Der Wunsch nach einer irgendwie gearteten Fachkräftezuwanderung verträgt sich kaum mit einer Staatsräson, die Einwanderung am liebsten verhindern möchte, die auf Begriffe wie „Heimat“ setzt und zugleich eine unmenschliche Abschiebepolitik betreibt.
Wer Zuwanderung möchte, muss sich positiv gegenüber Einwanderung positionieren, der muss Einwanderung als Chance sehen und nicht als Gefahr, die es zu steuern, zu kontrollieren und abzuwehren gilt. – Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich glaube, wir haben uns bei unserem Antrag tatsächlich verschätzt. Wir haben geglaubt, es gehe tatsächlich um die Fachkräftesicherung in diesem Land.
Wir haben uns mit der Frage auseinandergesetzt, was wir zunächst einmal innenpolitisch tun können. Und wir haben diesen Antrag der FDP tatsächlich ernst genommen und uns Gedanken darüber gemacht, was eigentlich die Stabsstelle Fachkräftesicherung im Sozialministerium macht und was eigentlich die Diskussion der Landesebene mit den vielen Akteuren der Wirtschaft und den Gewerkschaften macht.
Wir haben dann Beschlüsse dazu gefasst, wie wir das angehen wollen und wie wir die Ausbildungsquoten erhöhen können, damit noch mehr Jugendliche Fachkräfte werden. Wir haben uns viele Stunden lang darüber unterhalten, was wir noch mehr tun können, damit tatsächlich die nicht qualifizierten Erwachsenen qualifizierter werden. Wir haben uns damit beschäftigt, wie Frauen als großes Potenzial des Arbeitsmarktes noch besser akquiriert werden können und wie ältere Menschen länger gesund und im Arbeitsmarkt bleiben.
Darüber haben wir uns Gedanken gemacht. Wir haben uns Gedanken gemacht, was wir innenpolitisch tun können, damit der Fachkräftemangel aktiv angegangen und bekämpft wird. Ich finde, dass Hessen innenpolitisch eine ganze Menge von dem tut, was zu tun ist.
Aber ich gebe zu: Wir haben die FDP da eindeutig überschätzt. Um die Frage geht es offensichtlich nicht, sondern es geht um die Frage, was eigentlich mit dem Einwanderungsgesetz passiert. Da kommen Sie mir gerade recht, Herr Kollege von der FDP, die hier in den letzten 19 Jahren mindestens zwei Legislaturperioden lang an der Landesregierung beteiligt war.
Herr Rock, Sie werden uns sicherlich für das Protokoll Ihre Initiativen für ein Einwanderungsgesetz in dieser Zeit nachreichen. Dass Sie jetzt mit großem Tremolo vortragen – –
Nein, Herr Blechschmidt, das ist die Frage: Was ist Ihr Arbeitsnachweis, liebe FDP, für ein Einwanderungsgesetz in den letzten Jahrzehnten gewesen? – Ich sage es Ihnen: null Komma null.
Jetzt kommen wir zum zweiten Punkt, die Verhandlungsebene, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Wir haben auf der Bundesebene Sondierungsgespräche zwischen den GRÜNEN, der FDP und der CDU zu dem The
ma geführt. Bei den Sondierungsgesprächen einer neuen Bundesregierung steht auf Seite 32 als geeinigt: Wir wollen ein neues Zuwanderungsgesetz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wenn Sie nicht so vorsichtig oder ängstlich gewesen wären, endlich in dieser Bundesregierung auch Verantwortung zu übernehmen, dann hätten wir jetzt schon ein Gesetz, das man in der Bundesregierung verabschieden könnte. Aber Sie sind fahnenflüchtig geworden und hatten Angst vor der Verantwortung. Deswegen gibt es kein Jamaika auf Bundesebene und kein Einwanderungsgesetz von Jamaika. Auch das ist Ihre Verantwortung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe der Abg. Dr. Frank Blechschmidt und René Rock (FDP))
Ja, dafür müssen Sie einmal geradestehen. Man kann nicht sagen: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. – Diese Nummer läuft eben nicht. Man kann dieses Land auf Bundesebene regieren. Man muss nur dazu stehen. Das wollten Sie nicht. Deswegen müssen Sie jetzt auf der Landesebene mühsam so tun, als ob es einen besonders großen Druck gäbe.
Deswegen frage ich noch einmal, Herr Kollege Di Benedetto – – Nein, ich bleibe noch eine Minute bei Ihnen, Herr Kollege von der FDP. Im Jahr 2003 – das möchte ich Ihnen jetzt auch nicht verheimlichen – hat die damalige Bundesregierung aus SPD und GRÜNEN ein Gesetz verabschiedet. Das ging in den Bundesrat und wurde dort verhindert. Das Einwanderungsgesetz von der rot-grünen Bundesregierung wurde im Jahr 2003 dort von CDU und FDP verhindert.
Ach ja. Das ist ein Ding, oder? – Wir hätten jetzt schon 15 Jahre lang ein Einwanderungsgesetz, wenn die FDP damals Rückgrat gehabt hätte. Das ist die Wahrheit. Das will Herr Rock aber nicht hören. Ich finde, das sollte man heute auch noch einmal sagen – 15 Jahre später.
Guten Morgen, liebe FDP. Sie bringen Anträge ein, und jetzt müssen Sie sich auch damit befassen, welche politischen Konsequenzen Sie vorher hatten.
Das habe ich Ihnen gerade gesagt. Wir in Hessen haben innenpolitische Maßnahmen der Ausbildungsförderung, der Integration, der Quereinstiege, der Wiedereingliederung, Maßnahmen, um ältere Menschen gesund zu halten, und vieles andere mehr.
Der Fachkräfteaktionskatalog ist groß und umfangreich. Das können Sie nachlesen. Das haben wir Ihnen vorgelegt. Ich entschuldige mich, dass wir Ihnen das vorgelegt haben. Das scheint Sie nicht zu interessieren. Aber das ist es, was wir tun können.
Was wir GRÜNE wollen, wissen Sie schon seit weit über 20 Jahren. Wir waren die erste Partei, die ein Einwanderungsgesetz wollte. Wir haben das 2003 gemeinsam mit der SPD in der Bundesregierung in den Bundesrat eingebracht. Wer hat das verhindert? – Sie haben es verhindert.
So viel zum Thema. Ich glaube, damit ist eigentlich die Initiative schon längst in sich zusammengefallen. Es ist ein einfach zu durchschauender Versuch, hier irgendwo Unfrieden zu säen, was ich auch gar nicht verstehe. Denn Sie sind doch auch in der Lage, zu lesen. Haben Sie den Koalitionsvertrag von CDU und SPD, den noch aktuell gültigen – man weiß ja nicht, wie schnell die Koalitionspartner da auseinanderstieben –, gelesen? Sollte er gültig bleiben, steht Folgendes darin:
Deshalb werden wir ein Regelwerk zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und das damit verbundene Recht des Aufenthalts und der Rückkehr in einem Gesetzeswerk erarbeiten, das sich am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientiert. Ein solches Gesetz wird die bereits bestehenden Regelungen zusammenfassen, transparenter machen und, wo nötig, effizienter gestalten.
Vulgo, das wird ein zukünftiges Einwanderungsgesetz. Herr Kollege Di Benedetto, lieber Herr Kollege von der FDP, das steht da drin. Wir stehen hier in Hessen mit staunenden Augen und warten auf den Entwurf. Ich stelle jetzt fest, lieber Kollege Di Benedetto von der SPD, dass Ihre Kollegen von der Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt haben, der im Innenausschuss von den Koalitionspartnern blockiert wird, von der CDU, aber nicht von uns.
Deswegen frage ich: Warum schimpfen Sie auf diese Ecke? – Schimpfen Sie auf Ihre Bundesregierung. Sie soll endlich ihren Job machen, den sie im Koalitionsvertrag festgelegt hat. Dann wären wir einen deutlichen Schritt weiter.
Es wird mehr und mehr eine Übersprungshandlung. Das betrifft das, was Sie auf Bundesebene nicht hinbekommen. Da freue ich mich schon. Das haben wir schon in anderen Feldern erlebt. Jetzt vereinbaren Sie mit der CDU auf Bundesebene ein Einwanderungsgesetz. Ich fasse das einmal so zusammen: Ich als Bürger dieses Landes erwarte von Ihnen, dass die Bundesregierung das, was sie verspricht, auch tut.
Ich finde es ziemlich albern, Wochen, bevor der Entwurf kommt, im Landtag so zu tun, als müssten wir jetzt schneller sein als die regierende Bundesregierung. Ich finde das ein bisschen albern. Ich finde es nicht seriös. Ich würde von Ihnen erwarten, Herr Di Benedetto und Herr SchäferGümbel als stellvertretender Parteivorsitzender, dass die Telefone glühen und Sie sagen: Morgen bringen wir das im Bundestag ein, und dann haben wir das endlich auf der Rutsche, und dann können wir uns auch im Bundesrat so verhalten. – Machen Sie endlich Ihren Job.
Wenn die FDP dann einmal aufhört, zu blockieren – wir freuen uns, dass Sie sich eingliedern in die Gemeinschaft derjenigen, die das Einwanderungsgesetz wollen; denn wir GRÜNE wollten das schon jahrzehntelang –, wenn die Bundesregierung ihren Job macht, dann haben wir tatsäch
Ich habe vorgetragen, was wir alles innenpolitisch tun. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie das gar nicht interessiert. Sie wollten rein parteipolitisch schauen, wie weit Sie hier jemanden ärgern können. Aber das fällt Ihnen sowas von selbst auf die Füße. 2003 haben Sie nicht zugestimmt. Damals hätten Sie das tun können. Dann hätten wir schon 15 Jahre ein Einwanderungsgesetz. Sie sollten noch ein paar Minuten länger überlegen, bevor Sie solche Anträge stellen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie merken, dass das Thema Einwanderungsgesetz immer wieder die Gemüter bewegt – ich denke, auch mit Recht. Denn über kaum einen Tatbestand ist in den letzten 20 Jahren so viel diskutiert worden wie über das Thema eines Einwanderungsgesetzes.
Natürlich überrascht der Antrag der FDP-Fraktion schon, weil sich die Koalitionspartner auf Bundesebene erst vor wenigen Wochen in dem Koalitionsvertrag, den sie gemeinsam geschlossen haben, sehr ausführlich mit der Thematik der Erwerbsintegration beschäftigt haben. Insofern ist der Antrag heute eigentlich auch schon überholt.
Wenn wir jetzt Herrn Di Benedetto gehört haben, der mit einer Verve seine Auffassungen oder die der SPD-Landtagsfraktion vorgetragen hat, stellt man sich schon folgende Frage: Wenn ich mich recht entsinne, gab es vor nicht allzu langer Zeit einen Mitgliederentscheid bei der SPD über den Abschluss eines Koalitionsvertrages. 66 % – das ist im Moment sozusagen eine Zahl, die bei der SPD eine Rolle spielt – haben entsprechend zugestimmt. Das sind also round about zwei Drittel.
Wenn ich jetzt in die Reihen der SPD schaue, die frenetisch Beifall geklatscht hat, als Herr Di Benedetto gesagt hat, dass das alles nicht ausreicht, was im Koalitionsvertrag steht, müssten rein statistisch zwei Drittel von Ihnen, die Sie heute geklatscht haben, eigentlich gegen Ihre Überzeugung gestimmt haben, als Sie dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben. Denn die Regelungen zum Einwanderungsgesetz stehen dort drin.
Nein, Sie haben ja keinen Mitgliederentscheid gemacht, Herr Greilich, das hat ja die SPD gemacht. Sie haben Jamaika mitgemacht bzw. verhindert, das hat Ihnen Kollege Bocklet schon gesagt.