Protokoll der Sitzung vom 23.05.2018

Der Kollege Frömmrich hat eben gesagt, dass ich einen Teil gelobt habe. Selbstverständlich ist es gut, dass sich die Landesregierung jetzt an manchen Stellen bei dem einmischt, was die Kommunen schon auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der SPD – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Also geht es doch!)

Jetzt sage ich Ihnen einmal, wo das nicht gut war – nämlich auch in Schwalbach. Herr Kollege Frömmrich, Sie haben zu Recht gesagt, dass ich in Schwalbach im Stadtparlament sitze. Deshalb weiß ich sehr genau, was dort los ist. In Schwalbach gibt es eine große Problematik mit Jugendlichen, die sich auf dem Marktplatz aufhalten. Da sich die Bürgerinnen und Bürger dort nicht mehr sicher fühlen, fordern die Stadtverordneten von Schwalbach schon sehr lange den Einsatz von Videoüberwachungsgeräten. Das wurde der Stadt aber nicht gewährt – unter anderem von dieser Landesregierung nicht. Jetzt, mit KOMPASS, geht plötzlich alles. Deshalb ist es für die Bürgermeisterin gut, dass sie jetzt die Unterstützung der Landesregierung bekommt.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Problem ist also gelöst! – Marius Weiß (SPD): Was ein halbes Jahr vor den Wahlen alles so geht!)

Im Übrigen gilt das auch für Willingen, Herr Kollege Frömmrich, wo die Verantwortlichen schon seit Langem den Einsatz von Videoüberwachungsanlagen fordern und demnächst hoffentlich an KOMPASS partizipieren dürfen. Ich hoffe, es bleibt dabei, Herr Kollege Innenminister.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Problem ist also gelöst!)

Nein, es ist nicht gelöst, Herr Kollege Frömmrich. Ich wäre sehr vorsichtig, zu sagen, dass Probleme gelöst sind. Wenn man auf ein Sicherheitssiegel verweist und jetzt den Kommunen dort hilft, wo es wirklich vonnöten ist, dann sind die Probleme vor Ort noch nicht gelöst, sondern sie sind angepackt, und die Lösung ist auf den Weg gebracht. Die Probleme sind aber noch nicht gelöst.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin Ihnen aber sehr dankbar dafür, dass Sie das Beispiel Schwalbach angesprochen haben; denn in der Tat ist es so, dass manche Kommunen mehr Unterstützung brauchen als das, was bislang vonstattengegangen ist. Die Landesregierung kann an manchen Stellen helfen. Aber dass sie einige Kommunen lange im Regen hat stehen lassen – wie z. B. meine Heimatstadt –, das ist nicht in Ordnung. Deshalb bin ich ausgesprochen dankbar dafür, dass Sie dieses Beispiel angesprochen haben.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollegin Faeser. – Das Wort hat der Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch der lobenswerte Versuch des Kollegen Frömmrich, durch die Inszenierung eines kleinen Scharmützels ein bisschen Stimmung in den langweiligen Setzpunkt der CDU-Fraktion zu bringen, rettet die Debatte letztlich nicht.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der SPD)

Um was geht es? Es geht um einen relativ einfachen Sachverhalt. Deswegen habe ich gewartet, was von den anderen Rednerinnen und Rednern kommt. Herr Kollege Bellino,

der Sie gerade aufwachen, was ist der eigentliche Sachverhalt? – Am 6. Dezember 2017, also vor ungefähr fünf Monaten, startete KOMPASS mit einem Modellprojekt in vier Gemeinden. Fünf Monate später kommt der Innenminister daher und sagt: „Jetzt, nach fünf Monaten, wissen wir schon, dass wir das ausweiten. Sieben Polizeipräsidien in Hessen bekommen je zwei KOMPASS-Berater, und es wird eine Geschäftsstelle für KOMPASS mit zwei Stellen beim LKA gegründet.“ Das reicht der CDU, um einen Setzpunkt zu beantragen. Sie feiern sich dafür, dass Sie 16 Stellen im hessischen Polizeidienst umverteilt haben – noch nicht einmal geschaffen, sondern nur für andere Aufgaben umverteilt haben.

Ich will dazu sagen: Die 30 Schutzmänner vor Ort haben wir im Haushalt schon abgebildet. Das ist nichts Neues. Was soll man dazu also noch sagen? Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht, und es fiel mir nicht sehr viel dazu ein.

(Norbert Kartmann (CDU): Man muss die Redezeit nicht voll nutzen!)

Deshalb will ich kurz zusammenfassen. Das Anliegen von KOMPASS ist grundsätzlich zu begrüßen. Da haben wir, glaube ich, überhaupt keinen Dissens. Das ist eine vernünftige Geschichte; denn eine bessere Zusammenarbeit der Kommunen und der Polizei ist wichtig. Ich frage mich nur, ob das einen so euphorischen Koalitionsantrag rechtfertigt wie den, der hier vorgelegt worden ist, zumal noch gar keine verlässlichen Erfahrungen vorliegen. Wie gesagt, das Modellprojekt läuft seit fünf Monaten, und die Instrumente, die man dort einsetzt, sind überwiegend alles andere als neu: Den freiwilligen Polizeidienst gibt es seit dem Jahr 2000, den Schutzmann vor Ort gibt es schon lange, die Videoüberwachung, finanziert mit einer Zweidrittelförderung durch das Land, haben wir auch schon abgefrühstückt, und die Sicherheitsberater für Senioren gibt es seit März 2016. Das Einzige, was neu ist: Sie haben 16 Stellen umverteilt, um die Stelleninhaber als KOMPASS-Berater, als Ansprechpartner bei den Polizeipräsidien zu installieren.

Was bleibt, sind offene Fragen. Mir drängt sich z. B. die Frage auf: Warum laufen solche Modellprojekte nur fünf Monate? Reicht Ihnen das wirklich, um nachhaltige Entwicklungen im Sicherheitsbereich festzustellen und langfristig zu betrachten, oder hat das vielleicht doch etwas – den Eindruck hatte ich auch gestern häufig – mit dem Nahen des Monats Oktober und dem dann stattfindenden Ereignis zu tun?

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der SPD)

Eine weitere Frage, die sich mir aufdrängt: Gibt es über den KOMPASS-Leitfaden hinaus eine Auswertung und Bewertung der einzelnen Modellprojekte auch hinsichtlich erster Entwicklungen bei Straftaten? Mich würde interessieren, wie die ursprünglich angekündigte wissenschaftliche Begleitung umgesetzt wird. Vielleicht sagt uns der Innenminister nachher etwas dazu. Gibt es dafür eine Ausschreibung, oder wie wird das gemacht? Ist das vielleicht wieder eine geheimhaltungsbedürftige Beauftragung zur Evaluation? Wer soll das letztlich machen? Erfahren auch wir das irgendwann einmal?

Was kann man sonst noch sagen? – Ach ja, es gibt da noch den Antrag – –

(Minister Peter Beuth: Ich habe da noch etwas!)

Herr Minister, ich bin sicher, dass Sie viel reden werden. Aber ob Sie auch etwas zu sagen haben, das wird die spannende Frage sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten der SPD – Zurufe von der CDU)

Wir haben ja noch den Entschließungsantrag. Den kann man sich durchlesen. Es fällt einem nicht viel dazu ein; denn es steht auch nicht viel drin, außer dass es so weitergehen soll und dass die Koalition und die Landesregierung natürlich ganz toll sind. Meine Damen und Herren, dafür bekommen Sie unsere Stimmen natürlich nicht.

Mein Fazit: Ich habe zehn Minuten Redezeit. Davon sind noch über fünf Minuten übrig. Was soll ich damit?

(Horst Klee (CDU): Man muss sie ja nicht ausnutzen!)

Die restliche Redezeit wird nicht benötigt. Kollege Klee, ich nehme Ihren Appell durchaus ernst. Warum wird sie nicht benötigt? – Weil es Ihrem Antrag an Substanz fehlt. Sie haben nichts mehr anzubieten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Insbesondere war die Themenfindung für Ihren Setzpunkt offensichtlich ein Riesenproblem. Daher nehmen Sie solchen Kleinkram und machen den zu einem Setzpunkt in einer Plenarsitzung. Das ist blamabel – aber zu erklären, wenn man genau hinschaut. Denn Sie wollen von anderen Themen ablenken. Das wird Ihnen aber nicht gelingen. Wenn ich z. B. an die fragwürdige Auftragsvergabe an Palantir denke, ein Thema, das wir im Innenausschuss erörtert haben, dann muss ich sagen: Das wird uns weiter beschäftigen. – Oder ein anderes Thema, nämlich das Versagen des Innenministeriums bei der Durchführung von Abschiebungen und Rückführungen. Dazu aber morgen mehr. Jetzt spare ich vier Minuten und 30 Sekunden Redezeit ein. Die können an anderer Stelle besser verwendet werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abge- ordneten der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Greilich. – Das Wort hat der Innenminister, Herr Staatsminister Peter Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige Debattenbeiträge haben schonungslos offenbart, dass die Redner von der Polizeiarbeit in Hessen ganz offensichtlich keine Ahnung haben. Der letzte Beitrag gehörte dazu.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und der FDP)

Ich will damit beginnen, dass ich den Hintergrund des Antrags beleuchte. Es ist ein bisschen zum Verrücktwerden, meine Damen und Herren: Die objektiven Zahlen werden beim Thema innere Sicherheit Jahr für Jahr besser. Deutschland gehört zu den sichersten Ländern in Europa und in der Welt. Hessen gehört zu den sichersten Ländern in Deutschland. Die objektive Sicherheit ist gegeben. Trotzdem gibt es bei vielen Menschen ein Gefühl der Unsicherheit. Dem müssen wir begegnen. Das ist unsere Aufgabe. Das machen wir unter anderem mit diesem Konzept.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Meine Damen und Herren, ich will Ihnen ganz kurz die Frage im Zusammenhang mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl noch einmal vor Augen führen. Ich finde, uns als Politiker muss es beeindrucken, wenn Menschen erklären, dass sie sich zu irgendwelchen Tageszeiten an irgendwelche Stellen nicht hinaustrauen. Dann ist die Freiheit der Menschen in unserem Land eingeschränkt. Deswegen müssen wir uns darum kümmern. Das machen die Hessische Landesregierung und diese Koalition.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Schaus, es ist eben nicht so, dass man Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten einfach nur mehr Geld gibt. Damit habe ich nicht mehr Sicherheit. Sie haben recht: Wenn ich ein Siegel vergebe, habe ich damit auch noch nicht mehr Sicherheit.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Eben!)

Aber wenn die Vergabe des Siegels am Ende eines Prozesses steht, in dem sich Kommunen um Sicherheit gekümmert haben, habe ich einen Mehrwert an Sicherheit. Das kriegen wir mit dem Konzept hin, das wir Ihnen heute vorgelegt haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Sie haben gefragt, was neu ist: Struktur ist neu; Verbindlichkeit ist neu. Herr Kollege Greilich, es geht nicht um ein paar Stellen. Meine Güte, wie kleinkariert kann man sein? Es geht um Struktur, es geht um Inhalt, es geht um Konzeption, und es geht um Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden und den Kommunen. Damit erreiche ich mehr Sicherheit, nicht mit solchen Reden, die ich hier gehört habe.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte mich nicht getraut, ein solches Programm vorzuschlagen, wenn das vorher nicht klar gewesen wäre. Auch die Debatte im Hessischen Landtag war antizipierbar. Ich kann das nur vorschlagen, weil wir schon gut sind. Wir müssen aber noch besser werden, und wir wollen noch besser werden. Wir sind schon gut. Wir haben in diesem Land eine Aufklärungsquote von 62,8 % – 5 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt, 10 % über dem Bundesdurchschnitt. Hessen ist bereits gut. Die hessischen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind erfolgreich. Wir liegen bei der Kriminalitätsbelastung auf dem dritten Platz hinter Bayern und Baden-Württemberg. Andere hätten in vergangenen Zeiten große Feiern veranstaltet, wenn sie das gehabt hätten.

(Zurufe der Abg. Alexander Bauer (CDU) und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Kollegin Faeser, im Jahr 1999, als wir die Regierung von Ihnen übernommen hatten, hatten wir eine Aufklärungsquote von 47,5 %.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein waren die, die schlechter waren. Heute sind wir auf dem dritten Platz. Wir sind gut. Wir sind er

folgreich. Aber wir wollen noch besser werden. Das ist unser Anspruch.