Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

(Michael Boddenberg (CDU): Was machen Sie denn dort, Frau Kollegin?)

Insofern ist es eine tolle Geschichte, dass die Polizei dort in vorbildlicher Art und Weise mit der Kommune und mit den Gastwirtschaften zusammenarbeitet. Dafür brauchte es kein KOMPASS. Es brauchte auch keinen Innenminister, damit diese Zusammenarbeit so hervorragend funktioniert.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Claudia Ra- vensburg (CDU))

Frau Kollegin Ravensburg, das war ein wunderbarer Zwischenruf. Es geht auch um den Schutzmann vor Ort, genau. Der Schutzmann der Polizeistation Korbach – das wissen Sie sicherlich auch – ist keiner, der extra für Willingen abgestellt worden ist, sondern einer, der das in seinem normalen Regeldienst auch noch mit bearbeiten muss. Das hat Ihre Landesregierung zu verantworten. Früher gab es Schutzmänner vor Ort, die dafür Zeit hatten.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank für den Hinweis. Es ist nämlich ein sehr richtiger Hinweis.

Laut des Programms soll es eine noch engere Verzahnung der Zusammenarbeit geben. Also erkennt das Ministerium offensichtlich die gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Polizeidienststellen an.

(Michael Boddenberg (CDU): Man kann Dinge immer noch verbessern!)

Deswegen frage ich: Was ist das Neue, Herr Boddenberg, außer dass es Pressekonferenzen mit dem Innenminister gibt?

Herr Kollege Frömmrich, was Sie mit der subjektiven Sicherheit der Bevölkerung aufgreifen, halte ich für einen sehr wichtigen Punkt. Dies habe ich hier schon häufiger

angesprochen. Immer dann, wenn ich das angesprochen habe, haben Sie das weggewischt und gesagt, darüber brauche man hier gar nicht zu reden.

Natürlich gibt es ein subjektives Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger. Ich sage Ihnen auch, dass es das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung steigern würde, wenn es vor Ort mehr Personal gäbe. Was ist denn Ihre Initiative zur Stärkung der Polizeipräsenz vor Ort und in der Fläche? – Das sind doch die entscheidenden Fragen. Die ersten zusätzlichen Beamten sind erst 2020 fertig ausgebildet. Das reicht aber nicht aus. Wir brauchen jetzt schon ein echtes Konzept zur Stärkung des Einzeldienstes.

Spannend an der heutigen Debatte ist Folgendes. Erst bauen Sie Personal ab. Damit meine ich die CDU in Hessen. 2004 bis 2006 sind zu wenige Polizeibeamte ausgebildet worden. Jetzt lassen Sie sich für die Behebung Ihrer Fehler feiern. Meine Damen und Herren, was ist das denn für eine Sicherheitspolitik eines Bundeslandes?

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Herr Kollege Klee, Sie und Ihre Vorgänger haben mit dem Stellenabbau bei der Polizei und durch die Konzentration den Schutzmann vor Ort in den Hintergrund gerückt. Jetzt taucht der Schutzmann in KOMPASS wieder auf. Das ist aber doch das Grundproblem, mit dem Sie sich hier nicht auseinandersetzen. Deswegen sind wir sehr dankbar, dass wir heute darüber reden können.

Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Hessen arbeiten am Limit. Sie sind insbesondere, aber nicht nur im Schichtdienst so belastet, dass sie keine planbaren freien Zeiten mehr haben, was gleichermaßen für die Gesundheit und für die Familien außerordentlich schlecht ist.

Es gibt einen Berg von 2,7 Millionen Überstunden und 3,2 Millionen Stunden auf dem sogenannten Lebensarbeitszeitkonto sowie zahlreiche Krankheitstage. Meine Damen und Herren, lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen. Das sind rund 6 Millionen Mehrarbeitsstunden der hessischen Polizei. Sie haben überhaupt keine Strategie, wie Sie das personell ausgleichen wollen. Das ist doch nichts anderes als eine Bankrotterklärung in der Sicherheitspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, es wäre es wert gewesen, darüber in einem Setzpunkt zu reden.

Ich will noch einmal auf Ihr Programm zurückkommen. Darin steht nämlich, dass künftig KOMPASS-Berater zur Verfügung stehen. Das hat weder der Kollege Bauer noch der Kollege Frömmrich hier erklärt. Woher sollen denn die KOMPASS-Berater kommen? Soll es in jedem Präsidium einen KOMPASS-Berater geben? Sollen das die Beamtinnen und Beamten sein, die dort schon arbeiten? Wo kommen zusätzliche her? Ist das eine zusätzliche Aufgabe für die Beamtinnen und Beamten? – Herr Innenminister, diese Fragen können Sie sicherlich gleich beantworten.

Sie rühmen sich dafür, dass Sie mehr Personal eingestellt haben. Im Jahr 2017 ist aber noch kein neuer Beamter angekommen. Im Gegenteil, wir haben noch ein Soll von 69 Beamten im Jahr 2017, wie wir aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage wissen. Das heißt, derzeit wird immer noch Personal abgebaut. Das ist die Wahrheit über die Sicherheitspolitik in Hessen.

(Beifall bei der SPD)

Schauen wir uns einmal die konkreten Maßnahmen Ihres Programmes an. Die Kommunen sollen zukünftig Bürgersprechstunden einrichten. Es sollen Präventionsräte eingerichtet werden. Meine Damen und Herren, das wird doch längst gemacht. Insofern ist das eine PR-Kampagne des hessischen Innenministers; denn das gibt es schon längst. Es gibt sehr gute Beispiele.

Ich will eine Ihrer Modellkommunen beispielhaft anführen. In Bad Homburg werden nun ehrenamtlich Seniorenberaterinnen und -berater unterwegs sein, um vor dem Enkeltrick zu warnen. Das ist eine gute und richtige Sache, Herr Innenminister. Dabei haben Sie unsere volle Unterstützung. Dieses Programm kommt aber aus der hessischen Polizei. Dieses Programm wurde von der Polizeidirektion im MainTaunus-Kreis entwickelt. Dieses Programm wollten die Kommunalpolitiker in Bad Homburg schon installieren, Herr Kollege Frömmrich.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ja, und?)

Die Polizei hat sich dabei noch ein bisschen zurückgehalten, weil man wusste, dass dieses KOMPASS-Programm kommt. – Aha. Da wird etwas vermarktet, was eigentlich eine Idee aus dem kommunalen Bereich ist. Die Idee gibt es längst, und diese Idee ist auch gut und richtig.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Immerhin!)

Jetzt werden sie verkauft mit einem KOMPASS-Programm und mit einer Pressemitteilung des Innenministers. Dazu einen Setzpunkt zu machen, ist schon ein bisschen sehr gewagt, würde ich sagen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Faeser, ich erinnere an die Redezeit.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Kümmern Sie sich endlich um gut ausgebildetes Personal vor Ort. Bringen Sie dem Personal echte Wertschätzung entgegen. Wir fordern Sie auf, unsere Vorschläge zur Einführung der Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage, zu Mehreinstellungen und zu echten Perspektiven der Beförderung zu übernehmen. Investieren Sie in die Verbesserung und in die Polizei, aber nicht in Sicherheitssiegel und Pressemitteilungen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollegin Faeser. – Jetzt eine Kurzintervention des Kollegen Jürgen Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe mich ein bisschen gewundert, Frau Kollegin Faeser. Am Ende hat es so ein bisschen durchgeklungen nach dem Motto: Ich darf das zwar nicht ganz offen sagen, aber ein bisschen Lob spreche ich dennoch aus. – Das muss man schon einmal erkennen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zumindest ein bisschen gelobt haben Sie. Ganz offen kann man das natürlich nicht machen.

Sie haben gerade das Beispiel aus Bad Homburg angeführt. Das war ein sehr gut ausgewähltes Beispiel, Frau Kollegin Faeser. Die Stadtoberhäupter der vier Modellregionen Hanau, Maintal, Bad Homburg und – Achtung – Schwalbach am Taunus haben dieses Projekt gelobt. Jetzt muss man einmal überlegen, wer den Bürgermeister in Schwalbach am Taunus stellt. Das ist die Sozialdemokratie.

(René Rock (FDP): Und wer regiert da? – Weitere Zurufe)

Und wer sitzt da in der Stadtverordnetenversammlung? – Die Frau Kollegin Faeser sitzt in dieser Stadtverordnetenversammlung – zusammen mit anderen aus der SPD, die ebenfalls sehr bekannt sind. Sie haben offensichtlich einen so „starken“ Einfluss, dass Sie hier etwas kritisieren, was Sie in Schwalbach in der Kommunalpolitik selbst tun. Das passt nicht wirklich zusammen, Frau Kollegin Faeser.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Das passt aber zu den Auftritten, die Sie sich als Sozialdemokraten hier immer wieder leisten. Die Frage, die wir daraus entwickeln, lautet: Hat die SPD eine Meinung, und wenn ja, wie viele?

(Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Faeser, sich hierhin zu stellen und etwas zu kritisieren, was Sie vor Ort selbst machen, was Ihre Bürgermeisterin als sehr erfolgreich lobt, das bekommen Sie nicht zusammengebunden. Dort Verantwortung zu tragen und hier zu kritisieren, das passt nicht wirklich zusammen. Frau Kollegin Faeser, Sie sollten vielleicht einmal versuchen, das zusammenzukriegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das versucht die Frau Kollegin Faeser jetzt. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Schwalbach gut, hier nicht gut, wie geht das?)

Herr Kollege Wagner, ich bin Ihrem Kollegen Frömmrich ausgesprochen dankbar dafür, dass er das Beispiel Schwalbach angesprochen hat.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da ist es gut?)

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum macht ihr es dann?)

Der Kollege Frömmrich hat eben gesagt, dass ich einen Teil gelobt habe. Selbstverständlich ist es gut, dass sich die Landesregierung jetzt an manchen Stellen bei dem einmischt, was die Kommunen schon auf den Weg gebracht haben.