Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Natürlich gibt es auch in romantischen Stücken einen Dreiklang.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ich habe zwei Jahre lang erfolglos Geige gespielt!)

Nehmen Sie nur einmal das Hornkonzert von Carl Maria von Weber und andere, nehmen Sie den „Freischütz“: Überall sind Dreiklänge.

So machen wir hier auch einen Dreiklang, der in unserem Romantikkonzept eine große Rolle spielt. Das ist natürlich das geplante Deutsche Museum der Romantik in Frankfurt am Main. Wir heben das deutlich hervor, weil es nicht immer sicher gewesen ist. Auch darauf haben Frau Feldmayer und Frau Wolff hingewiesen. Nicht alle, die gesagt haben: „Wir sind am Ball“, sind das auch immer gewesen. Wir als Land Hessen waren das. Wir waren wirklich der Anker in dieser Frage.

Deswegen will ich das noch einmal sehr deutlich betonen: Die Romantik ist eine Schlüsselepoche der deutschen und der europäischen Geistesgeschichte, und zwar mit einer politischen und mit einer gesellschaftspolitischen Prägung. Wir reden aus dem Grund darüber, Herr Dr. Spies, weil die Epochen der Aufklärung, der Klassik und der Moderne in Wolfenbüttel, in Weimar und in Marbach mit Museen von Weltgeltung vertreten sind, weil es aber für diese Bewegung, über die wir heute reden, die Bewegung der Romantik, weltweit keine vergleichbare Institution gibt, obwohl es diese Epoche ist, die international mehr als jede andere Zeitspanne westlicher Kultur mit Deutschland identifiziert wird. Insoweit soll man, muss man, kann man darüber reden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb war auch die Entscheidung für das Deutsche Museum der Romantik in Frankfurt am Main so wichtig, weil es den Erinnerungsort für diese Epoche bilden wird. Basis – auch darauf haben die Kolleginnen hingewiesen – ist die weltweit einzigartige Sammlung zur Literatur der deutschen Romantik, die das Freie Deutsche Hochstift in den letzten 100 Jahren zusammengetragen hat – im Übrigen

der Öffentlichkeit bislang weitgehend unbekannt. Es gibt eine unmittelbare bewusste Nachbarschaft zum Goethehaus, weil hier eine klare Verbindung zum wichtigsten deutschen Romantiker hergestellt wird.

Ich finde es besonders reizvoll, dass in diesem neuen Museum nicht nur die kulturellen Leistungen der Epoche im Zentrum der Auseinandersetzung stehen werden, sondern auch die Frage nach den literarisch fundierten Konturen des modernen westlich-europäischen Menschenbildes und dessen Realisierung im demokratisch verfassten Staat. So wird ein Erlebnismuseum entstehen. Ich hoffe, dass es wirklich so ist, wie die Beteiligten sagen, dass wir es im Jahr 2018 eröffnen können.

Aber wer die Romantik in Hessen betrachtet, der wird sehr schnell sehen, dass der Blick über die Stadtgrenzen Frankfurts hinaus gehen muss, nach Hanau, Geburtsstadt der Brüder Grimm, nach Offenbach, Karoline von Günderrode. Das Handelshaus Brentano unterhielt in Mainz und in Bingen Dependancen. Das einigende Band zwischen all diesen Orten sind die Flüsse gewesen, der Main und der Rhein. Auch damals schon, 1800, ist die Region ein besonderer Transitraum gewesen. So erklärt sich auch, wie es dazu gekommen ist, dass Franz Brentano sich die eingangs erwähnte Sommerresidenz zugelegt hat.

So fällt der Blick unweigerlich auf einen buchstäblich herausragenden Ort der Rheinromantik. Das ist der dritte Punkt, das ist der Park des Grafen von Ostein im Niederwald oberhalb von Rüdesheim, der diesen Dreiklang, der ein wirklicher Dreiklang ist, komplettiert. Er ist einer der authentischsten Orte der Rheinromantik. Kein einziger Flecken im Rhein-Main-Gebiet bietet so viele Facetten der Romantik wie der Osteinische Park.

Als der Graf von Ostein Ende des 18. Jahrhunderts „seinen“ Niederwald ausbaute, glaubte keiner – jedenfalls glaube ich nicht, dass er das geahnt hat –, dass diese Schöpfung einmal den Beginn der Rheinromantik darstellen würde. Prof. Bunzel vom Hochstift und von der Universität Frankfurt bezeichnet den Osteinischen Park sogar als poetogenen Ort ganz besonderer Art, als die Krone der Rheinromantik. Insoweit ist es richtig, sich um ihn zu kümmern.

Er gehört zu den frühesten Landschaftsparks in Deutschland. Graf Ostein hat an der Hangkante zum Rhein kleine Gebäude gesetzt, die dazu dienten, eine landschaftliche Situation zu charakterisieren, um beim Betrachter verschiedene Stimmungen hervorzurufen: verschlungene Waldwege, dichte Vegetation, dunkle Gänge durch pseudo-mittelalterliche Gebäude, die beim Besucher eine Spannung aufbauen, die sich am Ende in einen überraschend auftauchenden Ausblick in die grandiose Rheinlandschaft schlagartig löst. Jeder, der dort gewesen ist, kennt dieses Erlebnis. Jeder, der dort gewesen ist, weiß, wie wertvoll dieser Park ist. Deswegen werden wir ihn revitalisieren. Deswegen werden wir die einzigartige romantische Gartenkunst dort wieder zum Leben erwecken und den Menschen nahebringen.

Insoweit kann man sagen, all diese Projekte zusammengefasst, investieren wir als Land Hessen mehr als 10 Millionen €, um die Epoche der Romantik in Hessen erfahrbar zu machen, mit dem Brentanohaus, mit dem deutschen Romantikmuseum, mit dem Park des Grafen von Ostein. Das ist nicht nur ein Dreiklang, es ist sogar eine Achse der Ro

mantik. Ich glaube, auch das kann man ohne Übertreibung sagen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Zwölftonmusik!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss nur so viel sagen – Frau Feldmayer hat dankenswerterweise darauf hingewiesen –: Wer sich über Weihnachten, über die Feiertage etwas Gutes tun will, der kann sich all das einmal anschauen. Der kann das beispielsweise mit der App tun, die entstanden ist, mit dieser unentgeltlichen Smartphone-App

(Heiterkeit des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

das würde auch dem Kollegen Schäfer-Gümbel guttun –, die zu 100 Orten der Romantik führt. Die wird man in den wenigen Tagen nicht alle erschließen können; das ist mir auch klar. Die App bietet eine Zeitreise mit Informationen zu den jeweiligen Städten, bietet Kurzbiografien der Protagonisten und macht es insbesondere durch eine Zusammenarbeit mit dem ZDF und 3sat möglich, all die verlinkten Filmbeiträge anzuschauen, die die Sender zum Thema Romantik bereithalten.

Im Übrigen, lassen Sie mich das zum Abschluss sagen: Wer immer noch kein geeignetes Weihnachtsgeschenk hat, weil er durch die Plenartage davon abgehalten worden ist, der kann das nachholen, und zwar wenige Hundert Meter von hier – deswegen habe ich dieses dicke Buch mit mir geschleppt –, indem er diesen wunderbaren Ausstellungskatalog „Rheinromantik – Kunst und Natur“ von einem Museum erwirbt, das es in Wiesbaden gibt, nämlich von unserem Landesmuseum, wenige Meter entfernt vom Ministerium.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das war eine schöne Ausstellung!)

Ich kann es nur anraten. Das ist ein tolles Geschenk, eine tolle Möglichkeit, Weihnachten romantisch zu machen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Kann man das bei Ihnen kaufen?)

Insoweit bleibt mir nur, Ihnen eine romantische Weihnacht zu wünschen und Danke zu sagen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Kollegin Beer hat das Wort, FDP-Fraktion.

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, es tut mir schrecklich leid, diese romantische Weihnachtsstimmung noch einmal kurz stören zu müssen, sicherlich auch nicht deswegen, weil sich Staatsminister Rhein hier so leidenschaftlich und schwärmerisch von der Achse oder Trias der Romantik hat hinwegtragen lassen, sondern weil eine ganze Reihe von Schulklassen auf der Empore anwesend sind und der Minister ausgerechnet Goethe zum Romantiker vereinnahmt hat – ausgerechnet Goethe.

Als Frankfurterin bin ich weit davon entfernt, in irgendeiner Weise ein Hader mit diesem Literaten zu pflegen, aber ausgerechnet Goethe, von dem das Wort überliefert ist: Klassik ist Gesundheit, Romantik ist Krankheit.

(Heiterkeit der Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE) – Vizepräsidentin Heike Habermann übernimmt den Vorsitz.)

Vor diesem Hintergrund kann man sich schon die Frage stellen, wie ausgerechnet Goethe es empfinden würde, das Museum der Romantik neben seinem Elternhaus zu finden. Aber, Herr Minister, ich glaube, es ist auch gar nicht schwer einsehbar, warum Goethe so über die Romantik geurteilt hat. Gerade für die Jugendlichen, die in ihrer Schulzeit sicherlich mit einigen Werken der Literatur, aber auch der sonstigen Künste aus der Romantik konfrontiert und beschäftigt werden, ist es wohl nicht verwunderlich, dass er so reagiert hat; denn – und da wird es wieder politisch – die Romantik vermochte mit dem Glauben, gerade dem Glauben an die Veränderbarkeit des Menschen, der aus der Klassik herauskam, und damit auch an die Veränderbarkeit der Gesellschaft, nichts anzufangen.

Ich glaube, dass wir heute, wiederum über alle Parteigrenzen hinweg, gut daran tun, daran festzuhalten, dass der Mensch sein Leben selbst in die Hand nehmen kann, dass er auch diese Gesellschaft verändern kann – am besten zum Guten –, und dass er genau diese Teilhabe zu den Dingen verwenden kann, die seiner freien Entscheidung obliegen, und wenn es die freie Entscheidung dieses Parlaments ist, die Achse oder auch die Trias der Romantik in Hessen entsprechend zu finanzieren. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank.

(Minister Boris Rhein: Frau Vizepräsidentin, ich möchte gern noch etwas sagen!)

Verehrte Frau Kollegin, wie man mit so viel Überzeugung so viel Falsches sagen kann, das gibt es wahrscheinlich auch nur in einem so bekannten Maße, wie es uns im Falle der FDP öfter begegnet und was wahrscheinlich auch in einem Zusammenhang mit dem Zustand der FDP von heute steht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Johann Wolfgang von Goethe ist einer der wichtigsten deutschen Romantiker gewesen. Und wer heute Schülerinnen und Schülern, die hier auf der Tribüne sitzen, das Gegenteil darzustellen versucht, der muss sich wirklich fragen, wo er gewesen ist, als es um Literatur gegangen ist. Niemand hat den Aufbruchsgedanken des ausgehenden 18. Jahrhunderts so entscheidend inspiriert wie Johann Wolfgang von Goethe, und zwar mit jedem seiner Werke.

Lesen Sie einfach Goethe nach, dann werden Sie es erfahren, und erzählen Sie einer so großen Anzahl von jungen Menschen nicht das, was Sie eben dargeboten haben. Darum bitte ich Sie im Hessischen Landtag und so kurz vor

Weihnachten, verehrte Frau Kollegin Beer. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich schlage eine Anhörung zu diesem Thema vor! – Weitere Zurufe)

Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Debatte um Tagesordnungspunkt 48 beendet. Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsiden- tin)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Brentanohaus – Deutsches Romantik-Museum – Osteinischer Park als romantischer Dreiklang Hessens, Drucks. 19/1241. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Haus. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 24:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Wohnungspolitik in Hessen gerecht und sozial gestalten – Drucks. 19/864 –

Vereinbarte Redezeit sind zehn Minuten. Als Erste hat Frau Kollegin Feldmayer das Wort, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich hoffe, Sie jetzt nicht aus Ihrer romantischen Stimmung zu reißen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist sehr wahrscheinlich!)

Wir reden jetzt über das Thema Wohnungspolitik, ein, wie ich finde, sehr wichtiges Thema.

Wir alle wissen, dass es in den Ballungsräumen einen großen Bevölkerungszuwachs gibt. Das ist schön und spricht für die Attraktivität unserer Städte. Aber dieser gewaltige Zuwachs hat auch Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt. Bei steigender Nachfrage nach Wohnungen haben wir kein gleichbleibend hohes Angebot an Wohnbauten und neuen Mietwohnungen.

Dies führt bekanntermaßen zu Kostenproblemen bei den Mieten, aber auch bei den Immobilienpreisen, und das besonders in den stark nachgefragten Vierteln. Dort gibt es spürbare Verdrängungseffekte der – so würde ich einmal sagen – nicht so solventen Mieterinnen und Mietern zu den Rändern der Stadt. Das darf nicht sein; denn die Stadt gehört allen, der Markt regelt es in diesem Fall nicht, und aus diesem Grund ist es gut, wenn die Politik, wenn wir dort regelnd eingreifen.