Das geht nicht mit freien Verbänden und privaten Interessengruppen, sondern da sind die mittelbare Staatsaufsicht und das Kammersystem die richtigen Instrumente – einschließlich einer per Gesetz verpflichtenden Mitgliedschaft.
Es ist im Rahmen der staatlichen Kontrolle nötig und richtig, z. B. eine Pflichtmitgliedschaft für Bauvorlageberechtigte für besonders überwachungsbedürftige und sicherheitsrelevante Bauwerke festzuschreiben. Im Zuge der weiteren Anerkennung von Berufsqualifikationen auf europäischer Ebene ist es Aufgabe des Gesetzgebers, die Anerkennung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen zu erleichtern.
Dass nicht immer drin ist, was der Name verspricht, will ich an einem Beispiel aus dem Bereich der Architekten verdeutlichen. In Spanien und in Deutschland ist „Innenarchitekten“ ein fester Begriff. Inhaltlich und tatsächlich wird der Begriff in beiden Ländern jedoch grundverschieden ausgelegt. In Spanien handelt es sich um einen, salopp formuliert, besseren Innenausstatter; in Deutschland sind deutlich höhere Kompetenzen gefragt, auch wegen der Ermächtigung, bei entsprechender Raumgestaltung in die Bausubstanz eingreifen zu können. Das zeigt, dass es richtig und wichtig ist, Regelungen festzulegen, die die Anerkennung gleichwertiger Berufsqualifikationen in Deutschland erleichtern, auf der anderen Seite aber dort Nachqualifizierungen herbeizuführen, wo dies in unseren Augen zwingend notwendig ist.
Ob die Instrumente, die im Gesetzentwurf genannt sind, die richtigen sind, werden wir in der Anhörung sehen.
Richtig ist aber sicherlich die Bezugnahme auf die Zeit der Berufspraxis, die in dem Gesetzentwurf beschrieben ist.
Notwendig und längst überfällig ist die Regelung zur Umsetzung bundesrechtlich normierter Partnerschaftsgesellschaften in Hessen. Der Slogan „Hessen vorn“ stimmt hier schon lange nicht mehr, denn auch da tippeln wir als Bundesland den anderen Länder hinterher und sind alles andere als die Spitze der Bewegung.
Schlimm finde ich es aber, dass sich der zuständige Minister im letzten Jahr nicht in der Lage sah, bei dem einfachen Vorgang der zeitlichen Verlängerung des Gesetzes diesen Passus, der unstrittig ist, aufzunehmen. Damit wäre den Ingenieurinnen und Ingenieuren besser geholfen gewesen als durch auf dieses Jahr vertröstende Worte.
Damit bin ich aber bei einem Thema, das eben schon einmal angesprochen worden ist: der Minister und dieses Gesetz. Ich möchte Ihnen kurz zwei Textstellen zitieren. § 9, Verzeichnis (Liste), Abs. 1:
Die Ingenieurkammer Hessen führt das Verzeichnis (Liste) der im Lande Hessen bauvorlageberechtigten Ingenieurinnen und Ingenieure und stellt über die Bauvorlageberechtigung einen Nachweis aus.
Die Ingenieurkammer Hessen führt das Berufsverzeichnis (Liste) der bauvorlageberechtigten Ingenieurinnen und Ingenieure und stellt über die Eintragung darin einen Nachweis aus.
Meine Damen und Herren, das zweite Zitat stammt aus dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Gesetzentwurf, das erste Zitat aus dem im Herbst letzten Jahres verschickten Entwurf des zuständigen Ministeriums. Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Ihr Eigenanteil an der Entstehung des Gesetzentwurfs war, den Inhalt sprachlich leicht zu verändern, dann ist das alles andere als „Kunst der Gesetzgebung“. Das hält einem Vergleich mit der Ingenieurkunst nicht stand. Ich finde, das ist kein gutes Verfahren.
Sie reden hier nun einmal sehr oft von einem „neuen Stil“. Da frage ich Sie natürlich: Was hat das mit einem „neuen Stil“ zu tun, wenn Sie sich vorgefertigte Gesetzentwürfe des Ministeriums nehmen, sie sprachlich leicht verändern und dann hier einbringen? Wenn Sie antworten: „Weil wir Zeitdruck haben“, dann frage ich Sie: Wer hat denn für den Zeitdruck gesorgt? Weil das Ministerium einen Gesetzentwurf nicht zeitiger vorlegen konnte, müssen wir dieses Verfahren wählen.
Verzeihen Sie mir, Herr Präsident, dass ich vor Lachen vom Stuhl falle, wenn künftig jemand aus den Koalitionsfraktionen hier etwas zum Thema „neuer Stil“ sagt und sich damit lobpreisen will; denn das ist absolut lächerlich.
So viel zum Thema. Gestern hatten wir ebenfalls eine Debatte über ein Sammelsuriumgesetz des Innenministers. Da war ganz viel zusammengeworfen worden, das hatte ganz schwierige Komponenten.
Ich weiß, getroffene Hunde bellen. – Wir finden, in diesem Entwurf gibt es viele Punkte, die gut und richtig sind. Wir sind sehr gespannt auf die Anhörung zu dem Gesetzentwurf im Ausschuss. Wir wollen, dass die Gesetze, die wir als Hessischer Landtag erlassen, ähnlich hoher Kunstfertigkeit entsprechen wie das, was unsere hessischen Ingenieurinnen und Ingenieure tagtäglich leisten. Insoweit freuen wir uns auf die Beratungen im Ausschuss.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf, der unter Beteiligung der direkt betroffenen Ingenieurkammer Hessen entstanden ist, dürfte in diesem Haus weitgehend unstrittig sein. Auch wir haben bei der Lektüre nichts festgestellt, bei dem wir sagen: „Das geht so nicht“, oder: „Das finden wir nicht richtig“. Wir werden das in der Anhörung noch vertiefen. Aber ich denke, dass dieser Gesetzentwurf größtenteils unstrittig sein dürfte.
Mit der Wiedereinführung von „Ingenieur“ als geschützter Berufsbezeichnung in diesem Gesetzentwurf zeigt sich – nachdem im Zuge der Umstellung auf Bachelor und Master „Ingenieur“ als akademischer Grad abgeschafft worden war –, dass es sehr wohl möglich ist, Korrekturen an der, wie ich immer noch finde, unsäglichen Bologna-Reform vorzunehmen. Ich sage: Ich finde es gut, dass wir das für die Ingenieure machen. Ich würde mir auch an anderen Stellen Verbesserungen und Veränderungen wünschen: weg von der Bologna-Reform. Auch anderswo könnte man Dinge korrigieren.
Dass mit der Einbeziehung der bauvorlageberechtigten Bauingenieurinnen und Bauingenieure jetzt der Kreis der Pflichtmitglieder erweitert wird, halten wir ebenfalls für angemessen. Aber auch das können wir in der Anhörung gern vertiefen. Wir haben also inhaltlich keine Probleme mit diesem Gesetzentwurf.
Aber um an die Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Eckert, anzuknüpfen: Auch wir haben uns über das Verfahren etwas gewundert. Es ist ein Gesetzentwurf, der von den Koalitionsfraktionen – von CDU und GRÜNEN – in den Landtag eingebracht wurde. Dass es im Ministerium offensichtlich schon eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf gab und dass auch schon Stellungnahmen vorlagen, hat uns ebenfalls etwas überrascht. Herr Al-Wazir, vielleicht können Sie etwas dazu sagen, ob es jetzt im Wirtschaftsministerium eine Serviceleistung in Bezug auf Gesetzentwürfe gibt.
Das ist ein total nettes Angebot. Das wäre genau meine Frage gewesen. Wenn Sie sagen, Sie schreiben auch unsere Gesetzentwürfe, kommen wir gern darauf zurück.
Ich habe das jetzt als eine rein handwerkliche Serviceleistung verstanden. Das ist ein total nettes Angebot. Vielleicht können Sie gleich sagen, wie wir das am besten anstellen; denn Sie wissen, gerade für eine kleine Fraktion ist es manchmal gar nicht so einfach, wenn sie gesetzlich etwas ändern möchte, aber dann all die Rechtsfolgen und die verschiedenen Artikel bedenken muss.
Es würde dann einige Zeit dauern, aber die Legislaturperiode ist noch jung. Von daher kommen wir gern darauf zurück, dass wir Ihnen sagen, was wir in einem Gesetz stehen haben wollen, und dass die Serviceabteilung im Wirtschaftsministerium das dann umsetzt. Es wäre wirklich ein neuer Stil, nicht nur für die Koalitionsfraktionen, sondern auch für die Oppositionsfraktionen die Gesetzentwürfe zu schreiben. So können wir das gern machen. – Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, so machen wir das!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich losgelöst von dem konkreten Gesetzestext, der von meinem Kollegen Dr. Arnold ausführlich vorgestellt worden ist, noch etwas grundsätzlicher werden; denn ich glaube, das ist eine gute Gelegenheit, um auch einmal über die Leistungen der Ingenieurinnen und Ingenieure in diesem Land zu sprechen.
Wir sprechen in diesem Landtag häufig davon, dass die hessische Wirtschaft stark vom Dienstleistungssektor geprägt ist. Häufig denken wir an die Banken und an den Flughafen und übersehen dabei, dass Dienstleistungen – insbesondere auch hochwertige Dienstleistungen – häufig durch die in Hessen tätigen Ingenieurinnen und Ingenieure erbracht werden: durch Architektur- und Stadtplanungsbüros, durch Ingenieurbüros, aber z. B. auch durch Ingenieurinnen und Ingenieure in der Unternehmensberatung.
Jenseits der Dienstleistungswirtschaft ist Hessen nach wie vor – glücklicherweise – ein Land starker Industriezweige und des Mittelstands. Gerade in den kleineren Industriebetrieben arbeiten viele Ingenieure, die mit ihrem Wissen und ihrem Talent dafür sorgen, dass Hessen ein innovativer Wirtschaftsstandort ist und bleibt. Nicht umsonst gehört Hessen regelmäßig zu den Top-Bundesländern mit den meisten Patentanmeldungen; viele davon stammen aus dem Ingenieurbereich. Ingenieurinnen und Ingenieure tragen damit erheblich zur Innovationskraft und zur Wirtschaftsleistung unseres Bundeslands bei.
Das ist für uns GRÜNE besonders wichtig: Gerade für den Erfolg der Energiewende, dem aktuellen gesellschaftlichen Megaprojekt, sind die Arbeit und das Fachwissen der Ingenieurinnen und Ingenieure unverzichtbar. Ohne ihre Expertise und ohne ihre Ideen, wie wir das Wirtschaften klimafreundlicher und ökologischer gestalten können, wäre der notwendige Umbau unserer Gesellschaft unmöglich.
Um die Qualität all dieser Ingenieurleistungen auch künftig sicherstellen zu können, ist es geboten, die gesetzlichen Regelungen an den veränderten Alltag der Ingenieurinnen und Ingenieure anzupassen. Kollege Dr. Arnold hat die konkreten Veränderungen, die die Koalition vornehmen will, und die Gründe dafür bereits ausführlich dargestellt.
Es geht um die Festlegung von Mindestanforderungen für die Qualitätssicherung. Es geht darum, wie wir als Reaktion auf den Bologna-Prozess und die Umstellung des Hochschulrechts auf andere Studienabschlüsse eine Qualitätssicherung hinbekommen, die Rücksicht darauf nimmt, dass eine Vielzahl neuer, ingenieurähnlicher Studienabschlüsse ohne einheitliche Standards entstanden ist.
Deshalb wollen wir in Anlehnung an bereits etablierte Verfahren – beispielsweise für die Fachanwälte – für besonders qualifizierte Ingenieure eine zusätzliche Fachbezeichnung einführen: Wir wollen quasi ein Qualitätssiegel für eine Ausbildung und Zusatzbezeichnung als „Fachingenieur/Ingenieurkammer Hessen“ schaffen.
Wir verankern über die Verordnungsermächtigung im Gesetz auch die Möglichkeit, auf neue Entwicklungen bei den Studiengängen ohne langwierige Gesetzgebungsverfahren flexibel zu reagieren. Im Ministerium für Wissenschaft und Kunst und in der Ingenieurkammer Hessen ist insgesamt genug Fachkompetenz vorhanden, um diese Studiengänge auszugestalten: Welcher Studiengang erfüllt konkret die Voraussetzungen?
Außerdem sehen wir für neu eingetragene bauvorlageberechtigte und anerkannte Fachingenieuren die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer vor. Ich glaube, bei Bauvorlageberechtigten, die besonders überwachungsbedürftige und sicherheitsrelevante Bauwerke errichten, gibt es keinen Streit darüber.
Schließlich: Durch die Zusammenfassung des bisherigen Ingenieurkammergesetzes und des Architekten- und Stadtplanergesetzes in einem Gesetz wird das gesamte hessische Ingenieurrecht einschließlich der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben der Ingenieurkammer übersichtlicher.