Protokoll der Sitzung vom 24.06.2015

Sowohl der Kollege Wilkes als auch der Kollege Schimpf von der Bergstraße haben vor der Fragerunde der Abgeordneten diesen Raum verlassen. Das ist nicht in Ordnung.

(Zurufe von der CDU)

Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Das kann ich so interpretieren, dass er sich vor kritischen Fragen zu seinen Ausführungen gescheut hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Herr Schimpf war von 10 bis 16 Uhr anwesend, also Vorsicht!)

Der Zeitplan, wann die Kommunalen drankommen, war allen bekannt, und sie sind vor der Fragerunde gegangen. Das ist der Sachverhalt.

(Zuruf von der SPD: Schauen Sie einmal rechts und links hinter sich, Herr Schork! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Ja, und? Der zuständige Finanzminister und die Staatssekretärin sitzen doch hier.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben den Punkt angesprochen, den die Kommunalen Spitzenverbände in diesem Zusammenhang vortragen, dass im Jahr 2018 1 Milliarde € weniger im Vergleich zum geltenden Recht im KFA wären.

Zunächst halten wir einmal fest, dass 2016 knapp 4,4 Milliarden € im Kommunalen Finanzausgleich sind und das eine gute Milliarde € mehr ist als noch vor fünf Jahren. Das ist ein klarer Zuwachs. Dann ist die Rechnung der Kommunalen ja sehr einfach: Die Hauptposition sind die 400 Millionen €, die 2010 aus dem Kommunalen Finanzausgleich herausgenommen wurden und die damit im geltenden Recht überhaupt nicht mehr drin sind. Damit fällt diese Position schon einmal weg.

(Norbert Schmitt (SPD): Also nur noch 600 Millionen €!)

Der zweite Punkt. Sie sagen, aus den angenommenen Zuwächsen des Stabilitätsansatzes würden ihnen 200 Millionen € entgehen, weil wir die sogenannte Drittelregelung anwenden. Ein Drittel sind mehr als 23 %. Und ob ihnen im Jahr 2018 dadurch tatsächlich Geld entgeht, ist durch nichts, aber auch durch gar nichts bewiesen. Damit haben wir schon einmal 600 Millionen € von 1 Milliarde € abgeräumt. Aufgrund der Zeit spare ich es mir, jeden weiteren Punkt anzusprechen. Auch diese Rechnung bedarf also einer sehr intensiven Diskussion und einer Überprüfung, was überhaupt dabei herauskommt.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dann reden wir über die zwei Punkte, die Sie dankenswerterweise auch angesprochen haben. Das eine sind die Steuerzuwächse und damit die Frage des Symmetriegebots. Sie wissen, dass wir beim Finanzkraftzuschlag 1 % an den relevanten Steuereinnahmen vorgesehen haben, an denen das Land beteiligt ist. Damit kann man schon einmal nicht behaupten, dass sie abgekoppelt würden. Das ist der erste Punkt; denn sie bekommen 1 %.

Der zweite Punkt. Nach der Drittelregelung – ich habe es eben ausgeführt – bekommen die Kommunen ein Drittel. Ein Drittel soll einer Rücklage für schlechte Zeiten zuge

führt werden – in Klammern: eine Rücklage für den Kommunalen Finanzausgleich, für die Kommunen –, und ein Drittel soll in den Landeshaushalt. Zwei Drittel der Mittel sind also für die Kommunalen vorgesehen. Das ist die Wahrheit.

Natürlich ist es einer der Kritikpunkte. Sie wissen so gut wie ich, dass wir bereits in der Anhörung signalisiert haben, dass dies ein Punkt ist, über den wir im weiteren Verfahren mit den Kommunalen Spitzenverbänden bei der Auswertung der Anhörung noch weiter reden werden. Dann werden wir sehen, was im Ergebnis dabei herauskommt.

Dasselbe, auch das will ich sehr deutlich sagen, gilt für die Frage der Bundesmittel. Auch dort gibt es noch Gesprächsbedarf, und die Entscheidungen werden nach einer gründlichen Auswertung und weiteren Gesprächen in diesen Fragen getroffen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ein weiterer Punkt ist das Korridormodell. Da ist es schon auffällig, was der Gutachter Rödl & Partner dazu ausgeführt hat und in seinem Gutachten schreibt. Es ist schon auffällig, wenn er bei dem Benchmark-Modell auf einen Betrag kommt, der den Kommunen zusteht, der um 100 Millionen € höher liegt als das tatsächliche Defizit. Das ist das Ergebnis seiner Berechnungen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Obwohl er kritisiert, dass es überhaupt Abschläge gibt, hat er in seinen beiden anderen Modellen, die er uns vorgetragen hat, auch Abschläge in der Größenordnung von 100 Millionen € errechnet. Er hat – auch das ist in der Diskussion sehr klar geworden – über sein Gutachten in der Anhörung seine Ausführungen und das, was er erarbeitet hat, sehr deutlich relativiert. Am Ende wurde deutlich, dass die von ihm vorgeschlagenen Modelle keine echten Alternativen zu dem Thüringer Korridormodell sind.

Abundanzumlage: heftig umstritten, auch innerhalb der kommunalen Familie. Die Positionen reichen von einer strikten Ablehnung bis hin zu einer ausdrücklichen Befürwortung. Einer der Anzuhörenden hat ausgeführt, es sei überfällig, dass die Abundanzumlage und die Solidaritätsumlage für die abundanten Kommunen eingeführt werden. – In diesen beiden Extremen bewegen wir uns bei der Frage der Abundanzumlage.

Ich will ich noch einmal darauf hinweisen, dass der Kommunale Finanzausgleich 2016 einen Systemwechsel beinhaltet. Durch die Garantie der Mindestfinanzausstattung erhalten die Kommunen ein Sicherheitsnetz, oder, wie es Prof. Schwarz ausgeführt hat, es ist eine Art Kaskoversicherung für die Kommunen. Der Kommunale Finanzausgleich 2016 verbessert schon allein durch das Volumen die Finanzen der Kommunen. Er erfüllt die Vorgaben des Staatsgerichtshofs.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

In den weiteren Beratungen und Gesprächen bis zum Ende mit der dritten Lesung werden wir den Dialog mit allen betroffenen Kommunen weiterführen. Sie von der SPD sind herzlich eingeladen, in den weiteren Beratungen und in der Auswertung der Anhörung endlich Ihre Vorschläge zu diesem Kommunalen Finanzausgleich einzubringen.

(Zuruf von der CDU: Welche Vorschläge denn?)

Wir sind davon überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Für die Fraktion DIE LINKE spricht Kollege van Ooyen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dankenswerterweise hat die SPD heute wieder einmal das Thema Kommunalfinanzen auf die Tagesordnung gebracht. Ich denke, es ist mehr als angemessen, sich weiterhin auch im Plenum damit zu beschäftigen, nachdem wir letzte Woche hier im Haus eine ausführliche Anhörung zu diesem Thema Kommunalfinanzen hatten, auf die bereits hingewiesen wurde.

Eine Erkenntnis kann man nach dieser Anhörung bereits jetzt festhalten, Herr Schork: Zufrieden mit dem Vorschlag zur Neuordnung der Kommunalfinanzen ist in Hessen – außer der Landesregierung – gegenwärtig niemand.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wahrscheinlich wird sich daran auch nichts ändern, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt.

Nun, um den Ausgangspunkt der schlechten Finanzsituation der hessischen Kommunen wiederholt ins Gedächtnis zu rufen: Die Kürzung der Mittel für die Kommunen um jährlich etwa 350 Millionen € im Jahre 2011 geht auf die schwarz-gelbe Landesregierung zurück.

Damals waren wir, die SPD, aber auch die GRÜNEN uns darin einig, dass wir eine solche kommunalfeindliche Politik ablehnen. Wir wollten nicht, dass die Landesregierung versucht, den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen zu sanieren. Genau darum ging es nämlich, und genau darum geht es auch heute noch. Mittlerweile aber haben CDU, SPD, GRÜNE und FDP den Druck noch weiter erhöht, indem sie die Schuldenbremse in der Verfassung verankert haben. Das Land Hessen ist damit gezwungen, den Haushalt um jeden Preis auszugleichen.

(Michael Boddenberg (CDU): Die Schuldenbremse hätten die Griechen besser auch im Haushalt haben sollen, dann ginge es ihnen heute besser!)

Das glaube ich nicht. Es fehlt an Einnahmen, Herr Boddenberg – nicht nur in Griechenland, sondern auch bei uns. Das ist der Punkt.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Denen ginge es besser, wenn sie sich früher diszipliniert hätten! Zum Glück spielen Sie nirgendwo mehr außer dort eine Rolle! – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Dafür hat das Land im Prinzip nur drei Möglichkeiten, die wirklich ernsthaft zum Haushaltsausgleich beitragen können.

Erstens – das trifft auch für Griechenland zu –: Steuererhöhungen im Bund. Es wäre naheliegend, endlich wieder eine Vermögensteuer einzuführen und so strukturell Mehrein

nahmen von mehr als 1 Milliarde € allein in Hessen zu bekommen. Das aber will die CDU nicht, und auch bei SPD und GRÜNEN sehe ich, ehrlich gesagt, gerade keine besonders großen Bemühungen, das Steuersystem im Bund endlich wieder nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit auszugestalten.

Die zweite Möglichkeit, die das Land hat, sind Einsparungen beim Personal. Von dieser Möglichkeit macht die schwarz-grüne Kürzungskoalition auch kräftig Gebrauch: So dürfen die Beamtinnen und Beamten mal wieder dafür herhalten, unterlassene Steuergerechtigkeit zu finanzieren. Auf der einen Seite wird ihnen die Krankenversorgung gekürzt, auf der anderen Seite gibt es Reallohnverluste, weil Schwarz-Grün eine Nullrunde bei der Besoldung durchsetzt.

Auch von der dritten Möglichkeit macht die Landesregierung mit der Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs Gebrauch: Sie bedient sich aus den Haushalten der Kommunen.

Dabei ist die Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs erst das Resultat einer Klage gegen die kommunalfeindliche Politik der von der CDU geführten Landesregierung in Hessen. Dies hat mittlerweile traurige Beständigkeit.

Es ist schon eine gewisse Ironie der Geschichte, dass die Kommunen vorm Staatsgerichtshof ein Urteil gegen die Kürzungen erstreiten, es sogar zu einer Änderung der politischen Mehrheiten hier im Haus kommt, aber die Hoffnungen der Kommunen auf der Strecke bleiben. Denn was nun mit dem neuen KFA-Gesetz vorliegt, ist nichts anderes als die Neuberechnung des alten KFA nach dem Grundsatz: Mehr Geld gibt es für die Kommunen nicht.

Entscheidend ist dabei für mich nicht die Frage, ob der neue KFA den Mindestanforderungen des Staatsgerichtshofes genügt oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die Neuregelung des KFA für die Kommunen eine materielle Verbesserung darstellt. Sichern also die Mittel, die da zur Verfügung gestellt werden, die „öffentliche Tätigkeit in eigener Verantwortung“, wie Art. 137 der Hessischen Verfassung vorschreibt?

Da muss man klipp und klar feststellen: Schwarz-Grün macht einfach weiter, als ob es die Finanznot der Kommunen nicht gäbe.

In dieser Notsituation der Kommunen wurde die Grundsteuer nun vielerorts massiv erhöht, eine Steuer, mit der sie vor allem Menschen in großen Wohnungen, beispielsweise kinderreiche Familien, besonders hoch besteuern.

Unbeachtet bleibt, dass sich die Investitionen der Kommunen im Verhältnis zur Wirtschaftskraft seit 1994 halbiert haben, und es ist der Landesregierung egal, ob infolge von mangelnden Einnahmen und sinkenden Investitionen die Infrastruktur vor Ort verrottet. Gleichzeitig müssen viele Menschen in Hessen immer mehr Geld für die Kita bezahlen, Schwimmbäder werden geschlossen, Sportvereinen fehlt es an notwendiger Unterstützung, und das alles letztlich nur, weil die Landesregierung ihren Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen sanieren will und weil Sie nicht willens sind, Ihrer Einnahmeverantwortung nachzukommen und auf Bundesebene ein gerechtes Steuersystem durchzusetzen.

Mit anderen Worten: Statt Gerechtigkeit bereits in dieser Generation herzustellen, schwadroniert die schwarz-grüne