Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

Ebenfalls kritisiert wurde in der Anhörung, dass es keine kontinuierliche dauerhafte Förderung gibt. Zwar sprechen Sie in § 1 des Gesetzentwurfs von „dauerhaftem bezahlbaren Wohnraum“, doch glaube ich nicht, dass nach Rückzahlung der Darlehen und einer Übergangsfrist die gebauten Wohnungen dauerhaft als Sozialwohnungen erhalten bleiben.

(Zustimmung der Abg. Marjana Schott (DIE LIN- KE))

Eine solche dauerhafte Lösung – ich sagte es schon an anderer Stelle –, die in österreichischen Städten, in Wien, in Graz oder in Salzburg, seit vielen Jahrzehnten praktiziert wird, wäre aber zwingend notwendig, um dem Problem des jährlich sinkenden Sozialwohnungsbestandes endlich beizukommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir LINKE sagen: einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung. Das muss das Motto einer zukunftsgerichteten Wohnungspolitik sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt aber leider weiterhin die völlig hilf- und planlos wirkende Wohnungspolitik von Schwarz-Grün fort. Dabei begrüßen wir es durchaus, dass die Landesregierung Mittel auch über das Jahr 2019 hinaus zur Verfügung stellt. Etwas anderes wäre bei der Lage auf dem Wohnungsmarkt auch kaum öffentlich vertretbar gewesen. Wir hätten uns jedoch, insbesondere von einem grün geführten Ministerium, ein erheblich faireres Angebot an die hessischen Kommunen gewünscht. Diesen nun weiterhin die finanzielle Hauptlast zuzuschieben und lediglich

die Zinszahlungen der ersten 15 Jahre zu übernehmen, halte ich für unredlich.

Frau Förster-Heldmann, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Beitrag.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Sie haben Ihre Ablehnung zum SPD-Änderungsantrag so begründet, dass dieser nicht ins Portfolio passe. Genau das ist es nämlich auch. Wir erkennen in diesem Gesetzentwurf keinen Aufbruch zu mehr preiswerten Wohnungen in Hessen. Eher steht er für ein „Weiter so“ der zurückliegenden Förderpolitik, und das lehnen wir ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Hinz. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem Wohnrauminvestitionsprogramm stellen wir die finanzielle Unterstützung der Kommunen für bezahlbaren Wohnraum in Hessen weiterhin sicher.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das WIP, wie wir es kurz nennen, ist ein Teil des Masterplans Wohnen. In diesem Masterplan sind vielfältige Förderprogramme enthalten, z. B. unterschiedliche Förderprogramme für sozialen Wohnungsbau und für den Kauf von Belegungsrechten. Außerdem ist die Bauland-Offensive angesprochen worden, die sich nicht mit sich selbst beschäftigt, sondern mit Machbarkeitsstudien für Kommunen, damit diese entsprechende Quartiere zur Baureife bringen.

Herr Lenders, ich bin erstaunt darüber, dass Sie behaupten, die Bestrebungen um Baugenehmigungen ließen nach, weil Investoren drangsaliert würden. Gerade heute wurde gemeldet, dass die steigende Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland wieder nach oben treibt.

(René Rock (FDP): Warum nicht in Hessen?)

Gemessen am Vorjahreszeitraum waren es 0,7 % mehr Mehrfamilienhäuser. Das ist auch richtig so; denn wir brauchen gerade im Geschosswohnungsbereich Wohnungen, die auch bezahlbaren Wohnraum darstellen, vor allen Dingen im sozialen Wohnungsbau.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben in den Jahren 2016 und 2017 für knapp für 5.000 Wohneinheiten Fördermittel bereitgestellt. 1.500 Wohneinheiten davon entfallen auf das Vorläuferpro

gramm KIP. Das heißt, es ist ein begehrtes Programm, insbesondere für Kommunen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Zudem ist das auf die Kommunen ausgerichtet. Das ist für Kommunen besonders attraktiv, weil im Gegensatz zu den anderen Förderprogrammen keine Finanzierungsbeteiligung der Kommunen gefordert wird. Das muss man wissen, wenn man auf der anderen Seite plötzlich Zuschüsse verlangt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem fördern wir im Vergleich zum normalen Mietwohnungsbau auch den Erwerb von Nichtwohngebäuden durch Kommunen mit dem Ziel der dauerhaften Nutzung als Wohnraum. Es darf selbstverständlich auch in diesem Programm ein Teil der Wohnungen in bestimmten Gemeinden mit Haushalten mit mittleren Einkommen belegt werden. Also auch hier gibt es den sogenannten ersten und den sogenannten zweiten Förderweg. Das macht dieses Programm für die Kommunen so besonders attraktiv. Wir haben ja gerade wegen der großen Nachfrage dieses weitere Programm aufgelegt. Wenn die Kommunen gesagt hätten, das sei zu unattraktiv und werde deswegen nicht gewünscht, dann hätte man es nicht auflegen müssen. Im Gegenteil: Überall, wo ich hinkomme mit einem Förderbescheid aus dem KIP, sagen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister: Bitte setzen Sie das Programm fort, damit wir weiterhin hiervon profitieren können. – Deswegen halte ich das für ein sinnvolles Programm und ein gutes Gesetz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen zwei Punkte benennen, um aufzuzeigen, wie wir das KIP in die Umsetzung gebracht haben. In der Metropole Frankfurt haben wir mit rund 5 Millionen € die Errichtung von fünf Mietwohngebäuden in der Leonardo-daVinci-Allee unterstützt. Dort sind 121 Mietwohnungen entstanden. Auch eine integrierte Kindertagesstätte ist dort eingerichtet worden. Das heißt, es wird auch auf die soziale Infrastruktur geachtet. In Grünberg sind mit 1,1 Millionen € 16 Mietwohneinheiten gefördert worden, die allesamt barrierefrei sind. Gerade in ländlichen Bereichen wird auf das KIP zurückgegriffen. Künftig wird sicher auch auf das WIP zurückgegriffen werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun zum Antrag der SPD, dass das Land die Zinsen über die komplette Darlehenslaufzeit übernehmen soll. Außerdem sollen Tilgungszuschüsse in Höhe von 10 Millionen € jährlich gewährt werden. Dies entspricht im Übrigen einer Gesamttilgung und soll außerdem mit einer Ausfallbürgschaft abgesichert werden. Das Land soll also alles zahlen, aber die Erträge aus den Mieteinnahmen bleiben beim Investor. Das schlägt sogar die Parole der SPD, die wir bislang kannten: Darf es ein bisschen mehr sein? – Dieses Mal heißt es: Darf es alles sein?

Meine Damen und Herren, so kann man keine Schwerpunktsetzung im Wohnungsbau betreiben. Sie fordern nun, dass wir Belegungsbindungen verlängern und die Tilgungszuschüsse für den sozialen Wohnungsbau insgesamt erhöhen. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Dafür muss man das Gesetz nicht ändern. Dafür muss man nur die Richtlini

en ändern. Da ich es bereits verkündet habe, wissen Sie, dass die Richtlinien gerade verändert werden. Die Anhörungsfrist ist abgelaufen. Wir werden die Tilgungszuschüsse für den sozialen Wohnungsbau erhöhen. Wir werden die Bindungsfristen verlängern. Das kommt zusätzlich zum WIP hinzu. Das heißt, wir haben unterschiedliche Programme für unterschiedliche Zielgruppen. Ich halte das nach wie vor für den richtigen Weg. Das WIP wird eine sinnvolle Ergänzung bleiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Als Nächster hat Kollege Siebel für die Fraktion der Sozialdemokraten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich habe mich zu Wort gemeldet, weil die Geschichte vom Hasen und Igel noch nicht zu Ende erzählt worden ist. Ich habe mich aber auch deshalb zu Wort gemeldet, weil wir offensichtlich unterschiedliche Wahrnehmungen von der Anhörung haben, Herr Caspar, Frau Ministerin. Ich darf Sie konfrontieren mit der Stellungnahme des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, unterzeichnet von Herrn Diedrich Backhaus, dem Direktor, der da schreibt:

Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem Umstand einer fehlenden Zuständigkeit der kreisangehörigen Kommunen zur Schaffung von Wohnraum nach unserer Einschätzung nicht hinreichend Rechnung. Das vorliegende Förderverfahren ist als Darlehensprogramm der WIBank ausgestaltet.

Weiter unten heißt es:

Zugleich werden die Kommunen über die Ausgestaltung des Förderprogramms in Form von Darlehen wiederum zur Aufnahme neuer Schulden gezwungen, was die Bestrebung der meisten Kommunen – im Übrigen auch des Landes – zur Entschuldung der kommunalen Haushalte konterkariert. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte halten wir daher den Beitrag des Landes an der Wohnraumförderung für deutlich zu gering.

Frau Ministerin Hinz, natürlich muss das so sein: Wenn man es so macht, wie wir es vorschlagen, dann müssen weitere Maßnahmen, über die wir ja auch diskutieren, z. B. die Mietdeckelung, damit einhergehen und korrespondieren. Dann ergibt das Sinn. Ich meine, wir diskutieren den Wohnungsbau jetzt ja nicht nur auf einer Pidgin-Ebene, sondern wirklich auf ziemlich hohem Niveau.

Wenn Ihnen der Städte- und Gemeindebund aber nicht ausreicht, dann zitiere ich den VdW:

Die Wirksamkeit und Effizienz von Fördermaßnahmen ist generell von den jeweils geltenden Förderkonditionen abhängig.

Frau Ministerin, wenn Sie sich hier jetzt auf die Richtlinien beziehen: Die Richtlinien liegen dem Hessischen Landtag nicht vor. Wir können das gerne so machen wie in Hamburg und solche Richtlinien oder Erlasse, wenn sie wichtig

und von Bedeutung sind, auch im Landtag diskutieren und nicht nur in der Anhörung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das nur dazu. – Ich zitiere weiter:

Gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase stehen öffentliche Fördermittel … in Konkurrenz zu den Darlehen des freien Kapitalmarktes. Wohnraumförderprogramme … [mit niedrigen Darlehenszinsen] sind derzeit unattraktiv, da die Unternehmen sich am freien Markt mit Darlehen zu nur minimal ungünstigeren Konditionen versorgen können …

Aus diesem Grund plädiert der VdW Südwest für Modelle mit einer Zuschussförderung.

Wenn wir darauf rekurrieren, einen Teil der Tilgung zu übernehmen – wir haben übrigens mit 1 % Tilgung gerechnet, so sind wir auf 10 Millionen € gekommen; das ist also keine vollständige Tilgung –, dann ist das ein Einstieg in die hier geforderte Vorgehensweise: nicht nur die Übernahme der Zinsen, sondern in der Tat auch eines Teils dessen, was die Kommunen investieren müssen. Das sind dann die Tilgungen. – So viel noch zur Begründung des Änderungsantrags. Auf fachlicher Ebene musste das, wie ich glaube, noch klargestellt werden.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich will die mir zur Verfügung stehende Zeit dahin gehend nutzen, noch ein paar andere Punkte anzusprechen. Unter anderem bitten Sie jetzt die Kommunen, mehr Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Ich kann es Ihnen nicht ersparen: Wenn das Land Hessen solche Forderungen aufstellt und selbst nicht willens und in der Lage ist, die eigenen Landesflächen zu Bodenwertpreisen zur Verfügung zu stellen, dann ist eine solche Forderung an die Kommunen

(Michael Boddenberg (CDU): Wovon reden Sie denn? Was kommt denn jetzt schon wieder?)