Damit sind alle Beschäftigten engagiert in den schwierigen Sanierungsprozess gestartet. Ein Sanierungsprozess steht Opel bevor – und übrigens in der nächsten Zeit nicht nur Opel. Diese Zusagen waren die Voraussetzung auch für die politische Unterstützung, mit der der Verkaufsprozess an PSA begleitet wurde.
Ein gutes Jahr später will nun ganz offensichtlich die Konzernführung bei PSA, aber auch in Rüsselsheim nicht mehr so sehr viel von diesen Zusagen wissen, im Gegenteil: Bestehende Planungen beispielsweise für neue Fahrzeuge, für
neue Motoren oder für Entwicklungen gehen an Standorte außerhalb von Deutschland. Das bedeutet nichts anderes als einen klaren Bruch der Vereinbarungen aus dem letzten Jahr.
In den derzeitigen Verhandlungen, die von einem unglaublichen Druck auf den Betriebsrat und die Gewerkschaft IG Metall gekennzeichnet sind, versucht die PSA-Konzernleitung, die Tarifverträge gegen die Arbeitsplatzinteressen insbesondere am Standort Eisenach auszuspielen und damit auch die Belegschaften gegeneinander auszuspielen.
Die Betriebsräte und die Gewerkschaften haben in den letzten Tagen eindrucksvoll dokumentiert, dass sie dieses Spiel nicht akzeptieren. Die Konzernleitung muss begreifen, dass in Deutschland der soziale Kompromiss die Grundlage für wirtschaftlich erfolgreiches Handeln ist. Hohe Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, gepaart mit einer Sozialpartnerschaft, in der Gewerkschaften auf Augenhöhe die Interesse der Arbeitnehmerschaft durchsetzen können, ist die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen in unserem Land.
Dabei ist unstrittig – deswegen komme ich noch einmal auf den Anfang zurück –, dass Opel ein Geschäftsmodell braucht, das der Marke, den Standorten und den Beschäftigten eine nachhaltige Zukunftsperspektive über das Jahr 2020 hinaus bietet.
Das ist aber – so ist mein fester Eindruck aus vielen Gesprächen in den letzten Wochen und Jahren – gerade den Betriebsräten und der Gewerkschaft völlig klar. Ich will daran erinnern, dass in der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise gerade die Verantwortungsbereitschaft von Betriebsräten, Gewerkschaften sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dafür gesorgt hat, dass viele Industrieunternehmen – auch und gerade Opel – einigermaßen gut aus dieser Krise herausgekommen sind.
Nichtsdestotrotz wird das, was bei Opel passiert, in den nächsten Jahren auch an anderen Stellen geschehen. Die Automobilindustrie und insbesondere die Automobilzulieferindustrie stehen vor großen Herausforderungen angesichts der Veränderungen bei den Notwendigkeiten der Automobilproduktion, aber auch angesichts der internationalen Konkurrenz.
Deswegen bleibt es für mich zumindest völlig klar: Erfolgreiche Veränderungen leben von Vertrauen und Partnerschaft. Beides beschädigt die Konzernleitung mit ihrem Verhalten. Das kann nur in einer Sackgasse enden. Verlierer dieser Entwicklung werden alle sein: Beschäftigte, Management, das Unternehmen und die Standortregion.
Aus der Sackgasse kommt man nur in einer Richtung wieder heraus, nämlich durch die Umkehr. Deswegen ist unsere Erwartung an die Konzernleitung sehr klar: Machen Sie Schluss mit dem Druck auf die Beschäftigten im OpelKonzern. Halten Sie sich an die Zusagen, die Sie selbst noch vor Kurzem gemacht haben. Halten Sie sich an die Tarifverträge und die bestehenden Vereinbarungen. Kehren Sie zurück zu einer Strategie der Verhandlungen, die auf einen sozialen Kompromiss setzt und allen Opel-Standorten eine tragfähige Entwicklungsperspektive gewährleis
tet. Geben Sie schlicht und einfach den Beschäftigten in Ihrem Konzern eine Zukunft. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Verkauf an PSA sollte ein Weg in die Zukunft sein. Nun ist er eher von Unsicherheit geprägt. Die Opel-Beschäftigten in Rüsselsheim und an den weiteren Standorten sowie die vielen Zulieferbetriebe erwarten zu Recht von uns, dass sich PSA und die Gewerkschaften schnellstmöglich einigen, wie der weitere Weg von Opel aussehen soll, welchen Beitrag dazu die Beschäftigten leisten können und vor allem welche klare und verlässliche Zukunftsperspektive sie und das Unternehmen erhalten.
Insbesondere haben sie und ihre Familien ein Anrecht auf Klarheit über die Lohnentwicklung, über einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen und über die Sicherung der Standorte in Deutschland. Zukunft muss für Familien planbar sein.
Die Opelaner haben schon einmal zum Erhalt des Werkes auf Lohn verzichtet, damals im Einvernehmen. Nun wird einseitig von PSA die tarifliche Vereinbarung einer Lohnerhöhung im Flächentarifvertrag ab April 2018 zuzüglich des Weihnachtsgeldes infrage gestellt. Das ist kein guter Stil. Das ist ein klarer Bruch der Vereinbarungen. Unter den gegebenen Umständen fühlen sich die Beschäftigten erpresst, wie sie mir in vielen Gesprächen erklärt haben.
Werte Kollegen, Arbeitnehmer haben Rechte. Die Verträge müssen im Rahmen des deutschen Mitbestimmungsrechts miteinander verhandelt werden. Bestehende Verträge können nur gemeinsam geändert werden. Ansonsten gilt das, was in den Verträgen vereinbart ist. Das kann Politik fordern, und das fordern wir.
Für uns ist dabei die Sicherung der Arbeitsplätze bei Opel von größter Bedeutung; denn Opel ist mit dem Werk und der Europazentrale in Rüsselsheim zentraler Bestandteil der hessischen Automobilindustrie und für meinen Wahlkreis als größter Arbeitgeber ein Herzstück.
Wir begrüßen, dass dies auch Ministerpräsident Bouffier in seinem Gespräch mit PSA-Generalsekretär Olivier deutlich gemacht hat, indem er feststellte: Die Beschäftigten müssen wissen, wohin die Reise geht.
Dies ist auch der Standpunkt der Bundesregierung. Bundeskanzlerin Merkel ist in engem Austausch mit den betroffenen Ministerpräsidenten und in die Verhandlungen eingeschaltet. So fordert auch die Bundeskanzlerin PSA auf, sich an die Zusage zu halten, die das Unternehmen im Zuge der Übernahme gegeben hat. Das ist ein Zeichen der Solidarität. Das ist ein Zeichen, das die Beschäftigten benötigen.
Die Beschäftigten, ihr Wissen und ihr Engagement sind von zentraler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des Gesamtkonzerns in einem sich stark verändernden Wettbewerbsumfeld. Die derzeitige öffentliche Diskussion, insbesondere über die zukünftige Lohnstruktur und Abweichungen von den Tarifverträgen, hat in unserer Marktwirtschaft jede Berechtigung. Die Art, wie sie stellenweise geführt wird, birgt jedoch die Gefahr, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und sich die Situation hierdurch noch zusätzlich verschlechtert. Daher sollten beide Seiten der Tarifpartner schnell zu einer tragfähigen Lösung kommen. Dafür müssen auch die industriepolitischen Rahmenbedingungen stimmen.
Eines sollte PSA berücksichtigen. PSA hat von der Übernahme von Opel profitiert. Das zeigen die ersten Quartalszahlen. Opel und Vauxhall trugen maßgeblich zu einem Umsatzplus von 42 % auf knapp 18,2 Milliarden € bei. PSA allein hätte nur einen Umsatz von 13 Milliarden € erzielt.
Von den insgesamt über 1 Million verkauften Autos kam fast ein Viertel von den neuen Sparten in Deutschland und Großbritannien. Es ist nachvollziehbar, dass PSA, 2014 noch selbst auf Unterstützung angewiesen, diesen Erfolgskurs weiter fortsetzen möchte. Umgekehrt konnte Opel seit 1999 aus den unterschiedlichsten Gründen keinen Gewinn verzeichnen. Umso mehr sind beide Seiten jetzt in der Pflicht, aus dem Zusammengehen auch auf längere Sicht einen Erfolg zu machen.
Ich möchte noch einen kurzen Hinweis in Bezug auf eine Presseerklärung der FDP geben. Die Umweltanforderungen und Ähnliches, die Sie in Ihrer Presseerklärung als Grund für die Situation angeben, sind nicht der Grund für die Situation bei Opel.
Von diesen Anforderungen sind alle Hersteller in Deutschland und in Europa gleichermaßen betroffen. Andere erwirtschaften unter diesen Bedingungen Milliardengewinne.
Die Beschäftigten sind bereit, im Rahmen des Übergangsvertrags mitzugehen. Die Landesregierung steht an der Seite der Beschäftigten. Der 1. Mai als Tag der Arbeit ist wichtig, aber nicht erst zum 1. Mai und nicht nur am 1. Mai sollten wir alle hier im Haus über Parteigrenzen hinweg unsere Solidarität mit den Beschäftigten von Opel und der Zulieferbetriebe zeigen. – Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Das machen wir!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht ging es Ihnen im November vergangenen Jahres so wie mir. Als der Vorstandschef den Umbau von Opel, die Veränderungen im Konzern und die Pläne für die nächsten Jahre verkündete, hatten wir als grüne Fraktion Hoffnung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Opel – mal wieder, muss man sagen. Die Verkündung des Programms „Pace“ im November ging mit einem klaren Bekenntnis zu den Standorten in Hessen einher: keine Werksschließungen, keine betriebsbedingten Kündigungen und die Einhaltung der geplanten Investitionen.
Ein wichtiger Schritt ist für uns GRÜNE auch der angekündigte Umbau der Produktpalette in sparsamere und elektrisch betriebene Fahrzeuge. Das ist wichtig für die Verkehrswende in Hessen und für die Bekämpfung des Klimawandels. Die Zukunft der Mobilität und damit auch die Zukunft der Automobilindustrie sind intelligente und vernetzte Mobilität sowie gute Produkte.
Opel besitzt eine hohe Relevanz für Hessen. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Der Standort Rüsselsheim bietet über 7.000 direkte Arbeitsplätze, nicht zu sprechen von den vielen Arbeitsplätzen, die durch die Zulieferbetriebe bestehen. Damit sind sie Grundlage von Existenzen von Menschen und von Familien. Sehr geehrte Damen und Herren, das muss auch so bleiben.
Dafür muss der Konzern PSA seine Zusagen einhalten, und zwar sowohl in Hessen als auch an den anderen Standorten wie Kaiserslautern und Eisenach. Insbesondere die Bedeutung des Werkes in Eisenach mit rund 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die auch aus den hessischen Landkreisen Hersfeld-Rotenburg oder Werra-Meißner-Kreis kommen, sollten wir im Hessischen Landtag nicht unterschätzen.
Klar ist nämlich auch, dass die Schließung des Werkes in Bochum, nachdem viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zugeständnisse gemacht haben und auf vieles verzichtet haben und am Ende trotzdem auf der Straße saßen, das Vertrauen zwischen Beschäftigten und Konzernleitung nachhaltig geschwächt hat.
Die Lobeshymnen von PSA-Chef Tavares auf die weltweit geringsten Lohnkosten – gemessen am Umsatz von PSA – und die damit verkündete Aussage, auch Opel solle auf dieses Niveau kommen, sind zumindest befremdlich.
Über solche Äußerungen werden Versprechungen ausgehöhlt, die der Belegschaft vor einem halben Jahr gemacht wurden. Das wirkt sich auf das Vertrauen im Unternehmen negativ aus. Zu Recht sind viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer skeptisch geworden.