Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

(Beifall bei der FDP)

Es kann nicht ernsthaft so sein, dass das Land 100 Millionen € zur Verfügung stellt, die kommunale Familie von 140 oder 150 Millionen € spricht, aber niemand weiß, wie viel Geld eigentlich nötig wäre, um die Verkehrswege und den ÖPNV ausreichend zu finanzieren.

Leider hat die Landesregierung die Chance nicht genutzt, um im Rahmen des Mobilitätsfördergesetzes eine saubere und fachlich fundierte Bedarfsanalyse auf den Weg zu bringen. Wir wollen eine Bedarfsanalyse, die sicherstellt, dass die Bedarfe in Hessen nach gleichen Kriterien ermittelt und alle Gemeinden fair behandelt werden. In der Anhörung kam häufig der Vorschlag, eine Dynamisierung der Mittel festzuschreiben, angelehnt an die 1,8 %, wie wir es aus dem Bund kennen. Das hat aber mit dem Straßenbau und den Investitionen in Verkehrswege nur wenig zu tun. Auch wir wollen eine regelmäßige Anpassung der Mittel. Aber die Anpassung muss am Bedarf und an der Entwicklung der Investitionskosten angelehnt sein. Die „weglaufenden“ Investitionskosten sind ja schon angesprochen worden.

Meine Damen und Herren, hinzu kommt die Erweiterung der Fördermöglichkeiten. Deswegen schlagen wir vor, eine Expertenkommission „Verkehrswege in Hessen“ einzusetzen. Diese Kommission soll nach unseren Vorstellungen aus dem Land, den Kommunen und den Vertretern der Verkehrsgesellschaften bestehen und den realen Finanzbedarf der Kommunen und der Verkehrsbetriebe sachlich fundiert ermitteln. Es wäre außerdem sinnvoll, das Knowhow einer solchen Expertenkommission zu nutzen, um die Bedarfsplanungen und den Abbau des Sanierungsstaus im

Bereich der Landesstraßen zu begleiten. Allein bei den Landesstraßen haben wir einen Sanierungsstau von 1,3 Milliarden €.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mit der Expertenkommission würden wir die Instrumente der Förderung auf eine neue Stufe bringen und den Kommunen Hilfestellung bei der Bedarfsplanung geben.

Der zweite wichtige Punkt ist für uns die Frage, wie die Mittel an die Kommunen und an die Verkehrsbetriebe ausgereicht werden. In der Anhörung hat der Landkreistag eine unbürokratische Pauschalisierung angeregt. Bisher mussten die Förderberechtigten sehr aufwendige Antragsund Abrechnungsverfahren durchlaufen. Solch eine Pauschalisierung wäre eine echte Bürokratieerleichterung. Wertvolle Arbeitszeiten der Baufachleute in den Rathäusern würde besser genutzt werden können, weil sie im Moment anhand des Förderhandbuchs von Hessen Mobil jede einzelne Maßnahme beantragen müssen. Das muss ich Ihnen nicht alles erklären, wenn Sie das schon einmal miterlebt haben. Diese Pauschalisierung wäre sicherlich auch eine Blaupause für andere Maßnahmen im Verhältnis zwischen Land und Kommunen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, eine einfache, unbürokratische Förderung ist für uns die Forderung, die wir aus der Anhörung aufgreifen; ebenso die Expertenkommission, die die Bedarfe wirklich fortschreibt.

Frau Müller, ich habe gelesen, dass auch dieses Gesetz entfristet werden soll. Wir haben jetzt sehr viele Gesetzesvorhaben der Landesregierung, die keine Befristung mehr haben. Ob das wirklich immer so klug ist, möchte ich einmal infrage stellen. Die FDP hatte sich seinerzeit mit dem Gesetzes-TÜV einmal durchgesetzt. Wir haben selbst erkannt, dass das nicht bei jedem Gesetz unbedingt so schlau ist.

Ob das bei diesem Gesetzentwurf dazu dient, dass die Verkehrsträger und die Kommunen mehr Planungssicherheit haben, nur weil das Gesetz nicht befristet ist, stellt die Frage in den Raum: Wirken die Maßnahmen, der Blumenstrauß, den Sie eben beschrieben haben? Ist das immer alles so richtig?

Wenn wir wirklich technologieoffen bleiben wollen – Sie haben auf die Frage in der Anhörung, welche Rolle Brennstoffzellen im ÖPNV spielen können, reagiert; das ist sehr positiv – und heute nicht wissen, wie sich die Zukunft entwickeln wird, dann wäre mein Vorschlag, zu überdenken, ob man dieses Gesetz wirklich unbefristet lassen sollte. Man könnte es mit einer großzügigen Befristung, von mir aus sieben Jahre, dem Gesetzgeber automatisch wieder vorlegen, um es zu evaluieren und zu überprüfen, ob die Maßnahmen und die Fördertatbestände tatsächlich noch richtig sind.

Meine Damen und Herren, das sind für uns alles Argumente, warum wir uns dazu entschlossen haben – weil auch wir die Festschreibung der Planungsmittel und der Regionalisierungsmittel für den ÖPNV und für den kommunalen Straßenbau wollten –, dass wir uns der Stimme enthalten werden. Es gibt für uns ein paar Punkte, an denen wir uns einen etwas anderen Vorschlag gewünscht hätten. Deswegen heißt es aber noch lange nicht, dass der Gesetzentwurf im Grundsatz falsch ist. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat Frau Abg. Janine Wissler, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Gesetz, das ist vielfach angesprochen worden, ist natürlich überfällig, weil die Entflechtungsmittel auslaufen und die Kommunen eine Planungssicherheit brauchen. Es geht um Verkehrsvorhaben, die langfristig geplant werden müssen, bei denen es um enorme finanzielle Dimensionen geht. Deshalb hat es dieses Gesetz natürlich gebraucht.

Frau Müller hat es eben schon proaktiv angesprochen und damit meinen Beitrag antizipiert. Natürlich ist es so: Wenn man diesen Gesetzentwurf einfach einbringt, dann ist es okay. Wenn sich die schwarz-grüne Landesregierung bzw. die Koalitionsfraktionen jetzt rühmen, dass sie Vereinbarungen einhalten, dann sind wir an einer schwierigen Stelle.

Es ist doch klar, die Bundesmittel fallen weg. Das Land wird zuständig, das ist doch alles so vereinbart, und erhält ab 2020, Frau Kollegin Müller, in gleicher Höhe über die Umsatzsteuer Mittel vom Bund. Natürlich sind das dann am Ende Landesmittel. Aber es ist doch klar, dass es „rechte Tasche – linke Tasche“ ist. Dass es eine Vereinbarung war, müssen wir nicht weiter diskutieren.

Das Entscheidende daran ist doch, dass der Status quo beibehalten wird. Es ändert sich doch nichts. Sie nehmen nicht zusätzlich Geld in die Hand. Sie legen nichts drauf. Der Status quo bleibt faktisch der gleiche. Das ist doch auch in der Anhörung deutlich gemacht worden. In der Anhörung haben mehrere Anzuhörende darauf hingewiesen, dass das Geld, um das es jetzt geht, überhaupt nicht ausreicht, um wirklich etwas im Verkehrsbereich zu verändern, um wirklich große Investitionen zu stemmen. Das ist das, was wir an diesem Gesetz kritisieren.

Wir reden über Verkehrswende. Wir reden darüber, dass es notwendig wäre, dass Busse und Bahnen in den Ballungsgebieten nicht aus allen Nähten platzen. Wir reden auch darüber, dass der ländliche Raum nicht abgehängt werden darf. Wer das möchte, der muss aber wirklich Geld drauflegen. Er darf nicht einfach den Status quo beibehalten, wenn er sagt, er wolle eine Verkehrswende.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann war natürlich auch die Frage, ob man wirklich die 50:50-Aufteilung macht, die Sie festgeschrieben haben. Auch daran gab es Zweifel, ob es so klug ist, das so zu machen. Das müssen wir jetzt im Detail nicht mehr alles diskutieren.

Sie haben die Chance nicht genutzt, mit diesem Gesetz die Mobilität in Hessen zu verbessern. Sie behalten den Status quo bei. Sie schaffen Planungssicherheit, das stimmt. Über das Jahr 2020 wissen die Kommunen, dass sie das Geld weiter bekommen, das sie bisher hatten. Das wissen die Kommunen, aber sie behalten den Status quo.

Das kann man machen, aber dafür muss man sich nicht noch feiern lassen. Das Gesetz ist besser als nichts. Wenn

es nicht da wäre, wäre völlig unklar, was ab 2020 passiert. Es ist aber eben auch kein großer Wurf.

Deshalb kommen wir zu dem Schluss, dass wir uns bei der Abstimmung enthalten, weil wir uns gewünscht hätten, dass in diesem Gesetz eine ganze Menge mehr steht.

Das könnte ich jetzt alles noch in zehn Minuten – so lange ist die Redezeit – ausführen. Aber an der Stelle bin ich der Meinung, dass dreieinhalb Minuten auch reichen. Das erhöht bei mir die Hoffnung, dass ich Teile meines Geburtstags noch außerhalb des Plenarsaals verbringen kann. Von daher glaube ich, alles Notwendige ist gesagt, und wir werden uns enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler, sehr vernünftig. – Das Wort hat der Kollege Uli Caspar, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Wissler, von mir auch herzliche Glückwünsche zum Geburtstag. Ich hätte auch übrigens gar nichts dagegen gehabt, wenn Sie schon vor der Rede gegangen wären.

(Allgemeine Heiterkeit – Zurufe von der LINKEN: Das ist eine Unverschämtheit!)

Ich habe Verständnis dafür, dass Sie Ihren Geburtstag zu Hause verbringen wollen.

(Anhaltende Unruhe bei der LINKEN)

Frau Kollegin Wissler, Herr Kollege Caspar hat es nicht so gemeint.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das denke ich mir und hoffe es!)

Er meint es eigentlich gut mit Ihnen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das hoffe ich auch bei anderen Reden!)

Na ja, wenn man jemandem wünscht, dass er seinen Geburtstag zu Hause feiern kann, dann kann das doch nur nett gemeint sein.

Meine Damen und Herren, wir haben über diesen Gesetzentwurf in der ersten Lesung gesprochen, und wir haben im Ausschuss darüber gesprochen. Es ist ein gutes Gesetz. Wenn die Opposition sagt, es sei überfällig, dann sagt sie damit selbst, dass es ein notwendiges Gesetz ist.

Wenn man nichts kritisieren kann, dann kann man immer noch sagen, es komme zu spät. Ich weiß nicht, warum es zu spät kommt; denn es gilt erst für die Zukunft, für 2019 und später. Es ist so, dass die Kommunen immer wussten, dass das Land Hessen zuverlässig an der Seite der Kommunen steht und deswegen sicherstellt, dass die Finanzen den Kommunen zur Verfügung gestellt werden.

Herr Kollege Frankenberger, ich finde es natürlich nicht sehr konsequent, wenn Sie in den vorherigen Punkten noch den Kommunen das Recht nehmen wollten, über Straßenbeiträge ihre Straßen zu finanzieren,

(Zurufe von der SPD)

und jetzt so tun, als hätten die Kommunen viel zu wenig Geld und als müsse man es von anderer Stelle holen. Entweder geht es Ihnen darum, dass die Infrastruktur in den Kommunen ausgebaut werden kann – dann muss man auch den Kommunen die Möglichkeit geben, die dafür notwendigen Gelder zu erheben –, oder das Ganze soll eher unter Wahlkampfgesichtspunkten gemacht werden. Dann kann man natürlich immer sagen: „Ihr Bürger sollt möglichst nichts bezahlen, dafür sind wir als SPD“, und auf der anderen Seite: „Das Land soll mehr Geld für die Straßen ausgeben“ – Klammer auf, wer sonst außer den Bürgern gibt denn dem Land das Geld, Klammer zu –, insoweit wird es ja auch von den Bürgern genommen, und Sie glauben, die Bürger würden das nicht durchschauen. Ich glaube, so einfach kann man es sich nicht machen.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Eva Goldbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Mit diesem Gesetz bekommen die Kommunen auch in Zukunft Mittel, um Infrastruktur im Verkehrsbereich auszubauen – seien es die Gemeindestraßen, seien es Anschaffungen von Bussen oder Bahnen für den öffentlichen Personennahverkehr, oder seien es Maßnahmen auch für den ruhenden Verkehr – all das, was dazu beiträgt, dass in den Kommunen sichergestellt wird, dass die Verkehrsinfrastruktur in der hohen Qualität, wie wir sie heute in Hessen haben, aufrechterhalten werden kann.

Ich bin der Landesregierung dankbar dafür, dass sie diesen Gesetzentwurf eingebracht hat. Herr Minister, Herr Staatssekretär, geben Sie den Dank bitte auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Hauses weiter, die sich hier sehr viele Gedanken gemacht haben, wie man sicherstellen kann, dass die Kommunen in Hessen hinsichtlich ihrer Verkehrsprojekte auch in Zukunft gut ausgestattet sind.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Gerhard Merz (SPD))

Meine Damen und Herren, wir haben eine Anhörung durchgeführt. Wie es sich für ordentliche Parlamentsarbeit gehört,

(Lachen bei der SPD und der LINKEN – Zurufe von der CDU)

haben wir natürlich die Angehörigen – –