sich gegenseitig – um sie zu verstehen, muss die Forschung beide Felder einbeziehen.

Daran sehen Sie, wie in hohem Maße aktuell und relevant für einen jeden die Forschung dort ist. Sie sehen auch, wie segensreich das LOEWE-Programm ist, das dieses Zentrum überhaupt erst möglich gemacht hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Sehr geehrter Herr Kollege Grumbach, die Prozentangaben, die Sie eingeführt haben, konnte ich in der Kürze der Zeit nicht nachvollziehen. Aber eines muss man auch ganz klar sagen: Ohne diese projektbezogene Förderung, die wir bei LOEWE haben, haben wir nicht diesen Vorteil, dass wir Projekte und Zentren schaffen, die dann auch verstetigt werden; denn dafür ist das Bundesgeld maßgeblich. Das ist ein Punkt, wo man über die Ursachen trefflich streiten kann. Aber wenn es einen Wettbewerb darum gibt, dass wir in Bundesförderung reinkommen wollen, wenn wir wollen, dass die großen Forschungsverbünde bei uns Zentren übernehmen, dass wir Sonderforschungsbereiche anregen können, dann ist es richtig, dass wir eine eigene Forschungsförderungslinie dafür haben, die unsere Hoch

schulen gezielt dabei unterstützt, dieses Bundesgeld nach Hessen zu holen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte noch ein anderes Zentrum hervorheben, wo ich auch mehrfach war. Das ist das Zentrum SAFE in Frankfurt, wo die Forscherinnen und Forscher führend sind, was die Erforschung von Fragen der Finanzströme bis hin zur Anfälligkeit der Bankensysteme für Krisen angeht, womit in Frankfurt etwas zumindest auf unserem Kontinent Einzigartiges an Forschung geleistet wird. Wenn man an die Krisen der Vergangenheit in diesem Bereich denkt, wird doch sehr deutlich, wie relevant und segensreich diese Arbeit ist, die ohne das LOEWE-Programm nicht möglich wäre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ein anderes Zentrum ist Synmikro in Marburg, das vor allem im Bereich Molekularbiologie arbeitet, wo jetzt beispielsweise daran gearbeitet wird, DNA als Speichermedium für technische Anwendungen nutzbar zu machen, was Platz-, aber auch Energiefragen lösen würde, oder wo die Forscherinnen und Forscher schauen, wie neue wirksame Antibiotika auf den Weg gebracht werden können.

Die Forscherinnen und Forscher sagen im Übrigen auch – das kann man vielleicht auch einmal an geeigneter Stelle zu Gehör bringen –, dass die Art und Weise, wie wir Massentierhaltung unter permanentem Einsatz von Antibiotika betreiben, unter Forschungsgesichtspunkten der helle Wahnsinn ist. Aber das nur am Rande. Auch diese Ergebnisse wären ohne das LOEWE-Programm so erst einmal nicht möglich gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Aber es sind nicht nur die großen Zentren. Es gibt auch kleinere Forschungsprojekte, auch die KMU-Vorhaben, wo nicht so viel Geld drinsteckt – das ist tatsächlich richtig –, wo es vielleicht einen Unterschied in der Quantität gibt, aber nicht in der Qualität.

Da möchte ich als Beispiel das Forschungsvorhaben „Bauen mit Papier“ hervorheben, kurz BAMP, das in Darmstadt betrieben wird. Es mag erst einmal abstrus wirken, dass an unseren Hochschulen Papier als Baustoff erforscht wird. Aber es ist ihr voller Ernst und hoch faszinierend. Auch dieses Projekt wäre ohne LOEWE nicht möglich gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ein weiteres Projekt ist das Forschungsprojekt CUBE, auch das im Volumen eher klein, aber eine hochaktuelle Fragestellung, nämlich wie man volatile erneuerbare Energien in Stromnetze einspeisen kann und damit für Verstetigung sorgen kann. Das wurde interessanterweise übrigens noch 2013 entschieden, als die FDP, die davon ansonsten nicht so viel wissen will, noch Mitverantwortung getragen hat. Auch dieses Forschungsvorhaben CUBE wäre ohne LOEWE nicht möglich gewesen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hört, hört!)

Die LOEWE-Förderung hat also eine ganze Reihe von hochinteressanten und faszinierenden Forschungen in unserem Land auf den Weg gebracht. Aber vor allem ist sie Grundstein dafür – das habe ich gerade schon einmal gesagt –, dass Bundesgeld zur Forschungsförderung nach Hessen geleitet wird.

Kollege Grumbach hat eingeführt, dass das eine Folge der Föderalismusreform ist. Das mag so sein. Die Föderalismusreform – das nur der Vollständigkeit halber – war keine Idee, die von dieser Landesregierung allein kam. Da waren auch wichtige Ministerpräsidenten der SPD dabei, die das mit vereinbart haben. Von daher reicht das jetzt nicht zum Vorwurf gegenüber dieser Landesregierung.