Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

(Janine Wissler (DIE LINKE): Natürlich!)

Wo war denn heute die Erklärung, dass kein Mitglied Ihrer Partei damit etwas zu tun hatte?

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das haben wir mehrfach gesagt!)

Frau Kollegin Wissler, im Gegenteil. Sie versuchen es jetzt auf eine gesellschaftspolitische Debattenebene zu bringen. Und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch als Demokraten – das teile ich mit vielen Vorrednern, da ist vieles Richtige gesagt worden – dürfen wir nicht zulassen, dass die Meinungsfreiheit missbraucht wird, um hier eine Plattform für Gewalt zu bieten.

Ich frage einmal, was eigentlich Blockupy ist. Da haben viele Verantwortung getragen. Blockupy hat schon Monate vor der Veranstaltung angekündigt, dass das, was wir letzte

Woche erlebt haben, passieren wird. Die Diktion der Aufrufe im Herbst des letzten Jahres waren klar. Da wurde gesagt: Im Frühjahr des nächsten Jahres geht es erst richtig los.

Man kann es nachvollziehen, wenn man liest, was im Netz, in Zeitungen, aber auch auf den Blockupy-Seiten zu finden ist. Es war völlig klar, dass friedliche Meinungsäußerung nie der Inhalt war. Deshalb muss sich doch auch derjenige, der eine solche Veranstaltung anmeldet, mit dem auseinandersetzen, was vorher gesagt worden ist.

Herr Wilken, Sie wussten, was passiert. Sie haben es billigend in Kauf genommen. Das ist die nette Formulierung, die man treffen kann. Man könnte auch eine andere treffen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb muss jeder, der bei Blockupy mitmacht, wissen, dass das anscheinend kein friedliches Bündnis ist, sondern eine Organisation, die Gewalt definitiv nicht ausschließt.

Herr Kollege Frömmrich, Sie haben viel Richtiges gesagt. Viel davon kann ich teilen. Sie haben sich an die LINKEN gewandt. Das geht dann aber auch an die GRÜNEN. Frau Werthwein, Bundesvorstand der Grünen Jugend, sagte:

Diese Wut ist jetzt auch in Frankfurt angekommen,

die in Europa durch die Verarmungspolitik der Europäischen Zentralbank entstanden sei. Was heißt denn „diese Wut“? Legitimiert das?

Etwas Zweites hat mich wirklich schockiert. Herr Al-Wazir redet für die Landesregierung. Man kann da Weiteres recherchieren. Aber ich will nur ein Beispiel nennen. Das ist die Aussage des grünen Ratsherrn Karsten Finke in einem Blog, den er zu den Krawallen in Frankfurt geschrieben hat. Ich zitiere jetzt.

(Michael Boddenberg (CDU): Wer ist das denn?)

Das ist ein Ratsherr der GRÜNEN in Bochum. Der ist immerhin ein Stadtverordneter und ein Magistratsmitglied. Er sagt – ich zitiere wörtlich aus dem Blog, das ist auch nicht dementiert worden –:

Das sind doch nur brennende Autos; beruhigt euch mal wieder.

Ihn wundere es immer wieder, wie die Deutschen ausrasteten, wenn hier ein Pkw angezündet werde. Das könne auch etwas mit dem Autofetischismus der Deutschen zu tun haben.

(Zuruf: Verwirrte gibt es auch bei uns!)

Herr Kollege Al-Wazir, ich wäre dankbar, wenn Sie gleich für die Landesregierung sagen würden, dass Sie mit solchen Leuten nichts zu tun haben wollen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn es scheint auch in Ihrer Partei da ein Problem zu geben. Ich wäre sehr dankbar, wenn Sie das machen würden. Denn die Parteien, die auf der linken Seite dieses Parlaments sind – ich würde sagen, dazu gehören die GRÜNEN –, müssen sich definitiv von dieser Gewalt distanzieren. Ich wäre dankbar, wenn Sie das heute für die Landesregierung von dieser Stelle aus tun würden.

Ich möchte einen weiteren Satz nennen, der mich schockiert hat. Herr Wagner, ich sage Ihnen ganz offen: Er

hat mich wirklich schockiert, weil er die Nähe zur Gewalt zeigt. Das ist der Satz des Herrn Finke:

Bei Wasserwerfern, Tränengas und Knüppelorgien durch die Polizei wächst die Verzweiflung doch noch mehr. Da muss man sich nicht wundern.

Das ist eben genau diese Theorie, die nach dem Motto angebracht wird: Die Polizei hat eigentlich dafür gesorgt, dass das, was in Frankfurt entstanden ist, so eskaliert ist. – Gegen diese Theorie, die von der linken Seite immer wieder vorgetragen wird, müssen sich die Demokraten wenden. Wir dürfen nicht zulassen, dass der Polizei jetzt der Schwarze Peter in die Schuhe geschoben wird. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU)

Herr Innenminister, ich will das noch einmal ausdrücklich sagen: Das, was unsere Polizei an diesem Tag gemacht hat, ist mit Hochachtung zu bewerten. Sie hat ihre Köpfe dafür hingehalten, dass in Frankfurt nicht noch Schlimmeres passiert.

Ich glaube aber, dass man definitiv über die Frage diskutieren muss, ob die Deeskalationsstrategie bei einer Gruppe von Leuten wie dem schwarzen Block, die definitiv nicht an einem Dialog interessiert sind, die richtige ist. Die alte Strategie, die wir unter Innenminister Bouffier immer wieder vernommen haben und die wir als Freie Demokraten in der Koalition auch mitgetragen haben, dass die Straße nicht den Krawallmachern überlassen werden darf, sondern dass die Polizei immer die Hoheit über die Straße haben muss, ist letzte Woche nicht aufgegangen. Vielmehr hatten die Krawallmacher die Hoheit über die Straße. Sie hatten die Hoheit hinsichtlich der Frage, ob man noch sicher von A nach B kommt. Definitiv hatte man kaum eine Chance, wenn man wirklich im Zentrum dieser Gewalt war.

So etwas darf es in Hessen nicht mehr geben. Herr Kollege Boddenberg, es ist meine Theorie, dass die Deeskalation der hoheitlichen staatlichen Gewalt Krawallmacher möglicherweise geradezu einlädt, weil wir anscheinend nicht klar genug gerade für diese bestimmte Gruppe Flagge zeigen.

Wir haben letztes Jahr intensiv über die Frage des Kessels diskutiert. Dieser Kessel wurde von vielen deshalb kritisiert, weil dort unschuldige Bürgerinnen und Bürger, auch Journalisten, eingekesselt und der Freiheit beraubt waren. Ich glaube aber, dass dieses polizeiliche Instrument ein legitimes Mittel bei einer solchen Gruppe wie dem schwarzen Block ist. Wir dürfen es nicht zulassen, dass die sich auf der Straße frei bewegen und Schrecken und Angst in Hessen und Frankfurt, in unserer Metropole, letztendlich verursachen. Deshalb muss über diese Frage wenigstens diskutiert werden dürfen, nämlich über die, ob für diese spezielle Gruppe diese Strategie richtig war.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage das gerne noch einmal: Ich will in Hessen keine Willkommenskultur für den schwarzen Block. Herr Kollege Boddenberg, ich möchte nicht, dass wir in Hessen Zustände wie in Hannover bekommen. Dort gibt es möglicherweise den Eindruck, wir würden sie jedes Jahr quasi einladen, hier wieder Krawall zu machen und alles kurz und klein zu schlagen. Diese Situation darf es mit Sicherheit nicht geben.

Deshalb kann ich für die FDP und die Freien Demokraten dieses Hauses nur sagen: Wir werden mit Hochachtung diejenigen unterstützen, die für Recht und Ordnung auf den Straßen kämpfen. Das sind unsere Polizisten. Aber wir werden auch mit den politisch Verantwortlichen diskutieren – das ist mehr als nur legitim –, ob das, was hier gemacht wird, auch richtig ist.

Mein letzter Punkt. Herr Kollege van Ooyen, ich erwarte heute von Ihnen endlich einmal Klartext hinsichtlich der Frage, welche Rolle Ihre Mitglieder spielen. Wenn Sie dort schwarze Schafe haben, ist es Ihre Aufgabe, sie auszusortieren. Das ist nicht unsere Aufgabe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Rentsch, vielen Dank. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Abg. Frömmrich gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will auf das eingehen, was Herr Kollege Rentsch gerade hier vorgetragen hat. Herr Kollege Rentsch, ich finde es eigentlich bedauerlich. Wir sind in einer Situation, in der es denjenigen, die dem demokratischen Teil dieses Parlaments angehören, gut ansteht, sich ganz klar und eindeutig gegen Gewalt und gegen diese Gewaltexzesse zu verwahren. Herr Kollege, ich glaube, es würde uns gut anstehen, das als Demokraten gemeinsam zu tun. Wir sollten keine parteipolitischen Ränkespielchen machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Ich glaube, dass man auch deutlich sagen muss, dass es in allen Parteien Leute gibt, die man als Spinner bezeichnen kann. Die gibt es nun einmal.

Wenn Sie recherchiert haben, was dieser Ratsherr, der im Übrigen aus Nordrhein-Westfalen ist, gesagt hat, dann haben Sie auch recherchiert, dass er mittlerweile sein Mandat los ist. Er ist zurückgetreten. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie auch das hier vortragen, dass er Konsequenzen gezogen hat bzw. gezwungen wurde, Konsequenzen zu ziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Im Übrigen haben wir dem Bundesverband – das sage ich hier ausdrücklich – der Grünen Jugend sehr deutlich signalisiert, was wir von solchen Äußerungen halten. Das ist vollkommen inakzeptabel. Es gibt überhaupt keinen Grund, Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung in irgendeiner Form zu akzeptieren. Das haben wir sehr deutlich und sehr eindringlich in Richtung unseres Bundesverbandes gespiegelt. Herr Kollege Rentsch, darauf können Sie Gift nehmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Kollege Rentsch, Sie haben zwei Minuten zur Erwiderung.

Herr Kollege Frömmrich, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie das gerade noch einmal so klar festgestellt haben. Ich hätte die Sachverhalte auch nicht aufrufen müssen, hätten Sie es proaktiv in Ihrer Rede gesagt.

(Beifall der Abg. René Rock und Jürgen Lenders (FDP) – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich geht es darum, dass man nicht mit dem Finger auf eine Gruppe zeigen kann, wenn man anscheinend eine solche Problematik in der eigenen Partei hat. Sie haben eben gerade zu Recht kritisiert, was in Ihrer Partei los ist. Deshalb ist der heutige Schulterschluss der Demokraten gegen Gewalt auch ein Schulterschluss gegen diejenigen, die solche kruden Auffassungen vertreten. Ich fände es gut, wenn die GRÜNEN die Größe hätten, im Hessischen Landtag zu sagen: Bei uns läuft da einiges schief. Wir müssen einiges korrigieren. – Das wäre der richtige Schritt gewesen.

(Beifall der Abg. René Rock und Jürgen Lenders (FDP) – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mein Gott, müsst ihr es nötig haben!)