Der Entwurf der SPD enthält einige Punkte, die wir kritisch bewerten müssen. Dies zeigt sich insbesondere beim Warnschussarrest. Der SPD-Gesetzentwurf nimmt zwar für sich in Anspruch, auch den Vollzug des Warnschussarrests nach § 16a JGG zu regeln; differenzierte Regelungen für die Warnschussarrestanten fehlen jedoch in dem Gesetzentwurf gänzlich.
Außerdem ist im Hinblick auf die erzieherische Ausgestaltung kritisch zu bewerten, dass, anders als im Jugendvollzug, eine verpflichtende Teilnahme an Lern- und Bildungsangeboten und eine Verpflichtung zur Mitwirkung an anderen erzieherischen Maßnahmen nicht vorgesehen ist.
Unabhängig davon fehlt im SPD-Entwurf eine Verpflichtung zur Durchführung erzieherischer Maßnahmen auch an Wochenenden, was wir für sehr wichtig halten. Sie haben zudem, ohne die näheren Voraussetzungen dafür inhaltlich zu bestimmen, was wir als rechtlich bedenklich erachten, eine Regelung eingeführt, wonach die Absonderung von Jugendlichen bis zu 72 Stunden dauern kann.
Abschließend sei erwähnt, dass der Entwurf der SPD-Fraktion einerseits viele Verbesserungen verspricht und ande
rerseits, ausweislich des Vorblatts, nur geringfügige Mehrkosten vorsieht. Meine Damen und Herren, das passt nicht zueinander. Schon aus diesen grundsätzlichen Erwägungen sollte der Gesetzentwurf keine Unterstützung erfahren. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache in der ersten Lesung beendet.
Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Rechtsausschuss, federführend, und an den Unterausschuss Justizvollzug, beteiligt, zu überweisen. – Das ist so; fertig.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Achtes Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung befristeter Rechtsvorschriften – Drucks. 19/501 –
Das müsste jemand von der Landesregierung einbringen. Bitte, seid so lieb. – Der Herr Staatssekretär hat das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tradition der letzten Jahre darf ich an dieser Stelle für das Justizministerium den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Sammelgesetz vorstellen. Dieser wurde unter der formellen Federführung des Justizministeriums vorbereitet.
Der Entwurf für ein Achtes Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer und Änderung befristeter Rechtsvorschriften dient im Wesentlichen der Fortschreibung befristeter Gesetze. Hintergrund sind die hessischen Regelungen zur Befristung von Rechtsvorschriften, verbunden mit der Verpflichtung zur regelmäßigen Evaluierung.
Dem unterschiedlichen Evaluierungsbedarf der einzelnen Rechtsvorschriften hat das Kabinett mit Beschluss vom 11. April 2011 Rechnung getragen und ein Stufenmodell für die Befristung und Evaluierung von Gesetzen eingeführt. Nach diesem Stufenmodell beträgt die Geltungsdauer befristeter Gesetze regelmäßig fünf oder acht Jahre. Nach welchen Kriterien die Zuordnung zu den Befristungskategorien erfolgt, ist in dem Gemeinsamen Runderlass geregelt.
Ziel dieses Stufenmodells ist es, eine effektive Erfolgsund Wirksamkeitskontrolle hessischer Normen zu etablieren. Es wird regelmäßig überprüft, ob und inwieweit die mit einer Rechtsvorschrift intendierten Ziele erreicht werden oder ob Änderungsbedarf besteht.
Dieses Normprüfungskonzept der Landesregierung hat sich bewährt. Im Verlauf der Prüfungsdurchgänge konnte der hessische Normenbestand reduziert und seine Qualität gesteigert werden. Durch die regelmäßigen redaktionellen Anpassungen werden die Gesetze auch formell auf dem aktuellen Stand gehalten.
Meine Damen und Herren, mit dem nunmehr vorliegenden Gesetzentwurf wird die Geltungsdauer von insgesamt 15
Gesetzen verlängert, die bis zum Jahresende 2014 befristet sind und nach Auffassung der Landesregierung weiterhin benötigt werden. Zum Teil bedürfen diese Gesetze keiner oder allenfalls einer geringfügigen, zumeist redaktionellen Anpassung. In diesen Fällen wird die Geltungsdauer nach dem Stufenmodell für die Befristung und Evaluierung von Gesetzen um fünf oder um acht Jahre verlängert.
Bei weiteren in das Sammelgesetz aufgenommenen Normen wurde eine Überprüfung aus besonderen Gründen für erforderlich gehalten, oder es wurde ein inhaltlicher Änderungsbedarf festgestellt, der bis zum Auslaufen der Norm nicht mehr umgesetzt werden kann. In diesen Fällen wird durch die kurzfristige Fortschreibung der Geltungsdauer zunächst lediglich der reine Bestand der Norm gesichert. Erforderliche inhaltliche Änderungen werden dann jeweils unter Beachtung aller Verfahrensschritte, die bei materiellrechtlichen Novellierungen geboten sind, von den fachlich zuständigen Ressorts umgesetzt.
Ich darf Sie bitten, die Einzelheiten hierzu dem Gesetzentwurf und seiner Begründung zu entnehmen. Namens der Landesregierung bitte ich Sie um Unterstützung dieses Gesetzgebungsverfahrens. – Schönen Dank.
Herr Staatssekretär, herzlichen Dank für die Einbringung. – Das Wort hat die Kollegin Hofmann, SPD-Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Gegenstand der Beratung in diesem Haus ist erneut ein Entwurf für ein sogenanntes Sammelgesetz, das sich mit der Entfristung bzw. mit der Verlängerung der Geltungsdauer diverser Gesetze und Rechtsvorschriften befasst. Der Herr Staatssekretär hat es eben vorgestellt.
In Hessen ist es grundsätzlich so, dass Gesetze entweder auf fünf bzw. acht Jahre befristet sind, oder sie sind gar nicht befristet. So weit, so gut. Aber wie der Gesetzgeber eigentlich wissen müsste, ergibt eine Entfristung nur dann einen Sinn, wenn die Gesetze wirklich auf ihre Wirksamkeit überprüft werden: durch eine Evaluation, die nicht nur der Exekutive anheimgestellt ist, sondern dem Gesetzgeber an sich, und die auch dargelegt wird.
Daran ändert auch der Leitfaden für das Vorschriftencontrolling nichts – es ist eine verwaltungsinterne Überprüfung –; denn es ist so, dass eine eventuelle Evaluierung, die Sie immer mit ansprechen, uns, dem Gesetzgeber, nicht dargelegt wird. Entsprechend können wir das gar nicht beurteilen.
Bei der verwaltungsinternen Überprüfung kommt hinzu, dass Sie selbst eine Beteiligung durchführen, aber nur eine solche, die für Sie zweckmäßig ist. Sie selbst entscheiden also: Den, den und den beteiligen wir, aber die anderen nicht. – Das ist eine Zweckmäßigkeit, die nur an Ihren eigenen Kriterien ausgerichtet ist, nicht aber an solchen, die
Die Befristung schlägt mithin fehl. Sinn und Zweck ist eine effiziente Gesetzgebung; Sie sprechen sogar von Bürokratieabbau. Damit hat das aber nichts zu tun, sondern das ist im Endeffekt nur heiße Luft.
Ich gestehe Ihnen zu, dass es einzelne Regelungen gibt, etwa im Hessischen Dolmetscher- und Übersetzergesetz oder im Hessischen Nachbarrechtsgesetz, die in der Tat nur redaktionelle Änderungen sind und als solche auch nachvollzogen werden können. Aber ich möchte auf einige wenige Gesetze im Detail eingehen.
Im Gesetz über die Industrie- und Handelskammern wird der Kostenbeitrag bei der sogenannten Vollstreckungshilfe der Kammern auf 10 % erhöht. Das ist grundsätzlich zustimmungsfähig und zu begrüßen. Aber für uns ist es noch fraglich, warum Sie der Forderung des Städtetags nach einer Erhöhung auf 12 % nicht nachgekommen sind.
Wie der Wirtschaftsminister gestern in der Antwort auf die mündliche Frage zu verstehen gegeben hat, bedarf es bei dem Ingenieurgesetz und dem Ingenieurkammergesetz aufgrund von EU-Recht einer grundsätzlichen Überarbeitung. Der Gesetzesbegründung entnimmt man aber, dass die Landesregierung wegen Grundsatzfragen, die zwischen ihr und den Verbänden strittig sind, das Gesetzgebungsverfahren nicht bis Ende 2014 abschließen kann. Das gibt sie selbst zu verstehen und erklärt: Na gut, dann verlängern wir die Geltungsdauer des Gesetzes bis zum 31.12.2015. – Meine Damen und Herren, ich finde, da haben Sie es sich etwas zu einfach gemacht.
Auch bei dem Gesetz zur Neuordnung der Aufgaben des Landrats sowie des Oberbürgermeisters als Behörden der Landesverwaltung wird erst gar keine Evaluierung gemacht. Sie verweisen hier auf die Reform des Kommunalen Finanzausgleichs. Auch da machen Sie es sich etwas einfach.
Ich möchte hier einen Punkt noch einmal ansprechen: Sie gehen in der Gesetzesbegründung auf Ihr Vorhaben ein, die Finanzaufsicht von den Landräten auf die Regierungspräsidien zu übertragen. Dazu will ich an dieser Stelle eine kritische Anmerkung machen. Wir befürchten nämlich, dass die jetzt bestehende Sachnähe zu den Gemeinden, die die Kommunalaufsicht, die bei den Landkreisen angesiedelt ist, hat, mit der geplanten Neuregelung verloren geht.
Auch ist nicht nachvollziehbar, dass Sie die Geltungsdauer des Bibliotheksgesetzes, in dessen Begründung Sie schreiben, es gebe eigentlich keine Einwendungen und keinen Änderungsbedarf, nur um ein Jahr verlängern wollen.
Meine Damen und Herren, die SPD-Landtagsfraktion ist deshalb auf das weitere Gesetzgebungsverfahren gespannt, das noch einmal verschiedene Fachressorts mit einbinden muss. Ich dringe für uns als SPD-Landtagsfraktion noch einmal darauf, dass in Hessen Gesetze endlich gründlich evaluiert und dass uns als Parlamentariern die Ergebnisse dieser Evaluierungen vorgelegt werden müssen. Ich freue mich auf das weitere Gesetzgebungsverfahren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte Frau Hofmann ausdrücklich recht geben in ihrer Kritik daran, dass uns als dem Gesetzgeber Unterlagen, die für das Gesetzgebungsverfahren wesentlich sind, nicht zur Verfügung gestellt werden. Sie erwähnen in der Begründung zu diesem Sammelgesetz mehrfach, dass Sie Evaluationsunterlagen, dass Sie Stellungnahmen eingeholt hätten. Wir haben bei anderen Gesetzgebungsverfahren von dieser Stelle aus bereits mehrfach genau diese Unterlagen angefordert, und in aller Regel bekommen wir aus Ihrem Hause nichts. Vielleicht ist das unter einer anderen Leitung jetzt anders. Die Hoffnung bleibt, allein mir fehlt der Glaube.
Es ist aber nun mal so: Wir im Parlament sind der Gesetzgeber, nicht Sie als Regierung. Wir brauchen die Unterlagen, um entscheiden zu können, ob Sie die richtigen Leute um eine Stellungnahme gebeten haben, ob Sie eine richtige Auswertung der Evaluationsunterlagen vorgenommen haben. Das brauchen wir nicht nur als Gesetzgeber, sondern auch weil es unsere verfassungsgemäße Pflicht ist, Sie zu kontrollieren. Wie wollen wir das tun, wenn Sie uns die Unterlagen vorenthalten?
Da uns diese Unterlagen nicht vorliegen, können wir noch nicht einmal nachvollziehen, warum bei einigen Gesetzen von der in unserem Land vereinbarten Regelung der Fünfjahresbefristung, Achtjahresbefristung oder Entfristung abgesehen wird.
Ich kann nur vermuten, wenn Sie sagen: „Wir brauchen jetzt noch ein Jahr länger“, dass Sie Ihre Arbeit nicht ordentlich gemacht haben. Und dem soll ich dann zustimmen? Entschuldigung, so geht das nicht.