Protokoll der Sitzung vom 27.05.2015

Ich kann Abg. Cárdenas da nur Recht geben: Wir sollten, erstens, über den Bildungsgipfel am besten auf der Basis der Ergebnisse reden, die er produziert. Zweitens kann ich das vor allem auch nicht in den eineinhalb Minuten, die mir jetzt noch bleiben. Drittens will ich hinzufügen, dass ich das vielleicht auf der Basis eines solchen Dringlichen Antrags auch nicht will. Denn das ist einfach ein Sammelsurium aus allem, was irgendwie in den letzten Wochen oder Monaten an bildungspolitischen Themen durch die Presse gegangen ist. Das wurde dann mit der Wahl der jeweils populistischsten Position garniert. Das Allheilmittel ist, dass die Landesregierung einfach so viele zusätzliche Lehrerstellen schaffen möge, dass am Ende wirklich alle zufrieden sind. Das Ganze wird dann als Versuch zur Rettung des Bildungsgipfels drapiert.

Herr Abg. Greilich, Sie lieben die tierischen Vergleiche. Das haben wir heute wiederum bemerkt. Sie haben deswegen auch die Metapher des Herrn Trautsch aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ aufgegriffen. Im Zusammenhang mit einer anderen Debatte war gestern auch schon von Mäusen die Rede.

Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Das, was Sie hier vorgelegt haben, ist nicht einmal eine Maus. Das ist mit Rücksicht auf die Jahreszeit vielleicht ein Maikäfer. Aber er wird nicht fliegen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, herzlichen Dank. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte beendet.

Es ist vorgeschlagen, den Gesetzentwurf nach erster Lesung sowie den Dringlichen Antrag und den Dringlichen Entschließungsantrag dem Ausschuss zur weiteren Beratung bzw. zur Vorbereitung der zweiten Lesung zu über

weisen. – Es gibt keinen Widerspruch. Dann machen wir das so.

Ich rufe dann Punkt 7 der Tagesordnungspunkt auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz zur Neuregelung des hessischen Ingenieur- und Ingenieurkammerrechtes und des hessischen Architektenrechtes – Drucks. 19/1982 –

Der Gesetzentwurf wird von Herrn Kollegen Dr. Walter Arnold von der CDU-Fraktion eingebracht.

(Günter Rudolph (SPD): Warum macht das eigentlich nicht die Regierung? Es gab doch eine regierungsinterne Anhörung!)

Herr Kollege Rudolph, Herr Dr. Arnold bringt das ein, weil es sich um einen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN handelt.

(Günter Rudolph (SPD): Ich habe gefragt, warum das nicht die Regierung macht!)

Sie haben mich nicht gefragt. Hätten Sie mich gefragt, hätte ich Ihnen das gesagt. – Herr Dr. Arnold, bitte schön.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN möchte ich hier einen Gesetzentwurf zur Neuregelung des hessischen Ingenieur- und Ingenieurkammerrechts und des hessischen Architektenrechts einbringen.

Mit diesem neuen Gesetz werden zwei bestehende Gesetze in ein Gesetz überführt. Im ersten Abschnitt wird die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ wieder auf eine moderne und solide Grundlage gestellt. Der herausragende Ruf der deutschen Produkte, z. B. im Automobil- und im Maschinenbau, das „Made in Germany“ hat sicherlich viel mit der deutschen Ingenieurkunst zu tun.

Bisher wurde in unseren Universitäten und Hochschulen der akademische Grad „Ingenieur“ bzw. „Diplom-Ingenieur“ verliehen und damit automatisch die zugehörige Berufsbezeichnung ermöglicht. Dieser Ingenieurbegriff war seit 1970 im Hessischen Gesetz zum Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ vorgegeben, wie auch in anderen Landesgesetzen. Durch die Umstellung des Hochschulrechts auf andere Studiengänge, durch den Bologna-Prozess mit Bachelor und Master ist der Akademische Grand „Diplom-Ingenieur“ als allseits akzeptierte und anerkannte Marke weggefallen. Das muss nun gesetzlich neu geregelt werden. Denn mit diesem akademischen Grad war man berufsrechtlich sozusagen automatisch zur Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ berechtigt, aber seit dem Bologna-Prozess ist an den hessischen und an den deutschen Hochschulen und Universitäten eine Reihe von neuen Studiengängen entstanden, die teilweise ingenieurähnlich sind, aber nicht unbedingt vergleichbar.

Um jeden Wildwuchs zu beseitigen, ohne dass die Hochschulen in ihren Rechten beschnitten werden, werden in diesem Gesetzentwurf Mindestanforderungen an Studienabschlüsse festgelegt, die erfüllt sein müssen, damit dieser berufsrechtlich geschützte Ingenieurtitel nach dem Abschluss eines Studiums geführt werden kann. Beispielsweise lautet eine Festlegung, dass bei einem Bachelorstudium

mit sechs Semestern mindestens 50 % Ingenieuranteile enthalten sein müssen. Einzelheiten für diese Studiengänge, die dann zur Berufsbezeichnung „Ingenieur“ führen, werden in einer Verordnung des Wirtschaftsministeriums festgelegt, und im Benehmen mit dem Wissenschaftsministerium werden diese Auflagen erfüllt.

Da das Ingenieurgesetz Ende dieses Jahres ausläuft und wir für die Einbringung, die Diskussion und die Anhörung genügend Zeit brauchen, haben sich die Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entschlossen, das hier als einen Fraktionsgesetzentwurf einzubringen. Ich hoffe, das beantwortet ein bisschen die Frage von Kollegen Rudolph.

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Ich glaube, in den Einzelheiten werden wir keinen Dissens haben, der uns längere Zeit davon abhält, diesen Gesetzentwurf in zweiter Lesung zu verabschieden.

Eine ausgesprochene Weiterentwicklung in diesem Gesetzentwurf, die sicherlich zu diskutieren ist, ist in § 12 festgelegt: der neue Fachingenieur mit dem Zusatz „Ingenieurkammer Hessen“. In der Satzung der Ingenieurkammer, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf, soll dann detailliert geregelt werden, was dieser Fachingenieur mit der Zusatzbezeichnung „Ingenieurkammer Hessen“ können muss und was er mit dieser Zusatzqualifikation tun darf.

Nach einem ersten berufsqualifizierenden Studium kann dieser Fachingenieur verliehen werden, wenn das Kammermitglied eine Mindestzahl von Berufsjahren aufweist und sich durch weitere Aus- und Fortbildungsmaßnahmen fachlich besonders qualifiziert hat. Gedacht ist hier z. B. an den „Fachingenieur für Brandschutz“ oder den „Fachingenieur für nachhaltiges Bauen“ – den es mittlerweile auch an einigen Hochschulen im vertiefenden Studium gibt – oder auch an den „Fachingenieur für Energieeffizienz“. Das unterscheidet sich wohltuend beispielsweise von der Bezeichnung „Sachverständiger“, die eigentlich jeder führen darf, ohne dafür eine besondere Qualifikation zu haben. Aber mit dem Fachingenieur mit der Zusatzbezeichnung „Ingenieurkammer Hessen“ wird sicherlich ein Qualitätssiegel verbunden sein, das dann hoffentlich auch eine angemessene Beachtung findet.

In die Fachkompetenz der Ingenieure, aber auch der Architekten und Stadtplaner, von denen in diesem Gesetzentwurf auch die Rede ist, haben die Menschen immer großes Vertrauen gezeigt. Das sind auch Berufe, in denen sehr viele komplexe Projekte an der Tagesordnung sind, bei denen es um genaues Arbeiten geht und viele kleine Fehler schon ein großes Sicherheitsproblem darstellen. Wir kennen derartige Beispiele von zusammenbrechenden Dachkonstruktionen bei Sportanlagen, und auch der Brand auf dem Düsseldorfer Flughafen hat gezeigt, dass es dort eklatante Defizite geben kann. Mit diesem „Fachingenieur/Ingenieurkammer Hessen“ sollen aber ausdrücklich andere Angebote auf dem Markt der Weiterbildung nicht tangiert werden. Es ist also nicht ein Monopol- oder Markenschutz vorgesehen. Andererseits aber soll dieses Qualitätssiegel eine besondere Zusatzqualifikation darstellen und dafür sorgen, dass ein gewisser Verbraucherschutz garantiert ist.

Das haben wir auch in anderen Berufsfeldern. Bei den Rechtsanwälten besteht schon seit Längerem ein etabliertes Verfahren für den Fachanwalt. Der muss ebenfalls eine theoretische und praktische Zusatzausbildung der Rechts

anwaltskammer nachweisen, um dann diese Zusatzqualifikation zu erhalten. Wer seiner Fortbildungsverpflichtung nicht nachkommt, verliert diesen Fachanwaltstitel. Daraus resultiert auch die Pflichtmitgliedschaft in der Berufskammer – hier in der Ingenieurkammer Hessen.

Es gibt noch eine weitere Innovation, die ich erwähnen möchte, in § 2a, der sogenannte Europäische Berufsausweis. Die dortigen Regelungen entsprechen § 4 der Berufsanerkennungsrichtlinie der EU. Im Jahr 2017, spätestens 2018 soll diese Legitimation europaweit allen Ingenieuren ausgehändigt werden. Hier wird schon geregelt, wie das dann in Deutschland bzw. in Hessen umgesetzt wird.

Im weiteren Gesetzestext werden dann Einzelheiten zur Ingenieurkammer Hessen als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geregelt, aber auch – in Art. 2 – Entsprechendes zur Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen. Vieles von dem, was da steht, ist den Vorgängergesetzen entnommen worden, sodass das hier unstreitig sein sollte.

Wir freuen uns auf die nun folgende Anhörung zu diesem Gesetzentwurf und die Diskussion der Beiträge und hoffen, dass wir zeitgerecht zum Ende dieses Jahres dieses Gesetz hier im Landtag verabschieden können. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Arnold. – Das Wort hat der Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Vorgeschichte dieses Gesetzentwurfs und die Debatten darum sind schon einige Jahre alt. Man darf sicherlich sagen, der Anlass, dass das bestehende Kammergesetz ausläuft – es ist in seiner bestehenden Form bereits einmal verlängert worden –, hat schon in der alten Koalition dazu geführt, dass wir seinerzeit immer wieder darum gerungen haben, wie man den „Diplom-Ingenieur“ in Hessen wieder einführen kann – vor allen Dingen, wie wir die Gesetze so ausgestalten können, dass es auch zu einer Stärkung der Ingenieurkammer kommt.

Meine Damen und Herren, damals war es der Ministerpräsident Bouffier, der auf einer Auslandsreise gesagt hat, er führt den „Diplom-Ingenieur“ in Hessen wieder ein. Deswegen wundert es mich schon ein bisschen, dass man dieses Ziel nicht noch stärker verfolgt hat. Aber es kann durchaus sein, dass man damit eine Diskussion auf die Tagesordnung ruft, die am Ende diesem Ziel gar nicht dient. Ich glaube, das Ansinnen, das in diesem Gesetzentwurf formuliert worden ist – über eine Berufsbezeichnung zu gehen –, ist ein Weg, den man durchaus gehen kann.

Meine Damen und Herren, einiges von diesen Inhalten kam mir sehr bekannt vor. Herr Kollege Rudolph, manches kam mir auch ganz persönlich gut bekannt vor – und deswegen kann ich Ihnen sagen: Das ist mit Fug und Recht ein Fraktionsgesetzentwurf. Lassen Sie es einfach einmal so stehen.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Daran haben viele Fraktionen und Mitglieder in den Fraktionen gearbeitet. – Der Vorwurf stimmt oft, aber an dieser Stelle stimmt er mit Sicherheit nicht.

(Günter Rudolph (SPD): Nein, keine Begründung! – Michael Boddenberg (CDU): Das ist eine Mannschaftsleistung!)

Wir können auch eine Mannschaftsleistung daraus machen. Das soll mir durchaus recht sein.

Zu der Frage, ob es zwei getrennte Gesetzentwürfe hätten sein müssen oder ob man das in einem Gesetzentwurf machen kann, sage ich es einmal so: Die amtierende Landesregierung macht sich nicht unbedingt dadurch einen Namen, dass sie uns als Parlament permanent mit Gesetzentwürfen bombardiert. Man lässt uns als Parlament viel Raum, auch über eigene Themen zu diskutieren. Da waren wir schon anderes gewohnt. Wenn man Änderungen an zwei Gesetzen, über die man durchaus hätte getrennt diskutieren können, jetzt in einem Gesetzentwurf zusammenfasst: Okay, lassen wir es dabei; ich bin sehr gespannt, was die Anzuhörenden dazu sagen werden.

Das, was ich wirklich wichtig finde, ist der Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“. Kollege Arnold hat eine Parallele zu den Rechtsanwälten gezogen. Ich glaube, dass es angesichts der Herausforderungen bei den erneuerbaren Energien, bei einer modernen Städteplanung, bei der Energieversorgung, bei der Infrastruktur und z. B. bei der Beleuchtungstechnik sehr wohl gerechtfertigt ist, die fachliche Ausrichtung gerade der Bauingenieure zu stärken. Das ist gelebter Verbraucherschutz. Die Verbraucher müssen wissen, was auf sie zukommt, wenn sie einen Ingenieur beschäftigen. Von daher halte ich das für einen sehr, sehr guten Weg. Wenn das dazu dient, die Kammern und das Kammersystem in Hessen zu stärken, dann wollen wir dem mit Sicherheit auch unsere Unterstützung zusagen.

(Beifall des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Meine Damen und Herren, wir haben als Fraktion im Sommer letzten Jahres eine eigene Anhörung durchgeführt. Die Dinge, die uns bei dieser Fraktionsanhörung angetragen wurden, werden wir – wie auch unsere eigenen Erkenntnisse – in die Beratung mit einbeziehen. Ich gehe sehr offen in die Debatte und in die Anhörung. Ich bin auch sehr froh, dass Herr Prof. Meißner heute da ist und die Einbringung des Gesetzentwurfs verfolgen konnte. Ihm gebührt ein gehöriges Maß an Dank für den Inhalt dieses Gesetzentwurfs. Von daher freue ich mich auf eine spannende Anhörung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat der Abg. Eckert, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! „Ingenieurkunst“ und „Kultur am Bau“, das sind zwei landläufige Beschreibungen der Tätigkeiten von Ingenieurinnen und Ingenieuren, Architekten und Stadtplanern in unserem Land. Sie werden zu Recht so beschrieben, denn in ihnen steckten hohes fachliches Können von zu diesen Leistungen Befähigten, verbunden mit großen kreativen

Prozessen. Außenstehende können oft nur staunend bewundern, welches Know-how und welche Kreativität hinter diesen Tätigkeiten stecken.

Wer oder was ist ein Ingenieur? Im Zuge des Bologna-Prozesses ist der Diplom-Ingenieur dem Bachelor und dem Master gewichen. Ist es notwendig, als Gesetzgeber für diesen Teil der sogenannten freien Berufe gesetzlich etwas festzulegen? Ja, es ist richtig und wichtig. „Ingenieur“ ist kein Titel wie andere, die vergeben werden, sondern er weckt – das ist eben schon angeklungen – zu Recht das Vertrauen in die den Titel tragende Person. Man weiß um ihre Eignung, um die Erfüllung der Qualifikation und natürlich auch um die staatliche Kontrolle bei einem Eintrag bei den entsprechenden Kammern.

Es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht um einen Eingriff in die Kompetenzen der Hochschulen in Bildungsangelegenheiten. Der Schutz der Berufsbezeichnung ist aber wichtig und richtig; denn auf der Ebene des Berufsrechts Qualitätsanforderungen festzuschreiben ist im Interesse der Ingenieure, aber auch im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher. Diese können sich darauf verlassen, dass die Qualifikation, das Können und Wissen im jeweiligen Fachbereich vorhanden ist, wenn der Träger dieses Titels z. B. bei der Ingenieurkammer eingetragen ist. Dann kann er sich zu Recht Ingenieur nennen.

Gleiches gilt für den Titel des Fachingenieurs – Kollege Arnold hat darauf hingewiesen –, der an die Mitgliedschaft in einer Kammern gebunden werden soll. Nur wo Ingenieur drin ist, darf auch „Ingenieur“ draufstehen.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))