Protokoll der Sitzung vom 25.11.2014

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Dazu haben wir formuliert:

Ziel unserer Suchthilfepolitik ist es, durch Prävention, Aufklärung und Beratung den Einstieg in den Drogenmissbrauch zu verhindern, zumindest aber zu verringern. Wir können nicht die Augen davor verschließen, dass es Drogenkonsumenten gibt, die es vor gesundheitlichen Schäden zu schützen gilt. In der Suchthilfe werden wir den „Frankfurter Weg“ auch unter Berücksichtigung des Aufkommens neuer synthetischer Drogen fortführen, Aufklärung und Beratung intensivieren. Die Hessische Landesstelle für Suchtfragen … wird beauftragt, in einem Modellversuch zu eruieren, wie insbesondere in der Drogenszene großer Städte die Beratung, Aufklärung und der Gesundheitsschutz zielgerichtet verstärkt werden können.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Spies?

Ich komme gleich zum Ende, deshalb nein. – Wir werden also an diesem Punkt der Suchtpolitik heikle Themen anfassen. Wir werden uns die Zeit nehmen, um in aller Ruhe die Ursachen zu analysieren, warum Drogen konsumiert werden. Wir werden uns auch der Frage annehmen: Wie können wir die Risiken – die es unabweisbar gibt – für die Drogenkonsumenten minimieren? Ich glaube, die Landesregierung hat sich dieser Aufgabe sehr mutig gestellt. Ich bin mir auch sicher, dass wir eine einvernehmliche, kluge und ausgewogene Lösung finden werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, wir haben uns einiger großer Themen angenommen, die momentan gar nicht so erdrückend zu sein scheinen. Aber schauen Sie sich folgende Themen an: die Politik der me

dizinischen Versorgung, besonders im ländlichen Raum; die Zukunft der Krankenhauslandschaft und die Frage, wie sie gefördert wird; den Versorgungsatlas, der die Grundlagen dafür bilden soll; die Gesundheitskonferenzen, die konsensual durchgeführt werden sollen; den Ausbau medizinischer Versorgungszentren; den neuen Pakt für Gesundheitsversorgung; die Fachkräftesicherung, gerade was das Pflegepersonal betrifft; eine neue Präventionspolitik und Gesundheitsförderung mit dem vorzuschreibenden Gesundheitsbericht; die Frage, welche Suchtpolitik wir einschlagen wollen; ein neues Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz und schließlich die Frage, wie wir mit dem Sterben und mit der Sterbehilfe am Ende des Lebens umgehen. Mit den Themenfeldern, die ich hier skizziert habe, haben sich die Hessische Landesregierung sowie CDU und GRÜNE ein umfangreiches und, wie ich finde, ambitioniertes Programm gegeben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU und auch von den GRÜNEN, wir haben begonnen, unsere Aufgaben zu erledigen. Es ist knapp zwölf Monate her; das ist noch recht früh. Aber wir sind auf einem richtig guten Weg. Hessen ist bereits jetzt gut aufgestellt. Wir sind auf dem Weg dahin, dass die medizinische Versorgung und die Gesundheitsförderung noch besser werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Als Nächste hat Frau Kollegin Schott, Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie sind mit dem Thema Prävention in die Diskussion eingestiegen. Aber so, wie Sie mit der Prävention umgehen, die sicherlich ein wichtiger Bereich der Gesundheitsversorgung ist, und so, wie Sie damit in die Diskussion eingestiegen sind, verlagern Sie die Verantwortung für die Erkrankung auf das Individuum und lassen dabei die Rahmenbedingungen, unter denen Menschen leben, arbeiten und krank werden, völlig außen vor. Sie schieben die Verantwortung von sich – der Regierung – weg und schieben sie stattdessen dem Patienten und der Patientin zu, die daran, dass sie krank sind, auch noch selbst schuld sind. Aber Herr Dr. Spies hat vorhin schon deutlich gemacht, dass es gefährlich ist, arm und arbeitslos zu sein. Als Sozialminister sollten Sie deshalb einen größeren Blickwinkel haben.

Ich möchte die einzelnen Punkte, die Sie aufgegriffen haben, hier ansprechen. Deshalb möchte ich mit der Versorgung durch Hausärztinnen und Hausärzte weitermachen. Deutlich wird das Versagen des privatwirtschaftlich organisierten Gesundheitswesens bei der Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Es gibt Regelungen für die Niederlassung; sie wurden Anfang der Neunzigerjahre geschaffen. Keiner kann richtig sagen, warum es genau so viele Ärztinnen oder Ärzte pro Einwohner geben soll und nicht mehr und nicht weniger. Man wird darauf verwiesen, dass, als Herr Seehofer das einführte – 2012 –, die Messzahlen und die Einheiten durch einen gemeinsamen Bundesausschuss geändert wurden. Jetzt sollen auf 1.671 Einwohnerinnen

und Einwohner ein Hausarzt oder eine Hausärztin kommen.

Dies funktioniert aber immer weniger, da Medizinstudierende weniger daran interessiert sind, eine Landarztpraxis zu übernehmen, selbst wenn sie sich in einer 30.000-Einwohner-Stadt in der Nähe von Frankfurt befindet. Dafür spielen mehrere Gründe eine Rolle: Die soziale und die kulturelle Infrastruktur müssen stimmen. Ohne Kita und ohne Grundschule gibt es keine Arztpraxis. Ein Theater sollte am Feierabend ebenfalls erreichbar sein, und der Fluglärm sollte nicht allzu stark sein.

Gerade Ärztinnen wollen Teilzeit arbeiten und sehen keine Möglichkeit, am Arbeitsplatz eine 60-Stunden-Woche abzuleisten. Junge Ärztinnen und Ärzte fühlen sich oft damit überfordert, ohne kollegiale Unterstützung eine Praxis zu führen, gerade angesichts besser informierter Patientinnen und Patienten und zunehmender Anforderungen. Ärzte möchten ein Privatleben haben, und nicht alle bekommen ein Darlehen, um eine Praxis mit Ablöse und allen anderen Kosten zu übernehmen.

Dies führt dazu, dass die Menschen bereits jetzt Probleme haben, einen Hausarzt oder eine Hausärztin in ihrer näheren Umgebung zu finden. 16 Mittelbereiche haben bereits eine Versorgung unter 100 %, dies reicht bis zu 75 % der Normalversorgung. Weitaus problematischer allerdings ist die zukünftige Entwicklung: Nahezu die Hälfte der Hausärzte und -ärztinnen ist älter als 55 Jahre, bis 2020 werden 40 % der Arztpraxen in Hessen eine Nachfolge benötigen.

Da reicht es nicht mehr, ein paar Euro zur Verfügung zu stellen, um ca. vier Praxen in besonders benachteiligten Gebieten in Hessen zu fördern. Dieser Beitrag der Landesregierung ist nicht einmal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Vielmehr ist es notwendig, gemeinsam mit den Ärztevertretungen und den Universitäten Konzepte für eine Ansiedlung von Allgemeinmedizinern und -medizinerinnen zu entwickeln.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr Studienkapazitäten und Weiterbildungsstellen sind ein wichtiger Schritt. Interessant finden wir den Aufkauf einer Gemeinschaftspraxis in Ober-Ramstadt durch den Kreistag. Solche Ansätze sollten überprüft und den Kommunen die Ressourcen und der Freiraum zur Verfügung gestellt werden, sich für medizinische Versorgungszentren oder die Anstellung von Ärzten und Ärztinnen einzusetzen.

Die Unterstützung und Entlastung von Ärzten und Ärztinnen durch qualifiziertes Krankenpflegepersonal wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Hier gibt es bereits einige Modelle. Da ist es an der Kassenärztlichen Vereinigung, dies im ganzen Land zuzulassen, sodass die Arbeit dieser – nehmen wir einmal an – Gemeindeschwestern und -pfleger abrechenbar ist.

Fragwürdig ist die Verteilung der Gelder der Krankenversicherten. Hausärzte und -ärztinnen haben keine Planungssicherheit. Die sprechende Medizin wird wesentlich schlechter vergütet als die Apparatemedizin. Die Hausärzte und -ärztinnen beklagen sich gar nicht über ihr Einkommen, sie beklagen sich darüber, dass Kolleginnen und Kollegen anderer Fachbereiche in der gleichen Zeit deutlich besser verdienen – das ist eine Ungerechtigkeit, die beendet werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

In Dänemark beispielsweise erhalten jeder Arzt und jede Ärztin pro eingeschriebenen Patienten einen festen Satz, mit dem sie kalkulieren können. Vorhin haben wir auch schon von ärztlichen Bereitschaftsdiensten gehört: Diese waren in den letzten Monaten eine Quelle von Protesten, Unterschriftensammlungen, Demonstrationen, Beschlüssen im Gemeindeparlament, Gesprächen und vielem mehr.

Die Kassenärztliche Vereinigung vollzieht mit der Begründung, ansonsten keine Ärzte und Ärztinnen auf dem Land finden zu können, eine Reform, die auf mehr Widerstand als Zustimmung stößt. Nicht nur Patienten und Patientinnen sprechen sich gegen die Zumutung aus, in einer Telefonzentrale ihre Krankheitsgeschichte zu erläutern, meilenweit zur nächsten Gemeinschaftspraxis zu fahren bzw. nicht zu wissen, an wen sie sich eigentlich wenden sollen. Erschwert wird dies durch einen ausgedünnten Personennahverkehr auf dem Lande. Ohne Pkw bzw. jemanden, der sich bereit erklärt, im Krankheitsfall zu fahren, ist man darauf angewiesen, auf den Hausbesuch zu warten.

Nicht wenige reagieren im Krankheitsfall am Wochenende, indem sie in die Notfallambulanz des nächstgelegenen Krankenhauses gehen. Krankenhäuser und Rettungsdienste bestätigen diese Entwicklung. Dies ist aber auch nicht verwunderlich, da gerade im Krankheitsfall viele Menschen nicht in der Lage sind, am Telefon zweckdienliche Hinweise zu geben, egal, ob ihre Muttersprache Deutsch ist oder nicht. Dies bedeutet aber für die Kliniken, dass ihre Notfallambulanzen für die wirklichen Notfälle verstopft sind, die Wartezeiten extrem lang sind und viele Leistungen nicht abgerechnet werden können. Es ist eine zusätzliche Belastung für die Krankenhäuser auf dem Land. All dies ist hinlänglich bekannt, trotzdem wird es so hingenommen.

Auch die Begründung der KV ist nicht nachvollziehbar: Zumindest in Südhessen sind es meistens Ärzte und Ärztinnen, die speziell diese Dienste absolvieren, und die anderen zahlen dafür ihren Obolus. Viele Ärzte und Ärztinnen haben selbst gegen diese „Reform“ protestiert. Die mangelnde Bereitschaft, Korrekturen anzubringen, ist wenig bürgerfreundlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kommunen haben sich bereit erklärt, hier aktiv zu einer Lösung beizutragen. Sie würden Rettungsdienst- und Bereitschaftsdienstzentralen zusammenlegen und von dort aus die Hausbesuche und Rettungsdiensteinsätze steuern. Es ist sowieso nicht erklärbar, warum parallele Strukturen nebeneinanderher existieren. Der Aufwand könnte verringert, die lokale Versorgung der Bevölkerung professionell organisiert werden – dann könnte sich auch der Rettungsdienst seinen eigenen Aufgaben zuwenden und hätte weniger Probleme mit seinen Einsatzfristen.

Bei der fachärztlichen Versorgung hat man es sich leicht gemacht: Von einer Unterversorgung wird erst gesprochen, wenn die Versorgung unter 50 % gerät, d. h. wenn weniger als die Hälfte der als ausreichend angesehenen Anzahl von Ärzten und Ärztinnen im Kreis oder bei spezialisierten Ärzten und Ärztinnen im größeren Einzugsbereich vorhanden ist.

Allerdings tritt selbst diese Form der Unterversorgung – manchmal kommt man sich auch in Hessen wie in einem Entwicklungsland vor – für die Augenärzte im Odenwaldkreis und für Kinderpsychiater in Osthessen und der Region Starkenburg ein. Während in Osthessen zumindest nach den letzten Statistiken keine Kinder- und Jugendpsychiater

niedergelassen sind, fehlen in der Region Starkenburg sieben Kinder- und Jugendpsychiaterinnen, insgesamt also über 20 – und dies bei zunehmenden psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen.

Kein Wunder, dass die Kliniken über den Andrang stöhnen und nicht wissen, wie sie diesem begegnen sollen. Mehr als 20 Kinder- und Jugendpsychiater könnten sich in Hessen noch niederlassen; es wäre eine Steigerung um etwa 50 % der tatsächlich tätigen Kolleginnen und Kollegen.

Aber auch bei den Fachärzten haben wir den demografischen Faktor. Hier möchte ich ihn gern einmal bemühen: Bis 2020 suchen 33 % der Kinderärzte, 31 % der Augenärzte, 27 % der Gynäkologen und 26 % der HNO-Praxen einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Ein Facharzt muss nicht unbedingt im gleichen Wohnort vorhanden sein. Allerdings sollte er oder sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln innerhalb von einer halben Stunde erreicht werden können.

Die Koordination der Facharztbehandlung sollte im Regelfall durch den Hausarzt erfolgen. Dies bedeutet aber, dass die hausärztliche Versorgung so qualifiziert ist, dass es keine unnötigen Überweisungen gibt, dass die Befunde anschließend sorgfältig mit dem Patienten und der Patientin ausgewertet und nächste Schritte festgelegt werden können. Dazu ist allerdings eine entsprechende Bezahlung erforderlich, sodass nicht weitere Untersuchungen erfolgen müssen und damit der Arzt die geleistete Arbeitszeit auch abrechnen kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, beim Thema Hebammen haben Sie sich vorhin erheblich um die Problematik gedrückt. Der Start ins Leben ist entscheidend für eine gute Entwicklung. Sind die Eltern von Armut und Krankheit betroffen? Sind sie in der Lage, gut mit dem Säugling umzugehen? Haben sie genügen Beistand und Unterstützung, um ihrem Kind einen guten Start zu ermöglichen? – Das sind die Fragen, die die Zukunft eines jungen Menschen entscheiden können. Wesentliche Hilfe leisten dabei die Hebammen, die in der Geburtshilfe tätig sind, aber auch die Familienhebammen.

Die Kenntnisse über die Geburt und alles, was danach kommt, sind aufgrund geringer Kinderzahlen, aber auch aufgrund der Entfernung zu den Herkunftsfamilien, die meist der geforderten Flexibilität geschuldet ist, in den jungen Familien immer geringer geworden. Die Geburtstationen der Kliniken und die Hebammen spielen bei Geburtsvor- und -nachbereitung eine wichtige Rolle. Jetzt erleben wir aber eine Unterversorgung bei den Hebammen. Viele freiberufliche Kolleginnen geben ihre Praxis und ihren Beruf auf, weil sie nicht mehr davon leben können: Einerseits ist die Vergütung wesentlich zu gering, andererseits steigen die Haftpflichtprämien ins Unermessliche, da die Regressforderungen immer höher werden.

Nur noch eine Haftpflichtversicherung hat sich bundesweit bereit erklärt, dieses Risiko zu versichern, und für den nächsten Sommer sind bereits Erhöhungen der Prämien angekündigt. Diese werden somit auf ca. 6.000 € im Jahr steigen, obwohl der Bundesgesundheitsminister angekündigt hat, dass die Krankenkassen keine Regressforderungen mehr an die Hebammen bzw. deren Versicherungen stellen können. Eine Lösung steht noch aus – diese kann nach aktuellen Erkenntnissen nur in einem Fonds für Haftpflichtschäden bestehen, wie ihn DIE LINKE im Bundestag dieses Jahr beantragt hat.

Auch in Hessen gibt es erhebliche Probleme, und wir verlieren immer mehr Entbindungsstationen. Das nehmen Sie hier mit großer Gelassenheit hin, und wenn wir es zu thematisieren versuchen, stecken Sie den Kopf in den Sand. Als LINKE sind wir der Meinung, dass die Versorgung werdender Mütter und ihrer Kinder im Mittelpunkt der Betrachtung stehen muss und nicht die Frage, ob es noch wirtschaftlich ist, eine Entbindungsstation zu betreiben. Hier wird besonders deutlich, dass der Gesundheitsbereich nicht dem Markt unterworfen werden darf. Das heißt nicht, dass wir nicht für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Geld stehen würden – aber zuerst kommt eben der Mensch und dann das Geld.

(Beifall bei der LINKEN)

Dies gilt auch für unsere Krankenhäuser. Allein die Betrachtung der Zahlen zu den Krankenhäusern im hessischen Gesundheitsreport macht uns auf eine problematische Entwicklung aufmerksam: Die Bettenzahl sinkt, während gleichzeitig die Anzahl der Fälle steigt. Die Verweildauer sank in den letzten Jahren um mehr als 40 %, die Menge an ärztlichem Personal nimmt zu, die Menge an nicht ärztlichem Personal nimmt ab, wenn auch nicht mehr in dem erschreckenden Maße wie in den Jahren zuvor. Das heißt, es werden wesentlich mehr Patientinnen und Patienten in viel kürzerer Zeit durch weniger Betten geschleust – nicht umsonst spricht man von „blutigen Entlassungen“.

Während viel operiert wird, ist anscheinend immer weniger Pflegepersonal erforderlich. Mir kann das niemand erklären. Gerade bei einem schnellen Patientinnen- und Patientenwechsel ist das Pflegepersonal stark gefordert. Es muss ständig Aufnahmen und Entlassungen vorbereiten und durchführen. Es muss in kürzester Zeit dafür sorgen, dass alle erforderlichen Untersuchungen und Behandlungen durchgeführt werden können und die Menschen in der Lage sind, die Klinik schnell wieder zu verlassen.

Kein Wunder, dass es überall Proteste und Aktionen von Pflegekräften gibt, auch wenn diese eigentlich keine Kraft und Zeit mehr dafür haben, ihrem Protest Ausdruck zu geben, da die Arbeitsbelastung überhandnimmt.

Herr Minister, wenn Sie im Zusammenhang mit Sterben von einer hospizlichen Haltung im Krankenhaus sprechen, die benötigt wird, dann ist das ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich tagtäglich darum bemühen, trotz immer höherer Arbeitsdichte menschlich zu bleiben, und immer mehr in einen inneren und auch in einen äußeren Konflikt kommen, was sie tun und was sie vernachlässigen sollen.

Grob gesagt: In einem Krankenhaus muss sich eine Pflegekraft überlegen, ob sie einem sterbenden Menschen noch einen Moment die Hand halten kann oder ob sie sich die Hände wäscht. Denn wenn sie ordnungsgemäß, wie es die Vorschrift ist, Hände waschen würde, bräuchte sie allein fast zwei Stunden am Tag dafür. Das ist aber nicht mehr da. Jeden Tag setzt sich dieses Personal dem Konflikt aus: Was tue ich, und was lasse ich? Denn sie sind nicht mehr in der Lage, alles das, was nötig ist, zu tun. Wenn Sie dann an deren Haltung appellieren, ist das zynisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Landesregierung verweigert hartnäckig, Regelungen für Personalmindeststandards zu treffen. Wir fordern die Landesregierung auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben und im Interesse der Hessinnen und Hessen dem Preisdruck durch Lohndumping ein Ende zu machen, indem

verbindliche Personalstandards geschaffen werden. Qualität in der Behandlung, Pflege und Hygiene kann nur mit mehr Personal sichergestellt werden. Alle Studien weisen das nach.

Stattdessen gehören nach dem DAK-Report 2012 die Pflegeberufe erneut zu den Branchen mit höchsten Krankenständen, mit steigenden Ausfallzeiten durch psychische Erkrankungen und Muskel- und Skeletterkrankungen, die nicht selten in dauerhafter Erwerbsunfähigkeit enden. Das heißt, der Mangel an Pflegekräften bzw. die eingesparten Kräfte gehen zulasten der Beschäftigten und der Patientinnen und Patienten. Der Abbau von Pflege- und sonstigem Personal ist die Möglichkeit, die die unterfinanzierten Öffentlichen und die profitorientierten Privaten nutzen, um Kosten zu senken. 43 % der Allgemeinkrankenhäuser arbeiten defizitär. Bei den kleinen Häusern sind es sogar noch mehr.

Hier geht es aber um originäre Landesaufgaben zur Versorgung der Bevölkerung. Mit der letzten Novellierung des Landeskrankenhausgesetzes hat Hessen allerdings die Planungsmacht abgegeben, das Budget gedeckelt und budgetiert. Damit hat es sich jeglicher Verantwortung und Planungshoheit entzogen.