Protokoll der Sitzung vom 26.03.2015

(Günter Rudolph (SPD): Den Titel kenne ich!)

Ich kenne das auch. Umgedichtet auf die SPD und den parlamentarischen Geschäftsführer könnte man sagen: „Immer wieder plenardonnerstags!“ Immer wieder plenardonnerstags ist man gefrustet, weil man die Woche – aus der Sicht der Opposition – wieder einmal versenkt hat.

(Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Man hat sie wieder einmal versenkt. Die Aktuelle Stunde ging in die Hose, der Setzpunkt war nichts. Die Regierung hat die Gesetze durchbekommen, die man so stark bekämpft hat. Also: Immer wieder plenardonnerstags ist man gefrustet.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Insofern habe ich ein gewisses Verständnis für dieses Verhalten.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Aber ich möchte sagen, ich habe den Innenminister nicht als belehrend empfunden. Er hat dargelegt, warum er nicht da sein konnte. Ich war, wie viele andere auch, im Innenausschuss, und ich konnte da nicht weg. Der Staatssekretär war dort genauso gebunden. Die mussten dort Rede und Antwort stehen. Diese Sitzung des Innenausschusses wurde auf Wunsch der Opposition einberufen.

(Manfred Pentz (CDU): Ganz genau!)

Er schien für die Opposition notwendig zu sein, aber dann ist es nicht in Ordnung, wenn hier zumindest Teile der Opposition so tun, als sei das ein ungebührliches Verhalten.

(Manfred Pentz (CDU): Ganz genau!)

Das passt hier nicht hin. Aus der Sicht der Opposition aber passt das zum Verlauf dieser Plenarwoche.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bellino. – Es liegen jetzt keine Wortmeldungen mehr vor.

Ich stelle fest, dass diese Aussprache beendet ist. Der Antrag wird, wie vereinbart, zur weiteren Bearbeitung dem Innenausschuss überwiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 59 auf:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamten und zur Änderung wahlrechtlicher Vorschriften – Drucks. 19/1778 zu Drucks. 19/1730 zu Drucks. 19/1222 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Frömmrich. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der SPD und der LINKEN bei Enthaltung der FDP, den Gesetzentwurf in dritter Lesung anzunehmen.

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. – Herr Abg. Bauer, CDU-Fraktion, hat sich zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in dritter Lesung über einen Gesetzentwurf, der aus drei wesentlichen Teilen besteht.

In einem ersten großen Teil sollen wahlrechtliche Bestimmungen aus dem Europarecht, dem Bundesrecht und dem Landesrecht harmonisiert werden. Das war weitestgehend unstreitig, weil es auch für die kommunale Ebene eine Entlastung darstellt. In einem zweiten Teil geht es um die Aufhebung der Altersgrenzen. In dem dritten Teil, dem Hauptteil, geht es um Versorgungsfragen.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, im Rahmen der Umsetzung der im Koalitionsvertrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vereinbarten Vorhaben haben wir einen Gesetzentwurf – ergänzt durch einen Änderungsantrag, der das Ergebnis der Auswertung der Anhörung aufnimmt –, einen ausgewogenen Vorschlag zur Reform kommunaler Gesetze vorgelegt.

Die wichtigsten Neuregelungen werden rechtzeitig zur nächsten Kommunalwahl im März 2016 greifen. Der Hauptpunkt ist eine maßvolle Anpassung der Altersversorgung für kommunale Wahlbeamte. Die bisherige Versorgung für hessische Wahlbeamte war – im Bundesvergleich – großzügig bemessen. Sie wurde schon lange kritisiert, unter anderem vom Bund der Steuerzahler. Im Koalitionsvertrag wurde daher eine Neuregelung vereinbart.

Für alle, die ab März 2016 erstmals in ein kommunales Wahlamt berufen werden, gelten die neuen Versorgungsregeln. Zukünftig wird es ein Ruhegehalt, umgangssprachlich Pension genannt, erst nach mindestens acht Jahren der Ausübung eines kommunalen Wahlamtes geben. Außerdem gilt fortan ein Mindestalter von 55 Jahren für den Bezug des Ruhegehalts und von 50 Jahren für einen Bezug von Ruhegehalt mit Abschlägen. Damit wird die hessische Regelung den Regelungen in anderen Ländern und ebenso der Versorgung anderer Berufsgruppen angepasst.

Eine altersunabhängige Versorgung mit Ruhegehalt sofort nach Ausscheiden aus einem Wahlamt nach nur einer Wahlperiode ist nun nicht mehr möglich. Den Bürgerinnen und Bürgern wäre ein Versorgungsrecht, mit dem etwa ein 30-Jähriger nach nur einer Amtszeit als Bürgermeister eine lebenslange Pension bekäme, nicht mehr zu vermitteln; denn für entsprechende Versorgungen müssen andere Bürger oft ein ganzes Berufsleben lang arbeiten. Wir halten diese Anpassung daher für angemessen.

Das Land lebt jedoch von der Bereitschaft Einzelner, in kommunalen Wahlämtern Verantwortung für die Gemeinschaft zu übernehmen. Deshalb dürfen wir das Wahlamt nicht unattraktiv gestalten. Wir brauchen qualifizierte Wahlbeamte auch aus den Reihen des öffentlichen Dienstes. Auf sie wollen und können wir nicht verzichten. Daher wird jeder, wer seine sichere Stelle im öffentlichen Dienst aufgibt, künftig die Möglichkeit haben, nach seinem Ausscheiden aus dem jeweiligen Wahlamt in den öffentlichen Dienst zurückzukehren.

Ein Übergangsgeld wird insbesondere für jene, die aus der freien Wirtschaft in ein Amt kamen, eine Hilfe sein. Es wurde außerdem beschlossen, allen, die entweder die Voraussetzung Altersgrenze oder Mindestamtsdauer nicht erfüllen, mit Erreichen der Altersgrenze ein verbessertes Altersgeld zu zahlen. Bei einer Amtsdauer von zu geringer Verweilzeit wird eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen. Zudem wird auch dafür gesorgt, dass Menschen, die aus dem Amt ausscheiden und nicht versorgt sind, einen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Zuschusses zu den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen bekommen.

Ich betone noch einmal ausdrücklich, dass für alle, die bereits in kommunale Wahlämter berufen worden sind, selbstverständlich Bestandsschutz gilt, auch im Falle eines Wechsels in ein anderes kommunales Wahlamt.

Die Altersgrenzen für die Wählbarkeit und die Ausübung von Wahlämtern wurden abgeschafft. Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, dass es eine Verknüpfung des passiven Wahlrechts mit der Volljährigkeit geben soll. Ich kann die Debatte hierüber nur bedingt nachvollziehen. Wir legen es in die Hände des Wählers, ob er tatsächlich einen 18-jährigen Bürgermeister haben möchte – das halte ich für eine hypothetische Scheindiskussion – oder ob er auf einen lebenserfahrenen 70-Jährigen zurückgreifen will. Das soll der Wähler, der Souverän, entschei

den. Da brauchen wir als Gesetzgeber keine Vorgaben zu machen.

Wir haben im Gesetzgebungsverfahren außerdem eine Neuregelung für Beamtinnen und Beamten sowie Pensionäre geschaffen, die allen Beihilfeberechtigten eine Rechtsgrundlage dafür bietet, in Zukunft gegen Zahlung eines monatlichen Beitrages im Rahmen der Beihilfe die Wahlleistungen – Chefarztbehandlung und Unterbringung in Zweibettzimmern – zu behalten. Ich denke, die Ausgestaltung und Konkretisierung dieser Möglichkeit wird – wie bisher – in der Beihilfeverordnung geregelt.

Ich glaube, alles in allem stellen der vorgelegte Gesetzentwurf und der Änderungsantrag eine ausgewogene Modernisierung und zeitgemäße Anpassung der Versorgung der kommunalen Wahlbeamten dar. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bauer. – Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Schaus, Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst auf die Personen zu sprechen kommen, die im Titel dieses Gesetzentwurfs eigentlich genannt werden, nämlich auf die kommunalen Wahlbeamten. Da wir den Gesetzentwurf schon in erster und in zweiter Lesung behandelt haben, will ich mich kurz fassen.

Herr Bauer, Sie haben von einer „maßvollen Anpassung der Versorgung für kommunale Wahlbeamte“ gesprochen. Im Gegensatz zu Ihnen würde ich eher davon sprechen, dass es hier um eine unangemessene Beibehaltung der Überversorgung geht, die Sie durch Ihren Änderungsantrag, den Sie zur zweiten Lesung eingebracht haben, letztendlich noch einmal verstärkt haben. Denn die jetzt vorgelegte Regelung, wonach Bürgermeister und Landräte bereits mit 50 Jahren und schon nach acht Dienstjahren in Pension gehen können, zementiert die bestehende Überversorgung und ist angesichts der Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre, der Sie immer das Wort reden, völlig unverhältnismäßig.

Ich habe es am Dienstag schon gesagt, ich will es an dieser Stelle wiederholen: Wenn es darum geht, eine Funktion zu übernehmen, in die man gewählt wird, dann müssen sich alle Beteiligten darüber im Klaren sein, was das bedeutet. Das heißt auch, dass der Gesetzgeber eine angemessene Übergangsversorgung zu regeln hat – mehr aber nicht. Auf keinen Fall sollte eine Pensionierungsregelung, wie Sie sie vorschlagen, eingeführt werden.

Damit endet aber schon mein Redebeitrag zu diesem, dem überwiegenden Teil des Gesetzentwurfs. Ich komme nun zu der versteckten gesetzlichen Regelung, die in zweiter Lesung in ungewöhnlicher Art und Weise in den Gesetzentwurf hineingeschlüpft ist. Herr Bauer hat sie nur am Rande und am Schluss seiner Rede erwähnt. Es geht hierbei um eine zentrale Änderung im Beihilferecht der hessischen Beamtinnen und Beamten, die letztendlich dazu führt, dass die von den Mehrheitsfraktionen im Haushalt gekürzten 20 Millionen € pro Jahr nun von den Beamten

per Eigenleistung erbracht werden sollen, wie das in Ihrer Presseerklärung vom 10. März zum Ausdruck kommt.

Huckepack und versteckt in einem umfangreichen Änderungspaket, das die Koalitionsfraktionen erst am 10. März, also zwei Tage vor der zweiten Lesung, im Innenausschuss vorgelegt haben, schlagen CDU und GRÜNE eine grundlegende Änderung des Beihilferechts vor. In der Vergangenheit wurden die Beteiligungsrechte der Gewerkschaften von der Landesregierung oft mit Füßen getreten. Das kennen wir schon. Dieser Coup von CDU und GRÜNEN, in den Gesetzentwurf im laufenden Verfahren einen unscheinbaren Absatz zur Beihilfe einzubauen, der mit der Sache nichts zu tun hat, ist der Gipfel der Unverschämtheit und Ignoranz gegenüber den Gewerkschaften und den Interessenvertretungen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass die Koalition eine so wichtige Angelegenheit ohne Beratung mit den Betroffenen und ihren Gewerkschaften ändern will, sucht seinesgleichen.

Die Koalitionsfraktionen haben, wie gesagt, erst zwei Tage vor der Beratung im Innenausschuss einen umfangreichen Änderungsantrag zur Modernisierung des Dienstrechts der kommunalen Wahlbeamten, Drucks. 19/1710, vorgelegt, in dem versteckt unter Art. 5 Buchst. b die erstmalige Einführung von Eigenanteilen bei der Beihilfe aller 127.000 Beamtinnen und Beamten geregelt werden soll. In der Begründung dieses Systemeingriffs findet sich lediglich ein einzelner Satz dazu. Der lautet:

Mit dieser Regelung wird die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für stationäre Wahlleistungen … zukünftig vom Zahlen eines monatlichen Beitrags abhängig zu machen.

Dies ist die Begründung. Eine Begründung im Landtag fand nicht statt, weil das erst am 10. März sozusagen in den Antrag hineingeschmuggelt worden ist.

Ich fordere deshalb nochmals – wie schon im Innenausschuss –, den Gesetzentwurf von der Tagesordnung zu nehmen und im Innenausschuss eine Anhörung der Verbände und Organisationen dazu durchzuführen, weil das eine grundlegende Änderung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Aus unserer Sicht führt diese Regelung dazu, dass künftig auf dem Verordnungswege, also einseitig vom Innenminister – das ist der entscheidende Punkt –, weitere Eingriffe in die Krankenversorgung der Beamtinnen und Beamten vorgenommen werden können.

(Horst Klee (CDU): Das steht dort doch gar nicht!)

Natürlich steht das da. Das ist die Grundlage für die Verordnung. Herr Klee, das hat der Innenminister selbst ausgeführt.