Herr Bellino, meine Fraktion hat mir vorgeworfen, dass ich heute eine Krawatte mit kleinen Karos trage. Die Krawatte ist eine Reaktion auf Ihren gestrigen Vorwurf. Regen Sie sich doch nicht auf.
Der Ministerpräsident hat gestern Verständnis dafür gezeigt, dass man gar nicht anders könne, als Wohnungspolitik nach Kassenlage zu machen, und er hat mir vorgeworfen, ich würde immer zu viel Geld fordern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, nach dem Verständnis meiner Fraktion ist Wohnungspolitik in den Kommunen, in den Ländern und natürlich auch im Bund eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Wohnen hat den gleichen Stellenwert wie Trinkwasser, wie Energieversorgung oder wie Breitbandversorgung. Alle diese Bedürfnisse sind nicht nach Kassenlage zu befriedigen,
sondern die Aufgaben der Daseinsvorsorge müssen nach den Bedarfen erfüllt werden. Das ist der zentrale Unterschied zwischen der Haltung Ihres Ministerpräsidenten – natürlich auch meines Ministerpräsidenten, so viel Respekt habe ich als Hesse vor dem Amt schon – und der Haltung, die Sie an dem Punkt mit dem Koalitionspartner CDU in Einklang bringen müssen.
Jetzt kommen wir zur Zukunft. Ich will das noch einmal unterstreichen: ein Ja zur Zweckbindung der Kompensationsmittel. Ich hatte schon dazu gesagt, dass wir genau schauen werden, ob das wirklich passiert. Die Mietpreisbremse ist richtig. Darin unterscheide ich mich auch vom Kollegen Schaus, der sagt, die Regeln, die da gemacht worden sind, seien nicht in Ordnung.
Wenn man eine Kappungsgrenze für Mietpreiserhöhungen definiert, muss man das raumbezogen machen. Ich halte das in der Konsequenz für richtig. Die Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe ist ebenfalls richtig. Ich begrüße, dass es – wie auch immer – gelungen ist, innerhalb des Sondervermögens eine Umschichtung vorzunehmen, sodass jetzt für den Wohnungsbau rund 62 Millionen € zweckgebunden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, dass ihr ehemaliger wohnungspolitischer Sprecher Gottfried Milde uns immer vorgerechnet hat, dass mehr als 32 Millionen € für den Wohnungsbau aus dem Sondervermögen auf gar keinen Fall verfügbar wären. Deshalb finde ich es ganz interessant – gerade für einen Oppositionspolitiker –, was innerhalb des Landeshaushalts geht. Das begrüßen wir nachhaltig.
Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Im Rahmen der Anhörung des Gesetzentwurfs ist auch zum Ausdruck gekommen, dass wir, würden wir die gesamten Mittel des Sondervermögens für den Wohnungsbau einsetzen, 2.450 Wohnungen pro Jahr fördern könnten. Ich gebe Ihnen das für Ihre weitere Arbeit einfach einmal zum Nachdenken mit auf den Bildschirm.
Sie rufen immer: Die Opposition hat keine Konzepte, jetzt sagt doch einmal, was ihr machen wollt. – Ich will Ihnen deswegen in der letzten mir verbleibenden einen Minute und 14 Sekunden kurz vier Konzepte vorstellen, um dieses Spiel „Regierung fragt – Opposition antwortet nicht“ zu durchbrechen. Ich antworte Ihnen.
Ich finde, das sollten wir zum Gegenstand der Diskussionen hier machen: Frau Ministerin, erstens schlage ich Ihnen vor, in Hessen unter Beteiligung der Wohnungswirtschaft, der Bauwirtschaft, der Immobilienwirtschaft und des Mieterbundes sowie der Kommunen so etwas einzurichten wie das, was Frau Bundeswohnungsbauministerin Hendricks auf Bundesebene gemacht hat, nämlich ein Bündnis für preiswerten Wohnraum.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich schlage das deshalb vor, weil die Maßnahmen des Bundes natürlich mit den Maßnahmen des Landes in Einklang gebracht werden müssen. Das trifft sich übrigens mit dem Punkt von Herrn Lenders: die Tatsache, dass wir in der Bundesrepublik 9,1 Millionen Klein- und Kleinstvermieter haben, die sich dann dort einbringen könnten.
Frau Hinz, was halten Sie denn von einem Sonderprogramm in Hessen, das darauf hinausläuft, so etwas wie eine Kesselprämie einzuführen? Warum schlagen Sie das nicht im Bundesrat vor? Sie wissen, dass die Akteure eine solche Idee für richtig halten. Das würde die Klein- und Kleinstvermieter, die nicht darauf aus sind, riesige Mieteinnahmen zu erzielen, aktivieren und dazu motivieren, in ihre Bestände zu investieren.
Kollege Siebel, die eine Minute 14 Sekunden ist überschritten, und ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.
Ich bin sehr stolz darauf, dass die SPD-Fraktion in der Haushaltsberatung einen Antrag eingebracht hat, der zusätzliche 250 Millionen € für den Wohnungsbau für die mittleren und kleinen Einkommen induziert hätte, also für den Polizeibeamten und für die Erzieherin. Das ist unser Weg, das ist unser Vorschlag. Frau Ministerin, damit können Sie sich jetzt gern auseinandersetzen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Hessen mit bezahlbarem Wohnraum ist für uns ein wichtiges politisches Thema, und wir haben die Verantwortung dafür, dass die Wohnungspolitik in Hessen so gestaltet wird, dass wir bezahlbaren Wohnraum in Hessen haben. Das gilt im Moment vor allen Dingen für die Ballungsräume, weil die Mieten dort rasant steigen und der Wohnungsdruck hoch ist.
Dagegen sind in den ländlichen Gebieten eher leer stehende Wohnungen zu besichtigen. Wir zielen mit unserer Politik der Infrastruktur, der Dorferneuerung und -entwicklung sowie der Nachnutzung von Gebäuden, die leer stehen, darauf ab, dass auch in ländlichen Räumen weiterhin attraktive Wohnungen und Lebensmöglichkeiten bestehen, damit wir keine weiteren Abwanderungen in den urbanen Raum haben.
Trotzdem ist klar, das Rhein-Main-Gebiet bedarf im Moment besonderer Aufmerksamkeit. Da tun wir aus meiner Sicht eine ganze Menge. Da Sie eingefordert haben, dass ich hier einmal Nachhilfe gebe, werde ich das gern tun.
Wir haben in dieser Wahlperiode über 600 Millionen € zur Verfügung: 62 Millionen € reguläre Förderung für den sozialen Wohnraum, respektive auch für die Bildung von Eigentum, wobei Sie ja wissen, dass wir den Schwerpunkt in den nächsten Jahren auf soziale Wohnraumförderung setzen. Das sind über 150 Millionen € in dieser Wahlperiode. Dann setzen wir die 30 Millionen € an Kompensationsmitteln des Bundes ein. Herr Schaus, wie Sie auf 60 Millionen € kommen, ist mir ein Rätsel. Es sind 30 Millionen € pro Jahr. Das macht ebenfalls 150 Millionen € in dieser Wahlperiode. Dann setzen wir noch einmal zusätzlich 150 Millionen € aus dem Sondervermögen ein, d. h. insgesamt über 600 Millionen € für diese Wahlperiode.
Natürlich ist es in Zeiten knapper Kassen und in Zeiten der Schuldenbremse geboten, zu überlegen, wie viel Geld eingesetzt werden kann. Aus den Summen können Sie erschließen, dass das ein Schwerpunkt für uns ist. Den wol
len wir auch in den nächsten Jahren beibehalten. Für nächstes Jahr bedeutet das übrigens, dass wir alles in allem in der Spitze bis zu 155 Millionen € für Wohnraumförderung einsetzen können.
Ich finde, es ist ein gutes Signal, dass wir hier tatsächlich unserer Verantwortung gerecht werden, und wir hoffen, dass wir viele Wohnungsbaugesellschaften und viele Kommunen finden, die mittun, im urbanen Raum zusätzliche Wohnungen zu bauen, damit die Menschen dort bezahlbare Wohnungen finden werden.
Wir haben die Richtlinien zur Förderung studentischen Wohnraums aufgrund der Änderung des Gesetzes jetzt in Kraft gesetzt. Da geben wir 10 Millionen € Zuschuss und 75 Millionen € zinsgünstige Darlehen allein für studentischen Wohnraum. Ich finde, das ist gut angelegtes Geld, weil wir in Hessen davon profitieren, dass wir viele Studierende haben. Wir können und wollen die Kommunen damit aber nicht alleinlassen. Es ist gut, wenn die Studierenden bei uns studieren, schließlich bleiben sie nach dem Studium sehr oft in Hessen. Das ist für unsere Zukunft sinnvoll, weil es wiederum zur Wertschöpfung beiträgt.
Die Richtlinien für die Förderung von Wohnraum für den Mittelstand, d. h. für die Polizistin und den Erzieher, wie es so schön heißt, befinden sich bereits in der Anhörung. Diese können Anfang nächsten Jahres in Kraft gesetzt werden, sodass wir auch hier mit der Förderung beginnen können. Das ist dann komplementär mit dem Programm zu koppeln, das in Frankfurt schon aufgelegt wurde. Ich glaube, dass es gerade für die Großstadt Frankfurt zu neuen Erleichterungen führen wird.
Wir haben für dieses und nächstes Jahr Belegrechte im Wert von 5 Millionen € für 680 Wohnungen – natürlich vorrangig im Ballungsraum – gekauft. Auch das ist eine eklatant hohe Summe.
Ich bin froh darüber, dass wir dieses Programm wieder aufgelegt haben und dass sich auch die Nassauische Heimstätte – weil das angesprochen wurde – daran beteiligt und Belegrechte erworben hat; denn damit steuern wir die Politik der Nassauischen Heimstätte um, die eigentlich schon zum Verkauf freigegeben war.
Es ist aus meiner Sicht als Aufsichtsratsvorsitzende völlig klar: Die Nassauische Heimstätte muss eine Politik fahren, die zum Ziel hat, gerade im Ballungsraum sozialen Wohnraum zu fördern, über Belegrechte zu verfügen und Menschen mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Das sind der Auftrag und die Aufgabe der Nassauischen Heimstätte, und daran werden auch die Politik und die Strategie der Nassauischen Heimstätte in den nächsten Jahren ausgerichtet.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Vizepräsident Wolf- gang Greilich übernimmt den Vorsitz.)
Aber – da ich gerade bei dem Thema bin – die Nassauische Heimstätte verfolgt auch bei den nicht gebundenen Wohnbeständen eine maßvolle Mietenpolitik. Auch das ist wichtig. Wir können nicht nur Sozialwohnungen im Bestand
der NH haben, sondern es muss auch frei finanzierter Mietwohnungsbau dazugehören. Auch hier ist es so: Die NH bleibt mit den Mietpreissteigerungen von 1,8 % pro Jahr unter dem Betrag, der seitens des Bundes als Mietpreisbremse geplant wird. Sie liegt mit ihren Mieten von 6,15 €/m² in Frankfurt noch unter den Vergleichsmieten im Quartier. Auch das ist eine gute Politik.
Wir brauchen natürlich auch Mieten, die dazu beitragen, dass man wieder in die Instandhaltung investieren kann. Aber die Mietpolitik muss so maßvoll sein, dass auch Menschen mit normalem Einkommen bei der Nassauischen Heimstätte Wohnungen finden können.
Dies ist und bleibt ein Beitrag zur Beseitigung des Wohnungsmangels. Es ist klar, das ist unser Hauptziel: Förderung und Bau bezahlbarer Wohnungen.
Aber – damit komme ich zu der anderen Seite – wir müssen natürlich auch Mietpreispolitik betreiben. Mit der Kappungsgrenze haben wir jetzt in Hessen ein Instrument eingeführt, das ich für richtig halte: Wir haben 29 hessische Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten in die Kappungsgrenzenverordnung aufgenommen.
Herr Schaus, es ist richtig, wie wir mit der Studie umgehen: dass wir sie erst einmal als Material für uns nehmen, um unsere Verordnung zu bearbeiten; denn wir stehen in der Pflicht, eine Verordnung so rechtssicher zu machen, dass sie nicht bei der ersten Klage umfällt.