Protokoll der Sitzung vom 24.09.2014

Dazu gehört auf jeden Fall, dass die Berufe und die beruflichen Tätigkeiten erfasst werden. Schließlich gibt es nicht wenige Krebserkrankungen, bei denen ein Zusammenhang besteht, wie beispielsweise Lungenkrebs nach Asbestose oder Harnblasenkrebs nach Arbeiten mit bestimmten chemischen Stoffen. Es sollte daher möglich sein, diese Personengruppen zu befragen.

Schließlich geht es darum, dass Erkenntnisse der Forschung und die Daten des Krebsregisters der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen. Dass es dabei nicht sein darf, dass einzelne Erkrankungen und einzelne Personen identifiziert werden können, ist klar. Diese Problematik stellt sich aber der sozialwissenschaftlichen Forschung ständig.

Es darf nicht sein, wie es in anderen Bundesländern geschieht, dass Unternehmen einen Zugang zu den Zahlen bekommen, die dafür zahlen und eventuell damit Profite machen, aber die Menschen, aus deren Krankenkassenbeiträgen das Krebsregister finanziert wird, nur geringen Vorteil davon haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir gehen im Übrigen davon aus, dass auch die privaten Krankenkassen an der Finanzierung beteiligt werden. Positiv haben wir wahrgenommen, dass es eine Meldepflicht für alle Erkrankungsfälle und klare Regelungen zum Wi

derspruchsrecht gibt. Wir erwarten von der Anhörung weitere Erkenntnisse und hoffen, dass auch ein eiliges Gesetz in der notwendigen Genauigkeit beraten wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Als nächster Redner spricht Kollege Bartelt von der CDU-Fraktion.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Bundesgesetz zur Weiterentwicklung der Krebsfrüherkennung und zur Qualitätssicherung fordert die Bundesländer auf, klinische Krebsregister einzuführen. Die bisher bestehenden epidemiologischen Krebsregister geben Informationen über die Art der Krebserkrankung, Alter und Geschlecht der Patienten. Meldungen erfolgen bei Diagnose und beim Todesfall.

Demgegenüber informiert das klinische Krebsregister zusätzlich über die Behandlungen, den Erfolg und den Verlauf der Krebserkrankung. Die Aufforderung, klinische Krebsregister zu erstellen, besteht seit 2013. Durch geschicktes Vermischen epidemiologisches Krebsregister/klinisches Krebsregister wurde der Eindruck erweckt, dass wir in der Erstellung des klinischen Krebsregisters Jahrzehnte zurückliegen. Das ist aber nicht so.

Die Aufforderung, klinische Krebsregister zu erstellen, besteht seit gut einem Jahr. Sieben, acht Bundesländer haben das bislang gemacht. Wir machen das jetzt in besonders gründlich ausgearbeiteter Form. Das Entscheidende ist doch, dass wir jetzt etwas machen, was den Menschen zugutekommt, was den Krebskranken zugutekommt.

Dieses klinische Krebsregister – ich bin froh, dass sich bislang alle Redner einig sind, dass dies von Nutzen ist – ist ein Beitrag zur weiteren Steigerung der Qualität der Therapie von Krebserkrankungen. Durch das klinische Krebsregister erfahren wir beispielsweise, an welchen Kliniken welche Therapieformen durchgeführt werden, wie hoch der Anteil der Heilungen ist, wie hoch die Überlebenszeit in Abhängigkeit von der Behandlung ist, wie lang der Patient metastasen- oder rezidivfrei ist.

Wir erfahren, ob Therapieerfolge – gemessen durch Überlebenszeit und Lebensqualität in den einzelnen Behandlungseinrichtungen – unterschiedlich sind, ob sie z. B. von der Trägerschaft des Klinikums abhängig sind, ob sie davon abhängig sind, dass sie am onkologischen Konzept des Landes Hessen teilnehmen, ob Kliniken in Verbünden zusammenarbeiten, ob die Behandlung in weltweit organisierten Studien die Behandlungserfolge steigert, ob es regionale Qualitätsunterschiede gibt.

Das alles wollen wir gern wissen. Das sind wichtige Informationen für politisches Handeln.

Wir gehen z. B. davon aus, dass erste Ergebnisse durch das klinische Krebsregister weitere Anreize für die Träger der Kliniken setzen werden, dem Onkologiekonzept beizutreten oder auf regionaler Ebene Klinikverbünde zu bilden. So werden Maßnahmen, die die Landesregierung durch Sozialminister Grüttner bereits eingeleitet hat, den Menschen vermehrt zugutekommen.

Der Beitrag Hessens zur Qualitätssteigerung der Tumorbehandlung reiht sich in die Qualitätsoffensive der Bundesregierung durch Bundesgesundheitsminister Gröhe ein. Die Einrichtung eines Qualitätsinstituts für ambulante und stationäre Behandlung macht die Therapieerfolge der Kliniken transparent. Patienten und zuweisende Ärzte können die Qualität vergleichen. Diese neue Stiftungseinrichtung Qualitätsinstitut ist vom bestehenden Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen zu unterscheiden, das den therapeutischen Nutzen und die Wirtschaftlichkeit neuer Therapieformen anhand vorliegender Publikationen bewertet.

Das bestehende epidemiologische Krebsregister wird in das klinische Krebsregister eingegliedert werden. Es ist für die Politik, die Krankenkassen, die Ärzte und die Krankenhäuser auch weiterhin von Bedeutung. Es hat sogar zunehmende Bedeutung. Insbesondere gibt es Hinweise, welchen Nutzen einzelne Vorsorgeuntersuchungen haben und wie sie durch die Veränderung beim Neuauftreten einzelner Krebserkrankungen angepasst werden müssen.

In den letzten 20 Jahren gab es sehr unterschiedliche Entwicklungen bei den verschiedenen bösartigen Tumoren. Beispielsweise nahm das Auftreten des Magenkrebs ab, da eine bakterielle Mitursache aufgedeckt wurde. Das kann jetzt im Vorfeld behandelt werden. Dagegen nahm der Leberkrebs zu, weil Hepatitis C viel häufiger als früher auftritt. Oft dauert es 20 Jahre zwischen der Ursache und dem Auftreten eines Tumors. Bauch- und Rippenfellkrebs nahm ebenfalls erheblich zu. Denn die Asbestexposition ist angestiegen.

Der Schwarze Hautkrebs nahm wegen des Freizeitverhaltens der Menschen zu. Der Bauchspeicheldrüsenkrebs nahm ebenfalls zu. Der Darmkrebs ist durch die Erhöhung der Lebenserwartung insgesamt die häufigste Krebsursache geworden.

Die Finanzierung des klinischen Krebsregisters wird durch das Land unter Mitfinanzierung der Krankenkassen mit einem recht hohen Anteil erfolgen. Frau Schott, ich weiß gar nicht, warum Sie etwas dagegen haben. Denn ansonsten würde das Krebsregister in dieser Ausführlichkeit und mit dieser Informationsdichte gar nicht zustande kommen.

Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs ist Voraussetzung für die Mitfinanzierung. Das klinische Landeskrebsregister wird organisatorisch aus der Vertrauensstelle bei der Landesärztekammer bestehen. Dadurch wird garantiert sein, dass keine Unbefugten an die Daten herankommen.

Dann wird es noch die Auswertungsstelle beim Hessischen Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen geben. Die Abrechnungsstelle mit den Krankenkassen und den meldenden Ärzten und Kliniken wird es ebenfalls bei dieser Institution geben. Die Fach- und Rechtsaufsicht wird beim Sozialministerium liegen.

Wir sehen den Anregungen, die wir bei den Ausschussberatungen erhalten werden, mit Interesse entgegen. Sicherlich handelt es sich hier um einen etwas bürokratischen und trockenen gesetzgeberischen Akt. Wir wollen aber einen Beitrag dazu leisten, dass schwer kranke Menschen, unabhängig davon, wo sie wohnen und behandelt werden, die bestmögliche Behandlung ihrer schweren Erkrankung erfahren. – Besten Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Herr Dr. Bartelt, vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Bocklet für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Bartelt hat die fachliche Seite sehr ausführlich dargestellt, die es zu diesem Gesetzentwurf gibt. Wir werden nunmehr in Hessen ein Krebsregister haben, das insbesondere die personenbezogene Erfassung der Daten aller stationär und ambulant versorgten Patientinnen und Patienten als Aufgabe haben wird. Es wird über das Auftreten, die Behandlung und den Verlauf bösartiger Neubildungen und von Krebserkrankungen einschließlich ihrer frühen Stadien sowie über gutartige Tumore des zentralen Nervensystems informieren. Solch ein Krebsregister ist der richtige Schritt für eine bessere Versorgung der Krebspatienten. Deswegen befürworten wir als GRÜNE diesen Gesetzentwurf ausdrücklich. Wir bedanken uns zunächst einmal bei der Landesregierung dafür.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte gar nicht so viel darüber reden, wie das fachlich aussehen wird. Dafür haben wir noch die Beratung und die zweite Lesung.

Ich schaue während meiner Rede gerade insbesondere Frank Kaufmann an. Er wird aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den damals noch DIE GRÜNEN Heißenden mir recht geben, wenn ich sage, dass dieses Krebsregister gerade in den Achtzigerjahren ein hoch umstrittenes Politikum war. Dabei ging es um Chemieunfälle und um die Frage, wie es um die Atomkraftwerke und das Vorkommen des Krebses drum herum steht. Es war also hoch umstritten, ob ein solches Krebsregister eingeführt werden soll oder nicht.

Ich bin froh, dass es Jahrzehnte später einen partei- und fraktionsübergreifenden Konsens in diesem Hause gibt, der dazu führt, dass wir ein qualitativ hochwertiges Krebsregister haben werden, das uns helfen wird, die Patienten besser zu versorgen, und das uns helfen wird, zu erkennen, wo diese Krankheit verschärft auftritt. Unter Umständen wird es dann Möglichkeiten geben, dass die Politik in solchen Fällen nachsteuert. Insofern wird das von den GRÜNEN lange geforderte Instrument eines Krebsregisters nach vielen Jahrzehnten noch einmal verbessert werden. Der Minister hat es schon gesagt: Es gibt bereits eines. Es wird um eine Qualitätsstufe verbessert werden.

Wir GRÜNE begrüßen diesen Entwurf und sind darauf gespannt, was es in den Diskussionen, Aussprachen und der Anhörung noch für neue Erkenntnisse geben wird, um das weiter zu verbessern. Wir bedanken uns aber schon einmal recht herzlich für diese Vorlage. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Bocklet, vielen Dank. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Rentsch für die FDP-Fraktion. Herr Kollege, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegen, die dem Landtag schon länger angehören, also Herr Kollege Spies, Herr Kollege Grüttner und Herr Kollege Bocklet, wissen das. Wir haben die Debatte um das Krebsregister schon vor Jahren geführt.

Ich glaube, dass das nach der Debatte über die Frage, wie das finanziert war, der richtige Schritt war. Das ist für die Krankenhäuser schon eine Belastung. Das muss man sagen. Denn wir müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass Krebs als Volkskrankheit an allen Stellen bekämpft wird.

Die wissenschaftlichen Erhebungen, welche Krebsarten vorkommen und welche Behandlungsmethoden es gibt, sind notwendige Grundlagen dafür, dass wir in der Forschung langsam, aber sicherlich an vielen Stellen weitergekommen sind. Deshalb glaube ich, dass es in diesem Haus jedenfalls keinen Dissens darüber gibt, dass so etwas notwendig ist und dass es sich auch bewährt hat. Das war damals vor der Einführung vor über zehn Jahren ein bisschen die Debatte. Da ging es um die Fragen: Machen wir das? Ist das sinnvoll? – Es ist sinnvoll. Das hat sich herausgestellt. Deshalb werden wir dem Entwurf der Landesregierung zustimmen.

(Beifall der Abg. Jürgen Lenders (FDP) und Dr. Ralf-Norbert Bartelt (CDU))

Vielen Dank. – Herr Kollege Grüttner, ich glaube, dass die Landesregierung einen für die Patienten sehr wesentlichen Punkt aufgenommen hat. Man kann nur hoffen, dass es so wenige wie möglich sind. Aber man kann in die Situation kommen. Die Patienten sollen sich hinsichtlich der Frage des Datenschutzes auf höchstmöglichen Schutz verlassen können.

Das haben wahrscheinlich schon viele von uns im familiären Umfeld erlebt. Es ist schon jedem klar, dass eine Person, wenn sie erkrankt ist und sich damit in einer schwierigen gesundheitlichen Situation befindet, an vielen Stellen besonderen Problemen ausgesetzt ist. Herr Kollege Dr. Spies hat das als Mediziner, wie ich finde, sehr anschaulich gesagt. Man ist eben in einer persönlich ganz schwierigen Situation. Es herrscht Ungewissheit. Man ist da natürlich in keiner einfachen Lage, wenn die Daten öffentlich übermittelt werden.

Deshalb ist die Frage, wie der Datenschutz gewährleistet wird, eine der zentralen Fragen für die öffentliche Hand. Die Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass mit ihren Daten kein Schindluder getrieben wird und dass ihre Situation privat ist und bleibt. Das ist ganz zentral.

Deshalb halte ich den Vorschlag über die sogenannte Vertrauensstelle, wie er hier vorliegt, für richtig. Wir werden gemeinsam schauen müssen, ob sich dieser Weg als richtig erweist. Das weiß man im Vorfeld nie. Dieser Weg wird gemeinsam zu gehen sein. Das, was die Landesregierung hier vorsieht, ist zunächst einmal eine gute Grundlage. Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass es so kommt. Das haben die Menschen in einer so schwierigen Lage von uns zu erwarten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, mein letzter Punkt. Das wird mich wirklich nicht von der Zustimmung abhalten, aber ich will mir eine Anmerkung zum Bundesgesundheitsminister gestatten. Die Erfindung von neuen Instituten zum Thema Qualität im Gesundheitswesen ist politisch sicher kein – –

(Minister Stefan Grüttner: Hat eine lange Tradition!)

Ja, das stimmt. Das ist richtig.

(Gerhard Merz (SPD): Auch in anderen Politikfeldern!)

Ulla Schmidt hat da schon Tolles auf den Weg gebracht, das behindert die Gesundheitspolitik noch heute.

(Beifall des Abg. René Rock (FDP) – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich will aber ausdrücklich sagen, ich war froh, dass sich liberale Gesundheitsminister nicht an Ulla Schmidt orientiert haben. Kollege Bartelt, das hat sich jetzt geändert. So mag das jedenfalls sein.

(Gerhard Merz (SPD): Das war ungewöhnlich erfolgreich!)

Kollege Roth, heute ist doch fast eine so gute Stimmung hier, lassen Sie uns doch an dieser Stelle nicht zerstreiten.