Protokoll der Sitzung vom 24.06.2015

Mit anderen Worten: Statt Gerechtigkeit bereits in dieser Generation herzustellen, schwadroniert die schwarz-grüne

Landesregierung lieber von einer Generationengerechtigkeit. Statt den Reichtum dieser Gesellschaft umzuverteilen zugunsten der abhängig Beschäftigten, läuft die Umverteilungsmaschinerie weiter genau in umgekehrte Richtung. Ich gönne ja der nächsten Generation die Revolution, aber ich würde diese gerne noch selbst miterleben.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. h.c. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Janine Wissler (DIE LINKE): Wir arbeiten dran!)

Statt für einen handlungsfähigen Staat setzt sich SchwarzGrün dafür ein, den Nachtwächterstaat auf kommunaler Ebene durchzusetzen.

Insoweit wurde auch in der Anhörung vergangene Woche deutlich, dass diese Landesregierung mit dem neuen KFA keinen Schritt auf die Kommunen zugeht, wenn es darum geht, dass die Kommunen in Hessen wieder handlungsfähig werden.

Dennoch lohnt es sich, sich noch einmal mit den Details der Anhörung zu beschäftigen. Denn da gab es einige Detailkritik, mit der sich auch die Landesregierung auseinandersetzen muss. So sollen die Kommunen – wenn es nach Art. 137 der Verfassung ginge – insgesamt zukünftig so viel Geld vom Land bekommen, wie sie brauchen, um ihren Bedarf zu decken. Da ist es schon ein starkes Stück, wenn die Landesregierung diesen Bedarf künstlich herunterrechnet,

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

indem sie behauptet, dass die Ausgaben der Kommunen nur insoweit wirtschaftlich sein können, als sie nicht höher sind als der Durchschnitt in allen Kommunen.

Mit anderen Worten: Eine Kommune, die für eine Aufgabe etwas mehr ausgeben muss als der Durchschnitt, arbeitet nach Auffassung der Landesregierung unwirtschaftlich. Mit Verlaub, ob das verfassungsgemäß sein kann, daran habe ich meine Zweifel. Denn dieses Korridorsystem schließt faktisch aus, dass die Kommunen wirtschaftlich arbeiten. Hier muss dringend die Berechnung neu gemacht werden.

Ein zweiter Punkt ist, dass die Mittel, die die Kommunen zukünftig vom Bund bekommen, um bestimmte Aufgaben besser erfüllen zu können, dort gar nicht mehr ankommen werden. So sind wir ziemlich gespannt, ob, wenn es denn beispielsweise für die Flüchtlingsunterbringung einmal mehr Geld vom Bund geben sollte, für die betroffenen Menschen in den Kommunen etwas ankommt.

Ich hielte es für eine ausgesprochen schlechte Idee, wenn die Landesregierung die sprichwörtlichen klebrigen Finger so im Gesetz festschreibt, wie es jetzt im Entwurf steht. Es wäre geradezu absurd, wenn der Bund den Kommunen mehr Geld gibt und damit das Land seinen Haushalt saniert.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Der dritte Punkt, an dem wir noch erheblichen Änderungsbedarf sehen – der Kollege Schmitt hat es schon angesprochen –, ist die Frage, wie die Kommunen zukünftig mit den Steuerzuwächsen umzugehen haben. Wird das Land sie beteiligen? Ich halte es für keine gute Idee, dass selbst an dieser Stelle das Land sich den größten Teil der Steuermehreinnahmen auf Kosten der Kommunen einstecken will. Aber letztlich passt es auch ins Bild: Sie wollen nicht

die Kommunen besser ausstatten, Sie wollen den Landeshaushalt sanieren, koste es, was es wolle. Dagegen ist Widerstand dringend erforderlich. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Als Nächste spricht Kollegin Goldbach.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, verehrte Kollegen, liebe Frauen! Vor genau einer Woche hatten wir hier im Plenarsaal die Anhörung zum KFA-Gesetzentwurf. Ich fand, die Stellungnahmen waren hochinteressant und insgesamt auch sehr ausgewogen in der Beurteilung. Als ich dann aber die Pressemitteilung der SPD gelesen habe, habe ich gedacht: Liebe Genossinnen und Genossen, Sie waren wohl auf einer anderen Veranstaltung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Ihre Pressemitteilung ist der vorläufige Höhepunkt einer Serie von SPD-Veröffentlichungen zur Reform des KFA, die sich in Unsachlichkeit und Ignoranz nicht mehr unterbieten lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Zurufe von der SPD)

Man muss sich das einmal klarmachen. Wir arbeiten hier an der größten Gesetzesinitiative in der ganzen Legislaturperiode,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Vielleicht die umfangreichste, nicht die größte!)

und wir reden heute im Plenum zum fünften Mal über den KFA.

(Unruhe)

Zum fünften Mal bleiben Sie eine sachliche Kritik und vor allem eigene konstruktive Vorschläge schuldig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Sie schreiben in Ihrem Antrag, die Landesregierung sei verantwortlich für die aktuelle Erhöhung von – jetzt muss man genau zuhören –: „kommunalen Steuern, Gebühren und Abgaben“. So etwas Ähnliches hat auch Herr Schäfer vom Städte- und Gemeindebund gesagt.

Aber wenn man genau hinschaut, ist das schwierig. Denn es gibt Gebühren, es gibt Beiträge, und es gibt kommunale Steuern. „Abgaben“ ist ein Sammelbegriff. Das heißt, Sie führen immer die einzelnen Einnahmen auf und dahinter den Sammelbegriff. Das Ganze vermischen Sie zu einem bunten Salat und sagen dann, wir würden dafür sorgen, dass irgendwie alles erhöht werde.

Herr Schäfer vom Städte- und Gemeindebund hat auf Nachfrage zugegeben: Eine Erhöhung ergibt sich bei den Kommunen bei den Hebesätzen der Realsteuern. Dann hat er gesagt: Gebühren sind und waren schon immer kostendeckend zu erheben. – Also hören Sie auf, dieses Märchen zu erzählen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Torsten Warnecke (SPD): Kindergarten gebühren sind nie kostendeckend! Das wissen Sie auch! – Weitere Zurufe von der SPD)

Zu den Investitionen. Sie schreiben, dass die hessischen Gemeinden, Landkreise und Städte Investitionen kürzen müssten. Erst einmal müssten Sie genau sagen, was „Investitionen kürzen“ heißt. Man plant Investitionen, man führt sie durch. Was Kommunen üblicherweise nicht machen, ist, Investitionen anzufangen und hinterher zu kürzen. Da bitte ich um eine genaue Begriffsbestimmung, was Sie eigentlich meinen.

(Zuruf von der SPD: Ei, ei, ei!)

Es ist richtig, dass wir auf allen staatlichen Ebenen einen Investitionsstau haben. Da müssen wir fragen, wie es finanziert werden soll, dass wir wieder mehr investieren. Wir haben, und das ist eben so, auf allen Ebenen versprochen und vereinbart, dass wir generationengerechte Haushalte verabschieden wollen.

Herr van Ooyen, da sind wir anderer Meinung als Sie: Wir wollen unseren Kindern nicht Berge von Schulden hinterlassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Janine Wissler (DIE LINKE): Aber eine marode Infrastruktur!)

Diese Verpflichtung gilt für den Bund ebenso wie für Länder und Gemeinden.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Schauen wir uns doch einmal an, was in Hessen seit 2009 passiert ist. Da hat der Bund ein Investitionsprogramm aufgelegt, das das Land Hessen noch einmal durch eigene Mittel aufgestockt hat. Das hat unsere Kommunen ein ganzes Stück weitergebracht. Ich war damals noch in der Kommunalverwaltung tätig, und wir haben diese Investitionsmittel für sehr sinnvolle Maßnahmen verwendet. Das hat uns also – wie gesagt – ein gutes Stück weitergebracht, und das war bundesweit einmalig.

Die Mittel aus dem neuen Bundesprogramm, das jetzt kommt, dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz, die 317 Millionen €, wird das Land Hessen auch an die Kommunen weiterleiten, vollständig weiterleiten, damit sie weiter investieren können.

Dazu kommen die Investitionsmittel, die im Rahmen des KFA jährlich an die Kommunen gezahlt werden. Das waren zuletzt 500 Millionen €.

(Ernst-Ewald Roth (SPD): Die wissen gar nicht, wohin mit dem Geld!)

Und Sie behaupten einfach, das Land sei für Investitionskürzungen verantwortlich.

Sie wollen – ha, der Vorschlag vorhin war gut,

(Lachen bei der SPD)

Sie sagen: „mehr Empathie“ – den Kommunen mehr Empathie entgegenbringen. Also statt Investitionsmitteln lieber Gefühlsduselei. – Bitte, wenn das Ihre Art ist, damit umzugehen, sehr schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD)

Und Sie betreiben unheimlich gern Vergangenheitsbewältigung.

Richtig, im alten Finanzausgleichsgesetz wurden 2011 die Zuweisungen an die Kommunen um 344 Millionen € gekürzt, und richtig ist auch,

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

dass wir GRÜNE immer eine bessere Ausstattung der Kommunen gefordert haben. – Es ist schön, dass Sie jetzt auch alle zuhören. Danke sehr.

Genau das tun wir jetzt. Wir arbeiten zusammen mit der Landesregierung an einem zukunftsfähigen KFA.