Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

(Zurufe: Nein!)

Sollen wir ihn abstimmen? – Gut, dann rufe ich auf – –

(Wortmeldung des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Kollege Rudolph, bitte.

Wir bitten darum, Punkt 1 des FDP-Antrags getrennt abzustimmen.

Aufgerufen ist der Antrag der FDP, Drucks. 19/6331. Ich lasse abstimmen über Punkt 1 dieses Antrags. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU, DIE LINKE, FDP und Abg. Öztürk. Gegenstimmen?

(Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist echt peinlich! – Allgemeine Unruhe)

Kollegen, wir sind in der Abstimmung. – Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? – Doch?

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Allgemeine Unruhe)

Gut. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Punkt 1 des Antrags abgelehnt.

Wir kommen jetzt zu den anderen Punkten des FDP-Antrags. Wer ihnen seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FDP. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und Abg. Öztürk. Enthaltungen? – Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist der FDPAntrag abgelehnt.

Jetzt rufe ich den Dringlichen Entschließungsantrag der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/6332, auf. Hier wurde ein mündlicher Änderungsantrag zu Punkt 3 vorgetragen. Ersetzt wird „die Anstrengungen der

Landesregierung“ durch „die Anstrengungen aller Demokraten“. Habe ich das richtig mitbekommen?

(Günter Rudolph (SPD): „… unterstützt alle Anstrengungen, Rechtsextremismus … aller Demokraten“!)

Ja. – Dann geht es weiter im Text. Ich bitte seitens des Präsidiums, dass wir nicht nur alle Demokraten, sondern auch Demokratinnen mit einsetzen. Also: „Der Landtag unterstützt alle Anstrengungen … aller Demokraten und Demokratinnen …“ Dann geht es weiter im Text. Gibt es dazu ein Einverständnis?

Dann lasse ich über den geänderten Dringlichen Entschließungsantrag, Drucks. 19/6332, abstimmen. Wer ihm seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Haus. Damit ist dieser Antrag angenommen.

Kolleginnen und Kollegen, ich rufe Tagesordnungspunkt 90 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend eine Aktuelle Stunde (Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingun- gen bei Opel erhalten – Solidarität, Vielfalt und Ge- rechtigkeit zum 1. Mai) – Drucks. 19/6321 –

Als Erste spricht Kollegin Wissler für DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Beim neuen Opel-Mutterkonzern PSA ist man hochzufrieden: PSA steigert den Umsatz nach der Opel-Übernahme um 42 %. Der Peugeot-Chef Tavares kassiert 1 Million € Bonus, sein Finanzchef eine halbe Million, für ihren Plan für die Sanierung von Opel.

Dieser vermeintlich geniale Zukunftsplan für Opel, der jetzt mit Millionenbeträgen belohnt wird, sieht nicht etwa die Entwicklung neuer genialer Produkte vor oder einen Konversionsplan für die anbrechende Zeit neuer Verkehrskonzepte nach dem Pkw. Nein, es ist wieder einmal ein Kahlschlagplan: kürzen, kündigen, kaputtsparen, um die Kosten und Löhne zu senken. Meine Damen und Herren, das ist überhaupt nicht hinnehmbar. Deshalb haben wir diese Aktuelle Stunde beantragt.

(Beifall bei der LINKEN)

Beschäftigte sollen auf vereinbarte und ihnen zustehende Tariferhöhungen verzichten, nachdem sie bereits in der Vergangenheit immer wieder Opfer gebracht und zurückgesteckt haben. Tausende Jobs sollen abgebaut werden.

Wie schon bei der Übernahme selbst soll die Sanierung über die Köpfe des Betriebsrats und der Beschäftigten hinweg geschehen und damit über die Köpfe der Menschen hinweg, die das Unternehmen zu dem machen, was es ist. Das halten wir für eine Sauerei, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Lothar Quanz (SPD) und Mürvet Öztürk (fraktionslos))

In Eisenach soll die Anzahl der Belegschaft gar halbiert werden, was wohl die wirtschaftlich sinnvolle Existenz des Standorts unmöglich macht. Das alles geschieht für die angebliche Wettbewerbsfähigkeit. Die IG Metall spricht zu Recht von Erpressung.

Diese Woche demonstrierten in Eisenach viele Menschen für den Erhalt des Werks und gegen Stellenabbau. Die Beschäftigten der Standorte lassen sich nicht gegeneinander ausspielen. Es waren auch viele Beschäftigte aus Hessen und von anderen Standorten dort und haben gemeinsam demonstriert.

Die Kolleginnen und Kollegen haben dabei auch deutlich gemacht, dass Rechtsradikale keinen Platz auf gewerkschaftlichen Veranstaltungen haben. Sie haben den thüringischen AfD-Chef Höcke samt Entourage aus der Demonstration gedrängt. Ich finde, das ist ein wichtiges Signal, und man konnte dort großartige Bilder sehen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))

Ob in Rüsselsheim, in Eisenach, in Kaiserslautern oder in Saragossa: Unsere Solidarität gilt den Beschäftigten. Wir stehen an der Seite der Beschäftigten, die nach Jahren des Verzichts und des Bangens endlich eine sichere Zukunft verdient haben.

Als Erstes hat es bei Opel nach der Übernahme durch PSA die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter getroffen. Sie wurden zu Hunderten vor die Tür gesetzt. Die Betroffenen, die teilweise seit Jahren bei und für Opel gearbeitet und auf eine Übernahme gehofft haben, stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Das zeigt einmal mehr, dass die „Flexibilität“ durch Leiharbeit und Befristungen nur den Unternehmen nutzt und nicht den Beschäftigten.

Durch die Deregulierung der Leiharbeit durch Hartz I wurde die Leiharbeit massiv ausgeweitet, und reguläre Arbeitsplätze wurden verdrängt. Wir fordern schon lange die Eindämmung und am besten ein komplettes Verbot von Leiharbeit, weil sie prekäre Beschäftigungen fördert und Menschen dauerhaft in Unsicherheit leben lässt.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Mürvet Öz- türk (fraktionslos))

Leider ist PSA/Opel kein Einzelfall. Beschäftigte zu entlassen und in den Chefetagen das Geld einzustecken, ist leider in vielen Unternehmen traurige Realität.

Siemens machte im letzten Jahr über 6 Milliarden € Gewinn, hat die Dividende an die Aktionäre wieder deutlich erhöht, und trotzdem sollen Tausende Jobs abgebaut werden, unter anderem in Offenbach.

Beim direkten Konkurrenten General Electric ist es ähnlich: Bei einer Marge von fast 10 % ist die Kraftwerkssparte von GE hoch profitabel, die Werke haben Aufträge, die Beschäftigten sind hoch qualifiziert. Es ist nicht hinzunehmen, dass GE auch in Hessen, in Kassel, auf die Existenz Tausender Beschäftigter keine Rücksicht nimmt und Tausende Jobs streicht. Deswegen gilt natürlich auch den Beschäftigten von Siemens und von GE unsere Solidarität beim Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

„Eigentum verpflichtet“ wird zur Farce, wenn die einen sich Boni und Dividenden einstecken, während andere um ihre Existenz bangen.

Statt die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen und Fehler wie die Leiharbeit oder Minijobs rückgängig zu machen,

will die neue Bundesregierung noch weitere Deregulierungen, z. B. bei der maximal erlaubten Arbeitszeit. Gewinne, Boni und Dividenden müssen endlich vernünftig besteuert, und es muss umverteilt werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen endlich wieder besser geschützt werden.

Ich komme zum Schluss. All das zeigt, wie wichtig es ist, dass Beschäftigte sich wehren und sich organisieren, dass die Menschen sich nicht gegeneinander ausspielen lassen und dass sie von den Konzernen und von der Politik fordern, was ihnen zusteht.

Dieses Jahr steht der 1. Mai des DGB unter dem Motto „Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit“. In diesem Sinne: allen einen guten Tag der Arbeit, heraus zum 1. Mai! – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege SchäferGümbel für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Solidarität, Vielfalt, Gerechtigkeit“ – die Kollegin Janine Wissler hat es eben gesagt – ist das Motto des 1. Mai 2018. Ich finde, angesichts der Gesamtlage ist das ein klug gewähltes Motto.

Am Tag der Arbeit gilt in diesem Jahr unsere besondere Solidarität den Beschäftigten von Opel insbesondere in Deutschland – ich komme gleich darauf zu sprechen, warum das der Fall ist –, aber auch, das ist eben schon angesprochen worden, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Siemens insbesondere in Offenbach, bei Contitech in Karben sowie bei Ryanair.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Solidarität mit den Beschäftigten bei Opel ist in diesem Jahr besonders angesagt, weil die Entwicklungen der letzten Wochen uns mit großer Sorge erfüllen.

Viele Hoffnungen und Erwartungen hatten sich mit dem Verkauf von Opel an den PSA-Konzern im vergangenen Jahr verbunden. Es gab umfangreiche Produktionszusagen der neuen Konzernführung für die Standorte in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern, aber auch Vereinbarungen für die Auslastung des Entwicklungszentrums in Rüsselsheim, zur Übernahme und zur Einhaltung von Tarifverträgen und zur Sicherung der Mitbestimmung.

Damit sind alle Beschäftigten engagiert in den schwierigen Sanierungsprozess gestartet. Ein Sanierungsprozess steht Opel bevor – und übrigens in der nächsten Zeit nicht nur Opel. Diese Zusagen waren die Voraussetzung auch für die politische Unterstützung, mit der der Verkaufsprozess an PSA begleitet wurde.