Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

In Zeiten sicherheitspolitischer Herausforderungen stärken wir mit diesen Maßnahmen unsere Sicherheitsorgane. Wir machen dies personell und materiell, aber eben auch rechtlich.

Ich komme zum Schluss mit dem Satz: Mit der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes, der Stärkung der parlamentarischen Kontrolle und mit den Änderungen in den hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetzen, die ein stabiles Fundament für unsere Sicherheitsarchitektur schaffen, arbeiten wir Christdemokraten mit voller Kraft daran, dass Hessen weiterhin stark und sicher bleibt. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollege Bauer. – Das Wort hat Frau Abg. Nancy Faeser, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nein, Herr Bauer, Sie stärken die parlamentarische Kontrolle mit diesem Gesetzentwurf eben nicht maßgeblich.

(Beifall bei der SPD)

Angesichts der wirklich furchtbaren Ereignisse rund um den Mord an Halit Yozgat in Kassel und der, wie wir inzwischen aus dem Untersuchungsausschuss wissen, damaligen bewussten Nichtinformation der Parlamentarischen Kontrollkommission finden wir das mehr als unangemessen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Alexander Bauer (CDU): Der damalige Vorsitzende hätte intervenieren können! – Gegenruf des Abg. Günter Rudolph (SPD): Er wusste es doch gar nicht!)

Ich will Ihnen sagen, was uns fehlt.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Kollege Bellino, das haben wir auch in einem Änderungsantrag vorgestellt. – Aus unserer Sicht sollten alle Fraktionen in der Parlamentarischen Kontrollkommission vertreten sein. Die FDP und DIE LINKE sind es derzeit nicht. Wir wollen die Minderheitenrechte sichern. Wir wollen ein Zutrittsrecht für die Parlamentarier zu den Dienststellen des Verfassungsschutzes; und wir wollen übrigens ein Anhörungsrecht gegenüber den Dienstkräften. Wir wollen, dass die Mitarbeiter der Abgeordneten jederzeit mit in die Kontrollkommission gehen dürfen, nicht nur dann, wenn es die Mehrheit entscheidet.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Wir wollen – das habe ich vorgestern auch schon gesagt; und wir bedauern es sehr, dass Sie das nicht aufgenommen haben –, dass sich die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes jederzeit vertraulich an die Parlamentarische Kontrollkommission wenden können. Das ist eine Whistleblower-Vorschrift, die wir für mehr als angemessen halten. An wen sollen sie sich denn sonst wenden, wenn nicht an das Parlament, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der SPD)

Auch die Regelung zu den Sachverständigen reicht uns nicht aus. Warum wollen Sie auch hier eine Zweidrittelmehrheit in der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Zulassung von Sachverständigen? Vor was haben Sie eigentlich Angst? Das sollte eine gestärkte Regelung sein.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Was leider völlig fehlt – Herr Bauer, es wird auch nicht dadurch besser, dass Sie es einfach sagen –, ist die Transparenz in Bezug auf die Parlamentarische Kontrollkommission. Wir haben Sie eindringlich gebeten und beantragt, dass man auch öffentlich Dinge behandeln können muss. Das trägt doch auch zu mehr Vertrauen seitens der Bürgerinnen und Bürger in den Verfassungsschutz bei. Ich weiß nicht, wer nach den furchtbaren Vorfällen rund um den NSU diesen Punkt nicht verstanden hat. Das muss doch seitens des Parlaments geändert werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen eine regelmäßige Berichtspflicht der Landesregierung. All das hätten wir uns sehr gewünscht. Wir haben es hier auch in einem Änderungsantrag vorgelegt, den Sie leider abgelehnt haben. Was Sie im Verfahren gemacht haben, ist – darüber haben wir vorgestern ausführlich gesprochen, aber ich will hierauf noch einmal zurückkommen –, dass wir die dritte Lesung dazu genutzt haben, erneut zu beantragen, dass die neuen 20 Änderungen im hessischen Polizeirecht einer schriftlichen und mündlichen Anhörung zugeführt werden. Das haben Sie leider wieder abgelehnt. Herr Kollege Bauer, ich bleibe dabei: Es ist ein Tiefpunkt des Parlamentarismus, weil Sie die Betroffenen nicht anhören.

(Beifall bei der SPD – Alexander Bauer (CDU): Sie haben doch aus der Anhörung zitiert! Das stimmt nicht!)

Herr Kollege Bauer, ich weise Sie auf den § 93 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags zu Anhörungen hin. Hier ist insbesondere Abs. 2 aus unserer Sicht einschlägig. Ich darf zitieren:

Berät der Ausschuss Gesetzesvorlagen, durch die wesentliche Belange von Gemeinden und Gemeindeverbänden berührt werden, soll den auf Landesebene bestehenden Kommunalen Spritzenverbänden Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

Das haben Sie versäumt. In § 71a Abs. 1 HSOG geht es um die Frage der Sachkundeprüfung bei der Hundeführung und der elektronisch lesbaren Kennzeichnung,

(Zurufe von der SPD: Ah!)

und das müssen die Kommunen ausführen. Herr Bauer, diese haben Sie nicht gehört.

(Beifall bei der SPD – Alexander Bauer (CDU): Es war eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf und nicht dazu! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir sehen hier einen Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Hessischen Landtags. Das werden wir auch rechtlich prüfen und den Landtagspräsidenten anschreiben. Ich darf den Innenminister auch darauf verweisen, dass er sehr gern sein Recht des Einspruchs gegen Gesetze des Landtags nach Art. 119 der Hessischen Verfassung geltend machen kann. Ich verweise aber darauf: Es sind kurze Fristen. Herr Innenminister, Sie müssten das innerhalb von fünf Tagen tun. Aber das können Sie noch einmal prüfen.

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Ich will am Schluss noch einmal sagen: Wir finden es schon spannend, dass jetzt im Rahmen der Änderung des Polizeirechts mit dem § 25a HSOG eine Rechtsgrundlage für die Analyseplattform Palantir – –

(Alexander Bauer (CDU): Das stand schon im Ursprungsgesetz drin!)

(Alexander Bauer (CDU): Also, es ist nichts Neues!)

Herr Bauer, jetzt lassen Sie mich doch einmal ausreden. Ich habe doch gar nicht gesagt, dass das neu ist.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

Ich habe gesagt, wir finden es spannend, dass Sie mit § 25a HSOG jetzt eine Rechtsgrundlage für die Analyseplattform schaffen, die schon seit Mitte Dezember arbeitet.

(Fortgesetzte Zurufe des Abg. Alexander Bauer (CDU))

Herr Bauer, wir finden das einen interessanten Umstand. Wir werden Gelegenheit haben, das im Untersuchungsausschuss zu Palantir zu prüfen. Wir fordern Sie noch einmal auf: Ziehen Sie Ihren Änderungsantrag zurück, führen Sie das einer ordentlichen Anhörung zu, ansonsten müssen wir diesen Gesetzentwurf ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und der FDP)

Vielen Dank, Kollegin Faeser. – Meine Damen und Herren, ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Wenn ich keine weiteren Wortmeldungen mehr habe, schließe ich die Debatte. – Herr Kollege Schaus, jetzt aber schnell.

Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihr Entgegenkommen. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befassen uns hier zwar zum wiederholten Male mit dem Sicherheitsgesetz, aber ich finde immer noch etwas Neues darin.

Trotz massiver Geheimdienst- und Datenskandale haben die Regierungsfraktionen über vier Jahre gebraucht, um etwas vorzulegen. Hier stellt sich doch die Frage: Wenn es einen so erheblichen Reformbedarf gibt, warum haben Sie dann vier Jahre lang nichts auf die Reihe bekommen?

Wechseln wir die Perspektive. Wenn, wie der Innenminister immer wieder behauptet, die Sicherheit in unserem Lande doch so bedroht ist, frage ich auch: Warum haben Sie vier Jahre lang nichts auf die Reihe bekommen? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, da liegt doch ein Widerspruch in Ihren Aussagen. Wie Sie es drehen und wenden, es ist und bleibt Ihr Versagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das, was Sie Ende November endlich eingebracht haben, wurde dann von Sachverständigen, von Verbänden und von der Presse komplett zerrissen. Dann passierte wieder drei Monate nichts, und Sie bringen einen Tag vor der Sitzung des Innenausschusses einen 45-seitigen Änderungsantrag ein. Herr Bauer, das ist antiparlamentarisch, weil das so schnell niemand erfassen konnte. Dabei bleibe ich auch. Nur, damit Sie das wissen, weil Sie die Frage gestellt haben.

All dies hat Methode. Eine weitere für die Koalition negative öffentliche Debatte musste unbedingt verhindert werden. Das ist der Hintergrund. Sie verschärfen die Sicherheitsgesetze, Sie beschränken Bürger-, Parlaments- und Freiheitsrechte, und zwar durch die Hintertür. Sie sagen immer und immer wieder öffentlich die Unwahrheit.

Ich will ein Beispiel geben: Das G 10-Gesetz war bisher überhaupt nie Thema. Mitten in Ihren 45 Seiten Änderung versteckt sich nun ein kleiner neuer Art. 2a. Da passiert Folgendes: Sie streichen zwei von drei Rechten der G 10-Kommission, des Parlaments, im Hinblick auf die Überwachung der Geheimdienste.

Jetzt heißt es noch im Gesetz: Zu kontrollieren ist die „Erhebung, Verarbeitung und Nutzung“ der von den Geheimdiensten erlangten Daten. – Gestrichen werden „Erhebung“ und „Nutzung“. Die Kontrollkommission verliert also zwei von drei Möglichkeiten, den Datenumgang des Geheimdienstes zu kontrollieren. Herr Bauer, das ist kein Populismus, das ist eine knallharte Einschränkung der Kontrollrechte des Parlaments durch die Hintertür. Das halte ich für einen üblen Vorgang – einen von vielen in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der LINKEN)

Keine Anhörung, kein Verband, keine Datenschützer, niemand, der dazu Stellung nehmen kann. Das ist antidemokratisch, das ist antiparlamentarisch, das ist die unterste Schublade dieser schwarz-grünen Koalition.

(Beifall bei der LINKEN – Irmgard Klaff-Isselmann (CDU): Ei, ei, ei!)

Nichts von dem, was die GRÜNEN hier abziehen, hat noch etwas mit ihrem Wahlversprechen und ihren Grundsätzen zu tun. Ein solch armseliges Schauspiel habe ich in über zehn Jahren im Landtag noch nicht erlebt.