Nun zu Ihrem Gesetzentwurf. Er adressiert eine Reihe von Fragen, die unzweifelhaft wichtig sind. Nicht zuletzt deshalb, um diesen Fragen auf die Spur zu kommen oder sie noch intensiver zu thematisieren und das Gespräch aufzunehmen, hat die Landesregierung den Runden Tisch Kinderbetreuung gleich zu Beginn der Legislaturperiode einberufen. Wir haben mit Freude zur Kenntnis genommen, dass das Angebot zum Austausch und zur konstruktiven Debatte von allen Beteiligten angenommen und genutzt worden ist. Prima.
Ihr Gesetzentwurf greift diese Fragen auf. Leider ist es aber so, dass die konkreten Änderungsvorschläge – jedenfalls heute – nicht zustimmungsfähig sind – entweder aus grundsätzlichen sachlichen Erwägungen oder, das ist der häufigere Fall, weil Ihr Vorschlag schlicht zu früh kommt. Es ist nämlich so, dass wir noch gar nicht wissen – und auch Sie noch gar nicht wissen können –, ob überhaupt und, wenn ja, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang der von Ihnen behauptete Änderungsbedarf tatsächlich besteht. Mit gutem Grund sieht unser KiföG eine Übergangsregelung bis Herbst 2015 vor. Mit gutem Grund wird seine Wirkung nicht im üblichen Turnus, sondern bereits bis Ende 2016 evaluiert. Nicht ohne Grund hat der Minister eine
Neuauflage des runden Tisches im kommenden Jahr vorgeschlagen, wo auch darüber gesprochen werden kann. Zurzeit hat nämlich erst ein kleiner Teil der Träger das Gesetz umgesetzt. Die Beobachtungsbasis ist dünn. Konkrete Hinweise gibt es kaum.
Zu den wichtigsten Punkten im Einzelnen. Erstens. Ihr Hauptanliegen, dem Sie eben auch die meiste Zeit gewidmet haben, ist, die Standards der Rahmenvereinbarung Integration gesetzlich zu verankern. Wir stellen das von der Intention her nicht infrage, denn wir wünschen uns wie Sie, dass die gerade im Zuge der KiföG-Diskussion allseits gelobten Regelungen der alten Rahmenvereinbarung fortgelten mögen. Die neue Vereinbarung sieht das genau so vor.
Die für die Integration von Kindern mit Behinderungen durch Förderung im Rahmen von Kinderbetreuung und durch Eingliederungshilfe Zuständigen haben diese Vereinbarung beschlossen oder sich dazu bereit erklärt. Wir haben keine Kenntnis, dass sie nicht eingehalten wird, und auch nicht, dass eine Nichteinhaltung zu befürchten wäre. Auch Sie haben das in der Vergangenheit nicht bemängelt. Das Land hat lediglich eine unterstützende und beratende Rolle, und es gibt keinerlei Notwendigkeit, dass es sich auf diesem Feld eine Zuständigkeit anmaßt.
Im Übrigen bindet das HKJGB die Gewährung der Landesförderung an die Gewährung der Maßnahmenpauschale durch den jeweiligen Sozialhilfeträger. Das ist eine kluge Regelung, und sie wird helfen, dass Ihre Befürchtungen auch zukünftig nicht eintreten. Der Gesetzgeber wird hier also nicht gebraucht. Die Sozialpartner kommen ihren Aufgaben nach, ein Beispiel für das gute Funktionieren unseres subsidiär gestalteten Gemeinwesens.
Zweitens. Eine eigene Förderpauschale für Kinder mit jenseits von 45 Stunden liegenden Wochenbetreuungszeiten? Die gesamte Betriebskostenförderung durch das KiföG ist zur allgemeinen Entlastung der Träger von Einrichtungen als pauschalierte Festbetragsfinanzierung konzipiert. Den von Ihnen behaupteten Zusammenhang mit der vierstufigen Regelung bei der Personalbemessung gibt es so gar nicht. Jenseits der Vermutung, dass eine Erhöhung der Förderung sicher allen gefallen würde, haben wir derzeit keine Erkenntnisse, dass die Stufenregelung bei den Förderpauschalen nach Betreuungszeiten neu geregelt werden müsste. Sollten sich dazu konkrete zahlengestützte Hinweise im Rahmen des Qualitätsmonitorings oder der Evaluierung ergeben, werden wir dies entsprechend bewerten – aber eben dann, wenn sie vorliegen.
Drittens. Ausweitung der Kleinkitapauschale auf Einrichtungen mit zwei oder drei Gruppen mit durchschnittlich mindestens 10 % Unterauslastung. Sie haben recht, und es ist hier schon mehrfach gesagt worden, auch von mir: Auch uns sind die weniger ausgelasteten kleineren Einrichtungen wichtig, besonders im ländlichen Raum. Es wird so sein, dass einige dieser Einrichtungen die Höchstbeträge der möglichen Förderung nicht ausschöpfen können. Dafür gibt es aber erst einmal höhere Pauschalen je Kind und nach Verweildauer. Wir haben schon erörtert, dass das ein Stück weit das kompensiert, was an bisheriger Ganztagsförderung weniger vorhanden ist. Insgesamt wird es sogar mehr werden. Sollten wir aber im Rahmen von Qualitäts
monitoring und Evaluation feststellen, dass die Kleinkitapauschale ihren Zweck, Existenzbedrohungen zu vermeiden, nicht erfüllt, dann werden wir nachsteuern. Aber auch hierfür haben wir bis jetzt keine konkreten Anhaltspunkte. Deshalb kommt Ihr Vorschlag zu früh.
Viertens. Verlegung des Förderstichtags für neue Einrichtungen auf den 1. Oktober. An diesem Punkt will ich es kurz machen. Auch uns ist dieses Problem bewusst, aber hier gibt es schon eine Lösung. Der Minister hat angekündigt, eine Anschubfinanzierung außerhalb des Gesetzes für diese Fälle vorzunehmen, und wir können davon ausgehen, dass die Sondersituation des U-3-Ausbaus eines Tages abgeschlossen sein wird – und zwar in Bälde, weil wir schon heute den Rechtsanspruch erfüllen. Wenn man die Erfahrung aus der Anwendung des KiföG vorliegen hat, kann man diese überprüfen, analysieren, vernünftiges Datenmaterial heranziehen. Das ist allemal besser, als jetzt aus der Hüfte zu schießen und vielleicht eine Regelung zu treffen, die dann wieder überprüft oder geändert werden müsste.
Fünftens. Verdoppelung der Pauschalen für Integrationskinder. Auch hier denken wir, Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Ihr Vorschlag ist eine mögliche Variante, aber wir wollen eine belastbare, von den Beteiligten getragene Ausgestaltung der Förderung erarbeiten. Das braucht etwas Zeit, und die sollten Sie uns dafür auch geben.
Davon unbeschadet werden die im Nachtragshaushalt 2014 veranschlagten 10 Millionen € zusätzlicher Förderung in transparenter und unbürokratischer Weise ebenfalls verausgabt, sodass niemandem etwas entgeht, wenn die Gesetzgebung dazu noch einen Moment dauert.
Wir werden dazu eine gesetzliche Regelung treffen. Sie wird mit allen Beteiligten so besprochen und erarbeitet, dass sie am Ende trägt und Zustimmung finden kann.
Ich fasse zusammen. Die SPD-Fraktion, so würde ich gerne feststellen, hat die KiföG-Blockade aufgegeben und zu einer konstruktiven Haltung gefunden. Ihr Gesetzentwurf unterbreitet Vorschläge, die, obwohl wir sie jetzt – und vielleicht auch am Ende – insgesamt nicht mittragen können, so doch eine produktive Diskussion eröffnen. Das freut uns.
Wir wollen den Dialog fortführen und unser Gesetz bei Bedarf weiter verbessern. Für diesen Fortschritt unseren Dank, und Ihnen allen danke ich fürs Zuhören.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wiesmann. – Als nächster Redner spricht Kollege Bocklet für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der SPD-Entwurf sieht im Wesentlichen zu vier Punkten substanzielle Vorschläge vor: Verbesserung der Inklusion, Verbesserungen bei den Öffnungszeiten – –
Ich will nur zusammenfassen, dass es um vier Punkte geht: Öffnungszeiten, Kleinkitapauschale und die Frage des Stichtags. Im Wesentlichen sind diese vier Punkte in dem Gesetzentwurf der SPD enthalten.
Ich will darauf wie folgt eingehen: Zum Thema Inklusion zitieren Sie immer wieder einen großen Landespolitiker. Ich kann mich an Flugblätter des großen Landespolitikers erinnern, aus denen ich zitieren kann: Es wird immer gesagt, dass die Zukunftsaufgabe der Sicherstellung der Grundschulkinderbetreuung sowie die Inklusion von behinderten Kindern in Kindertagesstätten aus Sicht der GRÜNEN im Gesetzentwurf nicht angemessen geregelt sind. Sie fordern eine zukunftsfähige Lösung. In einem zweiten Flugblatt wird ebenfalls gefordert, den Umgang mit behinderten Kindern in Kindertagesstätten zukunftsfähig zu regeln.
Erstens. Dieser Punkt ist aus aktueller Sicht zukunftsfähig geregelt. Wir haben von der Landesebene 10 Millionen € zugegeben. Damit wurde die Rahmenvereinbarung zwischen der Liga der Freien Wohlfahrtspflege und den Kommunalen Spitzenverbänden tragfähig, und sie kam zu einem Abschluss. Damit ist das Thema aktuell zukunftsfähig geregelt. Einer der Hauptkritikpunkte der GRÜNEN ist somit aus der Welt geschafft worden. Vielleicht nehmen Sie das auch einmal zur Kenntnis.
Wir müssen jetzt überlegen, ob es tatsächlich notwendig ist, im nächsten Jahr eine gesetzliche Regelung nachzuschieben. Aber Sie könnten den Umstand einfach einmal zur Kenntnis nehmen, dass wir ein großes Problem, nämlich die Sorge, dass behinderte Kinder dort nicht mehr betreut werden können, gelöst haben.
Zum zweiten Punkt. Es wundert mich, dass Sie Ausführungen zu den Öffnungszeiten, zu den kleinen Kindergärten oder auch zu der Frage machen, wann der Stichtag für die Förderung ist. Dort haben wir grundsätzliche Sorgen gehabt, und dort haben wir vereinbart, dass sich diese Landesregierung, wenn es dazu kommen sollte, dass die Pauschalen oder die Regelungen, die im KiföG vorgesehen sind, kleingruppige Kindergärten gefährden oder zu massiven Verschlechterungen der Qualität führen, das genau anschaut und nachsteuert. Das ist im Koalitionsvertrag nachzulesen.
Wir haben auf dem Kinderbetreuungsgipfel vereinbart, das zu evaluieren. Wir haben diese Evaluation in Auftrag gegeben, aber es ist klug, so lange zu warten, bis alle Kindereinrichtungen drinnen sind – nicht nur 20 %. Wenn diese
Evaluation vorliegt, entscheiden wir darüber, aber nicht jetzt aus der Hüfte geschossen, nur weil es Herrn Merz gerade so in den Kram passt.
Ich wiederhole es auch für den Kollegen Merz noch einmal, weil er die Rede jetzt zum fünften Mal hält. Herr Merz, Sie haben angekündigt, das wird nicht Ihr letztes Wort sein. Sie können die Rede gern fünfmal halten, und ich werde Ihnen sechsmal so antworten: Wir hatten eine Kritik am KiföG. Sie basierte darauf, dass es – –
Doch, Herr Rudolph. Ich zitiere sie. Sie wissen ja gar nicht, worum es geht, aber ich kann es Ihnen gern noch einmal erklären. Herr Kollege Rudolph, es ging um die Frage der Grundschulkinderbetreuung. Die gehen wir an.
Herr Rudolph, ich kann Ihnen noch mein eigenes Flugblatt vorlegen. Bei uns wird das im Gegensatz zu Ihnen abgeheftet, dann findet man es auch wieder. Ich kann es Ihnen auch gern in Kopie zur Verfügung stellen. Es ist nämlich so, dass wir dort fünf Punkte gefordert haben. Lauschen Sie mir, und Sie werden einen Erkenntnisgewinn bekommen.
Es ging um die Frage, wie wir mit der Inklusion umgehen werden und ob da nachgesteuert wird. Da ist nachgesteuert worden. Zu der Frage, ob das Problem bei der Grundschulkinderbetreuung angegangen wird: Es wird angegangen. Zu all den Fragen dazu, wie wir mit dem Konzept für kleine Gruppen umgehen, haben wir Ihnen gesagt: Gibt es Probleme für kleine Kindergärten, werden wir nachsteuern.
Ich frage Sie: Wo, bitte, können Sie den GRÜNEN nachweisen, dass sie vor der Wahl etwas anderes gesagt haben als nachher? Wir haben eine Kritik am KiföG gehabt, und wenn diese Kritik aus der Welt geschafft ist – zum Teufel –, bleibt nur noch der Fundamentalismus übrig. Den verfolgen wir nicht. Wir haben eine konstruktive Einstellung zur Kinderbetreuung, die größten Probleme werden gelöst. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie haben mir gar nicht zugehört!)
Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich vor, hier nur zu sagen, den Worten von Herrn
Merz ist nichts hinzuzufügen. Aber die Debatte hier gestaltet sich doch so, dass ich ein paar wenige Sätze dazu sagen möchte. Ich bin hier auch nicht angetreten, um die SPD zu verteidigen.