Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Ich will ausdrücklich sagen: Die Voraussetzung für deutlich mehr Flugbewegungen wird sein, dass die Lärmbelastung pro Flug geringer werden muss. Das heißt, die Fluggesellschaften werden einen Anreiz haben, leiser zu fliegen. Das finde ich jedenfalls in keinem bisherigen Dokument so wieder, das zu irgendeinem Landesentwicklungsplan gehört. Ich glaube, da haben wir etwas wirklich Großes geschaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens haben wir klargemacht, dass wir auch den Ausbau der Nutzung der erneuerbaren Energien fördern wollen. Ja, wir haben die Nutzung der Windkraft in Hessen schon vorangebracht. 2017 haben wir in Hessen 20 % des Stromverbrauchs erneuerbar erzeugt. Wir unterstützen diese Entwicklung z. B., indem wir mit dem geänderten Landesentwicklungsplan nun einige strittige Fragen bei der Ausweisung der Windvorranggebiete durch die Regionalversammlungen, die vorher kontrovers diskutiert wurden, klarstellen.

Ja, wir werden landesweit einheitliche Abstandsregelungen zu den Höchstspannungsfreileitungen festlegen. Herr Kol

lege Kaufmann hat es angesprochen. Das war übrigens auch der Inhalt einer Forderung der SPD-Fraktion aus dem Jahr 2014.

Ich will das ausdrücklich sagen: Diese Abstandsregelung wird dem vorsorgenden Schutz des Wohnumfeldes der Bevölkerung dienen. Sie wird für neue Trassen gelten. Ich finde es eigentlich nur logisch, dass man am Ende auch darüber entscheidet, dass sich neue Wohngebiete zukünftig nicht mehr näher an bestehende Höchstspannungsfreileitungen heran entwickeln sollen.

Das kontroverseste Thema wurde schon angesprochen. Das Stichwort lautet Flächenverbrauch. Wir wollen den Flächenverbrauch auf 2,5 ha pro Tag begrenzen. Warum wollen wir das? – Wir wollen es, weil der Flächenverbrauch wertvolle Böden vernichtet. Natürlich brauchen wir gerade im Rhein-Main-Gebiet zusätzliche Wohnungen. Auch die Infrastruktur muss in bestimmten Bereichen weiter ertüchtigt werden. Es soll aber auch in Zukunft Naherholungsgebiete geben. Die Landwirte müssen genügend Acker zur Verfügung haben, um ihre regionalen Produkte anbauen zu können.

Ich will das ausdrücklich sagen: Es wird auch weiterhin Entwicklung möglich sein. Um dieses Flächeneinsparziel zu erreichen, werden die Kommunen mit dem geänderten Landesentwicklungsplan ihren Flächenbedarf stärker als bisher nachweisen müssen, bevor sie den – ich sage es einmal so – einfachen Weg auf die grüne Wiese gehen. Das heißt, dass sie im Zweifelsfall nachweisen müssen, dass eine Innenentwicklung nicht mehr oder nicht mehr in ausreichendem Umfang möglich ist. Ich sage ausdrücklich, dass ich das richtig finde.

Biotope, Naturschutzgebiete, Biosphärenreservate und Nationalparks werden in Hessen bereits gut geschützt. Einen zusätzlichen Schutz für die Verbindung zwischen diesen Gebieten werden die neuen Biotopverbünde bieten. Auch das wird bald im Landesentwicklungsplan sein. Wir werden den Grundwasserschutz stärken, indem wir die Vorranggebiete für den Grundwasserschutz als neue Gebietskategorie in die Regionalpläne einführen werden.

Wir werden in Hessen Fracking verbieten. Das will ich auch noch einmal sagen. Man muss sich einmal überlegen, wie lange wir in der letzten Legislaturperiode darüber gestritten haben. Ich sage ausdrücklich, dass ich das richtig finde.

Natürlich ist klar, dass ein Thema fehlt. Dabei geht es um die zentralen Orte und die Raumkategorien. Dazu habe ich eine überparteiliche Expertenkommission eingerichtet, die sich mit der Zukunft der zentralen Orte und der Raumstruktur in Hessen auseinandersetzt. Sie soll bis Ende des Jahres umsetzungsorientierte Empfehlungen zur Festlegung der Ober- und Mittelzentren und der Raumkategorien erarbeiten. Natürlich werden die Kommunalen Spitzenverbände in die Debatte einbezogen werden. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, ihre Vorstellungen zu formulieren.

Herr Minister, Sie denken an die Redezeit.

Herr Präsident, ich wollte gerade sagen: Ich komme zum Schluss meiner Rede. – Der Landesentwicklungsplan ist das wichtigste Instrument der Landesplanung. Er gilt für ganz Hessen. Er ist die rechtliche Grundlage für die Regionalpläne, die in den Regionalversammlungen und in dem Regionalverband FrankfurtRheinMain beschlossen werden. Wir werden mit diesem Landesentwicklungsplan die Voraussetzungen für gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen des Landes schaffen.

Das ist ein wirklich großes Werk. Erlauben Sie es mir, an dieser Stelle einmal all denen zu danken, die daran mitgearbeitet haben. Sie haben das an vielen unterschiedlichen Orten getan. Ich will vor allem denen im Ministerium danken. Ich will ausdrücklich die beiden erwähnen, die da oben sitzen. Frau Krökel, Frau Uplegger, vielen Dank. Jetzt stehen Ihre Namen im Landtagsprotokoll. Es hat Stunden, Tage, Wochen und Monate Arbeit gekostet, bis wir so weit gekommen sind. Ich bin froh, dass das hier jetzt gleich beschlossen werden wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, vielen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Ende der Debatte angelangt und kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung zu dem Antrag der Landesregierung betreffend Dritte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Landesentwicklungsplan Hessen 2000.

Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Das sind die übrigen Mitglieder des Hauses.

(Zuruf)

Ich frage noch einmal: Wer stimmt dagegen? – Die Mitglieder der Fraktionen der SPD, der FDP und der LINKEN sind dagegen. Damit ist diese Beschlussempfehlung beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes – Drucks. 19/6514 zu Drucks. 19/5955 –

Berichterstatterin ist Frau Kollegin Ravensburg.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN gegen die Stimme der FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung abzulehnen.

Vielen Dank, Frau Kollegin Ravensburg. – Wir beginnen mit der Aussprache. Es spricht zuerst der Kollege Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben schon der Beschlussempfehlung entnommen: Unsere Hoffnung, dass man ein Problem einmal sachlich angehen könnte, hat sich leider weder in der Anhörung durch die Art der Fragestellung noch durch die Beratung im Ausschuss bestätigt. Im Gegenteil, Sie waren nicht bereit, sich sachlich mit dieser in der Tat komplexen Frage auseinanderzusetzen. Trotzdem versuche ich noch einmal, den Sachverhalt für Sie alle klarzumachen.

Was wir mit unserem Gesetzentwurf möchten – das ist das wesentliche Anliegen –, ist, dass jedes Kind und jeder Jugendliche unabhängig von sozialer, kultureller oder ethnischer Herkunft und religiösem Hintergrund bestmögliche Bildungschancen erhält. Dazu ist es nun einmal notwendig, dass der Unterricht und das Schulleben optimal gestaltet werden. Direkte Kommunikation und Interaktion sind zentrale Elemente, die nicht gestört werden dürfen, unter anderem auch nicht durch Vollverschleierung in der Schule, weil die Körpersprache, gerade auch die Gesichtsmimik, unerlässlich für einen erfolgreichen Unterricht ist. Das ist der Hintergrund unserer Gesetzesinitiative. Wir haben schon in der ersten Lesung über die zwei zentralen Fragen, die damit verbunden sind, debattiert.

Die erste Frage war: Burka in der Schule – wollen wir das, oder wollen wir das nicht? Ich glaube, da waren sich alle hier im Plenum einig – ich habe jedenfalls keine andere Äußerung in Erinnerung –: Nein, wir wollen die Burka in der Schule nicht.

(Beifall bei der FDP)

Dann schließt sich die Frage an: Gibt es eine Regelungsnotwendigkeit? Darüber haben wir im Wesentlichen diskutiert. Da ist einerseits die Frage: Gibt es eine praktische Notwendigkeit? Zum anderen: Gibt es eine juristische?

Die juristische Debatte, die wir – der Kultusminister und ich – in der ersten Lesung dazu geführt haben, haben wir in der Anhörung vertieft. Die Debatte ist nicht ganz einfach. Die Position des Ministers und des Kultusministeriums ist: Es gibt einen Erlass aus dem Jahre 2012. Der ist ausreichend. – Ich bin nicht dieser Auffassung. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht. Ich bin der Auffassung, wir brauchen hier eine gesetzliche Grundlage. Die vorhandene ist nicht ausreichend.

Was haben uns die Sachverständigen zu dem Thema gesagt? – Ich fange einmal zusammenfassend damit an: Bezüglich der juristischen Notwendigkeit waren sich die Sachverständigen nicht so ganz einig. Dass es juristisch aber sinnvoll wäre, darüber waren sie sich einig.

Ich fange einmal mit der kritischsten Stellungnahme an. Das war die von Prof. Aust von der Freien Universität Berlin, der erklärt hat:

Drittens möchte ich schließlich unterstreichen, dass das Vorhandensein einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage … den Gesetzgeber natürlich nicht hindert, eine Spezialnorm in das Hessische Schulgesetz

aufzunehmen. Ob dies erfolgen soll, ist letztlich eine politische Frage. …

Das Ermöglichen einer offenen Kommunikation im Schulunterricht ist ein legitimes verfassungsrechtliches Ziel. Diese Überlegung kann sich auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stützen.

Ich fasse zusammen. Die kritischste Stellungnahme bezüglich der juristischen Bewertung war: Es ist nicht unbedingt erforderlich, aber jedenfalls zulässig und sinnvoll.

(Beifall bei der FDP)

In einer weiteren Stellungnahme hat Prof. Schorkopf von der Georg-August-Universität Göttingen ausgeführt:

Der zweite Gedanke ist, dass Grundrechtskonflikte – und die haben wir unzweifelhaft, darauf können wir uns einigen – nicht durch die Exekutive im Wege eines Erlasses aufgelöst werden sollten, sondern durch den Gesetzgeber.

Es heißt dann weiterhin:

In dieser Thematik der Bekleidung, die ein zunehmendes Konfliktfeld in Schulen ist, müssen einerseits die Schulleitungen und Lehrer und andererseits die Elternschaft gestärkt werden … Es werden klare Verhältnisse benötigt, was geht und was nicht geht. Das im Erlasswege zu regeln, reicht meines Erachtens nicht aus; denn der Begriff des normativen Leitbilds, was in Schule geht und was nicht, ist etwas, was der unmittelbar demokratisch legitimierte Gesetzgeber, also der Landtag und seine Mitglieder, regeln sollte.

Meine Damen und Herren, für diejenigen, die es gerne ein bisschen anschaulicher haben wollen: Sie alle kennen Prof. Ronellenfitsch und seine sehr klare Beschreibung von Sachverhalten auch im juristischen Zusammenhang. Auch er hat als emeritierter Staatsrechtslehrer Stellung genommen. Ich glaube, die Stellungnahme ist sehr nachvollziehbar. Ich zitiere auch ihn wörtlich:

Sie können z. B. das Tragen von Stöckelschuhen, um den Bodenbelag zu schützen, verbieten oder auch das Benutzen von Handys im Unterricht und derartige Dinge im Rahmen der allgemeinen Schulordnung regeln … Dafür reicht ein Erlass. Aber um das geht es nicht. Es geht nicht um eine schlichte Kleiderordnung, es geht nicht um modische Accessoires und dergleichen, sondern es geht um die Äußerung der Religion. Und die Äußerung der Religion bedarf einer gesetzlichen Grundlage, da gibt es gar keinen Zweifel.

Ich glaube, das sollte dann jeder verstehen.

(Beifall bei der FDP)

Zusammenfassendes Ergebnis der juristischen Beurteilung ist: Es ist mindestens sinnvoll, eine Regelung zu treffen. Ich ziehe die Konsequenz mit einigen der Sachverständigen: Es ist zur Herstellung von Rechtssicherheit auch zwingend erforderlich und sinnvoll.

Wie sieht die praktische Seite aus? – Die Erfahrungen aus Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern und deren Reaktionen auf unsere Initiative – ich habe das in der ersten Lesung schon ausgeführt – zeigten in der Tat: Es gibt dort einen Bedarf.

Ich hatte damals schon den Fall einer couragierten Schulleiterin erwähnt, die das geregelt hat, ohne dass das in die Öffentlichkeit gelangte. Sie hat Glück gehabt. Es hat sich keiner gewehrt, und es gab kein rechtliches Verfahren. Der Kultusminister selbst hat uns auf meine Nachfrage hin berichtet, dass es schon mindestens drei Fälle aus dem Jahr 2014/15 gibt, die dem Kultusministerium bekannt geworden sind. Die Dunkelziffer ist uns nicht bekannt.

Meine Damen und Herren, so war die Situation auch in Niedersachsen. Deswegen haben unsere Kollegen im Niedersächsischen Landtag einstimmig entschieden, dass es eine allgemeine Regelung geben muss, damit nicht der Verdacht einer Einzelfallregelung aufkommt und man auf der anderen Seite dann im konkreten Fall eine Grundlage hat, um zu entscheiden. Das ist einstimmig entschieden worden. Wir haben Ihnen ja mit gutem Grund genau diese Formulierung, auf die sich alle Fraktionen im Niedersächsischen Landtag verständigen konnten, zur Entscheidung vorgelegt.

Was hat denn da die Anhörung ergeben? Was sagen denn die Praktiker, die mit der Situation in unseren Schulen im weiten Hessenland befasst sind, zu der Frage, dass es angeblich – wie Sie hier vorgetragen haben – keinen Regelungsbedarf gibt?