Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

Vielen Dank, Herr Kollege Rudolph. – Das Wort hat der Abg. Wolfgang Greilich, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben schon einige Wortbeiträge gehört. Vordergründig geht es in dieser Aktuellen Stunde um das, was der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Herr Maaßen, von sich gegeben hat. Dazu muss man in der Tat sagen, auch mit den Erklärungsversuchen der letzten Tage, dass es schon mehr als bemerkenswert ist.

Ich bezeichne das, was er veranstaltet hat, als eine schlichtweg unglaubliche Rabulistik, um sich wieder herauszureden. Um nur einmal den Begriff zu zitieren, den er verwendet hat: Er sprach von Mord. Tatsächlich aber wird wegen Totschlags ermittelt. Das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied, wie jeder Jurist weiß – Herr Maaßen ist angeblich sogar ein guter Jurist. Insofern muss man überlegen, wenn er offensichtlich vorsätzlich solche Unsauberkeiten in seine Äußerungen hineinnimmt, was er eigentlich damit bezweckt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Das Zweite ist, dass er in diesem Zusammenhang sagt, es lägen keine Belege dafür vor, dass das Video authentisch sei, nach seiner vorsichtigen Bewertung gebe es gute Gründe dafür, dass es sich um eine gezielte Falschinformation handle – das versucht er nun, wild zu interpretieren. Aber was heißt denn das, wenn man das als unbefangener, nicht juristisch verbildeter Mensch hört? Dann heißt das: Dieses Video ist gefälscht. – Und das war offensichtlich eine Falschaussage des Herrn Maaßen, die er mit seiner Rabulistik untergebracht hat.

Dazu kann ich nur sagen: Wer angesichts dieser angespannten gesellschaftlichen Lage, die sich in Chemnitz gezeigt hat, Öl ins Feuer der Rechtspopulisten und Ver

schwörungstheoretiker gießt, handelt unverantwortlich. Ich frage mich: Warum hat er das gemacht? Ging es ihm nur darum, mit seinem Dienstherrn Horst Seehofer der Kanzlerin und dem Regierungssprecher eins auszuwischen, oder steckt mehr dahinter? Ich weiß es nicht. Ehrlich gesagt, es ist auch nicht unser Thema im Hessischen Landtag. Das will ich auch einmal deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Holger Bellino (CDU))

Deswegen komme ich zu dem, was eigentlich auf der Tagesordnung steht, was auch aus dem Titel der Aktuellen Stunde hervorgeht. Worum es den LINKEN geht, ist gar nicht das Thema Maaßen. Worum es Ihnen geht, haben Sie deutlich hineingeschrieben. Sie haben es auch schon oft genug erklärt. Sie wollen, dass der Verfassungsschutz aufgelöst wird.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dafür hat Herr Maaßen gute Argumente geliefert!)

Warum Sie das wollen, Frau Wissler, können wir uns denken, wenn wir die letzten Jahre Revue passieren lassen, wenn wir sehen, mit wem Sie im außerparlamentarischen Raum zusammenarbeiten. Dazu haben Sie auch eine Antwort von allen bekommen.

Was mich etwas mehr bewegt, ist die Frage – dazu hätte ich mir eine Antwort von Herrn Kollegen Frömmrich gewünscht –: Wo stehen eigentlich die GRÜNEN?

Ich war etwas entsetzt, als ich am Wochenende gelesen habe, dass längst überholt geglaubte grüne Reflexe wieder zum Vorschein kamen. Wenn man ein bisschen am Lack kratzt und es herausholt, stellt man fest: Die alten grünen Ideen der Gegnerschaft zum Verfassungsschutz scheinen doch noch zu leben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Mich hat es gefreut!)

Das klare Bekenntnis von Herrn Frömmrich zum Verfassungsschutz habe ich vermisst.

(Beifall bei der FDP)

Ich darf zitieren. Frau Baerbock und Herr Habeck sind nicht irgendwelche linken Spinner. Ich glaube, im grünen Sprachgebrauch sind das die Realos.

(Günter Rudolph (SPD): Ach, das ist mittlerweile alles eins!)

Sie werden unwidersprochen zitiert:

Nach dem Wirbel um die Äußerungen von Verfassungsschutzpräsident … Maaßen haben die GRÜNEN eine Auflösung seiner Behörde … gefordert. Die Bundesregierung könne nicht die Augen davor verschließen, dass der Verfassungsschutz unter Maaßen „vor die Wand gefahren ist“, …

(Beifall bei der FDP – Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch richtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist schlichtweg auch noch falsch; denn alle Experten bescheinigen Ihnen, dass das Amt, seit Herr Maaßen dort Präsident ist, sehr viel besser aufgestellt ist,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das sehen wir gerade!)

dass sehr viele Lehren aus dem Thema NSU gezogen worden sind. Wenn er sich persönlich entsprechend verhält, ist

das eine andere Sache. Herr Frömmrich, ich weise nur darauf hin. Das merken wir gerade, das ist alles nicht wahr. Der Verfassungsschutz ist immer noch vielleicht aufzulösen oder was auch immer.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist Unsinn, was Sie da sagen!)

Sie geben die falsche Antwort, Herr Frömmrich. – Die richtige Antwort, die auf die jetzige Situation zu geben ist, ist, dass wir die Kontrolle des Verfassungsschutzes, die parlamentarische Kontrolle effektiv gestalten und ausbauen müssen.

Deswegen sage ich sehr deutlich: Wir werden hier in Hessen auch in den nächsten Jahren darauf zu achten haben, dass zwei Dinge passieren, und dafür werden Freie Demokraten stehen: dass wir erstens unseren Verfassungsschutz in seinem Bestand gewährleisten und dafür sorgen, dass dort ordentlich gearbeitet werden kann, dass es zum Zweiten auch das gibt – das ist mein letzter Satz, Herr Präsident –, was Schwarz und Grün uns hier in den zurückliegenden Beratungen verweigert haben, nämlich eine deutliche, eine massive Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle dieses Geheimdienstes.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Greilich. – Das Wort hat der Innenminister, Herr Staatsminister Peter Beuth.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung ist nicht zuständig für das Bundesamt für Verfassungsschutz.

(Günter Rudolph (SPD): Glück gehabt!)

Wir sind nicht zuständig für das Bundesamt. Deswegen kann ich zu der Frage, wer dort Präsident ist, nur mäßige Beiträge leisten. Aber ich kann eines sagen: Das Bundesamt für Verfassungsschutz leistet einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Ich dachte, Sie sind nicht zuständig!)

Deswegen ist das Amt wichtig, und deswegen werden wir es auch in Zukunft brauchen. Natürlich ist es so, Frau Kollegin Wissler, dass es einen sinnvollen Beitrag zum Erhalt der Demokratie leistet.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe dafür keine Belege!)

Ja, es ist eine wichtige Institution, die dafür sorgt, dass wir die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich gewährleisten können.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Es ist auch so, wenn ich das einmal sagen darf, Frau Kollegin Wissler, dass wir in Innenausschusssitzungen am laufenden Band, auch von Ihrem Kollegen, immer wieder nach Erkenntnissen gefragt werden, die unsere Sicherheitsbehörden zu bestimmten Fragen haben. Wo sollen wir die hernehmen, wenn wir unser eigenes Landesamt nicht mehr

hätten? Was ist das für eine absurde politische Positionierung, die Sie im tagtäglichen Leben des Hessischen Landtags und jetzt hier am Rednerpult vollzogen haben?

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Janine Wissler (DIE LINKE): Jahrelang haben wir Fragen gestellt, auch im NSU-Untersuchungsausschuss!)

Meine Damen und Herren, ich finde, auch die Frage, ob man das Bundesamt schließen und neu gründen muss, wie Frau Mihalic von den GRÜNEN das gesagt hat, ist reichlich überflüssig. Aber das nur als Randbemerkung.

Meine Damen und Herren, die Alternative für Deutschland und ihr Jugendverband unterliegen derzeit keiner Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen. Die Frage hat der Kollege Rudolph gestellt; ich will sie beantworten.

Das Landesamt prüft entsprechend seinem gesetzlichen Auftrag aber fortlaufend ergebnisoffen, ob Bestrebungen vorliegen, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen. Das hat der Präsident des Landesamts bei der Vorstellung des Berichtes für das Jahr 2017 auch auf der entsprechenden Pressekonferenz – Sie waren durch Mitarbeiter vertreten – sehr deutlich gesagt.

Auch im Falle der AfD Hessen und der JA Hessen werden offene Indizien wie Aktivitäten und Aussagen, z. B. der Facebook-Beitrag der AfD-Kreistagsfraktion Hochtaunus, von dem sich der hessische AfD-Landesvorstand später distanziert hat, oder eine potenzielle Zusammenarbeit mit extremistischen Gruppen gesichtet.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das machen die immer so?)

Dabei wird auch bewertet, ob es sich um Einzelmeinungen und Einzelagitationen oder um eine parteipolitische Leitlinie handelt.

(Manfred Pentz (CDU): Das ist auch richtig so!)

Ob Parteien oder Vereinigungen mit nachrichtendienstlichen Mitteln von den Verfassungsschutzbehörden beleuchtet werden, ist – ich sage es noch einmal sehr deutlich – keine politische Entscheidung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Verfassungsschutzämter arbeiten nach objektiven Kriterien, die sich politischer Einflussnahme entziehen müssen.