Liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, wenn Sie der Meinung sind, dass die Landesregierung von CDU und FDP seinerzeit nicht rechtens gehandelt hat, dann frage ich Sie: Warum hat dann niemand geklagt? Warum haben Sie keine Klage angestrebt? – Auf so einer Grundlage zu sagen, man müsse die Genehmigung sofort widerrufen, dem kann man nur erwidern: Das gefährdet tatsächlich die Arbeitsplätze und das Unternehmen Kali + Salz in der Region. Darum werden wir Ihrem Antrag mit Sicherheit nicht zustimmen.
Frau Kollegin, die Erkenntnisse des HLUG sind auch nicht so ganz furchtbar neu. Wir als CDU und FDP haben in unserer Zeit der Regierungsverantwortung immer gesagt, dass die Einleitung bis 2015 gilt und danach Schluss sein muss. Wir hatten seinerzeit auch schon mit den Problemen zu tun, dass die Voraussetzungen, die für die Versenkung galten, hoch waren – die rechtlichen Grundlagen waren genau die gleichen. Wir wussten, dass die Kapazität im Plattendolomit ausgeschöpft war. Darum hat das Unternehmen durchaus ein Interesse daran gehabt, zu prüfen, ob man die versenkten Haldenwässer nicht wieder herauspumpen und bei Bedarf wieder hineinpumpen kann. Das hat damals die Landesregierung abgelehnt. Wir hatten Fälle von Austritten auf landwirtschaftlichen Flächen. Deswegen haben CDU und FDP seinerzeit ganz deutlich gesagt: Bis 2015, danach ist Schluss.
Dass nun der Vier-Phasen-Plan, der bis 2070 gelten soll, einige Schwachstellen aufweist, das war uns schon klar. Das war uns schon klar, als Frau Staatsministerin Hinz uns das vorgestellt hat. Es ist vor allem die Schwachstelle, dass es zu einer weiteren Einleitung als Übergangslösung kommen muss. Da ist aber weiterhin die Schwachstelle, dass man sich vorher überhaupt nicht mit den Anrainerländern abgestimmt hat.
Ich hätte schon erwartet, dass die Frau Staatsministerin sich mit ihren Kollegen – nicht wenige teilen das gleiche Parteibuch – abgestimmt hätte, bevor sie mit einem sehr ambitionierten Vier-Phasen-Plan an die Öffentlichkeit geht, den Landtag damit beschäftigt und dann wieder kleine Brötchen backen muss. Das ist schon ein bisschen enttäuschend.
Jetzt zu dem Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. In Punkt 5 schreiben Sie, wir als Landtag sollten bedauern, dass das Unternehmen K+S Klage eingereicht hat.
Meine Damen und Herren, seit wann bedauert ein Parlament, dass ein Unternehmen seine Rechtsmittel ausnutzt, die ein anderes Parlament ihm gegeben hat? An der Stelle werden wir mit Sicherheit niemals zustimmen können.
Frau Erfurth, das dann hier auch noch zu zitieren und bewusst in den Antrag hineinzuschreiben, das finde ich schon ein Stück weit absurd.
(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Günter Rudolph (SPD): Baurecht ist keine Baupflicht!)
Aber, meine Damen und Herren von CDU und GRÜNEN, neben Ihrem Vier-Phasen-Plan fehlt mir noch etwas Entscheidendes: ein Plan B. Was ist denn, wenn Kali + Salz die Unterlagen tatsächlich nicht vollständig und rechtzeitig vorlegen kann? Was ist denn, wenn eben nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, dass eine Gefährdung von Grundwasser ausgeschlossen ist? Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Sie setzen alles auf eine Karte.
In Punkt 3 und Punkt 4 Ihres Antrags stellen Sie fest, dass das Regierungspräsidium quasi Überwachungs- und Genehmigungsbehörde ist; darauf hat auch Frau Erfurth in ihrer Rede hingewiesen. Wir kennen es durchaus, dass man so etwas hineinformuliert. Das macht man immer, wenn man die Verantwortung auf eine andere Ebene schieben will. Das Regierungspräsidium ist aber nun einmal Teil der Landesregierung, und damit liegen auch die Überwachung und die Genehmigung in der Verantwortung der Landesregierung. Den Eindruck zu erwecken, das sei jetzt allein Sache des Regierungspräsidenten, und die Landesregierung hätte damit nichts am Hut, das ist ein Ablenkungsmanöver und wird mit Sicherheit nicht unsere Zustimmung finden.
Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung muss neben der Versenkung auch eine zweite Möglichkeit geprüft werden. Sonst gefährden wir am Ende tatsächlich die Arbeitsplätze und das Unternehmen mit seinen Standorten in Hessen und an der Werra. Ich bin ja froh, dass Frau Ministerin Hinz z. B. die Abdeckung der Halden wieder ins Gespräch gebracht hat, die ihre Vorgänger quasi schon abgelehnt hatten.
Nein. Wir haben ja bestimmt noch Gelegenheit in einer zweiten Runde. – Meine Damen und Herren, wir haben nach wie vor die Möglichkeit – das ist überhaupt noch nicht ins Gespräch gebracht worden – der Einleitung von Haldenwässern für eine Übergangszeit – das will ich durchaus betonen – in stillgelegte Bergwerke z. B. in Niedersachsen oder des Abtransports über die Schiene und einer Verklappung auf See. Das Verfahren der Eindampfung, wie DIE LINKE es immer vorschlägt, hat sicherlich keine große Zukunft. Aber das vonseiten dieses Hauses, besonders seitens der Landesregierung, grundsätzlich als nicht machbar darzustellen, ist sicherlich auch nicht richtig.
Auch was die Änderung des Bewirtschaftungsplans für die Werra angeht, fehlt mir jegliche Erkenntnis, dass die Landesregierung aktiv wird. Die Pipeline bis zur Oberweser ist immer noch eine Möglichkeit. Aber was ist denn mit den Stapelbecken? Wie groß müssen die Stapelbecken sein? Wo sollen sie hin? Wie sehen sie aus? Meine Damen und Herren, die Menschen in der Region Nordhessen haben ein
Bisher macht es sich die Landesregierung ziemlich einfach. Sie überlassen jegliche Initiative dem Unternehmen und verweisen dann noch auf den Regierungspräsidenten. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als insgesamt rund 7.500 Arbeitsplätze, die in der Region Nordhessen von Kali + Salz und deren Produktion abhängig sind. Es geht um die Verantwortung, die eine Landesregierung hat, die ein Wirtschaftminister hat, die eine Umweltministerin hat, die ein Ministerpräsident hat. Was ist denn mit den Reiseaktivitäten hin zur EU, nach Berlin, nach Niedersachsen in Sachen Kali + Salz? Meine Damen und Herren, die Landesregierung tut viel zu wenig aus Eigeninitiative und verlässt sich allein auf das, was das Unternehmen macht. Aktive Wirtschaftspolitik sieht anders aus.
Sehr geehrter Herr Präsident! Die Abwasserproblematik des Kaliherstellers K+S beschäftigte den Hessischen Landtag bereits mehrfach, und ich prognostiziere, sie wird es auch in Zukunft tun. Einerseits gilt es, Tausende von Arbeitsplätzen in Osthessen zu erhalten. So hängen allein am Verbundwerk Werra rund 7.500 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. 220 Millionen € hat das Werk im Jahr 2012 an Lohnsumme an die Beschäftigten gezahlt. Das sind Größenordnungen, die es wert sind, darüber intensiv zu diskutieren.
Andererseits müssen die berechtigten Interessen nach sauberen Flüssen, nach Schutz unseres Grund- und Trinkwassers gewährleistet werden. Für die SPD-Fraktion kann ich feststellen, dass wir uns auf einem schmalen Grat bewegen. Ich kann ebenso feststellen, dass keine Fraktion hier im Hause leichtfertig mit dem Thema umgeht. Das Thema eignet sich nicht für scharfe Debatten. Hier ist eher Kammerton angesagt, Frau Kollegin Schott.
Ich will für meine Fraktion deutlich machen, dass wir in erster Linie Kali + Salz in der Verantwortung sehen, dass die umweltrechtlichen Vorgaben bei der Förderung, bei der Produktion und auch bei der Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Hier muss man als Umweltpolitiker ganz nüchtern feststellen, dass sich in den letzten Jahren einiges deutlich verbessert hat. So hat K+S im Jahr 2008 ein Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz auf den Weg gebracht, mit dem bis Ende 2015 gegenüber 2006 eine Halbierung der Salzabwassermengen auf rund 7 Millionen m³ pro Jahr erzielt wird. Das muss man anerkennen.
Klar ist aber auch, dass Kali + Salz trotz der zahlreichen Maßnahmen noch weit von den EU-Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie entfernt ist. Der Konzern hat jahrelang auf Zeit gespielt. So lagen z. B. zwischen dem Abschlussbericht des runden Tisches und den ersten Anträgen auf eine Nordsee-Pipeline allein vier Jahre, in denen relativ
wenig passiert ist. Dass aber Kali + Salz auf Zeit spielen konnte, lag auch daran, dass sich die CDU-Umweltminister der letzten 15 Jahre nur unzureichend um eine langfristige Lösung gekümmert haben.
Dietzel, Lautenschläger und Puttrich haben durch Nichtstun geglänzt. Sie tragen die Hauptverantwortung dafür, dass wir jetzt einen gordischen Knoten vor uns haben, den es zu durchschlagen gilt.
Frau Hinz, wir beneiden Sie nicht darum, dass Sie das Scherbengericht Ihrer Vorgänger beseitigen müssen. In den letzten Jahren haben sich da viel Misstrauen und sehr viel Verärgerung breitgemacht. Das Verständnis aller werden Sie nie erreichen, Frau Hinz. Aber um wenigstens die Akzeptanz vieler zu erreichen, müssen die Menschen davon überzeugt sein, dass transparent gehandelt wurde. Das ist leider auch bei Ihnen nicht immer der Fall.
Bis zum heutigen Tag kennen wir z. B. nur ein vierseitiges Eckpunktepapier zu dem mit Ihnen in Aushandlung befindlichen K+S-Vier-Phasen-Plan. Dieses Eckpunktepapier lässt noch die eine oder andere Frage offen. Sie haben angekündigt, dass Sie erst endverhandeln werden, wenn sich die Flussgebietsgemeinschaft Weser auf das Salzkapitel des Bewirtschaftungsplans verständigt hat. Nach unseren Informationen soll das bis Ende März dieses Jahres geschehen. Hier sehe ich bisher noch nicht, wie Einigkeit zwischen den Umweltministern der angrenzenden Bundesländer erreicht werden kann, übrigens alles Parteifreunde von Ihnen, Frau Hinz. Eine endgültige politische Bewertung des Vier-Phasen-Plans können wir erst dann vornehmen, wenn er vollständig vorliegt. Ein Eckpunktepapier reicht uns für eine finale Bewertung nicht aus.
Auch was den „Spiegel“-Bericht von vor 14 Tagen angeht, in dem über die aktuelle Versenkerlaubnis berichtet wurde, hätte ich mir von Ihnen bzw. von Ihrem Ministerium etwas mehr Transparenz gewünscht, Frau Hinz. Zwei Tage vor dem Erscheinen der „Spiegel“-Geschichte hatten wir das Thema Versenkerlaubnis im Umweltausschuss – kein Ton aus Ihrem Hause zu dem kritischen Gutachten des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie und auch kein Ton dazu, dass vor dem Verwaltungsgericht die Herausgabe des HLUG-Gutachtens erfolgreich eingeklagt wurde. Frau Hinz, Sie sind ja auch langjährige Parlamentarierin. Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen wäre, wenn Sie zwei Tage vor einem solchen Artikel eine Diskussion im Fachausschuss gehabt und da Fragen gestellt hätten, die Ministeriumsspitze aber nicht ausführlich alles gesagt hätte, sondern Sie das zwei Tage später im „Spiegel“ hätten lesen müssen. Ich glaube, da ist einiges schiefgelaufen. Das muss man so sagen.
Sie waren leider in persona krank, das gehört auch zur Wahrheit dazu. Vielleicht hat es innerhalb Ihres Hauses Kommunikationsschwierigkeiten gegeben, das würde ich Ihnen persönlich zugutehalten. Aber dass da alles suboptimal gelaufen ist, das können Sie, glaube ich, eingestehen.
Auch bei dem Obleutegespräch, zu dem Sie auf unsere Bitte hin kurz nach Erscheinen des „Spiegel“-Artikels eingeladen haben, hat zwar Ihre Vertreterin, Frau Staatssekretärin Tappeser, einen Vertreter Ihres Hauses und einen Vertreter des Regierungspräsidiums Kassel mit eingeladen, aber ein Experte des HLUG durfte sich nicht zu den kriti
schen Gutachten äußern. Es war keiner vertreten, Sie haben leider keinen mitgebracht. Ich hätte es gut gefunden, wenn wir als Fachausschuss auch da direkt mit der Ihnen unterstehenden Fachbehörde hätten reden können. Das wäre das gewesen, was man unter Transparenz versteht. So frage ich mich, wie Sie das für den weiteren Prozess nötige Vertrauen gewinnen wollen, wenn es hier schon an der einen oder anderen Stelle etwas hapert.
Den Vorwurf der mangelnden Transparenz richte ich aber auch an K+S. Dass das Unternehmen ein Veto gegen die Akteneinsicht der Gemeinde Gerstungen nach Hessischem Umweltinformationsgesetz eingelegt hat, macht misstrauisch und öffnet natürlich auch dem einen oder anderen Verschwörungstheoretiker Tür und Tor. Ich kann K+S nur den guten Rat geben, künftig deutlicher und offener zu kommunizieren. Das ist der Schlüssel, den wir brauchen.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dirk Landau (CDU))
Inhaltlich wurde beim Obleutegespräch der Schwarze Peter vom Umweltministerium an das Regierungspräsidium weitergeschoben. Dieses werde Anfang März entscheiden, ob die aktuelle, bis 2015 gültige Versenkerlaubnis für Salzabwässer in Plattendolomit widerrufen werden kann. Das Regierungspräsidium wird dies auf der Grundlage mehrerer Gutachten und einer Probebohrung machen.
Für die SPD-Fraktion sage ich deutlich, dass wir davon ausgehen, dass das Regierungspräsidium Kassel dies allein auf der Grundlage fachlich-wissenschaftlicher Daten und ohne Druck – egal, von welcher Seite – entscheiden wird. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, dass hier am Ende des Tages fachlich-wissenschaftlich entschieden werden muss und es weder politischen Druck noch Druck von Unternehmensseite geben darf, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Weiter stelle ich für die SPD-Fraktion fest, dass eine weitere Versenkung nur dann erlaubt werden kann, wenn der Trinkwasserschutz gewährleistet ist. Eine zeitlich eng befristete weitere Versenkung von deutlich geringeren Abwassermengen als bisher über den November hinaus muss wasserrechtlich verantwortbar sein. Die zwingende Voraussetzung dafür ist das Vorliegen des sogenannten 3-DGrundwassermodells. Dieser Antrag ist von K+S für April angekündigt. Auch hierüber entscheiden allein die Fachleute der Genehmigungsbehörde – und nicht die Ministerin mit K+S im Rahmen ihres Vier-Phasen-Plans, aber darüber besteht ja auch Einigkeit.
Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung. Ein 20 bis 25 ha großes Abwasserbecken im Reinhardswald im Landkreis Kassel ist vor Ort nicht vermittelbar und hätte mit Sicherheit einen langwierigen Rechtsstreit zur Folge. Es muss daher eine Lösung gefunden werden, bei der nicht die hessischen Regionen gegeneinander ausgespielt werden und am Ende ein Kompromiss zulasten der Menschen in der Nordspitze Hessens gefunden wird.
In der Vergangenheit haben wir viele Beschlüsse zur Abwasserproblematik im Zusammenhang mit K+S weitestgehend einvernehmlich getroffen. Mein Appell an alle Fraktionen dieses Hauses lautet: Lassen Sie uns versuchen, alles zu unternehmen, dahin zurückzukommen, wohl wis