Gerade eben hat uns die Ministerin gesagt, dass sie etwas Neues mitzuteilen hat. Da müssen Sie doch Ihrer Ministerin nicht in den Rücken fallen. Das finde ich nicht solidarisch.
Aber falls es dann doch Schnee von gestern gewesen sein sollte, ziehe ich mein Lob zurück. Auch damit habe ich kein Problem.
Ich bin wirklich froh, dass wir jetzt eine Zahl im Raum stehen haben, mit der man arbeiten kann. Ich kann nicht beurteilen, ob 1,5 Milliarden € eine realistische Größe sind. Das kann man aus dem Stand nicht bewerten. Dafür gibt es aber Fachleute. Immerhin haben wir jetzt eine Zahl, und das ist schon ein Ergebnis dieser Debatte, das ich höchst erfreulich finde. Ich finde es auch gut, dass es den Vorstoß gibt, noch einmal in Richtung Insolvenzsicherheit zu arbeiten. Auch das halte ich für eine sehr gute Information. Da haben Sie unsere Unterstützung, ganz ohne Frage.
Sie sagen immer: Wir werden die Unternehmen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. – Das höre ich gerne, aber jenseits dessen, dass Sie das sagen, muss es doch auch Handlungen geben. Das eine ist die Insolvenzsicherheit. Wir haben vorhin gehört – Sie haben es vorgetragen –, was in der Antwort auf die Große Anfrage steht, dass nämlich auch die Kosten der Endlagerung in das eingerechnet sind, was RWE zurückgestellt hat. Ich habe vorhin sehr deutlich ausgeführt, dass man die Kosten der Endlagerung nicht berechnen kann. Das ist de facto nicht möglich. Wenn wir sagen, wir versuchen herauszufinden, wie hoch die Kosten für die Endlagerung für etwa 100 Jahre sein könnten, dann möchte ich Ihnen einmal die letzten 100 Jahre in Erinnerung rufen. Da gab es zwei Weltkriege und mehrere Währungsumstellungen und -reformen. Wir wissen nicht, was in den nächsten 100 Jahren passiert, geschweige denn, was in den nächsten 1.000 oder 10.000 Jahren passiert. Wenn also ein Unternehmen sagt: „Wir haben die Kosten für die Endlagerung eingerechnet“, dann kann eine solche Aussage doch nur grober Unfug sein; denn diese Kosten kann man nicht berechnen. Allein schon an der Stelle muss man doch einmal nachhaken und sich fragen: Was haben die da gerechnet?
Die Rückbaukosten kann man kalkulieren. Das ist in Ordnung. Mit den Unwägbarkeiten, was bei einem Bau oder einem Rückbau dazukommt, kann man sehr gut leben. Aber wenn wir wissen, dass wir hier eine Aussage haben, die nicht stichhaltig ist, dann dürfen wir doch auch nicht verwundert sein, wenn die Menschen die Aussage insgesamt anzweifeln.
Sie sagen in der Antwort auf Frage 7 der Großen Anfrage, dass RWE die Auslagen für die Sachverständigen in Rechnung zu stellen sind, die im Zusammenhang mit dem Rückbau entstehen. Das heißt, Sie haben doch die Möglichkeit, vor Ort zu handeln und zu sagen: Wir lassen die Kosten ermitteln. – Sowohl der Rechnungshof als auch Greenpeace fordern eine unabhängige Kostenberechnung. Wenn ich vorhin richtig zugehört habe, dann war es die Firma Nuclear Power Services, die das berechnet hat, und die ist nun sicherlich nicht – –
Und die sind unabhängig? Auch da würde ich gerne genau wissen: Ist das eine unabhängige Einrichtung, wer steht dahinter, wer hat da gerechnet, und wie vertrauenswürdig sind die Zahlen? Denn auch da muss man schon einmal hinschauen, wer wem welche Berechnungen aufstellt.
In diesem Sinne hat sich die Debatte auf jeden Fall gelohnt. Schon deshalb war es sinnvoll, diesen Antrag noch einmal einzubringen. Ich bin sicher, wir alle werden am
Ball bleiben, und wir bleiben auch dabei, dass wir herausfinden sollten, wie hoch die tatsächlichen Kosten sind, die wir überhaupt kalkulieren können, und was dem an Mitteln gegenübersteht. In diesem Sinne freue ich mich darauf, dass wir die Debatte fortsetzen werden; denn das kann noch nicht der letzte Teil der Information gewesen sein.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Ich habe aber ein anderes Fazit als die Kollegin. Okay, in einem Punkt hat es eine Klärung gegeben, nämlich dass jetzt eine Kostenbezifferung von RWE vorliegt.
Frau Ministerin, es bleibt aber ein Streit – dazu haben Sie leider nichts gesagt, und das will ich noch einmal wiederholen –: Unsere rechtliche Auffassung ist, dass das Ministerium im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für den Rückbau prüfen muss, ob RWE ausreichend Mittel zur Verfügung hat. Da RWE jetzt eine Kostenschätzung vorgelegt hat, ist es als Ministerin des zuständigen Umweltministeriums Ihre Aufgabe, diese Schätzung auf Plausibilität zu überprüfen. Das ist völlig eindeutig.
Frau Hammann, was heißt „auf Steuergeld“? Den Zwischenruf verstehe ich gar nicht; denn genau das wollen wir verhindern. Entweder es stellt sich am Ende des Verfahrens heraus, dass RWE nicht genügend Mittel hat – dann trägt die Kosten in der Tat der Steuerzahler –, oder es stellt sich jetzt heraus, dass RWE nicht auskömmliche Mittel eingeplant hat; dann könnten wir jetzt noch Maßnahmen treffen, damit RWE nachschießen muss.
Dann belastet doch der Weg, den Sie momentan gehen, am Ende den Steuerzahler. Hören Sie doch mit solchen Zwischenrufen an dieser Stelle auf.
Ich finde es gut und begrüße hier die Bundesratsinitiative ausdrücklich. Das ist der andere Punkt. Bei der Fondslösung oder anderen Lösungen kann Hessen in der Tat von sich aus nichts bewirken. Dazu habe ich auch vorher gesagt, die erste Pflicht liegt bei der Bundesregierung. Ich begrüße es sehr, wenn es schon eine Bundesratsinitiative von Schwarz-Grün gibt. Es wäre schön, wenn Sie diese auch im Ausschuss vorstellen würden. Vielleicht bekommen Sie dazu sogar eine positive Begleitmusik vonseiten der Opposition. – Dies ist das erste Fazit.
Bei dem nächsten Punkt, nämlich der Frage: „Was hat wer wo bei der Castorenlagerung verhandelt, und welche Geschäfte sind daran geknüpft worden?“, ziehe ich ein ganz anderes Fazit.
Was Frau Ministerin Hinz hier vorgetragen hat, ist beileibe kein Dementi. Sie hat für sich zum Ausdruck gebracht, sie hat diese Forderung nicht erhoben. Aber in dem „Rundschau“-Artikel wird auch davon gesprochen, dass Ministerpräsident Bouffier diese unselige Verknüpfung vorgenommen hat: Wir sind bereit, Castoren zu lagern, wenn du, Bund, uns Geld gibst, damit wir die Schadenersatzansprüche von RWE erfüllen können. – Frau Ministerin, ein Dementi, dass Herr Bouffier die Forderung gegenüber dem Bund erhoben hat, haben Sie nicht vorgelegt.
Ich sage Ihnen, wir werden den Ministerpräsidenten, der heute aus verständlichen Gründen – krankheitsbedingt – nicht da ist, an diesem Punkt stellen. Wenn es diese Forderung, diese unselige Verknüpfung, gegeben hat, werden alle Vorurteile über Politik und darüber, wie hier vorgegangen wird und welche miesen Geschäfte versucht werden, an diesem Punkt bestätigt. Ich muss Ihnen sagen, ich traue es Ihnen ja zu. Das ist das Schlimme an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Manfred Pentz (CDU): Unmöglich, so etwas! Immer mit dem Finger auf andere zeigen, das ist das Einzige, was ihr könnt!)
Dann wird der Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Kosten für den Rückbau des AKW Biblis, Drucks. 19/504, verabredungsgemäß an den Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz überwiesen.
Fünfter Bericht des Petitionsausschusses betreffend Tätigkeit in der 18. Wahlperiode – Drucks. 19/336 –
Berichterstatterin ist Frau Abg. Ypsilanti, die Vorsitzende des Petitionsausschusses. Zehn Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf Ihnen heute den Fünften Bericht des Petitionsausschusses für die zurückliegende Legislaturperiode vom 18.01.2009 bis zum 17.01.2014 vorlegen.
Ich weiß, dass der Petitionsausschuss eine hohe Wertschätzung bei den Fraktionen erfährt. Das ist auch gut so. Schließlich ist das Einbringen von Petitionen ein sehr gutes Instrument, um die Bürgerinnen und Bürger direkt und aktiv am politischen Dialog zu beteiligen und auch um ihnen teilweise zu ihrem Recht zu verhelfen, das sie an der einen oder anderen Stelle nicht bekommen haben.
Ich weiß aber auch, dass der Bericht des Petitionsausschusses, wie viele andere Berichte, nicht unbedingt der Bericht ist, der im Plenum mit der größten Ungeduld erwartet wird, und ich kann sagen, ich habe nicht die musikalischen Kenntnisse von Herrn Prof. Dr. Ronellenfitsch, der seine
Berichte immer musikalisch untermalt. Bei mir werden Sie heute also eher die trockene Variante bekommen. Da reichen meine musikalischen Kenntnisse nicht ganz aus.
In der 18. Legislaturperiode sind bei dem Petitionsreferat insgesamt 5.312 Petitionen eingegangen. Es sind immerhin fast 250.000 Menschen in Hessen, die Petitionen mitgezeichnet haben. Es waren auch Mehrfachpetitionen dabei. Der absolute Spitzenreiter war mit 144.302 Unterschriften die Mehrfachpetition zum Kinderförderungsgesetz – das auch uns hier sehr oft beschäftigt hat –, gefolgt von den Eingaben zu G 8/G 9 mit insgesamt fast 31.000 Unterschriften.
Aber die meisten Eingaben waren Einzelpetitionen, also konkrete Anliegen, Bitten, Beschwerden usw. Über viele Jahre hinweg – das muss man auch noch anmerken – haben die Petitionen, die das Aufenthaltsrecht betrafen, sogenannte Ausländerinnen- und Ausländerpetitionen, einen Schwerpunkt der Arbeit im Petitionsausschuss ausgemacht. Die Zahl der Ausländerpetitionen ging in der 18. Wahlperiode kontinuierlich zurück und betrug in den vergangenen fünf Jahren noch ca. 20 % aller eingegangenen Petitionen.
Zum Vergleich, nur damit man die Relation sieht: Im Jahr 2003 befassten sich noch zwei von drei Petitionen mit dem Aufenthaltsrecht. Der Hintergrund der zurzeit rückläufigen Zahlen sind insbesondere geänderte Bleiberechtsregelungen im Aufenthaltsrecht. In der vergangenen Legislaturperiode, also im Zeitraum 2009 bis 2013, wurden insgesamt 1.082 Petitionen eingereicht, die das Aufenthaltsrecht betrafen.
Das erklärt auch, dass die meisten Petitionen, die eingereicht werden, im Innenministerium zu verorten sind. Diese Eingaben sind die bekannten Fälle, in denen sich Menschen an den letzten Strohhalm klammern, in denen sie sich in völlig aussichtlosen Situationen noch einmal an die Politikerinnen und Politiker des Landtags wenden.
Oft stehen gerade hinter den Petitionen im Aufenthaltsrecht ganz lange Leidensgeschichten und ganz lange Leidenswege. Das sind deshalb auch die Petitionen, die die Berichterstatterinnen und Berichterstatter, auch wenn sie abgeschlossen sind, nicht einfach zu den Akten legen. Vielmehr beschäftigen diese sie oft noch hinterher, insbesondere – das ist gerade bei den aufenthaltsrechtlichen Petitionen oft der Fall – wenn Kinder beteiligt sind.
Die zweithäufigsten Eingaben sind die, die im Sozialministerium – dort geht es um Sorgerechtsangelegenheiten oder um Sozialleistungsangelegenheiten – und in der Justiz zu verorten sind, wo oft Eingaben von Gefangenen gemacht werden.
Manchmal spiegeln die Eingaben auch die Probleme der Bürokratie wider, die aufgegriffen werden. Oft können wir sie aufgreifen und Eingaben machen. Dann werden auch Änderungen im Verwaltungs- oder im Verfahrensablauf vorgenommen, die dann wiederum zu mehr Bürgerinnenund Bürgerfreundlichkeit führen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einen Hinweis auf die Onlinepetitionen geben. Hessen war im Herbst 2013 das letzte Bundesland, das die Formulare für Onlinepetitionen beschlossen hat. Ich weiß, es gab damals Bedenken. Die einen haben gemeint, die Anzahl der Petitionen steige
explosionsartig, wenn man nur online ein Formular auszufüllen hat. Andere haben sich gefragt, ob das überhaupt angenommen wird. Im ersten Überblick kann man sagen, die Onlinepetitionen werden gut angenommen, aber nicht missbraucht.
Ich finde die Nutzung neuer Medien, die die Bürgerinnenund Bürgerbeteiligung erhöhen können, sehr gut. Wir werden dazu aber noch eine gesonderte Auswertung vornehmen.
Für den letzten Berichtszeitraum, von Januar bis Dezember 2013, ist wieder eine leichte Zunahme der Zahl der Petitionen zu verzeichnen. Von 1.118 eingereichten Petitionen im vergangenen Jahr konnten 83 positiv erledigt werden; das sind 7 %. 123 wurden teilweise mit positivem Ergebnis abgeschlossen.