Protokoll der Sitzung vom 04.02.2015

Ich beziehe mich ausdrücklich auf Herrn Kaufmann, der gesagt hat – anders übrigens als die GRÜNEN auf der Bundesebene –, dieser Brief habe keine rechtliche Relevanz.

(Holger Bellino (CDU): Da hat er recht!)

Da hat er recht. – Dann frage ich Sie, wie Sie mit Urteilen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs in Kassel umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Lesen Sie das Zwischenurteil nach.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben wir!)

Das Zwischenurteil bezog sich auf die Frage, ob RWE überhaupt klagen kann; denn die Sache war schon erledigt. Klagen kann die RWE Power AG nur, wenn sie glaubhaft

und für das Gericht überzeugend nachweisen kann, dass die Klage eine Grundlage hat, auf der sie später Schadenersatzansprüche geltend machen kann.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schmitt, kommen Sie zum Schluss.

Das steht in dem Zwischenurteil. Es ist unter Punkt 3 unseres Antrags zitiert. Natürlich hat dieser Brief eine rechtliche Relevanz. Er war die Grundlage dafür, dass RWE überhaupt antreten konnte, um einen Schadenersatzanspruch für diesen Zeitraum anzumelden.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Zur Erwiderung hat Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, das Wort.

Verehrter Herr Kollege Schmitt, im Gegensatz zu Ihnen habe ich keine juristischen Staatsexamen abgelegt. Trotzdem kenne ich in diesem Punkt die Rechtslage offenkundig besser als Sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Das ist auch nicht schwer!)

„Das ist auch nicht schwer“, sagt der Kollege. – Sie lagen wieder einmal scharf daneben mit der Behauptung, man habe das Gericht überzeugen müssen, dass ein Schadenersatz möglich ist. Das ist falsch. Das Zwischenurteil, dass das umgewandelt werden kann – das ist eine Fortsetzungsfeststellungsklage –, setzt nur voraus, es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es einen Schadenersatzanspruch gibt. Dafür hat das Gericht mehrere Gründe genannt – lesen Sie die Randnummern im Zwischenurteil nach –, unter anderem die Tatsache, dass es Korrespondenz gibt.

(René Rock (FDP): Aha!)

Verehrter Kollege Rock, die Tatsache, dass es Korrespondenz gibt, zeigt, da bemüht sich jemand. Damit hat er bereits Interesse an dem Thema bekundet. Das reicht schon. Ob, in welcher Form und auf welcher Grundlage gegebenenfalls Schadenersatz gewährt wird, klären nur die Zivilgerichte. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hält sich davon fern. Das war schon immer so, und das wird auch immer so bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schmitt, an dieser Stelle versuchen Sie einmal mehr wider besseres Wissen, uns etwas unterzujubeln. Das wird Ihnen aber nicht gelingen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Kollege Rock, FDPFraktion.

(Holger Bellino (CDU): Erzähl mal, wie die FDPFraktion das damals gesehen hat!)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde kurz auf Herrn Kaufmann eingehen. Herr Kaufmann, Sie sagen, die SPD habe kleinkariert argumentiert und das große Ganze aus dem Auge verloren. Herr Kaufmann, ich glaube, es gibt kaum jemanden im Hessischen Landtag, der so wie Sie für das kleine Karo steht. Darum irritiert mich dieser Ausspruch.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Kaufmann, wenn man den Blick nach oben richtet und nur noch auf das Große schaut, sieht man vielleicht die konkreten Tatsachen nicht mehr. Auch das erklärt ein bisschen, was Sie uns heute hier zum Teil vorgetragen haben.

Herr Ministerpräsident Bouffier, für mich und für meine Fraktion möchte ich aber ganz klar sagen, die Vokabeln „niederträchtig“ und „ehrabschneidend“ gehören nicht zu denen, die wir von der FDP-Fraktion hier verwenden werden. Wir finden das für den Hessischen Landtag nicht angemessen.

(Beifall bei der FDP – Holger Bellino (CDU): Ihr seid auch nicht betroffen!)

Für mich persönlich möchte ich auch ausdrücklich sagen, ich habe Sie in der letzten Legislaturperiode zum Ministerpräsidenten gewählt. Das hätte ich nicht getan, wenn ich bei Ihnen von der Verwendung solcher Vokabeln ausgegangen wäre.

(Holger Bellino (CDU): Was die Opposition macht, ist in Ordnung, ja?)

Das gilt für die gesamte FDP-Fraktion in diesem Haus.

(Beifall bei der FDP)

Dennoch müssen wir uns jetzt auch mit den Tatsachen auseinandersetzen. Herr Ministerpräsident Bouffier, als Sie ans Pult getreten sind, habe ich erwartet, dass Sie uns ganz konkret erläutern, warum dieser Brief geschrieben worden ist. Diese Erläuterung ist für mich nicht ausreichend gewesen. Das muss ich hier eindeutig hinterlegen.

(Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, was wir bis jetzt im Untersuchungsausschuss erlebt haben. Ich glaube, da stimmen gerade auch diejenigen zu, die schon häufiger in Untersuchungsausschüssen in Hessen gesessen haben: Was wir dort erlebt haben, war sehr überraschend. Wir müssen uns damit abfinden, dass wir in Hessen in einer rechtlich schwierigen Situation mit erheblichen Folgen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen, ein sicherlich einzigartiges Vorgehen erlebt haben: Wichtige Entscheidungen wurden von der Fachabteilung abgelehnt, wir haben ein sogenanntes Schreibbüro installiert, und wir müssen feststellen, dass – ich will einmal sagen – Warnungen, die aus anderen Ministerien vorgebracht wurden, ignoriert worden sind.

Wir können angesichts dessen, mit welcher Begründung das passiert ist, nur den Kopf schütteln, wenn wir die Aussagen ernst nehmen, die dort in öffentlicher Sitzung gemacht worden sind.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Man erfährt dort, dass Stellungnahmen und Vermerke aus anderen Ministerien weggeschmissen worden sind. So etwas habe ich mir als Abgeordneter im Hessischen Landtag in dieser Art nicht vorstellen können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD – Günter Rudolph (SPD): Das ist normales Verwaltungshandeln, wie wir gehört haben!)

Auch die Erklärungen, warum man klare Fehler wie das Nichtdurchführen einer Anhörung nicht einfach geheilt hat, kann ich nicht nachvollziehen. Wir wissen, dass das Nichtdurchführen der Anhörung in dem rechtlichen Prozess eine wichtige Rolle gespielt hat und dass es wegen dieser nicht durchgeführten Anhörung keine nachhaltige Überprüfung des Urteils gegeben hat. Auch das kann ich nicht nachvollziehen. Dazu werden wir im Untersuchungsausschuss noch viele Fragen stellen.

(Beifall bei der FDP – Holger Bellino (CDU): Da gehört das auch hin!)

Die Fragen, die dort gestellt werden, und vor allem die Antworten, die dort gegeben werden – Herr Ministerpräsident, auch von Ihnen –, werden wir dann bewerten. Wir werden unser Urteil darüber fällen, wie wir das als Fraktion bewerten sollen. Darum kann ich schon vorwegnehmen, dass wir dem Punkt 2 des Antrags der SPD nicht zustimmen können; dort wird im Endeffekt aus unserer Sicht schon ein Aspekt vorweggenommen, in dessen Beurteilung wir noch viel Arbeit investieren wollen und werden.

(Beifall bei der FDP)

Aber, Herr Bouffier, wenn Sie einen Brief schreiben, hat das eine gewisse Relevanz. Ich glaube, darauf legen Sie als Ministerpräsident Wert.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Auch wenn der Brief, den Sie geschrieben haben, nur zehn Zeilen und nur 105 Worte umfasst, kann jedes dieser Worte den Steuerzahler bis zu 2,2 Millionen € kosten. Ein solcher Brief besitzt Relevanz.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

In diesem Brief haben Sie sich auf Anfrage eines der in dem Prozess Beteiligten zu einem hochpolitischen Vorgang geäußert. Das ist eine nicht alltägliche politische Handlung. Auch diesbezüglich werden Sie mir Recht geben.

(Zurufe von der SPD)

Das erfordert gezielte Nachfragen sowie eine sehr gute und sehr glaubhafte Erklärung, die Sie hoffentlich im Ausschuss abgeben werden. Ich kann nur feststellen – auch da möchte ich Herrn Kaufmann widersprechen –: Natürlich ist das Zwischenurteil von Herrn Schmitt ins Gespräch gebracht worden, und natürlich ist dieser Brief von Herrn Bouffier ein Grund dafür, warum das Zwischenurteil zu diesem Ergebnis gekommen ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)